Ob Greifswald nun fahrradfreundlich ist oder nicht, ist unter den Lesern des webMoritz intensiv diskutiert worden, zuletzt an dieser Stelle. In der letzten Woche informierte die Stadt Vertreter der Presse über ihre aktuellen Radwegplanungen.

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Steine des Anstoßes: Vor dem Theater liegt noch Kopfsteinpflaster - allerdings nur auf etwa 100m

Geplant ist, Greifswalds vermutlich wichtigste Fahrradachse, die Rudolf-Petershagen-Allee (Teil der Verbindung zwischen Europakreuzung und UB) auf einem Teilstück zur Fahrradstraße umzuwidmen. Auf einer solchen Straße hätten Fahrräder grundsätzlich Vorrang vor dem motorisierten Kraftverkehr. Konkret bedeutet das vor allem, dass Fahrräder nebeneinander fahren und von Autos nicht überholt werden dürfen. Nähere Informationen dazu findet ihr in der Wikipedia.

Bereits im April sollen die Robert-Blum-Straße (Verlängerung der Petershagen-Alle zwischen Theater und dem alten Institut für Altertumswissenschaft) und die Petershagen-Alle zur Fahrradstraße werden. Details werden derzeit noch von der Greifswalder Parkraumgesellschaft untersucht und festgelegt, berichtet die OZ.

Mit einer Anforderung an die Fahrradstraße könnte es allerdings Probleme geben. Der ADFC („Allgemeiner Deutscher Fahrradclub“) schreibt auf seiner Homepage zum Thema Fahrradstraße:

„Fahrradstraßen müssen entsprechend ihrer Zweckbestimmung auch für den Ortsfremden eindeutig erkennbar und nach Beschaffenheit und Zustand für den Radverkehr zumutbar sein.“

Darüber, ob die Robert-Blum-Straße, die zwischen Theater und Europakreuzung noch mit Kopfsteinpflaster belegt ist und auch sonst nicht übermäßig eben ist, wirklich „nach Beschaffenheit für den Radverkehr zumutbar“ ist, lässt sich trefflich diskutieren.

Diagnoales Fahren über die Europakreuzung?

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Dorn im Auge der Stadtplaner: Radfahrer warten an der Europakreuzung

Bei einem anderen Thema hat der oben erwähnte OZ-Beitrag wohl kräftig übertrieben. Nach Informationen des webMoritz existieren bei der Stadt höchstens grobe Planungs-Ideen für eine verbesserte Kreizungsmöglichkeit an der Europakreuzung. Unbestritten ist, dass eine diagonale Kreuzungsmöglichkeit für Radfahrer auf der Achse „Robert-Blum-Straße/Am Mühlentor“ von Vorteil für Radfahrer wäre.

Die in der OZ genannte Möglichkeit einer Unterführung unter der Kreuzung hindurch scheint wegen der zu erwartenden enormen Kosten nicht unbedingt realistisch. Der Bau der Unterführung würde überdies Greifswalds zentralen Verkehrsknotenpunkt vermutlich über Monate lahmlegen.

Die zweite genannte Möglichkeit, eine Kreuzung per zusätzlicher Ampelphase, wäre zwar innovativ (und wird von vielen verbotenerweise auch ohne Ampelphase bereits praktiziert), aber in Deutschland absolut einmalig. Derzeit ist nicht einmal bekannt, ob das geltende Recht eine derartige Querung erlaubt.

Linktipps:

Was denken unsere Leser?

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Kommentar von Gabriel Kords

Das beste zu Beginn: Der gute Willen zur Verbesserung der Radwege ist seitens der Stadt offenbar vorhanden. Das ist löblich und dringend erforderlich, denn das hohe Radverkehrsaufkommen und die schlechte Berücksichtigung des Radverkehrs im Gesamtverkehr stehen im krassen Gegensatz zueinander. Die Planer in der Verwaltung sind wahrhaftig gefragt, um hier Abhilfe zu schaffen. Immerhin sollte Greifswald als „Deutschlands jüngste Stadt“ mit innovativen Konzepten punkten.

Die Verlängerung von Greifswalds radverkehrstechnischem Glanzstück und Hauptschlagader, der Pappelallee, bis zur Europakreuzung, die die Einrichtung der Fahrradstraße faktisch bedeutet, ist da nur ein erster Schritt. Denn der Autoverkehr war auf diesem Teilstück nie das große Problem. Und nebeneinander gefahren wurde dort bisher auch schon. Wenn es aber über diesen Plan hinaus weiter geht mit der Förderung des Radverkehrs, muss man der Stadtverwaltung (und gegebenenfalls auch der Politik) wirklich Respekt zollen. Es wäre ein fundamentaler, begrüßenswerter Richtungswechsel. Der diagonale Weg über die Europakreuzung hätte das Zeug zum großen Wurf. Bleibt zu hoffen, dass die Planungen dafür schon über den Status eines Luftschlosses hinaus gehen und dass sie womöglich auch im anlaufenden Kommunalwahlkampf eine Rolle spielen.

Fotos: Textautor (Kopfsteinpfalster); Marco Herzog (Europakreuzung)