Im Vorfeld der Kommunalwahlen hat es immer wieder geheißen, der Ausbau der Radwege in Greifswald sei in letzter Zeit mehr und mehr zum Erliegen gekommen. Die Stadtverwaltung scheint diesem Eindruck entgegenwirken zu wollen, denn sie informierte jüngst über die Vorhaben beim Ausbau der Radwege in den nächsten Monaten.
Die Ausbauvorhaben stehen unter dem Dach des Klimaschutzplans für Greifswald, der die Verringerung von CO2-Ausstößen zum Ziel hat. Dazu sollen mehr Greifswalder vom Auto aufs Fahrrad oder zum ÖPNV wechseln, wie der städtische Verkehrsplaner Gerhard Imhorst sagt: „Beim ÖPNV macht Greifswald bereits ein attraktives Angebot“, ist seine Auffassung (Das sieht übrigens nicht jeder so). Auch im Bereich des Radverkehrswesens habe sich viel getan: „Sehr viele Wege sind seit der Wende neu entstanden oder besser geworden.“ Einzelne seien derzeit allerdings auch schon wieder in deutlich schlechterem Zustand als noch vor 15 Jahren.
Beimlerstraße wird radfahrgerecht
Derzeit wird die Maßnahme „Markierung von Radschutzstreifen und Radfahrstreifen auf der Hans-Beimler-Straße mit Instandsetzung der Fahrbahnränder“ vorgenommen. Hinter dem sperrigen Namen für das jüngste Verkehrsprojekt der Stadt steht eine durchgehende Lösung für den Radverkehr von der Anklamer Straße bis zum Südbahnhof. Dabei greift die Stadt zu ungewöhnlichen Maßnahmen: Weil insbesondere die Fahrbahnränder nicht mehr in radfahrtauglichem Zustand sind, für die Komplettsanierung der Straße allerdings das Geld fehlt, wird nur der Rand der Straße abgefräst und neu asphaltiert. Im Klartext: Während Autofahrer weiter über die Straße holpern, fahren Radfahrer auf gutem Belag. Die Fußgängerinsel auf Höhe der Geschwister-Scholl-Straße wird entfernt und durch einen Zebrastreifen ersetzt. Weil die Beimlerstraße für zwei Radfahrstreifen (mit durchgezogener Linie) größtenteils nicht breit genug ist, erhält sie auf dem Großteil der Strecke nur zwei Radfahrschutzstreifen (mit gestrichelter Linie). Außerdem entfällt die Mitelmarkierung. So sollen Autofahrer ausgebremst werden.
Das funktioniere bereits in Eldena sehr gut, sagte Verkehrsplaner Imhorst: „Die Wolgaster Landstraße ist beidseitig mit einem Schutzstreifen ausgestattet. Den benutzen die Radfahrer zwar nicht, aber der Kraftverkehr ist seitdem deutlich langsamer.“ Auch dort wurde im Zuge der Aufbringung des Schutzstreifens der Mittelstreifen entfernt.
Bereits durchgeführt oder schon zur genüge bekannt sind drei weitere Projekte:
Radfahrstreifen in der Bahnhofstraße – Dieses Projekt ist bereits realisiert worden und besteht aus einem Radfahrstreifen auf der Nordseite der Bahnhofstraße zwischen Bahnhof und Gützkower Straße. Der Radfahrstreifen besteht im Gegensatz zum Radfahrschutzstreifen aus einer durchgezogenen Linie, die nicht überfahren werden darf. Autofahrer müssen hier also immer in ihrer Spur bleiben, es sei denn, sie wollen abbiegen. Die Schutzstreifen dagegen dürfen Autofahrer befahren, wenn der Platz nicht ausreicht, also das Fahrzeug zu breit ist (LKW) oder es zu eng mit dem Gegenverkehr wird.
Markierung Radschutzstreifen in der Gützkower Straße – Auch dieses Projekt ist bereits abgeschlossen. Hier ist ein existierender Radfahrschutzstreifen bis zur Kreuzung Bahnhofstraße verlängert worden, wo außerdem eine Aufstellfläche für Fahrräder an der Kreuzung geschaffen wurde. So können Fahräder zuverlässig vor den Autos losfahren.
Fuß-/Radweg Bahnparallele – Die Bahnparallele auf dem Abschnitt Osnabrücker Straße soll, wenn das Wetter mitspielt, im Novemeber fertig werden. Wie breit Fuß- und Radwege dort werden, sagte die Stadt nicht.
Stadtverwaltung: Radfahrer besser auf die Straße
Dass die Stadtverwaltung bevorzugt Radfahrstreifen oder Radfahrschutzstreifen auf Straßen aufbringt, hat System: Wenn man Radwege und Fußwege nicht eindeutig voneinander trennen könne, was oft aus räumlichen Gründen schwer ist, seien die Radfahrer viel besser auf der Straße aufgehoben. Dort sei der Fahrbahnbelag meistens besser und man müsse nicht an jeder Einmündung „vom Bordstein auf die Straße und wieder zurück hoppeln“, wie Imhorst formuliert. Außerdem werde die Gefährdung von Fußgängern minimiert. „Da müssen Autofahrer, aber vor allem Radfahrer noch umdenken“, sagte Imhorst, der die Verkehrsteilnehmer in Kürze mit Flyern informieren will.
Schwierig: Wohin mit Radfahrern auf der Anklamer Straße?
Auch über etwas längerfristige Projekte informierte die Stadt. Das interessanteste betrifft die Anklamer Straße. Unzweifelhaft sei die Situation dort besonders unbefriedigend, weil die Breite der Bürgersteige nicht hergebe, dass der Radverkehr darüber abgewickelt werde. Außerdem seien dort wegen der vielen Geschäfte sehr viele Fußgänger unterwegs. Die Lösung der Stadt: Auch auf der Anklamer Straße sollen Radfahrstreifen oder Radfahrschutzstreifen eingerichtet werden. „Das ist natürlich auch nicht unkritisch“, weiß Imhof, der auf den starken Verkehr auf der Straße verweist. Aber besser als die Lösung auf den Gehwegen, auf denen die Radfahrer zudem oft in die falsche Richtung führen, sei es allemal. Außerdem soll in Kürze der Radweg an der Gützkower Landstraße jenseits der Bahnstrecke ausgebessert werden.
Neue Unterführungen: Zu schmal, aber zu spät
Zu einem weiteren Problem für Radfahrer nahm Imhorst Stellung: Die neuen Unterführungen seien zu schmal, kritisieren viele Radfahrer. Die Wegbreite von vier Metern, von denen zwei Meter für den Radverkehr zu Verfügung stehen, reiche nicht aus, vor allem wegen der Kurven. Das sei nachvollziehbar, sagte Imhorst, man könne es aber kaum ändern. Geplant sei lediglich, mit deutlicheren Markierungen und Warnschildern Radfahrer zum Spurhalten und Langsamfahren aufzufordern. Warum die Wege so gebaut wurden, wie sie nun existieren, konnte Imhorst allerdings erklären: „Die Planungen sind 10 Jahre alt. Damals war es noch schwerer als heute, bei den Finanzierern (unter anderem der Bund) Geld für getrennte Rad- und Fußwege locker zu machen. „Wir haben für die Breite von vier Metern damals sehr kämpfen müssen.“
Fotos: Gabriel Kords
Sehr interessanter Artikel – danke dafür!
Man kann allerdings nur hoffen, dass Fuß- und Radwege auf beiden Seiten in der Anklamer erneuert werden und der Radverkehr nicht auf die Straße verlegt wird. Denn dort ist wirklich ein viel zu hohes Verkehrsaufkommen und auch das Radfahreraufkommen ist für einen solchen Streifen zu hoch. Ich als junger Student käme damit klar – meine Oma möchte ich jedoch dort nicht auf die Straße verweisen. Und aufgrund der Ein-Richtungs-Fahr-Regelung wäre auch genügend Platz für jeweils einen Fuß- und einen Radweg auf jeder Seite.
Super Info, danke dafür.
Dieses Thema läuft sonst an einem vorbei und man hört erst dann wieder davon, wenn irgendwelche Wahlen (Bürgermeister/Bürgerschaft) stattfinden.
Ich als Fahrradfahrer fahre auch viel lieber auf einem markierten Streifen auf der Straße als auf dem Gehweg. Die Nähe zu den Autos halte ich nicht für gefährlich – ich denke viel eher, dass diese Nähe dazu beiträgt, dass Autos und Radfahrer einander mehr achten.
Auch in der Anklamer würde ich lieber auf einem Straßenstreifen fahren. Dass ältere Personen, die eh viel langsamer fahren, dennoch auf dem Gehweg fahren, sollte man natürlich als Fußgänger tollerieren.
Die Aussage zur Wolgaster Straße verstehe ich nicht. Nicht nur ich fahre dort immer auf dem Schutzstreifen.
Ein großes Problem an der Straße besteht allerdings darin, dass nach der Fußgängerampel Richtung stadtauswärts, der Streifen abrupt endet. Um die Auffahrt zum Gehweg zu erreichen muss man erst in die nachfolgende Straße mit Kopfsteinpflaster (kein ebenes zudem – nicht nur bei Nässe rutscht man da leicht weg) einbiegen – das sollte mal angepasst werden.
Warum wurde in der Bahnhofsstraße eigentlich das Stück Bürgersteig/Radweg auf Höhe von Wittcall von der Sanierung ausgenommen? Hier stehen Laternenmasten mitten im Weg und die Ausfahrt mit den Pflastersteinen sowie die alten Gehwegplatten sind arg holperig.
Noch eine Anmerkung – sehr gut auf der Wolgaster zu beobachten: Was bei Radfahrstreifen auf der Straße natürlich gar nicht geht sind Gullideckel! Da muss man sich dann schon an die eigene Nase fassen, wenn die Leute auf dem Geweg fahren.
Zumal die Deckel auch immer so dicht am Rand sind, dass man bei einem Ausweichmanöver der Straße zu nahe kommt – da hilft nur vorrausschauendes Fahren und ständiges Umdrehen, ob mich nicht gleich ein Autospiegel mitnimmt.
Also an die Planer: Gullideckel berücksichtigen.
Genau! Das kann ich auch auf dem gerade freigegebenen neuen Teilstück auf der Anklamer nicht nachvollziehen. Da ist auf Höhe VICTORIA Versicherung (in der Nähe vom Plus) ein etwa 150 x 80 cm großer rechteckiger Gullideckel mitten auf dem Radweg, in dessen Vertiefungen einfach ein bisschen Sand gefüllt wurde (ob der noch vom Einfegen ist?). Der ist mittlerweile vom Regen rausgespült und die meisten Radfahrer weichen nun dem Gullideckel aus, indem sie auf den Fußweg überwechseln. Warum diese Vertiefungen nicht mit Beton o.ä. gefüllt wurden, ist mir ein Rätsel. So etwas muss doch auffallen, wenn man einen Weg neu macht!?
Ich hoffe das in der Anklamer Straße endlich die Benutzungspflicht für diese furchtbaren Radwege, größtenteils ja gem. Fuß- und Radwege, aufgehoben wird und ich, wie die anderen Fahrzeuge auch, mit meinem Fahrrad auf der Fahrbahn fahren kann.
Was einem als Radfahrer mit diesen kaputten und gefährlichen Wegen zugemutet wird ist schon allerhand und geschieht seit mehr als zehn Jahren im eindeutigen Widerspruch zu den geltenden Vorschriften der StVO und der zugehörigen Verwaltungsvorschrift (habe mich mit dem Thema eingehend beschäftigt). Schon die Belange der Fußgänger lassen eigentlich eine Mitnutzung der Gehwege durch Radfahrer bei dem hohen Verkehrsaufkommen und der vielfältigen Umfeldnutzung gar nicht zu.
Die im vergangenen Jahr begonnene Anlage dieses roten Pseudo-Radweg-Pflasterstreifens, zwischen Nexöplatz und Brinkstraße stadtauswärts, ist für mich keine echte Verbesserung. Das ist rausgeworfenes Geld. Ich hoffe die Verantwortlichen begreifen langsam mal, dass man solche Radverkehrsanlagen nicht mehr bauen soll.
Da bin ich schon etwas erleichtert, wenn der Verkehrsplaner Imhorst jetzt ankündigt, dass auch in der Anklamer Schutz- oder Radfahrstreifen markiert werden. Zwar wäre im Hinblick auf die Verkehrssicherheit aller Verkehrsteilnehmer, meiner Ansicht nach der völlige Verzicht auf Radverkehrsanlagen die beste Lösung aber die Aufhebung der Benutzungspflicht für die Gehwege wäre schonmal ein versöhnlicher Anfang. Der verfügbare Platz in der Anklamer ist einfach zu gering um Radfahrer auf einigermaßen akzeptablen Radwegen zu führen, da ist es besser auf Radwege ganz zu verzichten. Würden Radfahrer normal mit den Kraftfahrzeugen auf der Fahrbahn fahren, würde automatisch, da wegen des hohen Radverkehrsanteils zwangsläufig, die Geschwindigkeit der Kraftfahrzeuge sinken und somt die des gesamten Fahrzeugverkehrs vereinheitlicht. Autofahrer müssten sich den Radfahrern anpassen und die Strecke würde für Autos unatraktiv werden. So könnte man auch viel mehr Leute zum Umsteigen aus Fahrrad bewegen.
"Warum wurde in der Bahnhofsstraße eigentlich das Stück Bürgersteig/Radweg auf Höhe von Wittcall von der Sanierung ausgenommen?"
–> Keine Kohle. Der Abschnitt war nicht Bestandteil eines geförderten Neubaus bzw. Sanierung. Die Sanierung soll laut Aussage der Stadt (in der OZ) aber nachgeholt werden… irgendwann.