Am 27. September wählt die Republik einen neuen Bundestag. Der webMoritz interviewte die Direktkandidaten aus dem Wahlkreis 16 (Greifswald – Demmin – Ostvorpommern) per E-Mail. Heute: Anne Klatt (Bündnis 90/Die Grünen).

webMoritz: Wie bist du zur Politik gekommen?

Anne Klatt: Als ich beim BUND in Halle/Saale mein Freiwilliges Ökologisches Jahr absolvierte, hatten die Grünen gleich nebenan ihr Büro. Und ich hatte mit dem Geschäftsführer so hervorragende Flurdiskussionen über Politik,
dass es ihn nicht viel Überzeugungskraft gekostet hat, mich mal auf ein Vorstandstreffen zu locken.

webMoritz: Im Bundestag gibt es direkt gewählte Kandidaten und Kandidaten, die über Listen einziehen. Macht das abgesehen von gewissen Repräsentationspflichten im Wahlkreis irgendwelche Unterschiede?

bundestag_anne_klatt-300x200-christoph_buschAnne Klatt: Habe ich bei meinem Praktikum bei Reinhard Loske, als er noch nicht Bremer Umweltsenator war, sondern „einfacher“ Bundestagsabgeordneter war, nicht feststellen können.

webMoritz: Wo siehst du Möglichkeiten, sich besonders für deinen Wahlkreis einzusetzen?

Anne Klatt: Ein dichteres und günstigeres Netz von Bussen und Bahnen für diese Region liegt mir sehr am Herzen. „Mehr Mobilität bei weniger Verkehr“ lautet die Devise.

Mecklenburg-Vorpommern eignet sich auch ganz wunderbar für die Entfaltung eines Tourismus, der auf Naturerlebnis basiert, eignen. Das sind viele Arbeitsplätze, die kaum vom Weltmarkt abhängen, die nicht Gefahr laufen, ins Ausland verlagert zu werden und die die Region nicht zu einem Industriegebiet degradieren.

Ich möchte dafür kämpfen, dass ein 20 bis 25 Stunden-Woche der Normalzustand wird, damit mehr Menschen eine Stelle abbekommen und weniger ihre kostbare Lebenszeit überwiegend im Büro verbringen.

Wir setzen uns auch für einen Mindestlohn von 7,50/h ein, der gerade hier nötig ist, um der Lohnabwärtsentwicklung in einigen Branchen ein Stopp entgegenzusetzen.

Die Bio-Landwirtschaft, die jetzt schon einen vorbildlichen Anteil in M-V einnimmt, soll sich ruhig langsam aber sicher noch breiter machen. Dazu würde ich gerne den entsprechenden Rahmen schaffen.

Letztlich haben wir durch unsere lange Küste einen sehr guten Standort für Off-Shore Windanlagen. Ich würde gerne dazu beitragen, dass dieses Potenzial genutzt wird.

webMoritz: Wie sieht dein Wahlkampf aus?

Anne Klatt: Erstklassig natürlich 😉 Wir haben einige kreative Aktionen geplant: 3 x 24 Stunden Sitzungen in Anklam, Demmin und Greifswald, mit Renate Künast haben wir eine Kuh-Aktion geplant, die Grüne Jugend wird den Bürgern ihren persönlichen Anteil Atommüll in die Hand drücken. Ein Sofa-Gespräch im Hafen mit Claudia Roth gab es ja schon. Dann sind wir dabei eine Zeitung mit unseren Ideen und Konzepten zu erstellen, ein regionales Plakat zum Kohlekraftwerk wird bald die Gegend schmücken, wir bloggen, es gibt die www.grüne-Anne.de und wir sind dabei ein Filmchen zur geplanten Ferkelzuchtanlage in Alt Tellin, Kohlekraftwerk und Atomenergie mit eigenen animierten Zeichnungen zu produzieren. Und natürlich die klassischen Mittel: Pressearbeit, Stände, Podiumsdiskussionen.

webMoritz: Wer unterstützt dich im Wahlkampf? (Hast du ein Wahlkampf-Team und wie sieht es aus?)

Anne Klatt: Mein Mitbewohner und ich sind sozusagen die Wahlkampfzentrale, die von einem kleinem, aber feinem Team unterstützt wird. Dann laufen viele Sache auch über „jemanden, den irgendjemand kennt“ – z.B. das Plakat-Design oder die DONG-Karrikatur. Durch diese vielen Freundschaftsdienste von „Überzeugungstätern“ können wir trotz eines Schmalspurbudgets viele Ideen verwirklichen.

lebenslauf-anne_klattwebMoritz: In welchen Bundestagsausschüssen würdest du gern mitarbeiten?

Anne Klatt: Es wird euch wenig überraschen, dass ich mich Umweltausschuss am Besten aufgehoben fühle. Aber ich kann mir auch sehr gut vorstellen in den Bereichen Internationale Gerechtigkeit und Wirtschaft, wo ja die eigentlichen Gallensteine liegen, zu arbeiten.

webMoritz: Zwei parteilose Kandidaten machen besonders intensiv Werbung für das bedingungslose Grundeinkommen. Was ist deine Haltung zu diesem Modell?

Anne Klatt: Eine fantastische Idee! Nur bei bei den verschiedenen Umsetzungskonzepten sehe ich jeweils noch einige Haken. haben wir ja am 10. September bereits einen Gesprächskreis organisiert.

webMoritz: Im Falle deiner Wahl: Welches Verkehrsmittel willst du zum Pendeln nach Berlin nutzen?

Anne Klatt: Natürlich die Bahn! Außer bei schönem Wetter, da ziehe ich meinen Hexenbesen vor 😉

webMoritz: Wie stehst du zum geplanten Steinkohlekraftwerk in Lubmin?

Anne Klatt: Ein Zeugnis von Ignoranz der Klimaproblematik und Rückschrittlichkeit in der Wende zu grünen Technologie. Ein Schlag ins Gesicht derjenigen, die vom Tourismus leben und der vielen Menschen, die sich gegen das Kraftwerk engagieren. Den Frust unter den Menschen, den das Kraftwerk erzeugen würde,  können wir hier nicht gebrauchen. Ich hoffe natürlich, dass diese Vorhaben nicht und nirgendwo realisiert wird.

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webMoritz: Was hälst du davon, dass in Deutschland so viele Dinge, besonders die Bildungspolitik, gar nicht vom Bundestag sondern von den einzelnen Ländern entschieden werden?

Anne Klatt: Darüber habe ich mir ehrlich gesagt noch keine Gedanken gemacht. Ich müsste mir erstmal die Vor- und Nachteile in der Praxis anschauen, bevor ich darüber ein Urteil fälle.

webMoritz: Was sind deine Pläne für den Fall, dass du nicht gewählt wirst?

Anne Klatt: Ich plane nur ungern – sonst bin ich ja nicht mehr offen für die Chancen, die sich ergeben. Ich denke, dass ich meine StuPa-Legislatur gut zu Ende bringe, meine Diplom-Arbeit zu den schädlichen Auswirkungen des Baumwoll-Anbaus aufs Papier bringe , mich in die Bürgerschaft einarbeite und natürlich noch ein bisschen mit der AG Konsumkritik einige Denkanstöße stiften kann.

webMoritz: Vielen Dank für das Interview!

Bildnachweis:

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Foto Anne Klatt – Christoph Busch