Zu Beginn einige kurze Erläuterungen zur Thematik: Es existieren zwei unterschiedliche Akkreditierungssysteme, die Programm- und die Systemakkreditierung. Bei der Programmakkreditierung wird ein einzelner Studiengang von einer Akkreditierungsagentur überprüft, hierzu wird ein Gutachterteam aus Professoren, Berufstätigen und Studenten an die jeweilige Hochschule entsandt. Wird dem Studiengang eine ausreichende Qualität bescheinigt, ist er für einen begrenzten Zeitraum akkreditiert. Die Programmakkreditierung ist derzeit das vorherrschende Akkreditierungsmodell in Deutschland. Bei der Systemakkreditierung wird hingegen geprüft, ob eine Hochschule selbstständig in der Lage ist die Qualiät ihrer Studiengänge zu sichern, nach erfolgreicher Systemakkreditierung sind alle Studiengänge der Hochschule für eine Dauer von 6 Jahren akkreditiert, zur Zeit ist keine deutsche Hochschule systemakkreditiert, eine befindet sich in der Zulassungsphase.

Die Universität Greifswald will die Systemakkreditierung beantragen. Das Akkreditierungssystem wurde im Zuge des Bologna-Prozesses eingeführt, zu akkreditieren sind gemäß der ländergemeinsamen Strukturvorgaben gemäß §9 Abs. 2 Hochschulrahmengesetz alle Bachelor- und Master-Studiengänge.

Nur drei Bachelor-Studiengänge sind akkreditiert

An der Universität Greifswald wird diese Maßgabe derzeit vielfach nicht erfüllt. Gemäß der Datenbank des Akkreditierungsrates sind derzeit lediglich drei Bachelor-Studiengänge (Geologie, Physik und Umweltwissenschaften) und 12 Masterstudiengänge (British and North American Studies, Fennistik, Geosciences and Environment, Geschichtswissenschaft, Kunstgeschichte, germanistische Literaturwissenschaft, Physik, Philosophie, Skandinavistik, Slawische Philologie, Sprache und Kommunikation und Zahnärztliche Funktionsanalyse und -therapie mit Computerunterstützung) akkreditiert.

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Durch die vielen nicht-akkreditierten Studiengänge können Master oder Promotion für Greifswalder Absolventen schnell zum Problem werden.

Das liegt allerdings nicht daran, dass die übrigen Studiengänge im Akkreditierungsverfahren gescheitert wären (in diesem Fall dürften keine neuen Studenten mehr immatrikuliert werden). Die Akkreditierungen wurden vielmehr nicht beantragt. Im Normalfall sollte eine Nicht-Akkreditierung keine unmittelbaren Beeinträchtigungen für die Studenten und Absolventen haben, der erlangte Titel darf trotzdem getragen werden. Problematisch kann es hingegen werden, wenn man an einer anderen Hochschule (insbesondere im eropäischen Ausland) einen Doktor oder Phd erlangen will, hier kann die fehlende Akkreditierung des Master-Studienganges zum Problem werden.

Begründet wird der Verzicht auf die Beantragung der Programmakkreditierung mit der Tatsache, dass die Universität eine Systemakkreditierung beantragen wolle und somit keine Programmakkreditierungen mehr benötige (Lediglich einige Studiengänge der Philosophischen Fakultät werden im Zuge des notwendigen Verfahrens derzeit neu programmakkreditiert). Die Systemakkrediterung ist allerdings noch in der Planungsphase, mit der Bestätigung ist frühestens Ende 2011 zu rechnen. Um sie zu erreichen, wurde das Projekt integrierte Qualitätssicherung gegründet. Einen Zwischenbericht von dessen Arbeit (Stand 30.4.2009) kann man innerhalb des Uni-Netzwerkes von der Internetseite herunterladen.

Dem Bericht zufolge soll die Systemakkreditierung im Laufe des kommenden Jahres beantragt werden, hierfür muss ein hochschulweites einheitliches System zur Qualitätsicherung vorhanden sein, für dieses muss allerdings erst ein Konzept entwickelt werden. Zurzeit verfügen vor allem die Medizinische Fakultät, aber auch die Theologische Fakultät über Qualitätssicherungssysteme (vor allem Evaluationssysteme), die den Anforderungen der Systemakkreditierung aber noch nicht im Vollen genügen. Diese Fakultäten sind allerdings vom Bologna-Prozeß (und damit auch von der Akkreditierung) praktisch nicht betroffen, da hier der Regelabschluss das Staatsexamen ist und wohl vorerst auch bleiben wird.

Qualitätssicherungssystem existiert faktisch nicht

Die größten Auswirkungen hat der Bologna-Prozeß auf die Philosphische und die Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät, hier sind oder werden die meisten Studiengänge (Ausnahmen sind die Lehramtsstudiengänge und Pharmzie) auf das Bachelor/Master-System umgestellt. Aber gerade in diesen Fakultäten existieren die größten Lücken. Man könnte auch sagen, dass es praktisch kein zentrales Qualitätssicherungssystem gibt.

Ob ein zentrales Qualitätssicherungssystem innerhalb eines Jahres etabliert werden kann, darf insbesondere angesichts des letzten derartigen Versuches bezweifelt werden: Vor zwei Jahren wurde das System „InstEval“ an der Universität Greifswald eingeführt, um damit alle Lehrveranstaltungen zu evaluieren. Im Report der intigrierten Qualitätssicherung wird es lediglich im Rahmen der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät erwähnt und von einer vollständigen Abdeckung ist man noch weit entfernt.  Bis zu einer möglichen Systemakkreditierung gibt es also noch deutlichen Nachholbedarf.

Ambitioniertes Projekt mit noch ambitionierterem Zeitplan

Es bleibt ein ambitioniertes Projekt mit einem noch ambitionierteren Zeitplan, so dass es auch durchaus bis 2012 oder länger dauern könnte, bis die Universität systemakkreditiert ist. So kann es zu sehr langen Lücken der Akkreditierung kommen. Ein Abschluss gilt jedoch nur dann als anerkannt, wenn er zum Zeitpunkt des Studienabschlusses akkredtiert ist.

So ist zum Beispiel der „Bachelor of Law“-Studiengang seit dem 30.9.2007 nicht mehr akkreditiert. Dieses Beispiel kann als besonders kritisch betrachtet werden, da ein Bachelor of Law kein berufsqualifizierender Abschluss ist und sich gerade hier eine Weiterführung des Studiums anbietet, ja sogar faktisch unverzichtbar ist. Eine Programmakkredtierung läuft im allgemeinen über 6 Jahre. Die Universität hat sich hier gerade, wenn man mit Verzögerungen rechnet, fast einen kompletten Zyklus gespart – von kurzen Phasen der Nicht-Akkreditierung kann also nicht gesprochen werden.

Weitere Informationen findet ihr unter www.akkreditierungsrat.de und im Berichtdes Projekts integrierte Qualitätssicherung.

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„Maximilian Mühlens“ / www.jugendfotos.de