Nach der Auszählung der Stimmen am vergangenen Freitag und der (vorerst noch inoffiziellen) Verkündung des Ergebnisses im Anschluss daran wird es nun Zeit für einen genaueren Blick auf das Wahlergebnis.
Dabei zunächst ein Wort zur Zusammensetzung: Die bisher verbreitete Behauptung, dass neue StuPa zähle 30 Mitglieder, ist zwar höchstwahrscheinlich richtig, aber etwas vorschnell. Tatsächlich entscheidet sich das erst in der ersten Sitzung des neuen Parlaments (im April). Dann wird festgestellt werden, ob die 27 Wahlgewinner ihr Mandat antreten können – und vermutlich wird es für die drei Neu-Stupisten Maike Schneider, Solvejg Jenssen und Martin Hackbarth dann heißen: „Nein“. Denn wer als Stupist ein AStA-Referat innehat, dessen Mandat ruht. Die ruhenden Mandate werden dann mit Nachrückern (Plätze 28-30) besetzt. Somit hat das StuPa dann 27 aktive Mitglieder. Nur wenn dann diejenigen Stupisten, deren Mandat ruht, ihr AStA-Referat aufgeben, werden sie reguläre Stupisten und das StuPa hat plötzlich mehr als die vorgesehenen 27 Mitglieder.
Wir untersuchen aus diesem Grund vorerst nur die 27 Bestplatzierten. Wo wir mit dem StuPa des Vorjahres vergleichen, tun wir es ebenfalls mit dem ursprünglich gewählten StuPa, nicht mit dem durch Nachrücker stark veränderten aktuellen StuPa.
Größter Sieger: Die Wahlbeteiligung
Es muss hier nicht mehr umfassend thematisiert werden, gehört aber zu den deutlichsten Erfolgen dieser Wahl: Die Wahlbeteiligung ist von 12,7 Prozent im Vorjahr auf etwa 23 Prozent (genaue Zahl wurde noch nicht bekanntgegeben) gestiegen. Das ist die höchste Wahlbeteiligung der letzten Jahre, nur Anfang und Mitte der 90er Jahre war sie noch höher. Die Organisatoren der Wahl haben somit ihr Ziel, die Wahlbeteiligung deutlich zu erhöhen, erreicht, denn dieses Jahr gingen fast doppelt so viele an die Urnen wie im Vorjahr.
Vermutlich war die Urabstimmung über den Uni-Namen für die hohe Wahlbeteiligung zuträglich. An den einzelnen Fakultäten war die Wahlbeteiligung dabei durchaus unterschiedlich. Die folgenden Zahlen stammen von Freitag, 13 Uhr und wurden somit eine Stunde vor Schließung der Wahllokale erhoben. Sie dürften aber annähernd korrekt sein:
- Naturwissenschaften 28,56%
- Medizin 25,6%
- Philosophie 20,69%
- RSF 18,38%
- Theologie 10,95%
- Studienkolleg 0%
Die hohe Wahlbeteiligung bei den Naturwissenschaftlern ist umso erstaunlicher, wenn man sich die Kandidatenliste anschaut: Nicht ein Kandidat darauf kommt aus der Fakultät. Auch die medizinische Fakultät ging lediglich mit zwei Bewerbern (den beiden Bestplatzierten) ins Rennen. Mutmaßlich konnten diese beiden einen großen Teil der Stimmen aus den beiden Fakultäten auf sich vereinen. Der Wahlsieger Matthias Müller errang seinen Erfolg, ohne irgendwelchen Wahlkampf betrieben zu haben.
Hochschulgruppen stellen viele Stupisten
Genau wie im letztjährigen StuPa sind sieben Mitglieder unabhängig. Die übrigen 20 sind Mitglieder einer Hochschulgruppe. Wir zählen sie im folgenden in Blocks auf, auch wenn die Geschäftsordnung des StuPa keine Fraktionsbildung vorsieht. Auch das Abstimmungsverhalten der gruppengebundenen StuPisten ist erfahrungsgemäß häufig nicht einheitlich.
Bei den Hochschulgruppen verloren lediglich die Jusos, die letztes Mal sieben Mandate errungen hatten und dieses Mal nur drei bekamen. Eine weiterer Kandidat (Julien Radloff) gehört allerdings zu den drei potentiellen Sofort-Nachrückern (siehe oben) und auch der fünfte Kandidat (Timo Schönfeldt) hat mit Platz 31 gute Aussichten, bald ins Parlament nachzurücken. Die Jusos waren dieses Jahr mit nur fünf Kandidaten angetreten. Ihre prozentualen Stimmverluste sind allerdings enorm: Sie rutschten von 20,5 Prozent im Vorjahr auf gerade einmal 8 Prozent ab.
Deutlich mehr Kandidaten hatte da der RCDS aufgefahren. Von den angetretenen zwölf schaffte die Hälfte den Sprung ins StuPa und bilden damit die mit Abstand größte Gruppe. „Klassenbester“ Korbinian Geiger erreichte mit Platz 6 zudem einen Spitzenplatz, was sonst nur den Hochschulpiraten (Tristan Varbelow, 2.) und der Grünen Hochschulgruppe gelang. Die anderen RCDS-Kandidaten folgen ab Platz 21.
Unangefochtener Wahlsieger nach abgegebenen Stimmen sind die Grünen: Alle fünf Kandidaten gehören zu den zehn Bestplatzierten, insgesamt konnte man 29Prozent der (erfolgreichen) Stimmen auf sich vereinen. Damit gibt es auch dieses Jahr wieder den Effekt, dass die fünf grünen Kandidaten mehr Stimmen erhielten als Jusos, RCDS und LHG zusammen – aber dennoch nur fünf Kandidaten stellen, wohingegen die anderen drei mit elf Gewählten ins StuPa einziehen. Nächstes Jahr sollte man also womöglich über mehr Kandidaten nachdenken.
Eine Sonderrolle nimmt die LHG ein. Denn nach ihrer eigenen Zählung ist sie überhaupt nicht im StuPa vertreten. Die einzigen beiden Kandidaten, die Mitglieder der LHG sind und ins StuPa einzogen, kandidierten nicht auf der offiziellen LHG-Liste. Solvejg Jenssens Mitgliedschaft tauchte nicht mal auf dem Stimmzettel auf. Alexander Wilhelm Schmidt betrieb Einzelwahlkampf und war vor allem wegen seiner Vergangenheit bei den Republikanern ins Gespräch geraten.
Die Hochschulpiraten (Hopis) waren mit fünf Kandidaten zu ihrer ersten StuPa-Wahl angetreten, zwei davon schafften den Einzug. Tristan Varbelow wurde sogar Zweitplatzierter. Die beiden Kandidaten konnten gemeinsam ganze 11 Prozent der abgegebenen Stimmen auf sich vereinen.
Jusos verlieren, der Rest gewinnt (oder bleibt gleich)
Insgesamt gewinnen RCDS und LHG im neuen StuPa je ein Mandat hinzu, die Hochschulpiraten ziehen neu ein. Alle drei tun dies rein rechenrisch auf Kosten der Jusos, die übrigen Gruppen bleiben konstant. Bei den potentiellen Sofort-Nachrückern sind mit Claudia Sprengel (SDS) und Julien Radloff (Jusos) allerdings zwei weitere Hocschulgruppen-Mitglieder dabei, die diese Zahlen sofort wieder etwas verändern dürften.
Der prozentuale und personelle Anteil der ungebundenen Kandidaten hat sich gegenüber dem Vorjahr kaum verändert. Unter den Freien sind bisher gänzlich unbekannte (wie zum Beispiel Matthias Müller), aber auch einige alte Bekannte, etwa Frederic Beeskow und Thomas Schattschneider.
Frauenquote eher gering, lange Nachrückerliste
Die Frauenquote, auf der Liste aller Kandidaten gerade mal 23Prozent hat sich beim Wahlergebnis erheblich gesteigert. Sie liegt nun bei etwa 30 % (8 Stupistinnen), damit sind die männlichen Stupisten aber immer noch klar in der Übermacht. Im Gegensatz zum letzten StuPa (7 Stupistinnen) hat sich die Quote aber immerhin leicht gesteigert.
Spannend bleiben wird, wie sich die Zusammensetzung des StuPa im Laufe der Legislatur verändern wird. In dieser Legislatur hat die Zusammensetzung erheblich variiert, bereits im Oktober war die Nachrückerliste, auf der 14 Personen standen, aufgebraucht. Dieses Jahr stehen auf der Nachrückerliste 27 Personen – somit dürfte dieses Jahr nicht mehr jeder Kandidat irgendwann ins Parlament nachrücken. Allerdings werden, wie eingangs beschrieben, wohl schon in der ersten Sitzung drei Nachrücker berufen werden.
Danke für diese kurze Wahlanalyse, v.a. für die Wahlbeteiligungsdaten zu den Fakultäten!
Vielleicht mag sich das diesjährige StuPa endlich einmal durchringen, den Wahlmodus auf ein demokratischeres und transparenteres Wahlmodell, sprich: Listenwahl, umzustellen.
So eine personifizierte Listenwahl (wie wir sie bei der Senatswahl z.B. auch haben) bringt den WählerInnenwillen weitaus besser zum Ausdruck. Alle Einzelstimmen für die KandidatInnen einer Liste kommen direkt dieser Liste zugute und entscheiden über die Mandatsanzahl; die konkreten Mandate werden dann innerhalb der Listen nach den jeweiligen Einzelergebnissen verteilt.
Bisher ist es ja so, daß bei Niederlegung eines StuPa-Mandats diejenige Person nachrückt, die zufällig (völlig unabhängig von ihrer Listenzugehörigkeit) als nächste auf der Nachrückliste steht. So kommt es dann zu derart kuriosen und den WählerInnenwillen konterkarierenden Auswüchsen wie vergangenes Jahr, als der Rücktritt von Juso- und GHG-Mitgliedern dazu führte, daß RCDS-Mitglieder und ein Markomanne nachrücken konnten. – Das war wohl kaum von den WählerInnen mit ihrer Wahlentscheidung für GHG- bzw. Juso-KandidatInnen intendiert. (Das Szenario wäre auch andersherum denkbar; daß gerade der RCDS davon profitiert hat, ist somit rein zufällig. – Aber eine Parlamentszusammensetzung soll nun einmal nicht "zufällig" sein, sonst könnten wir ja auch schlicht losen, sondern den Willen der WählerInnen repräsentieren.) Bei einer personifizierten Listenwahl hingegen rücken automatisch Mitglieder der entsprechenden Liste nach (entsprechend ihrer Einzelwahlergebnisse); erst wenn dort keine NachrückerInnen mehr vorhanden, wird der freigewordene Sitz an diejenige Liste abgegeben, die ihn entsprechend der Auszählung als nächste erhalten hätte.
Das ist ein weitaus demokratischeres Modell als das bisherige.
Die Unabhängigen KandidatInnen gingen dabei natürlich auch nicht ganz unter: Sie können sich (wie bei der Senatswahl ja üblich) zu gemeinsamen unabhängigen Listen zusammenschließen. So verwandelt sich das StuPa dann auch von einem Haufen EinzelkämpferInnen, die sich in endlosen Redebeiträgen (jede und jeder muß noch den eigenen Senf dazugeben zur Selbstprofilierung) selbst lahmlegen, in ein Parlament, wo interfraktionell schon vorab über Anträge und deren parlamentarische Durchsetzbarkeit bzw. Nichtdurchsetzbarkeit gesprochen werden kann. – An anderen Unis läuft das seit Jahrzehnten ganz prima, nur in Greifswald zerkauen sich die StuPa-Mitglieder mit wenig vorbereiteten Diskussionen und ad-hoc-Anträgen aus der kalten Hose die eigene Zeit derart, daß Sitzungen regelmäßig weit nach 24h enden – und die Tagesordnung trotzdem nicht abgearbeitet wurde.
Guter Vorschlag, den ich unterstützen würde.
Bei einer personifizierten Listenwahl entscheidest Du auch ganz direkt, wer in der entsprechenden Hochschulliste die Mandate erhält und wer nicht. Innerhalb der Listen gilt ja weiterhin: Wer am meisten Stimmen hat, zieht ins StuPa, die anderen sind dann quasi listeninterne NachrückerInnen, falls mal ein Mandat wieder abgegeben wird (Auslandssemester, Unlust, Krankheit, Wechsel in den AStA etc.).