Umgekrempelt: Zauberwürfel lösen lernen

Umgekrempelt: Zauberwürfel lösen lernen

Kennt ihr das, wenn man mal was Neues ausprobieren will, aber am Ende alles beim Alten bleibt? Uns jedenfalls kommt das sehr bekannt vor, deswegen haben wir uns für euch auf einen Selbstoptimierungstrip begeben. In dieser Kolumne stellen wir uns sieben Tage als Testobjekte zur Verfügung. Wir versuchen für euch mit unseren alten Gewohnheiten zu brechen, neue Routinen zu entwickeln und andere Lebensstile auszuprobieren. Ob wir die Challenges meistern oder kläglich scheitern, erfahrt ihr hier.

Obwohl viele Menschen ein klares Bild vor Augen haben, wenn man von einem Zauberwürfel spricht, sind nur wenige von ihnen im Stande die durcheinander gebrachten Farben des Würfels wieder zu ordnen. Auch mir war immer bewusst, was es mit dem Zauberwürfel auf sich hat, ihn zu lösen habe ich als Kind allerdings nie hinbekommen. Irgendwann landete das Ding vor lauter Frust in der Ecke des unaufgeräumten Kinderzimmers und ich frage mich bis heute, wo es denn eigentlich hin ist.

Für mein Vorhaben, nach knapp 15 Jahren nun endlich die richtige Lösung des Rätsels zu lernen, kaufe ich mir deshalb einen nagelneuen Zauberwürfel, der übrigens auch als Rubik’s Cube bezeichnet wird, weil er von dem aus Ungarn stammenden Architekten Ernő Rubik in den siebziger Jahren erfunden wurde. Mittlerweile findet man auf dem Markt nicht nur den klassischen 3×3 Würfel, sondern auch größere Varianten mit außergewöhnlichen Farbkombinationen oder Formen. Für meine Zwecke wird erstgenannter wohl aber völlig ausreichen, schließlich möchte ich mein gestecktes Ziel, den Würfel nach sieben Tagen mit je 30 bis 45 Minuten Übungszeit lösen zu können, auch erreichen. Eine bestimmte Zeit für die eigentliche Lösung des Würfels, auf die es beim immer beliebter werdenden sogenannten Speedcubing ankommt, setze ich mir allerdings nicht.

Montag

Zehn Minuten überlege ich, aus Angst den neuen Würfel nie wieder in sein geordnetes Dasein zurück bringen zu können, ob ich ihn überhaupt zerstören soll. Ich tue es dann doch und versuche eine halbe Stunde durch unkoordiniertes Drehen die Farben wieder zu sortieren. Das gelingt mir leider nicht wirklich. Insgeheim hatte ich gehofft, wie auf wundersame Weise ein Naturtalent zu sein und den Würfel auf Anhieb lösen zu können. Der Zauberwürfel landet jedoch nach einer weiteren viertel Stunde in der Ecke meines Zimmers und wird aus Frust bis zum nächsten Tag ignoriert.

Dienstag

Weil es ohne nicht klappen will, versuche ich es mit einer Anleitung aus dem Internet. In der Ansicht, dass es damit bestimmt ganz einfach und schnell geht, habe ich mich allerdings getäuscht. Zumindest weiß ich jetzt, dass ein Zauberwürfel über 43 Quintillionen verschiedene Kombinationsmöglichkeiten besitzt und aus sechs festen Mittelstücken, acht Eck- und 12 Randteilen besteht. Ich erfahre, dass man für seine Lösung, verschiedene Algorithmen auswendig lernen muss. An meine Grenzen komme ich bereits bei der Erklärung, in welche Richtung man welche Seite wie oft drehen muss und bin verwirrt. Dennoch versuche ich die weiße Seite des Würfels zu lösen und schaffe es immerhin ein weißes Kreuz zu erzeugen. Die Anleitung verlangt dann von mir, die restlichen weißen Ecken nach Intuition zu lösen. Diese scheint bei mir schlichtweg nicht vorhanden zu sein. Ich bin abermals frustriert und deshalb landet der Würfel wieder in der Ecke meines Zimmers.

Mittwoch

Ich versuche mich mit dem Gedanken aufzumuntern, dass vielleicht nicht ich, sondern einfach die Anleitung doof war. Auf Empfehlung eines Freundes versuche ich es deshalb mit einem Erklärvideo auf Youtube. Und tatsächlich funktioniert das wie am Schnürchen. Ich schaffe es, die weiße Seite komplett und zusätzlich dazu die ersten beiden Schichten des Würfels zu lösen. Vielleicht besitze ich ja doch mehr Intuition als ursprünglich angenommen.

Donnerstag

Ich mache dort weiter, wo ich mit dem Youtube-Video aufgehört hatte. Nach einigen Fehlschlägen, weil ich bei den Algorithmen anscheinend etwas falsch gemacht habe, muss ich ganz von vorne anfangen den Würfel zu lösen. Ich brauche fünf Anläufe bis ich es tatsächlich schaffe, den kompletten Zauberwürfel zu lösen. Eigentlich wäre mein Ziel damit ja schon erreicht, aber irgendwie fühlt sich das wie Schummeln an, weil der Würfel weniger durch mich, sondern durch höhere Mathematik (die ich wohl nie verstehen werde) gelöst wird.  Einfach nur ablesen, in welche Richtung man zu welchem Zeitpunkt drehen muss, kann ja eigentlich jede*r. Ich setze mir deshalb das neue Ziel, den Würfel ohne weitere Hilfsmittel lösen zu können, mir die Algorithmen in den übrigen Tagen also einzuprägen.

Freitag

Ich übe weiterhin den Würfel zu lösen. Ohne Anleitung klappt das mittlerweile zumindest bis zur Hälfe sehr flüssig.  Die längeren Algorithmen, die ich brauche um den Würfel vollständig zu sortieren, kann ich mir aber einfach nicht merken und brauche einen Spickzettel. Mit diesem löse ich aber einen Würfel nach dem anderen und komme mir vor, wie das größte Genie aller Zeiten.

Samstag

Dass ich aber nicht das größte Genie aller Zeiten bin, weiß ich längst und wird mir auch dadurch wieder bewusst, weil ich mir die langen Algorithmen immer noch nicht merken kann. In den letzten Zügen zur Lösung des Würfels mache ich Fehler und kann dann immer wieder von vorne beginnen. Das macht mich verrückt und abermals macht sich Frustration bei mir breit. Der Würfel landet wie so oft in dieser Woche in der Ecke meines Zimmers.

Sonntag

Trotz harter Bemühungen habe ich die langen Algorithmen immer noch nicht wirklich drauf. Den Würfel mit meinem selbstverfassten Spickzettel zu lösen, fällt mir allerdings immer leichter.

Fazit

Letztendlich hat es geklappt die Frustration aus Kindheitstagen zu überwinden und den Zauberwürfel zu lösen. Ein kleines bisschen stolz bin ich irgendwie schon, wenn ich es auch leider nicht geschafft habe, den Zauberwürfel komplett ohne meinen Spickzettel zu lösen. Ich bin zuversichtlich, dass ich es mit ein wenig mehr Zeit schaffen werde, mir die Algorithmen zu merken. Zum Schluss bleibt zu sagen, dass mit der richtigen Anleitung und dem nötigen Durchhaltevermögen, jede*r in der Lage ist, den Zauberwürfel zu lösen. Zwar werden nur die wenigsten unter uns mit Rekordzeiten von unter fünf Sekunden mithalten oder den Würfel einhändig lösen können, aber das sollte euch nicht davon abhalten, selbst einmal zu versuchen das Rätsel des Zauberwürfels zu entschlüsseln. Das wohltuende Gefühl einen wieder geordneten Würfel in der Hand zu halten ist die Mühe auf jeden Fall wert.

Hier findet ihr das Video zum Erlernen auf Youtube – https://www.youtube.com/watch?v=R-R0KrXvWbc

Umgekrempelt: Sieben handyfreie Abende

Umgekrempelt: Sieben handyfreie Abende

Kennt ihr das, wenn man mal was Neues ausprobieren will, aber am Ende alles beim Alten bleibt? Uns jedenfalls kommt das sehr bekannt vor, deswegen haben wir uns für euch auf einen Selbstoptimierungstrip begeben. In dieser Kolumne stellen wir uns sieben Tage als Testobjekte zur Verfügung. Wir versuchen für euch mit unseren alten Gewohnheiten zu brechen, neue Routinen zu entwickeln und andere Lebensstile auszuprobieren. Ob wir die Challenges meistern oder kläglich scheitern, erfahrt ihr hier.

Ich würde mich selbst eigentlich als nicht so abhängig vom Handy bezeichnen und hatte „früher“ schon immer mal Phasen, in denen ich das Handy um 21 Uhr oder den ganzen Sonntag lang ausgemacht habe. Nach einiger Reflexion fällt mir aber doch auf, dass ich es ständig mit mir durch die Wohnung schleppe und viel zu oft als „Pause“ nutze oder abends noch irgendwo rumscrolle und mich danach nur reizüberflutet und gammelig fühle. Vor allem habe ich das Gefühl, dass ich dadurch noch später schlafen gehe und zu keinem Ende finde. Deswegen versuche ich also eine Woche lang, wie sich eine Handyauszeit auf meine Abendgestaltung auswirkt und wie sehr mir das Fehlen auffällt, wenn ich es etwa drei Stunden vor der (geplanten) Schlafenszeit ausschalte.

Montag

Ich habe mich irgendwie schon den ganzen Tag darauf gefreut, abends mein Handy auszumachen, als wäre ich sonst dazu verpflichtet, es bis zum Schlafen anzuhaben und erreichbar zu sein. Im Laufe des Abends und der Nacht fielen mir aber immer wieder (echt lustige) Sachen ein, die ich anderen hätte schreiben wollen und dann für mich behalten musste. Die ständige Erreichbarkeit ist also schon vollkommen normal. Andererseits möchte ich auch nichts konservieren und dann erst am nächsten Tag verschicken, das wäre ja auch nicht Sinn der Sache. Bei einem nächtlichen Spaziergang habe ich es dann irgendwie doch eingesteckt, just in case.

Dienstag

Da habe ich doch im StuPa-Fieber direkt vergessen, mein Handy auszumachen. Muss ich jetzt noch drei Stunden wach bleiben, damit ich mich an meine Regeln halte? 😀 Nachdem ich es dann schnell ausgeschaltet hatte, fiel mir eine wichtige Sache ein, die ich noch an diesem Abend loswerden MUSSTE und brach mein Gebot also zum zweiten Mal – dem Drang der direkten Mitteilung ist also doch nicht so leicht zu widerstehen. Nachts hatte ich noch ein sehr schönes Gespräch mit meiner Mitbewohnerin, wonach ich ihr normalerweise eine kleine Nachricht von Herzen bei WhatsApp geschickt hätte, so habe ich ihr einen Zettel unter der Tür durchgeschoben – hatte dann auch direkt mehr Bedeutung.

Mittwoch

Heute aber endlich mal rechtzeitig – doch nicht! Ich wollte meine Mitbewohnerin von der Redaktionssitzung abholen und danach mit ihr spazieren gehen, musste also noch warten, bis sie fertig ist und mir noch schreiben kann. Bevor ich los bin, hatte ich es ausgeschaltet und mich richtig „frei“ gefühlt, als ich wieder kam – als wäre das ein richtiger Abschluss vom Tag und danach auch viel einfacher zu entspannen. Zwar habe ich zwei Stunden des Abends mit Netflix verbracht, war also nicht wirklich offline, aber immerhin nur für mich und dann auch viel motivierter, jetzt einfach ins Bett zu gehen und noch zu lesen, anstatt mich „ungewollt“ weiter aufzuhalten.

Donnerstag

Was so gar nicht klappt im digitalen Semester? Nächtliche Gruppenarbeiten in Verbindung mit handyfreien Abenden. Also morgen auf ein Neues …

Freitag

Nach der Abgabe heute Abend hatte ich irgendwie gar keine Lust, mein Handy direkt auszumachen und nicht einfach wohlverdient daran rumzugammeln – gehört es also zu meinem abendlichen Entspannungsgefühl? Ich habe stattdessen (einige Stunden, hoppla) mit einer Freundin telefoniert und es dann so weggelegt, dass ich immerhin noch eineinhalb Stunden ohne Handy wach war. Auf Sachen, die ich mir bei handyfreier Zeit eigentlich vorgenommen hatte (malen, meditieren, Yoga, joggen) hatte ich dann trotzdem keine Lust – gewonnen hat wie so häufig die Couch, daran ändert das Handy anscheinend auch nichts. Schlussendlich hat es dann an dem Abend also doch nicht gefehlt und irgendwie bin ich froh, diesem anfänglichen Bedürfnis nicht nachgegeben zu haben, viel gebracht hätte es mir nämlich nicht.

Samstag

Abends hatten wir Besuch und da wäre ich sowieso nicht wirklich am Handy gewesen. Allerdings gab es ein paar Momente, in denen ich den anderen etwas zeigen wollte oder direkt etwas, das im Gespräch aufkam, bei der Suchmaschine des Vertrauens nachgucken wollte – der gewohnte Griff zum Handy hat mich dann doch ein wenig stutzig gemacht. Das Handy lag übrigens neben mir, weil ich darüber Musik angemacht hatte, ist das innerhalb der Regeln? Mir fällt auf, dass ich mit dem „Handy“ irgendwie eher Internet und soziale Medien verbinde und die üblichen Funktionen gar nicht so in meine Verbote einbeziehe.

Sonntag

Heute war es schon ganz normal, das Handy einfach auszumachen, auch wenn ich jedes Mal die Zeit verpeile. Ich habe den Abend genutzt, um ein wenig Tagebuch zu schreiben (etwas, wofür ich mir meistens auch nicht die Zeit nehme). Da ich das Handy nicht mehr neben mir habe, wusste ich auch wieder nicht, wie spät es danach war und habe dann so nach Gefühl gelesen, bis ich müde geworden bin. Ob das nicht ein neues Experiment sein könnte, ein Leben ohne Uhrzeit? 8)

Fazit

Ganz selbstkritisch musste ich feststellen, dass es doch nicht so einfach ist, sich abends einfach abzuschirmen. Gerade dann schreibt oder telefoniert man ja eigentlich gerne nochmal mit Freund*innen und es ist so normal, ständig erreichbar zu sein und auch alle anderen verfügbar zu wissen. Sobald das Handy aber aus war, habe ich viel mehr innegehalten. Wenn ich die Zeit für einen freien Abend hatte, habe ich richtig überlegt, nach was mir jetzt ist und mich dann viel mehr nach meinen eigenen Bedürfnissen gerichtet. So konnte ich mir mal Zeit für die Sachen nehmen, zu denen ich sonst häufig nicht komme. Rückblickend habe ich das Gefühl, viel mehr „quality time“ erlebt zu haben und mir mehr freie Zeit neben Uni und Arbeit gegönnt zu haben; als stünde das offline-Experiment automatisch für Entspannung. Ich bin auf jeden Fall wieder auf den Geschmack gekommen und nehme all das als Anregung mit, mein Handy auch weiterhin immer mal an ein paar Abenden pro Woche einfach auszumachen.

Beitragsbild: Annica Brommann
Banner: Julia Schlichtkrull

Umgekrempelt: Sieben Tage Yoga

Umgekrempelt: Sieben Tage Yoga

Kennt ihr das, wenn man mal was Neues ausprobieren will, aber am Ende alles beim Alten bleibt? Uns jedenfalls kommt das sehr bekannt vor, deswegen haben wir uns für euch auf einen Selbstoptimierungstrip begeben. In dieser Kolumne stellen wir uns sieben Tage als Testobjekte zur Verfügung. Wir versuchen für euch mit unseren alten Gewohnheiten zu brechen, neue Routinen zu entwickeln und andere Lebensstile auszuprobieren. Ob wir die Challenges meistern oder kläglich scheitern, erfahrt ihr hier.

Yoga ist in meiner „social bubble“ überall. Auf Instagram backen nicht nur alle Bananenbrot und machen Smoothie-Bowls – nein, es machen auch alle Yoga. Auch ich gehe ab und zu der angesagten indischen Lehre nach. Ich kann zustimmen, dass es sich dabei um keinen vermeintlichen Öko-Blödsinn handelt, sondern um richtig anstrengenden Sport, der auch beinahe eine Therapiestunde mit sich selbst sein kann. Doch wie es die meisten sicherlich kennen, beschränkt sich mein Yoga-Dasein zur Zeit auf ein sporadisches „alle-paar-Wochen-mal“. Gerade jetzt, da der Corona-Virus unser Leben ganz schön einschränkt, aber der Unistoff gefühlt mehr als vorher ist, merke ich, dass ich einen Ausgleich brauche. Anstatt zu verschiedenen Vorlesungen zu radeln, sitze ich den ganzen Tag am Schreibtisch. Nicht nur mein Rücken tut langsam weh, ich bin zusätzlich gestresst und unter Druck. Da kommt Yoga doch gerade richtig, oder? Es bietet schließlich Übungen für Körper und Geist, also beginne ich das Selbstexperiment und mache eine Woche lang täglich Yoga. Mal sehen, ob ich in sieben Tagen völlig ausgeglichen, flexibel und voller Selbstliebe bin.

Montag

Es ist 18 Uhr und mir fällt auf, dass ich im ganzen Stress noch gar kein Yoga gemacht habe. Nachdem ich mich also ein paar Minuten mit Sport gequält habe, belohne ich mich mit Anti-Stress-Yoga auf YouTube. Das 30-minütige Video ist wirklich das, was ich gebraucht habe: kaum anstrengend und ohne komplizierte Übungen. Der Schwerpunkt liegt auf dem Entspannen, Runterkommen und gleichmäßigen Atmen. Bei einigen Übungen knackt es befreiend in Schultern und Rücken und nachdem ich kurz daran gezweifelt habe, dass ich wirklich erst 22 Jahre alt bin, schlafe ich bei der Schlussentspannung fast ein. Wirklich angenehm, dass das Video mich „zwingt“, nichts zu tun, einfach nur dazuliegen und zu entspannen. Nach der Yoga-Einheit fühle ich mich gut und mein Rücken fühlt sich besser an, aber sie hat mich auch ganz schön müde gemacht.

Dienstag

Bevor ich meinen Abend entspannt beginne, endet auch der heutige Tag mit Yoga. Auf dem Plan steht ein 20-minütiges Yoga für einen „healthy body “. Die zwanzig Minuten gehen schnell rum, viel besser fühle ich mich danach aber irgendwie nicht. Die Session war einerseits irgendwie langweilig und eintönig, andererseits fiel es mir auch schwer, genau so zu atmen, wie es meine Yoga-Lehrerin vorgibt. Das ist so ein Ding beim Yoga: langsam eeeeeein, während man sich streckt und wieder auuuuus, wenn man sich fallen lässt. Und dabei möglichst laut keuchen. Naja, ich fühl mich ein bisschen seltsam dabei und auch ein wenig wie beim alternativen Rentnersport. Aber gut – ich weiß, dass die richtige Atmung mit der Zeit kommt. Aber vielleicht muss ich doch mal eine frischere Form des Yogas ausprobieren.

Mittwoch

Nach dem gestrigen Yoga wähle ich heute etwas – hoffentlich – Sportlicheres aus. Einen Yoga-Summerbody-Flow. Klingt doch erstmal vielversprechend. Und ich muss zugeben: Übungen wie der Yoga-Liegestütz, „die Heuschrecke“ oder „das Boot“ bringen mich durch ihre Namen erst zum schmunzeln und dann ordentlich zum schwitzen. Ich kann auch nicht alle Übungen vollständig ausführen, aber meine digitale Yoga-Lehrerin weiß: „Wenn nicht heute, dann beim nächsten Mal“. Mit dem Atmen komme ich auch heute nicht so mit, wie sie es ansagt. Während sie in Ruhe einen Atemzug nimmt, hänge ich nur hechelnd da. Aber naja. Wenn nicht heute, dann beim nächsten Mal.

Donnerstag

Anstatt meinen Tag mit Yoga abzuschließen, beginne ich heute damit. Meine Yoga-Einheit verspricht „fit und wach“ in den Tag zu starten. Also mal sehen, wie fit ich in meine 10-Uhr-Online-Vorlesung gehen kann. Die 17 Minuten gehen zwar schnell vorbei, aber sind auch überraschend anstrengend. Ich bin zwischendurch ziemlich außer Atem aber direkt danach – zumindest körperlich – ziemlich wach. Ich fühle mich gut, schon so früh am Morgen (… um halb zehn) etwas für meinen Körper getan zu haben. Ich muss aber auch zugeben, dass ich ein paar Minuten später richtig müde werde und am liebsten wieder ins Bett kriechen würde. Die Menschen in meinem Umfeld finden außerdem, dass ich am heutigen Tag nicht besonders ausgeglichen wirke – also hat Yoga am Morgen zumindest in der Hinsicht seinen Zweck nicht erfüllt.

Freitag

Heute vergesse ich meinen Vorsatz. Erst im Bett fällt mir ein, dass ich täglich Yoga machen wollte. Aber nicht weiter schlimm, denn selbst für den Abend gibt es einige Yoga-Sessions. Also wähle ich für heute ein kurzes Gute-Nacht-Yoga aus. Ich muss nicht mal aus meinem Bett aufstehen. Ich bleibe im Schlafanzug und kann bei ruhiger Musik entspannt für zehn Minuten runterkommen, mich ein bisschen dehnen und danach auch direkt einschlafen.

Samstag

Nachdem ich den ganzen Tag im Auto gesessen habe, freue ich mich richtig auf meine Yoga-Einheit. Endlich mal ordentlich räkeln, strecken und dehnen. Zwar habe ich nicht viel Zeit, aber für eine zehnminütige Pause reicht es. Das finde ich sowieso total praktisch: Es gibt online so viele verschiedene Yoga-Videos und je nachdem, wie viel Zeit man hat, wählt man sein Video aus. Und wenn es nur ein klitzekleiner Sonnengruß ist – irgendwie kann man das immer in den Alltag integrieren. Und auch diesmal bin ich froh, meine Matte ausgerollt zu haben: Es tut total gut und ist genau das, was ich nach diesem Tag brauche. Obwohl ich mich bewege, sind diese Abläufe zu einer kleinen Pause geworden und oft habe ich danach bessere Laune und Energie für den restlichen Tag.

Sonntag

Der letzte Tag mit Yoga. Ich widme mich am Abend einer ausgiebigen Session für Beweglichkeit und Entspannung. Ich muss mich teilweise ganz schön verknoten und fühle mich wie die billige Version eines Schlangenmensches. Es ist aber eine Wohltat für den ganzen Körper. Dabei fällt mir auf, dass es nirgendwo mehr knackt – die letzten Tage scheinen mir sehr gut getan zu haben. Jetzt, wo ich drüber nachdenke, hatte ich in der vergangenen Zeit auch gar keine Rückenschmerzen mehr (Spoiler: Die vielen Übungen haben allerdings dazu geführt, dass ich am nächsten Tag ganz schön Muskelkater hatte).

Fazit

Mich täglich aufzuraffen hatte ich als größte Herausforderung angesehen. Das war allerdings gar kein Problem – ich habe höchstens mal vergessen, dass ich ja eine Challenge hatte. Da ich die meisten Yoga-Übungen eher als Bereicherung und nicht als Qual angesehen habe, fiel mir das „Aufraffen“ gar nicht schwer. Außerdem hat das tägliche Yoga meinen Alltag nicht gestört, weil ich es gut in meine Planung integrieren konnte. Es war ein schöne Routine, um den Uni-Tag zu beenden, zu starten oder zwischendurch eine Pause zu machen, und dabei etwas für den Körper zu tun – ohne sich völlig verausgaben zu müssen. Ich muss aber noch lernen, dabei mehr abzuschalten. Bei den unkommentierten Ruhesequenzen bin ich manchmal fast eingeschlafen, manchmal hatte ich aber auch den Drang, vor Langeweile auf mein Handy zu gucken. Ich denke, sowohl körperlich also auch geistig braucht Yoga eine Menge Übung. Ich finde aber schön, dass man auch ohne jahrelange Erfahrung die meisten Einheiten mitmachen kann. Außerdem habe ich innerhalb der einen Woche gemerkt (oder mir eingebildet), dass die täglichen achtsamen Bewegungen meinem Körper sehr gut getan haben.
Vor allem in der durch Corona beeinflussten Zeit glaube ich, dass Yoga eine gute Möglichkeit ist, eine wohltuende Routine für Körper und Geist in den Alltag einzubauen. Ihr merkt schon: Nach diesen sieben Tagen klinge ich schon wie eine Yoga-Fanatikerin, die nach einem zweiwöchigen Selbstfindungstrip aus Asien wiederkehrt. Und damit: Namasté, ich mache mir jetzt eine Smoothie-Bowl.

Beitragsbild: Lilli Lipka
Banner: Julia Schlichtkrull

Umgekrempelt: 10.000 Schritte am Tag

Umgekrempelt: 10.000 Schritte am Tag

Kennt ihr das, wenn man mal was Neues ausprobieren will, aber am Ende alles beim Alten bleibt? Uns jedenfalls kommt das sehr bekannt vor, deswegen haben wir uns für euch auf einen Selbstoptimierungstrip begeben. In dieser Kolumne stellen wir uns sieben Tage als Testobjekte zur Verfügung. Wir versuchen für euch mit unseren alten Gewohnheiten zu brechen, neue Routinen zu entwickeln und andere Lebensstile auszuprobieren. Ob wir die Challenges meistern oder kläglich scheitern, erfahrt ihr hier.

10.000 Schritte am Tag. Das ist eine Zahl, die man immer wieder hört. Und es macht Sinn: Als eine Spezies des Jagens und Sammelns waren wir ständig draußen unterwegs, einfach das Säbelzahntigerfell über die Schulter geworfen und los, raus in die Kälte, mit Speer in der Hand und bis zur Abenddämmerung herumpirschen. Heute gibt es keine Mammuts mehr, die wir jagen können und ein Stück Fell reicht uns nicht mehr gegen die Kälte – wenn das Wetter draußen schlecht ist, bleiben wir lieber drinnen. Wir sind Stubenhocker*innen geworden – natürlich nicht alle und die meisten von uns nicht freiwillig. Im Grundschulalter war man noch ständig unterwegs, kam oft später wieder nach Hause zurück, als man eigentlich sollte. Jetzt sitzen wir nur noch am Schreibtisch und in der Bib und in der Uni, gerade in der Prüfungszeit.

Ich habe schon lange gemerkt, dass mir dieser Lebensstil nicht gut tut. Zum einen, weil mein hyperaktiver Körper bei dem ganzen Stillsitzen nicht so richtig mitmachen will, zum anderen, weil sich nach rund fünf Minuten in der gleichen Sitzposition mein Rücken lautstark bemerkbar macht. Wir sind ja auch nicht zum Sitzen gemacht, und viele Wissenschaftler*innen erinnern immer wieder an die 3S und die 3L: Stehen und Sitzen ist Schlecht, Lieber Liegen und Laufen. Aber wie leicht ist es wirklich, das tägliche Laufen, die 10.000 Schritte am Tag, in einen durch Uni- und Arbeitsalltag durchstrukturierten Tagesablauf einzuplanen?

Montag

Das erste, was mir auffällt, ist, dass ich mein Handy überall mit mir herumschleppen muss, damit die Schrittzähler-App ja auch jeden meiner Schritte aufzeichnet. Das ist ungewohnt für mich, und ich vergesse es immer mal wieder – auch die ganze Woche hindurch. Aber so viel kommt zuhause sowieso nicht zusammen. Zwar achte ich penibel darauf, jeden Extragang zu machen, den ich kann, auch wenn das bedeutet, Dinge, die man eigentlich mit einem Weg hätte in die Küche bringen können, eher aufzuteilen und dafür zweimal zu laufen. Aber es sind eben nur 30 Schritte mehr. Trotzdem. Irgendwie habe ich das Gefühl, schon jetzt etwas Gutes für meinen Körper getan zu haben, wenigstens im Kleinen.

Bis 15:30 Uhr sitze ich zuhause beim Lernen und bin so bisher nur auf knapp 300 Schritte gekommen. Das muss sich ändern. Ich frage meine Schwester nach einem Spaziergang nach Wieck. Wir kommen dabei insgesamt auf 8.000 Schritte, sind dafür aber auch anderthalb Stunden unterwegs. Zeit, die ich sonst zum Lernen hätte nutzen können, werfe ich mir vor. Aber ist das wirklich so? Wäre die Zeit nicht vielleicht viel eher fürs Prokrastinieren draufgegangen, weil ich hier schon seit frühmorgens sitze und mein Kopf langsam platzt? Da scheint mir ein Spaziergang das bessere Prokrastinieren zu sein. Das hat zwar wesentlich länger gedauert als ein 15–30-minütiges YouTube-Video zur Ablenkung zwischendurch. Aber ich fühle mich nach dem Spazier­gang frisch ausgeruht und neu ermutigt, um weiterzuarbeiten – zumindest sobald meine Finger wieder aufgetaut sind.

Dienstag

Da ich gestern die 10.000 Schritte nicht ganz geschafft habe, will ich sichergehen, dass ich mein Ziel heute in die Tat umsetze. Wieder muss meine Schwester ran, dieses Mal wollen wir uns zu Fuß auf den Weg zum Elisenpark machen, um einzukaufen. Normalerweise wären wir dafür zu dem nächsten Supermarkt gegangen oder wenigstens mit dem Fahrrad gefahren, um Zeit zu sparen. Aber der Spaziergang tut gut, das Wetter ist schön, wenn man vom schlammigen Boden einmal absieht, und als wir nach knapp zwei Stunden wieder zurückkommen, haben wir bereits das Tagesziel erreicht.

Aber langsam merke ich, wie sich leichte Gewissensbisse in mir ausbreiten. Jeden Tag zwei Stunden fürs Spazierengehen ist sicher eine Zeit, die man sich nehmen sollte, aber kann ich mir die auch erlauben mit einer Modulprüfung in einer Woche? Mein routinemäßiges Prokrastinieren zwischen den Lerneinheiten fülle ich mit Nachgrübeln. Wer hat eigentlich entschieden, dass Lernen wichtiger ist, als auf unseren Körper aufzupassen und etwas für unsere Gesundheit zu tun?

Mittwoch

Das erste Mal, dass ich vollkommen an der Challenge scheitere. Trotz StuPa-Sitzung am Abend komme ich nicht einmal auf 1.000 Schritte. Ich fühle mich schlecht, weil ich mich nicht dazu durchringen konnte, die Zeit zum Spazieren aufzubringen, und weil mein Körper sich mal wieder über den Bewegungsmangel beschwert. Für den nächsten Tag nehme ich mir fest vor, wieder mehr Willensstärke zu zeigen.

Donnerstag

Morgens sammle ich bereits ein paar Schritte, als ich in der Bib auf Lehrbuchsuche gehe. Ich gehe im Anschluss außerdem noch mal zu Fuß hinüber zum Domcenter, anstatt zu fahren. Ein bisschen Schwung in die Hüften bekommen.

Gegen Mittag setze ich das Ganze fort. Wieder ein Spaziergang nach Wieck und trotzdem immer noch neue Dinge zu entdecken (selbst als gebürtige Greifswalderin). Trotzdem bleibt der Schrittzähler danach irgendwo bei 7.000 Schritten stehen und verändert sich auch nicht mehr großartig, während ich wieder beim Lernen sitze. Aber ich hatte mir am Vortag etwas vorgenommen und das will ich auch durchziehen.

Es ist kurz nach 10, als ich hinaus in die Kälte trete. Ein seltsames Gefühl, um diese Uhrzeit unterwegs zu sein. Die einzigen, denen ich unterwegs begegne, sind eine Hundebesitzerin samt Hund und viele unzuordbare Geräusche. Mein Weg führt mich noch einmal hinunter zum Wasser, weil ich sehen möchte, wie es nachts aussieht, und weil mich die Dunkelheit irgendwie anzieht. Um zum Wasser zu gelangen, wandere ich durch ein kleines Waldstückchen, das vom Licht des benachbarten Wohngebiets kaum mehr erreicht wird. Aus Skepsis vor einer Begegnung mit womöglichen Bekannten wie der kleinen Wildschweinfamilie hier in der Gegend, mache ich die Taschenlampe meines Handys an. Ich begegne keinem Wildschwein, werde aber trotzdem von einem bedrohlichen Knurren aus dem Gebüsch begrüßt. Zwar trennt uns beide ein großer Zaun, aber vorsichtshalber, und um den Hund nicht unnötig zu verärgern, lösche ich trotzdem das Licht. Den Rest des Weges bis zum Wasser laufe ich also in Dunkelheit.

Es ist ein merkwürdiges Erlebnis, diese Stille. Oder eben die Nichtanwesenheit von Stille. Denn gerade weil ich allein unterwegs bin, weil kein Licht über mir oder aus meinem Handy heraus leuchtet, weil ich keine Stimmen und keinen Autolärm höre, nehme ich jedes Geräusch war. Das Rauschen in den Blättern, das Knacken der Bäume, kleine Tiere, die über den Boden huschen, den Wind und das Meer. Die Welt ist wie ein Orchester.

Das Meer sieht erschreckend unspektakulär aus. Natürlich, was hatte ich auch anderes erwartet, es ist immerhin mitten in der Nacht! Aber als ich eine Weile hinaus aufs Wasser sehe, bemerke ich das Licht eines Leuchtturms in der Ferne, das mir vorher noch nie aufgefallen ist, obwohl ich schon etliche Male nachts hier war. Nur nie allein.

Die Einsamkeit macht einen Unterschied. Und die Langsamkeit der Bewegung, das merke ich, als ich wieder zurück nach Hause gehe (dieses Mal vorsorglich durchs Wohngebiet, um den knurrenden Hund nicht noch einmal zu wecken). Ich bin es gewohnt, diese Strecke zu joggen oder mit dem Fahrrad hier entlangzufahren, oder wenn ich doch einmal gehe, dann habe ich immer jemand anderes bei mir. Jetzt allein, langsam Schritt für Schritt, habe ich das Gefühl zum ersten Mal die Umgebung wirklich wahrzunehmen. Ich entdecke noch nicht abgehangene Weihnachtsbeleuchtung in einigen Fenstern (ist aber auch erst zwei Monate her), mit Ranken zugewucherte Eingangstüren, einen Briefkasten mit einem Ritter darauf – was wohl die Leute gedacht haben müssen, die um knapp halb 11 aus dem Fenster gesehen und eine Gestalt in ihrer Einfahrt bemerkt haben, die in völliger Dunkelheit ein Foto von ihrem Briefkasten macht?

Aber ich sehe. Ich nehme wahr. Ich lasse meine Gedanken kreisen, um das um mich herum, um diesen Artikel hier, um Uni und Prüfungen. Trotzdem fühlt es sich frei an. Einmal zu sich kommen, allein mit sich selbst. Irgendwann konzentriere ich mich sogar mehr auf die Umgebung als auf die Uniaufgaben, die noch vor mir liegen. Und auf die Kälte, die meine Beine hinaufkriecht. Es ist verdammt kalt geworden. Da hilft der hübsche glitzernde Reif auf dem Gras und auf der Straße auch nicht, um mich aufzumuntern. Außerdem habe ich meine 10.000 Schritte mittlerweile sowieso erreicht. Zeit, nach Hause zu kommen.

Freitag und Samstag

Ich scheitere erneut. Zwar versuche ich, so oft ich kann, zu Fuß zu gehen – zur Redaktion, zu Gleis 4 und wieder zurück – aber es bringt nichts. Bis abends komme ich auf etwas mehr als 2.000 Schritte, an beiden Tagen. Dieses Mal merke ich es nicht nur am Körper, sondern auch im Kopf. Ich bin beim Lernen abgespannt, kann mich zwar konzentrieren, aber bin nervlich ziemlich am Ende. Das Spazierengehen fehlt mir auch irgendwie bereits, die frische Luft, die Zeit zum Nachdenken, um den Kopf frei zu bekommen. An diesen beiden Tagen sehe ich aber kaum etwas von draußen, nur meinen Laptop-Bildschirm, meine MÜP-Notizen und Lehrbücher, bis die Schrift irgendwann schon vor den Augen verschwimmt. Aber obwohl mir mein Körper eindeutige Signale sendet, dass er eine Pause hätte gebrauchen können, habe ich keine Gewissensbisse. Ich brauchte die Zeit zum Lernen. Für meinen Körper tut es mir trotzdem ein wenig Leid, und ich wünschte mir, dass es auch anders ginge.

Sonntag

Heute, am letzten Tag der Challenge, möchte ich mir noch einmal beweisen, dass es anders geht. Ich frage meine Schwester, ob sie Zeit und Lust auf einen Ausflug hat und wir fahren nach Ludwigsburg. Das Wetter ist wundervoll, als wir durch den Wald und am Feld entlang bis nach Loissin gehen und dann am Strand wieder zurück, dem Sonnenuntergang entgegen. Nach den beiden letzten Tagen drinnen, bekomme ich richtige Glücksgefühle. Das Lernen und die Angst vor der Prüfung sind komplett vergessen, ich freue mich einfach nur riesig über jeden Sonnenstrahl, der durch die Bäume fällt, über das Rauschen des Meeres und über die voluminösen Wolken am Himmel. Ich habe wieder richtig Lust am Leben, oder zumindest nehme ich das Leben wieder richtig wahr. Ein kathartisches Gefühl, dieses Rausgehen.

Fazit

Ein wenig schwermütig werde ich schon, als ich abends wieder zurückkomme. Einmal, weil wieder die Lehrbücher vor mir auftauchen, die ich doch gerade vergessen hatte, aber vor allem auch, weil ich weiß, dass ich mir so einen Ausflug in den nächsten drei Tagen bis zur Prüfung nicht nochmal gönnen werde. Danach sicherlich, das nehme ich mir fest vor.

Aber warum immer danach? Warum immer das, was uns gut tut, aufschieben, bis wir irgendwann hoffentlich mehr Zeit dafür haben? Ein Ausflug, ein kleiner Spaziergang kostet nichts, und es müssen ja nicht gleich die 10.000 Schritte sein.

Einfach zu lernen, dass es keine Zeitverschwendung ist, wenn man auf sich selbst Acht gibt und auf den eigenen Körper hört. Dass man selbst eben auch einmal an erster Stelle vor dem Lernen, vor der Uni, vor der Arbeit stehen darf. Trotz aller Dinge, die ich in der letzten Woche beim ganzen Lernen verinnerlicht habe – diese eine Sache habe ich noch nicht so ganz kapiert.

(An dieser Stelle noch ein kleines Dankeschön und eine riesige Entschuldigung – oder anders herum – an meine Schwester. War ja auch für deine Gesundheit.)

Beitragsbild: Franziska Schlichtkrull
Banner: Julia Schlichtkrull

Umgekrempelt: Sieben Tage ohne Kaffee

Umgekrempelt: Sieben Tage ohne Kaffee

Kennt ihr das, wenn man mal was Neues ausprobieren will, aber am Ende alles beim Alten bleibt? Uns jedenfalls kommt das sehr bekannt vor, deswegen haben wir uns für euch auf einen Selbstoptimierungstrip begeben. In dieser Kolumne stellen wir uns sieben Tage als Testobjekte zur Verfügung. Wir versuchen für euch mit unseren alten Gewohnheiten zu brechen, neue Routinen zu entwickeln und andere Lebensstile auszuprobieren. Ob wir die Challenges meistern oder kläglich scheitern, erfahrt ihr hier.

Wer trinkt ihn nicht? Morgens zum Frühstück oder gleich als erste Flüssigkeit überhaupt am Tag. Der Kaffee. Wir Deutschen lieben unser schwarzes Gebräu, nicht umsonst besitzen wir eine richtige Kaffeekultur. 

Die einen brauchen ihn, um überhaupt in den Tag starten zu können, die anderen lieben ihn einfach zum Frühstück, bei der Arbeit oder eigentlich überall.

Ich darf mich wohl selbst zu den Leuten zählen, die ihren Kaffee, genauer gesagt ihren Latte Macchiato, jeden morgen zum Frühstück genießen und gerne auch mal im Café den einen oder anderen trinken. 

Und trotzdem habe ich mich entschieden, eine Woche auf Kaffee in all seinen Variationen zu verzichten. 

Der erste Tag stellte sich als besonders schwer heraus. Normalerweise trinke ich jeden morgen zum Frühstück einen Latte Macchiato oder einen Milchkaffee. Heute gab es einen Orangensaft. Das hat mich innerlich irgendwie sehr gestört. In der Bibliothek musste ich unweigerlich auch immer wieder daran denken, wie gut das schwarze Gebräu jetzt wäre. Als es in der Mittagspause in die Mensa ging und im Anschluss noch einmal ins Grüne, kam es gleich zum nächsten Verzicht. Statt eines Cappuccinos gab es eine Ginger-Mate. Ich glaube, ich habe meine Freundinnen etwas neidisch angesehen, während sie ihren Kaffee tranken. 

Der nächste Morgen verlief schon etwas besser. Ich hatte zwar immer noch das Verlangen, einen Kaffee zum Frühstück trinken zu wollen, aber es war schon deutlich weniger stark als am Tag zuvor. Trotzdem vermisste ich ihn bei der Mittagspause im Grünen. Gewohnheiten abzusetzen ist nicht so einfach wie erwartet. Und ich hatte auch das Gefühl, dass sich eine innere Unruhe an diesem Tag in mir breitmachte. 

Am nächsten Morgen ging es zum Frühstücken zur Bäckerei Junge. Dort holte ich mir eine Schlemmertasche. Auf dem Weg nach Hause ging ich am Café Küstenkind vorbei, wo ich mir normalerweise noch einen Latte Macchiato mitgenommen hätte. Etwas wehleidig bin ich am Café vorbei und dann nach Hause. An diesem Tag hat sich der Entzug richtig auf meine Laune übertragen. Eigentlich hatte ich durchgängig schlechte Laune und war von allem und jedem genervt. An diesem Tag habe ich auch auf das Mittagessen in der Mensa verzichtet.

Der Donnerstag jedoch begann merkwürdigerweise richtig gut. Ich hatte zuhause gefrühstückt und war später mit einer Freundin im Café Küstenkind verabredet. Und da kam auch die Gewohnheit zum Vorschein, denn ohne weiter darüber nachzudenken und vertieft in das Gespräch mit einer Freundin, bestellte ich mir einen Cappuccino. Der Fehler wurde mir erst klar, als wir das Café verließen. Ich muss ehrlich gestehen, es hat mir nicht sonderlich leid getan. Trotzdem habe ich etwas darüber nachgedacht, wie süchtig ich eigentlich nach Kaffee bin. Wobei ich glaube, mit zwei bis drei Kaffee am Tag noch zum allgemeinen Durchschnitt zu gehören. Meine Laune war dafür wieder richtig gut und ich würde sogar meinen, dass mich auch alles deutlich weniger stresste im Vergleich zu den vorherigen Tagen. Deshalb beschloss ich an diesem Punkt, das Experiment zu beenden. 

Ich hatte eigentlich angenommen, dass es mir leichter fallen würde auf Kaffee zu verzichten. Aber letztlich hat mich der Entzug gestresst und meine Stimmung beeinträchtigt. Ich glaube, dass es nicht mal am Kaffee selbst gelegen hat, sondern vielmehr daran, dass er seit Jahren fest in meiner Routine verankert ist. Frühstück – Kaffee, im Grünen – Kaffee. Oder im Café – Kaffee. Und plötzlich ohne einen richtigen Grund darauf zu verzichten führt unweigerlich zu Stress. Zumindest in meinem Fall. Trotzdem finde ich, dass es ein spannendes Experiment gewesen ist. Wiederholen würde ich es jedoch nicht.

Beitragsbild: Annabell Hagen
Banner: Julia Schlichtkrull