Ein Kommentar

Franz-Robert Liskow

Die von Franz-Josef Strauß Franz Robert Liskow, dem Vorsitzenden der Greifswalder Jungen Union, herausgegebenen Pressemitteilungen sind immer wieder lesenswert. Dieses Mal brüskiert sich die CDU-Jugend über die von Sebastian Ratjen gesponsorte Zahnbürste – eines der wenigen wirklich praktischen Dinge im diesjährigen Erstsemester-Begrüßungsbeutel. Wie Liskow in einer gewohnt ausdrucksstarken und emotionalen Pressemitteilung verkündet, hätten mehrere Erstsemester ihm „empört“ berichtet, dass sie Zahnbürsten des FDP-Landtagsabgeordneten in ihren Beuteln vorgefunden hätten.

„Ich bin schon sehr verwundert, dass die JU keine Werbung machen darf, der Greifswalder Landtagsabgeordnete Sebastian Ratjen jedoch die Möglichkeit bekommt, in Anbetracht der im nächsten Jahr stattfindenden Landtagswahl, seine Werbung unter Aufsicht des AStAs zu veröffentlichen. Man muss sich ernsthaft fragen, wie es um die Objektivität bei jenen Referenten steht“, verkündet der Nachwuchspolitiker weiter. Sehr verwundert ist der Verfasser dieses Kommentars ob der Behauptung, dass die JU keine Werbung machen dürfe. Auf der letzten Seite des – übrigens zum Teil fehlerhaften – Programmheftes zur Erstsemesterwoche ist unübersehbar unter der Werbung der Linke.SDS-Hochschulgruppe auch die der JU-Hochschulgruppe abgedruckt. Folglich befindet sich auch JU-Werbung im Erstibeutel. Freilich nicht in Form eines separaten Flyers, der – ganz im Gegensatz zur gelben Zahnbürste – bei mindestens 99 Prozent der Erstis den Weg in den Papierkorb findet.

Sebastian Ratjen wirbt im Erstsemester-Beutel für seine Zahnarztpraxis.

Dennoch ist die Kritik daran, dass selektiv politische Gruppierungen separat mit einem Flyer im Erstsemesterbeutel werben dürfen, durchaus angebracht. Unter den zahlreichen Flyern gesellte sich auch die Ankündigung einer Veranstaltungsreihe der Jungen Liberalen. Warum dürfen die Jungen Liberalen im Erstsemesterbeutel mit einem Veranstaltungsflyer werben, Junge Union, Jusos, Grüne und SDS aber nicht?

Nur wirft das Liskow dem AStA nicht vor, wenngleich es sich hierbei tatsächlich um eine sachliche und konstruktive Kritik handeln würde. Sondern dass einem FDP-Abgeordneten alle Möglichkeiten eingeräumt würden, „um Werbung zu machen“. Des weiteren solle der AStA nicht nur erklären, warum Ratjen angeblich alle Möglichkeiten zur Parteiwerbung eingeräumt würden, vielmehr „fordert die Junge Union den Erstsemesterreferenten Maximilian Willmann auf, sofort sein Amt niederzulegen, da es ihm offensichtlich an der benötigten Objektivität und Feinfühligkeit mangelt.“ Das Einpacken des gelben Reinigungswerkzeuges für die Nahrungsmittel-Zerkleinerungsanlage in die Erstsemester-Beutel ist aus Sicht der JU „für die studentische Selbstverwaltung untragbar und nicht nachvollziehbar.“

Die Pressemitteilung überrascht aber auch aus einem ganz anderen Grund, schließlich hatte die Junge Union nach Angaben zweier AStA-Referenten eigentlich keinen Einwand gegen die Zahnbürste im Erstsemester-Beutel. Man hätte, aufgrund des politischen Engagements Ratjens, alle Hochschulgruppen in einem Treffen vorab gefragt, ob sie ein Problem mit der Zahnbürste hätten. Die übereinstimmende Meinung soll gewesen sein, dass es sich ja „nur um eine Zahnbürste“ handele, es folglich kein Problem darstelle.

Die umstrittene gelbe Zahnbürste...

Schade, dass die Pressemitteilungen der Jungen Union allzu oft den Verdacht primitiver Wahlkampfpolemik aufkommen lassen. Denn die Arbeit der beiden Abgeordneten, die für die JU- Hochschulgruppe im Studierendenparlament sitzen, ist – ganz im Gegensatz zum Abdrucken von vielfach merkwürdigen Pressemitteilungen – konstruktiv und hat es nicht nötig, sich hinter derartigen Pressemitteilungen zu verstecken. Genau so wie die Arbeit jener AStA-Referenten, die ebenfalls Mitglied der JU sind.

Fotos: Gabriel Kords (Sebastian Ratjen), Junge Union Greifswald (Franz-Robert Liskow), Patrick Kaatz (Foto Zahnbürste)

Anmerkung: Dem Redakteur ist an einer Stelle ein Fehler unterlaufen. Bei dem genannten Programmheft handelt es sich nicht um eine Veranstaltungsreihe der Jungen Liberalen, sondern um eine der Friedrich Naumann-Stiftung. Auf dieser wurde die Liberale Hochschulgruppe als Unterstützer der Veranstaltungen aufgelistet. Des weiteren wurde das Foto der Zahnbürste, welches uns per E-Mail zugesandt wurde, in den Artikel mit eingebaut.