Ein Kommentar von Siri Hummel

freizeitbadGebt dem Volke, was des Volkes ist.

Das Wetter meint es momentan nicht gut mit uns. Alles grau und kalt, die Ostsee fast zugefroren. Bei diesem Wetter bekommt man schon mal Lust auf Sauna und Badespass. Doch dem Badewilligen vergeht alle Lust zum Schwimmen, wenn er die Preistafel des Greifswalder Freizeitbades sieht. Ein Erwachsener bezahlt am Wochenende 8,50 Euro, Kinder 6,40 Euro. Ohne Sauna!

Stundentarife oder sonst übliche Ermäßigungen für Studenten, Rentner und Behinderte sucht man vergeblich. Was ist da los? Wann ist Schwimmen in die Riege der Luxussportarten à la Golf und Tennis aufgestiegen? Geht es uns Deutschen so gut, dass wir unsere Lieblingsvolkssportarten auf Prada-Niveau ausführen können?

Hier ist wohl Vorsicht vor Verallgemeinerungen geboten. Wahrscheinlich passen sich die Eintrittpreise dem lokalen Wohlstandniveau an. Starke regionale Wirtschaft und Durchschnittseinkommen gleich höhere Preise für wichtige soziale Einrichtungen und Sportstätten. Der Solidaritätsbeitrag der letzten Jahre hat also folglich in Greifswald Wunder bewirkt, da man hier das Dreifache des durchschnittlichen Eintrittspreises der städtischen Schwimmbäder im Westen zahlen kann. Oder etwa doch nicht? Und wieso ist das eigentlich wichtig, im Gegensatz zu den alten Römern können wir unserer Hygiene doch auch zu Hause nachgehen?

Neuen Untersuchungen zufolge steigt der Anteil der Nichtschwimmer bei Kindern unter 14 stetig, regional sogar bis zu 30 Prozent. Ein Kind aber, das nicht schwimmen kann, wird gehänselt und hat Angst vorm Wasser. Es wird in seiner Persönlichkeitsstruktur benachteiligt und entwickelt Defizite im Selbstwertgefühl. Viele Eltern wollen ihren Kindern deshalb bereits im Vorschulalter das Schwimmen beibringen. Das geht aber nur wenn man für die Familienkarte nicht mehr ausgeben muss als eine durchschnittliche vierköpfige Familie pro Tag zum Essen hat.

Schwimmsport ist eine der körperintensivsten und zugleich gelenkschonensten Sportarten, die es gibt. Schwimmen stärkt das Herz-Kreislauf-System, baut Muskeln auf und verbrennt Kalorien. Durch die steigende Verfettung unsere Gesellschaft ist deshalb ein einfacher Zugang zum Schwimmsport wichtiger denn je. Eingedenk des Zusammenhangs von Einkommensklasse und Gesundheitsbewusstsein, dürfen sozial schwächeren Familien nicht auch noch finanzielle Steine in ihren Weg zum öffentlichen Schwimmbad gelegt werden.

Hat man den Wucherpreis gezahlt, treibt es einem die Tränen in die Augen, dass man in einer schönen, lichten Halle steht, die bis auf die Angestellten menschenleer ist. Sicherlich hat es auch etwas für sich, eine 1300 qm² große Wasserlandschaft für sich alleine zu haben. Aber selbst dem größten Egoisten wird diese Verschwendung mittelfristig auffallen. Und während der Bademeister noch gelangweilt seine Runden dreht, steht man im Wasser und denkt sich: „ Das Wasser im Sportbecken ist auch nicht anders als im  „Vario-“ oder „Spaßbecken“. Hätte ein einfaches Schwimmbecken nicht auch gereicht?

Ob für die lieben Kleinen, unsere Herz- oder unsere Umweltbewusstsein: Lieber ein kleineres städtisches Schwimmbad, das rentabel und sozialverträglich wirtschaftet, als ein „Spaß- und Badetempel“, dessen Bestehen allein noch über EU – Subventionen künstlich gehalten werden kann und keinen Nutzen für die Bevölkerung bringt. Deshalb liebe Stadtverwaltung: Senkt die Eintrittspreise und führt das Greifswalder Schwimmbad endlich seiner Bestimmung als öffentlichen Ort von Sport und Spaß für die ganze Gemeinschaft zu.

Foto: Werbung Stadtwerke