Am Protestmarsch gegen die von der Landesregierung geplante Schließung der Lehramtsausbildung in Greifswald nehmen zur Stunde rund 400 Demonstranten teil. Paula Zill, AStA-Referentin für Studium und Lehre, eröffnete die Veranstaltung gegen 13:30 Uhr vor der Mensa am Schießwall. Sie forderte alle Greifswalder auf, sich gegen die Pläne der Landesregierung zu stellen. Die Schließung der Lehramtsausbildung würde auch den Tod der Philosophischen Fakultät mit ihren rund 4.000 Studenten bedeuten. Das sei für Universität und Stadt nicht hinnehmbar.
Anschließend zogen die Demonstranten Richtung Europakreuzung und von dort die Wolgaster Straße entlang, begleitet von mehreren Polizeiwagen. Die Straße wurde für den normalen Verkehr auf einer Seite gesperrt. Über den neuen Campus am Beitz-Platz soll es über die Anklamer Straße zum Markt gehen. Dort wird gegen 16 Uhr die Abschlusskundgebung stattfinden. Dort sollen Thomas Schattschneider, Sprecher der Landeskonferenz der Studierendenschaft und Professor Michael Herbst, Porrektor für Studium und Lehre sprechen.
Das trotz der organisatorischen Schwierigkeiten im Vorfeld immerhin knapp 400 Teilnehmer mobilisert werden konnten, darf man beim Allgemeinen Studierendenauschuss (AStA) durchaus als Erfolg werten. Schließlich hatte die intensive Werbephase erst am Montag begonnen. Bis zur Stunde hält sich die Anzahl nicht-studentischer Teilnehmer jedoch in Grenzen. Hauptorganisator und AStA-Referent Sandro Mundt hatte gehofft, über die politischen Hochschulgruppen auch städtische Vertreter und Bürgerschaftsmitglieder mobilisieren zu können.
Mehr Informationen im Laufe des Abends auf dem webMoritz.
Update 2. Juni – 17:58
Auf dem Greifswalder Marktplatz hatten sich gegen 16 Uhr knapp 500 Demonstranten zur Abschlusskundgebung zusammengefunden. Thomas Schattschneider erläuterte noch einmal aus seiner Sicht die aktuelle Misere der Bildungspolitik. Er rief die Teilnehmer auf, auch an der Demonstration am 7. Juli in Schwerin und der Vollversammlung am 23. Juni im Uni-Innenhof teilzunehmen. Deutliche Worte fand auch der ehemalige stellvertretende AStA-Vorsitzende Pedro Sithoe: „Schwerin will uns für dumm verkaufen, aber das lassen wir nicht mit uns machen.“
Herbst: „Bin froh dass meine Kinder aus der Schule sind“
Ein Medizinstudent, der zwischenzeitlich das Wort ergriff, bedankte sich bei den Studenten der Philosophischen Fakultät. Sie würden das kulturelle Leben der Stadt bereichern, wie keine andere Studentengruppe.
Auch Prorektor Herbst erntete für seinen abschließenden Redebeitrag viel Beifall. Neben der möglichen Schließung der Lehramtsausbildung sei, so Herbst, auch die Ausbildung junger Pädagogen in Gefahr. „Wenn ich höre, dass Gymnasiallehrer künftig in Grundschulen ausgebildet werden, dann bin ich froh, dass meine eigenen Kinder schon aus der Schule sind.“ Er rief die Teilnehmer auf, nach Rostock zu fahren und zu zeigen, dass dort gar nicht die Kapazitäten vorhanden sein um die komplette Lehramtsausbildung zu übernehmen.
AStA hatte auf mehr Teilnehmer gehofft
Franz Küntzel (RCDS), AStA-Referent für Hochschulpolitik, zeigte sich insgesamt zufrieden mit der Veranstaltung. Auch wenn er einräumte, dass sich am Ende nicht so viele Studenten beteiligt hatten, wie man beim Organisationsteam gehofft hatte. „Zehn Prozent, also 1200 Teilnehmer wären schon schön gewesen.“ Er hoffe, dass man für die Zukunft auch die Kommunal- und Landespolitiker aus Greifswald für das Thema gewinnen könne. Trotz der Unterstützung von Professor Herbst, äußerte er Kritik am Rektorat: „Ich wünsche mir von Rektor Westermann ein klares Bekentnis zum Lehramt. Das hat er bisher vermissen lassen.“
Auch der Juso-Vorsitzende Stephan Schumann sieht noch Möglichkeiten für einen enegeren Schulterschluss mit der Uni-Leitung. „Das gemeinsame Feindbild muss ausreichen, damit wir zusammenrücken.“
Update 3. Juni 11:10
Hier ist der Bericht von moritzTV zum Thema:
Kommentieren könnt ihr das Video hier.
Fotos: Carsten Schönebeck
Demos auf einer einzigen Straßenseite sind lächerlich. Greifswalder Studenten sind einfach zu brav. 🙁
In den Gegenverkehr laufen wäre bestimmt noch lächerlicher und vermutlich auch nicht besonders gesund….außerdem soll es ja auch immer noch Menschen geben, die da schnell lang müssen, weil sie z.B. arbeiten müssen, zu einem Termin müssen etc., die aber für die Lehramtsstreichung gar nichts können….Oder wie wärs mit nem Krankenwagen der durch muss? 😉
ich wünsche euch weiterhin viel erfolg!
… will aber anmerken, dass auf den Demos im Wintersemester 2002 bis zu 2000 Studis in Greifswald demonstriert haben. Das ist zwar schon eine Weile her, aber aus den Protesten von vor acht Jahren ließe sich auch für heute was lernen. Damals gab es eine Protestgruppe (in meiner Erinnerung so zehn bis zwanzig Leute), die mehrere Wochen quasi im AStA-Büro (damals noch im Audimax) gewohnt und gebastelt hat, es gab jeden Tag (und jede Nacht) Mobilisierungs-Aktionen, z.B. gewagte Transpi-Kletterpartien am Außengebäude der Chemie (damals noch in einem leicht rottigen Gebäude hinter dem Bahnhof), ständige Präsenz in und vor der Mensa sowie ein schickes Die-In-Happening auf dem Marktplatz. Und ein catchy corporate design (“Aktion 101″, weil 101 Stellen gestrichen werden sollten; das hochgradig sprühschablonentaugliche Symbol war ein Totenkopf mit Doktorhut). ach war das schön…
Jedenfalls, was ich sagen wollte: trotz Internet und sozialer Netzwerke: eine “klassische” Mobilisierung mit viel Charme, Flyern, Anquatschen und Aktivismus ist zwar unglaublich anstrengend, bringt aber auch was. Und wenn es am Ende nur verklärte Studien-Erinnerungen sind…