Der Blog des Sebastian Jabbusch – kommentiert
Der diesjährige Wahlkampf zu den Stupa-, Fakultätsrats- und Senatswahlen war hitziger als es der gegenüber der Hochschulpolitik gleichmütig desinteressierte Durchschnittsstudierende gewohnt ist. Aufgestachelt durch den provokant bis polemischen Wahlkampf Sebastian Jabbuschs, der mit seinen Wahlplakaten („Ich hasse Hochschulpolitiker!“, „Alles nur großes Bla Bla!“) voll auf die hochschulpolitische Verdrossenheit der studentischen Wählerschaft setzte, entwickelten sich wilde Wahlkampfgefechte: Nicht nur wurden nach physischen Attacken gegen Wahlmittel (unter denen allerdings auch die Hochglanzprodukte des RCDS zu leiden hatten) parodierende Gegenkampagnen gestartet, sondern auch die politische Auseinandersetzung in nicht unerheblichen Maße in den virtuellen Raum verlegt, in den von Jabbusch zu diesem Zweck ins Leben gerufenen „StuPa-Info-Blog“ (inzwischen: Uni-Greifswald-Blog.de).
Wohl auch angesichts des unbestreitbaren Erfolges von Jabbuschs Kampagne bei StuPa- und Senatswahlen konnte der amtierende StuPa-Präsident Frederic Beeskow gegenüber unseren Kollegen von MoritzWeb nur noch konstatieren, dass der „Erfolg der Wahlwerbung kritisch hinterfragt“ werden solle.
Bei den im Blog ausgetragenen Kommentarschlachten ging es nicht selten heiß zu. Thomas Schattschneider, Vorsitzender des AStA, bezeichnet den Blog als eine „Plattform, um Frust abzubauen.“ Der „Blog“ sei „kein geeignetes Diskussionsforum“ (ebenfalls gegenüber MoritzWeb).
Deutlich konkreter werden die unzähligen ablehnenden Kommentare auf dem Blog, die oftmals, wenn auch meist den Schutz der Anonymität suchend, bei den Autoren einen hochschulpolitischen Hintergrund und viel verletzte Eitelkeit erkennen ließen. Es wird gemunkelt, dass AStA-Referenten wie Christian Müller ihre Sprechstunde genau dazu verwendeten.
„Ich kann nix, ich bin nix, wo bitte geht´s zum AStA“
Als politischer Schaumschläger abgestempelt wird Jabbusch in den Kommentaren zumeist jegliche Fähigkeit zu konstruktiver Mitarbeit jenseits der provozierenden Kritik abgesprochen. Jenen Stimmen entgegnet Jabbusch: „Es gibt einen Grund für die zahlreichen Protestwähler. Dieser Grund liegt im Frust über die Hochschulpolitik, die sich entweder undurchsichtig gibt und faktisch nicht-öffentlich handelt oder die Studierenden durch das, was nach ‚außen‘ dringt, schlicht deprimiert. Ich war selbst deprimiert. Ich bin aber nicht Ursache der studentischen Politikverdrossenheit, wie mir meine Kritiker vorwerfen, ich habe den Frust bloß kanalisiert. Das Problem liegt bei jenen, die über meinen Populismus klagen.“
Auch wenn man Jabbusch, der als eines von zehn Geschwistern aufgewachsen ist, bei all seinen Aktivitäten eine gewisse aufmerksamkeitsheischende Geltungssucht gepaart mit dem Hang zur polarisierenden Polemik nicht ganz absprechen kann, so traf sein Ansatz doch einen empfindlichen Nerv bei den Studierenden.
Denn die studentische Hochschulpolitik hat ein ernsthaftes Imageproblem. Dafür spricht nicht nur die geringe Wahlbeteiligung: Auch StudiVZ-Gruppen wie „Ich kann nix, ich bin nix, wo bitte geht’s zum Asta“ erfreuen sich steigender Beliebtheit. Kein Wunder, wenn die Greifswalder Hochschulpolitiker vor allem durch das Basteln lustiger Parteiwimpel (RCDS) oder durch die Verbreitung von E-Mails mit schlüpfrigen Details über die sexuellen Aktivitäten von anderen Hochschulpolitikern von sich reden machen. Gleichzeitig wird die Fortführung der Diskussion um den umstrittenen Namenspatron unserer Uni nicht als „treibendes Thema“ angesehen, dass es wert wäre die knappen Kräfte der Studentischen Selbstverwaltung zu belasten (sinngemäß: Schattschneider auf Uni-Greifswald-Blog.de), während andererseits eben jene Ressourcen in das – anscheinend äußerst dringliche – Anliegen investiert werden, der Landesregierung per Postkartenaktion für etwas zu danken, was selbstverständlich sein sollte: für die Nichteinführung von Studiengebühren. Spätestens jetzt fragt sich der anfangs erwähnte gleichmütig desinteressierte Durchschnittsstudierende schließlich doch mal: „Was soll der Scheiß?“
Hochschulpolitischer Raum?
Dass AStA-Chef Schattschneider in Bezug auf den Blog der Ansicht ist, „Debatten sollten lieber im hochschulpolitischen Raum geführt werden“, ist bezeichnend für das geringe Problembewusstsein hinsichtlich der mangelnden Transparenz. Dass eine gesonderte Öffentlichkeit jenseits der unattraktiven Sitzungstermine durchaus ihre Berechtigung hat, zeigen nicht zuletzt auch die bisweilen selbst entlarvenden Kommentare der Blog-Kritiker, die trotz filternder Moderation irgendwie an einen aufgescheuchten Kindergarten erinnern.
Derweil plant Jabbusch den Ausbau des Blogs über die Themen der Hochschulpolitik hinaus, hin zu allgemeinen studentischen Themen. Da dazu auch weitere Redakteure angeworben werden sollen, scheint eine Konkurrenzsituation zu anderen lokalen – studentischen! – Internetmedien nicht ganz unwahrscheinlich.
Geschrieben von Johannes Kühl
Ich zitiere Sebastian:
Das Problem liegt bei jenen, die über meinen Populismus klagen.
Witzig nach einem Jahr noch mal nen Kommentar auf diese Meldung zu kriegen. Aber danke 😉