Auf der kommenden Senatssitzung am Mittwoch, dem 15.7., um 14 Uhr werden im Senat zwei Anträge eingebracht, die eine heftige Debatte versprechen. Neben dem Antrag der studentischen Senatoren zur Ablegung des Namens Ernst-Moritz Arndts (nachzulesen hier auf der Internetseite der Initiative „Uni ohne Arndt“) bringen die Senatoren Prof. Jürgen Kohler, Raik Harder (akad. Mitarbeiter) sowie Christian Bäz, Sebastian Jabbusch und Thomas Schattschneider (Studenten) einen „Antrag zur hochschulöffentlichen Bekanntmachung von Sitzungsunterlagen“ ein, der dem webMoritz vorliegt.

Der Antrag ist die Verschriftlichung einer alten Debatte, bei der es um die Frage geht, inwiefern die Sitzungen und Beratungen des Senats hochschulöffentlich sind und inwiefern sie diesem Status auch gerecht werden. Grundsätzlich gilt: Die Sitzungen des Senats sind hochschulöffentlich, sofern die Öffentlichkeit nicht für einzelne Tagesordnungspunkte ausgeschlossen wird. Hochschulöffentlich bedeutet, dass alle Hochschulangehörigen an der Sitzung teilnehmen können. Außerdem können sie genehmigte Protokolle im Nachhinein einsehen – das auch im Internet und damit sogar vollkommen öffentlich – auch für Externe.

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Antragsteller: Alt-Rektor Professor Jürgen Kohler

Die Antragsteller fordern in ihrem Antrag nun, den Rahmen für die Hoschulöffentlichkeit in Zukunft anders zu fassen: Sie wollen, dass die Sitzungsunterlagen, die die Senatoren vor den Sitzungen erhalten, künftig hochschulöffentlich im Internet publiziert werden. Dabei soll eine Lösung geschaffen werden, die Hochschulöffentlichkeit herstellt, ohne dabei öffentlich zu werden. Man könnte also auch von einer Veröffentlichung im Hochschul-Intranet sprechen.

Professor Jürgen Kohler sagte gegenüber dem webMoritz: „Ich bin der Auffasung, dass wir in der Uni mehr Transparenz brauchen und dass man auch sinnvollerweise der Sitzung des Senates als Zuhörer nur folgen kann, wenn man das Bezugsmaterial kennt, auf dessen Basis die Diskussionen geführt werden.“ Im Paragraphen 51 des Landeshochschulgesetzes heiße es, dass der Senat  hochschulöffentlich tagen“ müsse. Dieser Passus ist in der Vergangenheit allerdings häufig sehr knauserig ausgelegt worden. Mit einfacher Mehrheit hat der Senat häufig die Öffentlichkeit ausgeschlossen, immer wieder gab es darüber auch Streit. Im Mai 2008 schrieb der damalige Senatsvorsitzende Professor Manfred Matschke im Kontext einer ähnlichen Debatte an die Senatsmitglieder:

„Ein Ausschluß [der Öffentlichkeit, Anm. d. Red.] kann nach § 54 I S. 2 LHG zwar mit der Mehrheit der Mitglieder vom Senat beschlossen werden, aber dieses formale Kriterium allein genügt nicht. Vielmehr muss ein Ausschluss überdies auch sachlich gerechtfertigt sein.“

Ähnlich formuliert es auch Jürgen Kohler: „Die Demokratie entartet, wenn sie als rein formales Mehrheitssystem verstanden wird. Es bedarf immer noch einer Begründung auf sachlicher Ebene.“

Professor Manfred Jürgen Matschke (C) moritz Magazin

Professor Matschke

Wie genau der Antrag technisch umgesetzt werden soll, ist derzeit noch ungewiss. Sebastian Jabbusch sprach gegenüber dem webMoritz von einemOnline- Zugriff auf die Daten, für den Nutzernamen und Passwort der Online-Funktionen des Prüfungsamts erforderlich wären. Denkbar wären unter Umständen aber auch andere Lösungen, wie etwa, die Daten nur für Zugriffe aus dem Hochschul-Intranet freizugeben. Wer von außen darauf zugreifen würde, müsste sich dann per VPN ins Rechenzentrum einwählen.

Der Antrag wird am Mittwoch aber voraussichtlich keine Mehrheit finden, sagen verschiedene Senatoren vorher. Zwar gibt es eine Reihe von Unterstützern, aber auch zahlreiche erklärte Gegner des Antrags. Professor Kohler hat aber noch Hoffnung. Außerdem bennent er eine andere Funktion, die der Antrag in jedem Fall erfüllen wird: „Die, die dagegen sind, werden sich rechtfertigen müssen.“

Im Kontext der Debatte geht es auch immer wieder um die Frage, wieweit man Hochschulöffentlichkeit und Öffentlichkeit voneinander trennen kann. Außerdem gibt es regelmäßig Fälle, in denen sich Senatoren beschweren, dass Details aus nicht-öffentlichen Sitzungsteilen doch zur Öffentlichkeit vordringen. Professor Kohler: „Es ist auch die Pflicht der Senatoren, die Öffentlichkeit zu unterrichten.“ Das gelte natürlich nicht, wenn Datenschutz oder Persönlichkeitsrechte gewahrt werden müssten.

Ob etwa Berichterstattung durch Medien wie den webMoritz zugelassen werden (die ja immer auch volle Öffentlichkeit herstellt) soll, ist auch schon öfter diskutiert worden. Professor Matschke schrieb im Mai 2008: „Es gibt kein Informationsmonopol in Bezug auf die Universität. Auch die Informationskanäle können unter Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten ausgewählt werden. Dies kann eine Universitätszeitung, ein Studentenmagazin, dies können Rundmails oder Flugblätter aber auch moderne Medien sein.“

Update: Der vollständige Antrag

Auf Anregung des studentischen Senators Sebastian Jabbusch veröffentlichen wir hier den Antrag im Originaltext. Sebastian merkt an, dass es symptomatisch sei, dass den Studenten der Antrag derzeit nirgendwo zugänglich sei. Das sei in diesem Fall provisorisch verändert. Der Antrag verbirgt sich hinter diesem Link.

Jabbusch weist in seinem Kommentar außerdem auf Unklarheiten hin, die im Zusammenhang mit dem Begriff „Hochschulöffentlichkeit“ häufig auftreten. Er verweist damit auf die Position Kohlers, der auch gegenüber dem webMoritz betonte, die im Hochschulgesetz vorgeschriebene Hochschulöffentlichkeit von Senatssitzungen sei lediglich eine rechtliche Mindestvoraussetzung. Nirgendwo stehe, dass es verboten sei, dass die Sitzungen öffentlich stattfänden oder dass es verboten sei, öffentlich darüber zu berichten. Der Senat könne sich im Sinne der Hochschulfreiheit selbstverständlich auch für alle Besucher öffnen. Er zumindest habe auch gegen diese Lösung nichts, sagte Kohler dem webMoritz. Im Sinne der gelebten Demokratie sei es wichtig, dass der Senat sich öffne.

Im vergangenen Jahr hatte Sebastian Jabbusch versucht, eine Art „Live-Ticker“ aus der Senats-Sitzung auf seiner Website „Ryck-Blick.de“ (heute übergegangen in den webMoritz) zu veröffentlichen, was bei einigen Senatsmitgliedern für Unmut gesorgt hatte. Vor einem knappen Jahr war der webMoritz zudem daran gehindert worden, in der Senatssitzung zu fotografieren.

Bilder:

Senatsbilder Startseite – Luisa Wetzel

Professor Matschke – moritz-Archiv

Professor Köhler – Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und Zivilprozessrecht