Wegen der zahlreichen Anfragen zum Winterdienst in den vergangenen Tagen hatte die Stadt heute Mittag zur Pressekonferenz in den städtischen Bauhof geladen. Dort stellten sich der Leiter des Tiefbau- und Grünflächenamtes, Fred Wixforth, sowie Bauhof-Leiter Uwe Adam, den Fragen der Presse.
Eine davon lautete: Warum liegt immer noch so viel Schnee auf Greifswalds Straßen und Wegen? Die Antwort ist simpel. Der Stadt fehlt immer noch das Streusalz, weil das Salzsilo auf dem Bauhof bereits seit mehr als einer Woche so gut wie leer ist. Obwohl mit dem Lieferanten vertraglich eine Lieferfrist von 48 Stunden vereinbart war, wartet man größtenteils vergeblich auf Nachschub. Der kommt, wenn überhaupt, nur in winzigen Mengen – letzte Woche wurden 48 Tonnen Salz in Säcken geliefert. Mehr sei in den nächsten Wochen nicht zu bekommen, weiß Bauhofleiter Uwe Adam sicher. Daher wird bereits seit mehr als einer Woche nur noch auf ganz wenigen Straßen (im wesentlichen allen Einfallstraßen) und an einigen Gefahrenpunkten (z.B. Tunnelanlage am Bahnhof) mit Salz gestreut – und auch nur mit einer verminderten Menge.
Lieber Schneedecke statt Eisglätte
An allen anderen Stellen setzt die Stadt im großen Stil Sand ein, der verhindern soll, dass der Schnee glatt wird. Den Schnee vollständig zu beräumen ist aufgrund seiner Konsitenz kaum möglich und überdies nicht sinnvoll: Wird der komplett geräumte Weg dann nicht sofort gesalzen, bildet sich Eisglätte – und die ist letztlich gefährlicher als Schneematsch. Aus diesem Grund liegt auch auf der Langen Straße, deren Mitte von der Stadt geräumt und gestreut werden muss, immer noch Schnee und Sand: „Wir können da am frühen Morgen nicht räumen, dann käme es zu Eisbildung. An Tagen wie heute könnte man zwar nachmittags räumen, aber das geht wegen des Personenverkehrs auf der Langen Straße nicht.“ So wird man dort wohl noch eine Weile durch den Schnee stapfen müssen – „und das ist ja auch zumutbar“, wie Amtsleiter Fred Wixforth findet.
Umweltschützer können sich über den Salzmangel hingegen freuen, denn das Streusalz greift Pflanzen und das Grundwasser an. Fred Wixforth weist aber darauf hin, dass ein Großteil des Salzes auf Straßen aufgebracht werde, die ans Entwässerungssystem angebunden seien, sodass das salzige Wasser letztlich direkt in die Ostsee fließe. Dennoch gebe es die Umweltgefahren beim Salz, sodass der Bauhof ohnehin immer genau darauf achte, wieviel Salz man aufbringe: „Unser Grundsatz heißt ‚So wenig wie möglich, so viel wie nötig.'“
Schlüsse aus dem Salzmangel wird man bei der Stadt hingegen nicht ziehen: „Das ist eine Ausnahmesituation, wie sie in den nächsten 10 Jahren nicht wieder vorkommen wird“, ist sich Wixforth sicher. „Wir können jetzt natürlich im großen Stil auf Lagerhaltung bei Salz umsteigen, aber das ist ökonomisch nicht sinnvoll.“ Auch den Lieferanten, mit dem vertraglich schnelle Lieferungen vereinbart waren, will man nicht weiter in die Pflicht nehmen. Wixforth: „Der kann ja auch nichts dafür.“
Radfahren? Stadt: Besser sein lassen!
Auch für die radfahrenden Studenten hat Wixforth eine simple Lösung parat. Auf den Schnee angesprochen, der auch eine Woche nach den letzten starken Schneefällen immer noch flächendeckend auf den Radwegen liegt, sagt er: „Wir wollen zwar fahrradfreundlich sein und kümmern uns auch um die Radwege. Aber wir müssen uns zurzeit auf das Wesentliche konzentrieren und das sind die Fahrbahnen.“ Ein verantwortungsvoller Fahrradfahrer werde überdies wohl selbst einsehen, „dass er an Tagen wie diesen sein Fahrrad zu Hause lassen sollte.“ Darauf waren die meisten Greifswalder Fahrradfahrer angesichts der Zustände auf den Radwegen auch schon gekommen.
Bei Radwegen, die wegen des Salzmangels derzeit nicht gestreut werden können, komme noch dazu, dass die Stadt nicht überall für deren Räumung verantwortlich sei, sagte Wixforth. Das sei an manchen Stellen Sache der Grundstücksanlieger. Und die dürften sowieso kein Salz verwenden.
Für diejenigen, die trotzdem radfahren wollen, hält Wixforth dann aber doch einen praktischen Tipp parat: „Wenn ein Radweg – ob benutzungspflichtig oder nicht – nicht geräumt ist, die Fahrbahn aber doch, darf der Radfahrer natürlich auf die Fahrbahn ausweichen.“ Das mache er selbst auch so. Der Amtsleiter fährt also trotz seiner Maßgabe auch weiter Fahrrad…
Foto: Sebastian Jabbusch (Fahrrad), Gabriel Kords (Lange Straße), rsinner via flickr (Bild Startseite zwei Fahrräder)
Dann läuft der Verantwortungsvolle Radfahrer vom Südbahnhof zum Audimax, dann zur Kiste und zurück zur Loefflerstarße(Busse fahren hier ja nie wirklich passend). Ein lohnender Tag würde ich sagen. Ist doch Schmarn hier. Die Wege die durch Anwohner frei geschoben wurden sind auch keine Spiegelflächen. Da kann man wohl auch hier wenigstens mal die wichtigsten Radwege räumen und einigermaßen befahrbar machen.
Ziemlich peinliche Sache für die Verantwortlichen.
Und ich lass auch noch meine Steuergelder hier und bezahle solche Inkompetenz.
Der Winterdienst wird zu 75% über die Straßenreinigungsgebühren der gebührenpflichtigen Bürger bezahlt. D.h. nur zu 25% aus Steuergeldern, was die Sache nicht besser macht. Ein sehr komplexes Problem, besonders in Greifswald.
Und v.a. ein Thema, das beinahe jedes Jahr wieder auftaucht, aber von der Bürgerschaft und der Verwaltung schlicht ausgesessen wird. So nach dem Motto: Vielleicht schneit es ja dieses Jahr doch nicht.
Vielleicht antizipiert die Stadverwaltung aber auch schon weit in die Zukunft und träumt derweil vom schneefreien Winter dank Klimaerwärmung. 😉
Was auch immer.
Es bleibt bezeichnend, dass Greifswald Dreck statt Salz streut.
Hossa!
So viel erfrischenden Zynismus wie Herr Wixforth hätte ich auch gerne mal. 😉
1. Da spart die Stadt schlicht und ergreifend beim Streusalz-Einkauf – und wenn das Salz dann "plötzlich" knapp wird, liegt's am Lieferanten, der die Lieferfristen nicht einhält. (Eichhörnchen legen sich z.B. instinktiv einen Nußvorrat für den Winter an. Warum fällt es der Stadt so schwer, für den Winter einen Streusalzvorrat anzulegen? Es handelt sich ja nicht um verderbliche Ware.)
2. "Wir können da am frühen Morgen nicht räumen, dann käme es zu Eisbildung. An Tagen wie heute könnte man zwar nachmittags räumen, aber das geht wegen des Personenverkehrs auf der Langen Straße nicht.”
Wie, es soll nicht möglich sein nachmittags mit einem Schneepflug durch die Einkaufszone zu fahren und diese freizuräumen, weil, jetzt kommt's, der "Personenverkehr" dort tagsüber so stark ist??? Die FußgängerInnen seien also letztlich selber schuld, daß in der Langen Straße nicht ordentlich geräumt wird…
3. “Wir wollen zwar fahrradfreundlich sein und kümmern uns auch um die Radwege. Aber wir müssen uns zurzeit auf das Wesentliche konzentrieren und das sind die Fahrbahnen.”
– Ja, so sieht die selbsternannte "Fahrradstadt Deutschlands" aus – "das Wesentliche" seien die Fahrbahnen (für PKW).
Und zu guter letzt:
4. Ein verantwortungsvoller Fahrradfahrer werde überdies wohl selbst einsehen, “dass er an Tagen wie diesen sein Fahrrad zu Hause lassen sollte."
– Klar, und Job bzw. Studium fallen dann einfach mal eine Woche flach?! Oder vielleicht auf den miesen ÖPNV warten (warten auf Godot!)?! Schuld auch hier wieder die RadfahrerInnen selbst, weil mensch ja auch schlicht Auto fahren könnte, das nach Wixforth anscheinend "wesentliche" Transportmittel in dieser Stadt.
zu 3) selbsternannte FahrradHAUPTstadt sogar…
Der Lieferant kann nichts dafür, dass er seine eigene Zusage nicht einhält? Unglaublich ist das hier…
und das im Kapitalismus 😉
Ich kann dem Autor und meinen Vorrednern nur zu 100% zustimmen!
Was mich aber entsetzt ist der Satz von Herrn Wixforth: "Das ist eine Ausnahmesituation, wie sie in den nächsten 10 Jahren nicht wieder vorkommen wird". Bitte?! Das Streusalz ging bereits Anfang Januar vor Daisy aus! Und bis dahin hatten wir ja nun wirklich keinen harten Winter – geschweige denn eine "Ausnahmesituation". Der Rest sind billige Ausreden. Wie schon an anderer Stelle geschrieben: wo privat geräumt wird, ist es ja auch nicht glatt. Schließlich haben wir ja keinen Eisregen.
Fazit: Wenn das die ehrliche Auffassung von Herrn Wixforth ist, muss der zuständige Verantwortliche schleunigst durch einen kompetenden Nachfolger ersetzt werden!
Guter Hinweis!
Mensch sollte jemanden wie Herrn Wixforth bei solchem offensichtlichem Versagen umgehend auf einen anderen Verwaltungsposten versetzen.
Wenn es wenigstens eine schöne Schneedecke wäre… ich sehe mich jeden Tag an eigentlich allen Kreuzungen fahrradschiebend durch 15cm lockeren Schneematschkram hindurchkämpfen.
Das habe ich noch nie vorher in irgend einer Stadt erlebt….
hat eigentlich schon mal jemand drauf hingewiesen, dass gerade dieses schnee- und sandgemisch so mit das übelste ist, was fußgängern und radfahrern angetan werden kann? und für die leute mit kfz: sind euch mal diese fetten eisblöcke aufgefallen, die sich darunter gebildet haben? da kriegt man doch mal wieder mit, wie provinziell das hier teilweise abläuft. 😉
andererseits danke ich (von meinem standpunkt gesehen) mal wieder für die kurzen wege, die diese stadt einem geographisch, sowie im sozialen und kulturellen umfeld liefert.
Am besten wäre es wahrscheinlich gewesen, die Stadt hätte nichts gemacht, dann hätten wir jetzt nicht dieses seltsame Schnee-Sand-Gemisch, bei dem man erst recht ausrutscht, und die Schneeberge durch die man sich an Kreuzungen kämpfen muss.