Im seit November 2007 schwelenden Streit um das Haus Stralsunder Straße 10 hat es seit unserem letzten Bericht Ende Mai neue Entwicklungen gegeben. Zeitweise gab es angeblich ein Verkaufsangebot des Eigentümers, dem Berliner Petruswerk, das der Verein „Kultur- und Initiativhaus e.V.“ auch annehmen wollte, das dann aber wieder zurückgezogen wurde. Jetzt sorgt der Abriss eines Nebengebäudes für Ärger.
Dem Petruswerk gehört das Gebäude seit Januar 2008. Die Gesellschaft wollte die „Straze“ zu einem studentischen Begegnungszentrum machen. Nur vier Monate später gab Dr. Douglas Fernando, Geschäftsführer des Unternehmens, jedoch bekannt, das Gebäude abreißen zu wollen, da eine Sanierung nicht finanzierbar sei.
Daraufhin bildeten über 20 Bürger am 29.5.08 die Bürgerinitiative zur Rettung der Stralsunder Straße 10/11. Sie wollen das unter Denkmalschutz stehende Haus erhalten (webMoritz berichtete). Seit einem Jahr dürfen nach einem neuen Gesetz in Mecklenburg-Vorpommern denkmalgeschützte Häuser abgerissen werden, wenn sie wirtschaftlich nicht rentabel sind. Dr. Ulrich Rose von den Greifswalder Grünen sagte über die Planugen für einen Neubau nach Abriss des Hauses in der Ostseezeitung im Juni 2008: „Der Neubau wird so gesichtslos, dass er in jeder Stadt stehen könnte.“ Die Fraktion Grüne/OK hatten sich in der Bürgerschaft gegen einen Abriss eingesetzt.
Im September 2008 gründete sich der „Verein Kultur- und Initiativenhaus Greifswald e.V.“, der aus dem Haus einen Ort für die Bürger Greifswalds machen will, in dem gearbeitet und gewohnt werden soll. Das Konzept des Vereins sieht einen Laden, ein Café, Holz- und Metallwerkstätten, Seminarräume, eine Medienwerkstatt, Gästezimmer, Büros für verschiedene Vereine und eine Bühne für kulturelle Veranstaltungen vor.
Auf seiner neuen Internetseite informiert der Verein umfassend über seine Ideen und Pläne und zeigt unter anderem auch Fotos des Gebäudes. Das Ringen um das Gebäude zwischen den beiden Parteien, also dem Petruswerk und dem Verein, dauert seitdem an.
Zunächst bot Fernando der Bürgerinitiative an, das Haus zu verkaufen, wenn ihm ein schlüssiges Konzept vorgelegt werde . Dann wiederum traute er dem Verein die Sanierung des Hauses nicht zu.
Vor einigen Wochen kam dann erneut Bewegung in die Sache: Am Rande eines Aufenthalts in Greifswald machte Dr. Fernando ein Verkaufsangebot über 450.000 Euro. Vorher hatte ein Betrag von 600.000 Euro im Raum gestanden. Nur einen Tag später entschied sich der Verein dazu, das Angebot anzunehmen. Doch unmittelbar darauf nahm Fernando wieder Abstand von seiner Aussage. Das Petruswerk möchte das Gebäude nun selbst sanieren. Dr. Fernando begründete die Rücknahme des Kaufangebotes mit den Worten: „Wir halten es aber im besonderen Interesse der Stadt Greifswald bezüglich der Entwicklung des Standortes für unabdingbar, dass ein Projekt in dieser Größenordnung von einem finanzkräftigen und seriösen Investor durchführt wird“ (OZ 1. Juli 2009).
Angeblich illegaler Abriss ärgert Verein
Bereits gestern kamen die ersten Bagger und rissen ein kleineres Gebäude, das hinter der Straze stand, komplett ab. Nach Angaben des Vereins Kultur- und Initiativenhaus Greifswald lag kein Abrissantrag vor und die Bauaufsicht war über den Vorgang nicht informiert. Der Verein hatte in seinem Nutzungskozept eine Holzwerkstatt in dem Nebengebäude vorgesehen. Das Petruswerk konnte der webMoritz für eine Stellungnahme zu dem Vorgang bisher nicht erreichen.
Tipp: Auch das neue Magazin „Ryckscha“ befasst sich in seiner aktuellen Ausgabe umfangreich mit dem Thema. Es gilt allerdings zu beachten, dass sich mehrere Mitglieder der Ryckscha-Redaktion auch bei der Bürgerinitiative engagieren. Außerdem befassen sich die Internetseiten „Fleischervorstadtblog“ und das Blog der Grünen mit den Vorgängen. Die Ostsee-Zeitung hat über den Abriss bis zum 15.7. noch nicht berichtet.
Update: Petruswerk sieht keinen Rechtsverstoß
Wie Ursula Schamberg, Leiterin der technischen Abteilung beim Petruswerk, auf Anfrage mitteilte, hat das Petruswerk nach ihrer Ansicht mit dem Abriss nicht gegen Vorschriften verstoßen. Schamberg: „Uns ist bekannt, was unter Denkmalschutz steht.“ Die Remise und die Garagen, die derzeit abgerissen würden, ständen nicht unter Denkmalschutz. Der Abriss sei weder beim Denkmalamt noch beim Baumamt anzeigepflichtig gewesen, trotzdem habe man beiden Behörden kurz Bescheid gesagt.
Zudem plant das Petruswerk in den kommenden Wochen weitere Maßnahmen zur Sicherung des eigentlichen Gebäudes der Stralsunder Straße 10. Die Fenster im Untergeschoss sollten zugemauert werden. Die bestehende Bausubstanz werde dabei allerdings nicht angetastet, da die Mauern vor die Fenster gesetzt würden. Ein akut einsturzgefährdeter Teil des Daches solle kurzfristig abgestützt werden. Dazu müssten vorher aber noch Wertstoffcontainer vor dem Haus verschoben werden.
„Wir werden bis zur Instandsetzung des Hauses noch ein Weilchen brauchen“, sagte Schamberg weiter. Das Haus solle aber instandgesetzt werden und weitergenutzt werden, nähere Konzepte seien derzeit in der Entwicklung. Ob am Ende Büros in dem Haus entstünden oder ein Café einziehen werde, stehe noch nicht fest. Es gäbe aber durchaus schon Betreiber, mit denen man spreche. Erhalten bleiben sollten nicht nur die historischen Elemente in dem Gebäude, sie sollten zum Teil auch weiter zugänglich sein – etwa im Rahmen einer gastronomischen Einrichtung.
Die Art und Weise, wie in den letzten Wochen mit dem Verein „Kultur- und Initiativhaus“ kommuniziert worden sei, bedauere sie persönlich. Es sei nicht deutlich geworden, dass ein Verkauf für das Petruswerk keine Option mehr sei: „Wir werden nicht verkaufen. Die Verkaufsdiskussionen sind eingestellt worden.“
Bilder: Mit freundlicher Genehmigung des Kultur- und Initiativhaus e.V. (Fotograf: Jens Götz)
diese entwicklung ist so krass wie vorhersehbar. die machen was sie wollen. fernando ist bei der lokalen cdu offensichtlich beliebt genug, das alles durchzuziehen. übrigens wird auch das mira demnächst opfer der christlichen immobilien-truppe petruswerk.
Wie schön, dass der AStA am Montag den Beschluss, die Stralsunder Straße betreffend, aufgehoben hat. Wir wollen ja nicht über den Inhalt diskutieren. In dem ganzen formalen hin und her haben aber einige das Wesentliche aus den Augen verloren… Schade im die studentische Kultur in Greifswald!
Na Fabian , ich sehs schon, wie Scarlett, Jens und du sich an das Nebengebäude gekettet hätten, wenn der Mummenschanz der letzten Wochen nicht gewesen wäre….;)
Wäre Freibergers erste inhaltliche Arbeit dieser Legislatur gewesen. Schade 😀
Das können sie auch jetzt noch machen. Wäre effektiver als jedes Papier – egal ob vom AStA oder vom StuPa. Aktionen zählen, nicht Papiere!
Immens sinnvoll wäre das.
So wie die zwei Dutzend Castortransporte, die durch sowas verhindert wurden. ^^
Greepeace hat den Empörungsmarkt vollkommen monopolisiert, ohne nackte Models läuft gar nichts mehr… allerdings "effektiver als" trifft wohl trotzdem zu.
Es wird eine Fortbildungsveranstaltung angeboten:
Am Freitag den 16. Juli ist im IKUWO eine Infoveranstaltung zum Thema Hausbesetzungen:
"Noch vor dem Konzert habt ihr daher die Möglichkeit ab 18 Uhr an einer Infoveranstaltung zum Thema Hausbesetzung teilzunehmen. Neben Infos über die Gründe und Entwicklungen der Hausbesetzung wird es auch Erfahrungsberichte aktiver Hausbesetzer_innen geben."
Quelle: "Antifa Greifswald" und die übliche Werbung durch Narrenhände
p.s.: Was ist eine "critical mass", einfach dem Wortlaut nach gemeint oder mit mehr Bedeutung?
Ich hoffe mal auf ret marut, der hat mir schon mehrere Begriffe nähergebracht 🙂
Heute Abend 20 Uhr Löfflerstrasse soll der StuPa Präsident beauftragt werden ein (offenenes?) Unterstützerschreiben für die Bürgerinitiative zu verfassen.
Der AStA Beschluss wurde übrigens nirgendwo veröffentlicht.Nicht mal auf der AStA Homepage…Und das obwohl die Antragssteller öffentlichen Druck wollten…
Spricht für die große inhaltliche Arbeit der zurückgetretenen AStA-Vorsitzenden. Der Beschluss wurde Anfang Juni gefasst und diesen Montag aufgehoben. Binnen fünf Wochen hätte der AStA wirklich was unternehmen können (Ketten kaufen, Auffahrt zur Straze blockieren,…)
Das ist doch Schwachsinn. Wir haben keinerlei effektive Unterstützung zugesagt. In dem Beschluss stand eigentlich "nichts". Somit war die Vorsitzende eher mit der formellen Arbeit im konstruktiven Austausch zwischen StuPa und AStA beschäftgt, als sich mit irgendwelchen inhaltlichen Fragen auseinandersetzen zu können.
Es ist nicht unüblich, einen rechtlich fragwürdigen Beschluss nicht direkt in die Öffentlichkeit gelangen zu lassen. Die Bedenken wurden ja vom Präsidium schon nach kurzem geäußert…
http://www.webmoritz.de/2009/07/07/asta-und-stupa…
Wenn das nicht öffentlich ist… 😉
Der AStA hat den Beschluss am 08.06.2009 gefällt.Der Beschluss ist also erst einen Monat später durch das "Tauziehen" öffentlich geworden.
Gab es eine Pressemitteilung an den Webmoritz?Hätte überhaupt jemand was von der Unterstützung des AStA für die Strahlsunder Strasse erfahren?
Ich würde sagen, der altbekannte Dunstkreis hätte davon erfahren. Viel mehr Menschen interessieren sich ja sowieso nicht für die hochschulpolitischen Belange der Studierenden in Uni und Stadt. Aktionen in die Richtung wären vielleicht durch weitergehende Anträge (wie ich schon sagte: der beschluss war der erste schritt in eine richtung der aktiven kooperation) auf´s tableaux gerutscht.
"Aktionen in die Richtung wären vielleicht durch weitergehende Anträge (wie ich schon sagte: der beschluss war der erste schritt in eine richtung der aktiven kooperation) auf´s tableaux gerutscht. "
So wie sich das Protokoll des AStA liest, war schon dieser Beschluss umstritten…
"Wir haben keinerlei effektive Unterstützung zugesagt. In dem Beschluss stand eigentlich "nichts". "
Du sagst selbst in dem Beschluss stand nichts und das obwohl die Antragsteller öffentlichen Druck wollten…Wieso verteidigt der AStA den Beschluss dann so?
Mir ging es zum Beispiel bei der Aufhebung um den inhaltlichen Aspekt.Der Beschluss war mir viel zu lasch…(Sagst es ja selber)
Das was Fraum Schamberg vom Petruswerk sagte, stimmt so nicht. Der Abriss wäre anzeigepflichtig gewesen. Es gab keinerlei noch so kurze Nachricht an die Stadt über den geplanten Abriss. Wenn jemand so ein großes Rad drehen will, wie das Petruswerk hier, sollte man anders vorgehen, um Unterstützer in der Stadt zu bekommen. Es wäre toll mal zu erfahren, wann die Rettung des Hauses beginnt. Wie wir aus der Löffler-Straße wissen, retten zugemauerte Fenster so ein Haus nicht.
Ja, denn macht doch endlich einmal etwas, außer kommentieren. Ihr habt, soweit ich weiß, mit Anja Reuhl ein Mitglied im Bauauschuss. Oder wendet Euch an Klaus Heiden, der schon einige Erfahrungen in diesen Fragen hat.