Die Ergebnisse der Europawahlen für Greifswald hat der webMoritz im Zuge der Berichterstattung über die Kommunalwahlen ganz bewusst nur am Rande gestreift. Vor allem ein Erfolg dieser Wahl verdient allerdings eine nähere Betrachtung: Die Piratenpartei holte in Greifswald nach offiziellen Angaben 1,8 Prozent der gültigen Stimmen – und ist damit die zweitstärkste der Kleinparteien. Das besondere an der Piratenpartei: In Greifswald wurde kein Wahlkampf gemacht, es gab keinen Ortsverband und nicht mal einen Landesverband. Dennoch stimmten 324 der 18.142 WählerInnen für die Piraten.

Damit haben die Piraten in Greifswald ihr bundesweit fünftbestes Wahlergebnis eingefahren, wie jüngst das Zeit-Magazin in seiner Rubrik „Deutschlandkarte“ herausfand. Überhaupt hat die Partei in Universitätsstädten gut abgeschnitten, in ostdeutschen Universitätsstädten sogar besonders gut. Auch in Mecklenburg-Vorpommerns zweiter Universitätsstadt Rostock lag das Wahlergebnis deutlich über dem bundesweiten Durschnitt von 0,9 Prozent.

Wer sind die Piraten und was wollen sie?

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Logo des neuen Landesverbands

Die Partei wurde 2006 aus der Taufe gehoben und ist einer Bewegung zuzurechnen, die in Schweden ihren Anfang nahm. Dort erreichte die Piratenpartei übrigens bei den Europawahlen aus dem Stand gut sieben Prozent und entsendet damit mindestens einen Abgeordneten ins Europäische Parlament. Ziel der Gruppierung, die sich als Partei der Informationsgesellschaft versteht, ist laut Wikipedia „die Förderung freien Wissens und freier Kultur, Schutz vor dem Überwachungsstaat sowie einen Paradigmenwechsel vom gläsernen Bürger zum gläsernen Staat.“ Außerdem legt das Grundsatzprogramm besonderen Wert auf „die Sicherung des Fernmeldegeheimnisses, eine Reduzierung der Patentierbarkeit insbesondere in den Bereichen Software, Gentechnik und Geschäftsideen sowie freien Zugang zu Ergebnissen der öffentlich geförderten Forschung und Entwicklung.“

Die Partei positioniert sich fast ausschließlich zu diesen Themen und hält sich aus übrigen Bereichen bewusst heraus. Ein Wahlprogramm für die Bundestagswahlen wird am kommenden Wochenende auf dem Bundesparteitag in Hamburg beschlossen. Weitere Informationen über die Partei, die jüngst Schlagzeilen machte, weil der wegen kriminalpolizeilichen Ermittlungen umstrittene Bundestagsabgeordnete Jörg Tauss von der SPD zu „den Piraten“ wechselte, finden sich auf  deren Homepage.

Gründungen in Meck-Pomm und Greifswald

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Teilnehmer der Gründungsversammlung des Landesverbandes

Nach den guten Ergebnissen in Greifswald und Rostock ist es nur logisch, dass sich inzwischenn auch ein Landesverband für Mecklenburg-Vorpommern gebildet hat. Die Gründung fand am 21. Juni statt. Derzeit hat die Partei in Mecklenburg-Vorpommern aber nur circa 50 Mitglieder, die Zahl steigt in diesen Tagen nach Angaben von Mitgliedern allerdings sehr stark. Vor drei Wochen gab es in Mecklenburg-Vorpommern nur knapp 30 Mitglieder.

Auch in Greifswald gibt es inzwischen eine organisierte lokale Gruppe. Am 26.6. traf man sich zum Stammtisch in der Domburg. Nach Angaben von Parteimitglied und Stammtisch-Organisator Martin Hackbarth waren zeitweilig 16 Teilnehmer dabei. am 10.7. wollen sich die Piraten erneut treffen, um über eine Satzung für eine Ortsvereins-Gründung zu beraten. Diese soll dann noch im Juli erfolgen.

Erstes Ziel: Unterschriftensammlung

Derzeit ist das vordringliche Ziel der Piraten aus M-V aber noch etwas anderes als die Schaffung von Parteistrukturen: Den Piraten verbleiben noch etwa drei Wochen, um etwa 1700 Unterschriften zu sammeln. Diese werden benötigt, um für die Bundestagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern zugelassen zu werden. Nach 7 Tagen sind nach unseren Informationen bereits über 400 Unterschriften gesammelt.

Am Mittwoch und Donnerstag soll nun besonders unter Greifswalds Studenten gesammelt werden: An einem Infostand vor der Mensa sollen die Listen ausliegen. Praktischer Nebeneffekt: Die Piraten können auch sich und ihre Arbeit vorstellen. Wer auf den Listen unterschreiben will, muss allerdings seinen Erstwohnsitz in Mecklenburg-Vorpommern haben und wahlberechtigt sein. Außerdem muss er zustimmen, dass die Wahlberechtigung bei Behörden geprüft wird.

Am Dienstag war noch nicht ganz klar, ob die Genehmigung für die Infostände erteilt wird. webMoritz wird ggf. versuchen, eine Bestätigung in diesem Artikel zu ergänzen oder kurzfristig über den Twitter-Account mitteilen, falls die Infostände ausfallen.

Weitere Ziele der Greifswalder Aktivisten gehen aus dem Protokoll ihres Stammtischs vom vergangenen Samstag hervor. Dort ist unter anderem von einer losen Zusammenarbeit mit dem SDS die Rede. Eine Übersicht über die vergangene und künftige Treffen in Greifswald bietet diese Seite.

Fotos: Piratenpartei M-V