Ostseefluchten aus der DDR: In die Freiheit oder in den Tod

Ostseefluchten aus der DDR: In die Freiheit oder in den Tod

Im Kalten Krieg war die Ostsee das militärisch am dichtesten überwachte Meer der Welt. Der Hintergrund war offensichtlich der konstant schwelende Konflikt zwischen Ost- und Westblock. Die Gefahren und Ängste, die durch das fortlaufende Wettrüsten zwischen der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten von Amerika entstanden, sind allgemein bekannt. Weitaus unbekannter ist das Leid, das viele Bürger*innen der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) erfuhren, die versuchten über die Ostsee ins Ausland zu fliehen. Im Gegensatz zu den Fluchten entlang der innerdeutschen Grenze sind sie weitgehend unbekannt. Dieser Artikel gibt Einblicke in ihr Schicksal.

Von 2018 bis 2023 entstanden in einer kooperativen Forschung der Freien Universität Berlin, der Universität Potsdam und der Universität Greifswald mehrere Arbeiten zu Menschen, die bei dem Versuch aus der DDR zu fliehen, starben. Durch dieses Projekt entstand auch eine Internetseite „Eiserner Vorhang“. Bereits seit 2020 können dort Informationen zu Opfern der innerdeutschen Grenze mit einer interaktiven Karte eingesehen werden. Im Herbst 2023 sind die Todesfälle aus gescheiterten Versuchen auf dem Landweg in andere Ostblockstaaten zu fliehen und die Todesfälle aus versuchten Ostseefluchten hinzugekommen.

Gefährlicher Weg in die Freiheit

Bereits unmittelbar nach dem Ende des 2. Weltkriegs versuchten Menschen aus der sowjetischen Besatzungszone und später aus der DDR über die Ostsee in die westlichen Besatzungszonen beziehungsweise die Bundesrepublik Deutschland, nach Dänemark oder nach Schweden zu fliehen. Zwischen dem Bau der Berliner Mauer 1961 und ihrem Fall 1989 versuchten etwa 5.600 Menschen die Flucht über die Ostsee, aber nur etwa 1000 gelang dies erfolgreich. Mindestens 170 Menschen starben bei ihren Fluchtversuchen. Das Grenzregime der DDR ging dabei immer heftiger gegen fluchtwillige Bürger*innen vor. In geheimen Dienstanweisungen der Volksarmee, die erst nach der deutschen Einheit öffentlich wurden, wurden die Grenzbeamt*innen dazu aufgefordert, die Schiffe Flüchtiger „einzufangen oder zu vernichten“. Nach den Gesetzen des Regimes war es also legitim und sogar erwünscht, die Schiffe, in denen Menschen versuchten aus der DDR zu fliehen, zu versenken. Personen, die bei Fluchtversuchen vom Grenzregime der DDR verhaftet wurden, mussten in der Regel hohe Geldstrafen zahlen. Einige Fluchtversuche wurden bereits in der Vorbereitungsphase vom staatlichen Sicherheitsapparat festgestellt und unterbunden.

Tödlicher Weg in die Freiheit

Über viele der „Republikflüchtigen“, die in der Ostsee ertranken, ist nur wenig bekannt. Zu einigen lassen sich aber recht umfangreiche Biographien konstruieren, die auf der Internetseite „Eiserner Vorhang“ dargestellt werden. Einer von ihnen ist Martin Burghardt. Er wuchs in Sachsen in einer sehr entlegenen Gegend bei Löbau östlich von Dresden auf, wo er 1944 geboren worden war. Sein christlicher Glaube hatte für ihn – im Gegensatz zu vielen anderen Christ*innen in der DDR – nur wenig Nachteile. Seit er sieben Jahre alt war, lebten Burghardts Eltern getrennt, er selbst bei seiner Mutter. Er wurde Maurer, empfand den Beruf aber als „eintönig“ und deprimierend. Der Tod seiner Mutter verstärkte sein Unglücklichsein weiter. 1964 reiste er erstmals an die Grenze der DDR, um Fluchtrouten auszukundschaften. Dabei wurde er verhaftet, aber mangels Beweise wieder freigelassen, konnte danach von 1965 bis 1967 sein Abitur erwerben und erhielt einen Studienplatz im begehrten Fach Geophysik. Dennoch unternahm er im Sommer 1967 an der tschechoslowakisch-österreichischen Grenze einen ersten Fluchtversuch, bei dem er jedoch entdeckt und verhaftet wurde, woraufhin er über ein Jahr im Gefängnis verbrachte. Es wird vermutet, dass er dort auch Zwangsarbeit leisten musste. Dennoch blieb sein Wunsch, aus der DDR zu fliehen, bestehen und verfestigte sich sogar. Bereits vor seinem ersten Fluchtversuch und auch danach stellte er immer wieder Ausreiseanträge, die jedoch allesamt abgelehnt wurden. Nach seinem Gefängnisaufenthalt arbeitete er wieder in seiner alten Heimatstadt als Maurer, sah aber keinerlei Sinn mehr in einem Leben in der DDR. Im Sommer 1970 reiste er daher an die Ostseeküste, um schwimmend nach Dänemark zu fliehen. Seine Familie dürfte davon nichts gewusst haben. Kurz vor seiner Flucht schrieb er kurze Postkarten an mehrere Familienmitglieder. Bei seinem Versuch, nach Dänemark zu schwimmen, ertrank er.

Zwei weitere „Republikflüchtige“ sind Burghard Reimer und sein Freund Johannes. Die beiden lebten Anfang der 1980er Jahre in Schwerin, wo beide als Schornsteinfeger arbeiteten. Über ihre Gründe für die „Republikflucht“ ist nichts bekannt, allerdings über den Ablauf ihrer Flucht. Sie wollten die Ostseegewässer der DDR schwimmend verlassen und so internationales oder westdeutsches Gewässer erreichen. Dazu hatten sich beide Neoprenanzüge, einen Kompass und weitere Werkzeuge gekauft. Von Schwerin aus fuhren sie zunächst nach Wismar, dem Wohnort der Eltern von Johannes. Sie hatten sich beide Urlaub genommen, um nicht frühzeitig vermisst zu werden. Von Johannes‘ Elternhaus in Wismar aus gingen sie zu Fuß zur Fliemstorfer Huk, die am Ende der Wismarer Bucht liegt. Von dort wollten sie in das internationale Gewässer der Lübecker Bucht schwimmen. Diese Strecke ist mit ungefähr 25 Kilometern extrem lang. Die beiden gingen um 22 Uhr ins Wasser und schwammen vielfach unter Wasser, um das Risiko entdeckt zu werden, zu minimieren. Es zeigte sich, dass Johannes deutlich besser als Reimer schwimmen konnte, weshalb er mehrmals zu ihm zurückschwimmen musste. Nach etwa elf Stunden – gegen 9 Uhr – verlor Johannes dennoch völlig den Kontakt zu ihm und beschloss, die Flucht allein fortzusetzen. Zwei Tage später gegen 08:40 Uhr wurde Johannes von der Bundesmarine völlig entkräftet und unterkühlt im Wasser entdeckt und gerettet. Er wurde ins Krankenhaus Neustadt gebracht und überlebte. Der Militärarzt an Bord des Marineschiffs ging davon aus, dass er 55 bis 60 Stunden im Wasser verbracht hatte. Sein Freund Reimer hingegen ist bei der Flucht ertrunken.

Eine andere tödliche Flucht ist die der Familie Balzer. Die Eheleute Renate und Ulf Balzer versuchten zusammen mit ihrer zweijährigen Tochter Ines und Ulfs Bruder Lutz sowie dessen Frau Manuela Balzer im September 1979 aus der DDR zu fliehen. Die Familie lebte in der sächsischen Kleinstadt Arnsdorf östlich von Dresden. Dort arbeiteten Ulf und Lutz Balzer in einem Industriebetrieb. Die Familie war Teil eines recht großen Freundeskreis, der sehr deutlich westlich geprägt war, besonders kulturell. Die genauen Beweggründe für den Wunsch der Familie, in den Westen zu fliehen, sind aber nicht bekannt. Man weiß nur, dass die Flucht relativ lange im Voraus geplant worden war, da die Familie bereits im Sommer 1979 während eines Polterabends mit Freund*innen darüber gesprochen hat. Die Flucht wurde von Rügen aus gestartet. Dorthin reiste die Familie in zwei Teilen, der zweite Teil mit Manuela Balzer etwas später, sodass sie noch ihre Ausbildung zur Krankenschwester abschließen konnte. Sie reisten zunächst zum von ihnen häufig besuchten Campingplatz Nonnevitz nahe der nordöstlichen Küste und erregten so keinerlei Aufsehen. Der Plan bestand darin, in der Nacht zwei von ihnen improvisatorisch gebaute Faltboote zu einem Katamaran zu verbinden, der durch einen von Ulf Balzer speziell hierzu gebauten Außenbordmotor angetrieben werden sollte. Zum Verhängnis wurde der Familie hierbei ein heftiger Sturm der kurz zuvor noch als Hurrikan eingestuft worden war. Offensichtlich zerbrach dadurch der Katamaran, denn die Leichen der einzelnen Familienmitglieder wurden später an verschiedenen Stellen auf der offenen Ostsee in Fischernetzen geborgen. Man deklarierte die Tode als Badeunfall. Der Grund dafür, dass die Familie trotz des Sturmes an ihrem Plan festhielt ist unbekannt. Es wird vermutet, dass sie Absprachen mit Personen im Westen getroffen hatten, aufgrund derer der genaue Zeitpunkt ihrer Flucht für sie sehr wichtig war. Das Ziel ihrer Flucht kann ebenfalls nicht sicher bestimmt werden. Da aber in ihrem Besitz ein deutsch-schwedisches Wörterbuch gefunden wurde, scheint es naheliegend, dass sie nach Schweden wollten.

Flucht für die Freiheit

Diese Einzelschicksale zeigen deutlich, welchen Gefahren sich DDR-Bürger*innen aussetzten, die versuchten, über die Ostsee aus ihrem Land zu fliehen. So zeigen sie aber zugleich auch, wie groß das menschliche Bedürfnis nach Freiheit und guten Lebensverhältnissen ist. Viele Menschen waren und sind bis heute willens und bereit ihr Leben zu riskieren, um in Freiheit und Wohlstand zu leben. Dies immer wieder in Erinnerung zu rufen, ist das Ziel dieses Artikels und sicherlich auch eines der Ziele des Forschungsprojekts zum „Eisernen Vorhang“. Schreibt gerne eure Gedanken zu dem Thema in angemessener Weise in die Kommentare!

Beitragsbild: Pavel Neznanov auf Unsplash


Zur Person der*des Autor*in

Volkstrauertag 2023

Volkstrauertag 2023

Am 19. November 2023 ist Volkstrauertag. Bereits seit der Weimarer Republik gedenkt man an diesem Tag den Opfern von Krieg und Gewalt. Dabei haben sich Termin und Inhalt des Feiertags im Laufe seiner Geschichte mehrfach gewandelt. Auch 2023 ist er noch aktuell.

Geschichte des Gedenktags

Der Ursprung des Gedenktags liegt im Jahr 1922. Damals fand erstmals eine Gedenkstunde für die Opfer des Ersten Weltkriegs im Reichstag statt. Dies geschah auf Initiative des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. Durch seine Bestrebungen war der Volkstrauertag ab 1926 in den meisten Ländern der Weimarer Republik ein staatlicher Gedenktag. Er war damals am Sonntag, fünf Wochen vor Ostern. Kritisiert wurde dieser Termin von der evangelischen und katholischen Kirche, weil der Termin in der Fastenzeit lag. Seine Funktion blieb zum Beginn des Nationalsozialismus das Gedenken an die Opfer des Ersten Weltkriegs. Die Nationalsozialisten ersetzten den Trauertag durch den „Heldengedenktag“, an dem nur die im Ersten Weltkrieg gefallenen deutschen Soldaten geehrt und statt stiller Trauer Militärparaden abgehalten wurden. Der Termin wechselte zunächst auf den zweiten Sonntag der Fastenzeit. Ab 1939 fand der „Heldengedenktag“ am 16. März, wenn das ein Sonntag war, und ansonsten am Sonntag davor statt, in Anlehnung daran, dass am 16. März 1935 die Wehrpflicht im nationalsozialistischen Deutschland wiedereingeführt wurde. Sie war nach dem Ersten Weltkrieg durch den Versailler Vertrag verboten worden.

Der neue Termin

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde der Volkstrauertag 1950 als Gedenktag, auf Empfehlung eines breiten Bündnisses von Politiker*innen und Kirchenvertreter*innen, wiedereingeführt. Als Termin wurde der vorletzte Sonntag im katholischen und evangelischen Kirchenjahr gewählt, also zwei Sonntage vor dem ersten Adventssonntag. Sieben Tage später gedenkt die evangelische Kirche am Totensonntag den Seelen der Verstorbenen. Auch die katholische Kirche hat mit Allerseelen am 02. November einen Gedenktag für Verstorbene in diesem Monat.

Funktion des Volkstrauertags und gesetzlicher Rahmen

Der genaue Anlass zum Gedenken am Volkstrauertag ist gesetzlich nicht festgelegt. So fand im Laufe der bundesdeutschen Geschichte auch ein Wandel im Erinnern statt. Bis in die 1980er Jahre wurde vor allem um die gefallenen deutschen Soldat*innen getrauert. Ab diesem Zeitpunkt rückten zunächst die Opfer des Nationalsozialismus und später auch diejenigen von aktuellen Kriegen und Verfolgungen in den Mittelpunkt. Festgelegt ist, dass es sich um einen stillen Feiertag handelt. Das bedeutet, dass Autowaschen sowie Tanz- und andere unterhaltende Veranstaltungen verboten sind, um das Gedenken nicht zu stören. Die genaue Ausgestaltung dieser Regeln liegt dabei jedoch in der Gestaltungskompetenz der Länder und teilweise auch der Kommunen, weshalb hier gewisse Unterschiede bestehen. In Mecklenburg-Vorpommern gelten sämtliche Vorschriften von 4 bis 24 Uhr. In diesem Zeitraum sind das Öffnen von Kinos, Autowaschen, öffentliche Versammlungen, Gottesdienste, störende Umzüge und Unterhaltungsveranstaltungen ohne bildendes Interesse nicht gestattet.

Veranstaltungen

Jedes Jahr findet am Volkstrauertag eine Gedenkveranstaltung im Bundestag statt, an der der Bundespräsident, die Bundesregierung und das diplomatische Corps teilnehmen. Der Bundespräsident hält hierbei eine Gedenkrede und es wird die Nationalhymne gespielt. In diesem Jahr wird zusätzlich Kronprinzessin Victoria von Schweden an der Veranstaltung teilnehmen. An der Neuen Wache, der zentralen Gedenkstätte des deutschen Staates, wird seit 1993 ein Kranz niedergelegt. Eine vollständige Liste der Teilnehmenden wurde zusammen mit dem genauen Ablauf in einer Pressemitteilung der Bundesregierung vom 08. November 2023 veröffentlicht. In Greifswald wird um 11 Uhr auf dem Neuen Friedhof eine Kranzniederlegung am Ehrenmahl der Toten des Ersten Weltkriegs stattfinden. Weitere Veranstaltungen in Greifswald findet ihr hier. Sollten Veranstaltungen noch nicht genannt worden sein, könnt ihr diese gerne in den Kommentaren ergänzen.

Résumé

Der Volkstrauertag hat also im Laufe seiner Geschichte einige Entwicklungen durchlebt, ebenso wie der Rest der Welt. Dennoch findet er auch 101 Jahre nach dem ersten Gedenktag immer noch statt und ist leider aufgrund von Kriegen im Nahen Osten, der Ukraine und vielen anderen Regionen der Welt auch nach wie vor aktuell.

Beitragsbild: David Clode auf unsplash

Mimimi-Mittwoch: Möwen

Mimimi-Mittwoch: Möwen

In meiner ersten Greifswaldwoche habe ich sie noch genossen: die Rufe der Möwen. Sie klangen nach Urlaub an der Ostsee, Sommer und salziger Luft. Inzwischen habe ich gelernt, wozu die Urheber des Geschreis im Stande sind. Statt an Sommer und Urlaub denke ich jetzt nur noch an Angst und Aggressionen.

Meine Abneigung gegen Möwen basiert größtenteils auf zwei Erlebnissen. Das erste geschah in einem dunklen Corona-Winter, in dem der Bodden zugefroren war und die Mensa nur Essen zum Mitnehmen verkaufte. Als wäre es nicht schlimm genug, in der Prüfungszeit bei -20°C auf dem Beitz-Platz essen zu müssen, hatten die Möwen mitbekommen, dass es dort etwas zu holen gab. Nach nur wenigen Minuten sammelten sich immer mehr Möwen um mich und meine Pommes. Als ich ihnen mit einer fahrigen Handbewegung versehentlich eine Pommes hinwarf, stürzten sich so viele Möwen auf mein Essen, dass mir nichts als die Flucht blieb. Meine Pommes musste ich aus Selbstschutz zurücklassen.

Bei der zweiten Gruselbegegnung gab es sogar Tote. Also keine menschlichen, aber das macht es nicht weniger schlimm. Auf dem Parkplatz vor einem der Wohnheime flitzte eine Maus umher. Mir kam es schon recht unsicher für so eine kleine Maus vor, ohne Schutz auf dem Parkplatz unterwegs zu sein. Deshalb versuchte ich, sie ins Gebüsch zu bringen. Doch die Maus wollte nicht so ganz. Ich verabschiedete mich mit einem: „Pass auf dich auf, Maus“, und drehte mich kurz zu meinem Fahrrad, als ich auf einmal ein durchdringendes Piepsen hörte. Es war der Todespieps der Maus, die von drei Möwen zerrissen wurde. Als wäre ich nicht da, zerlegten die drei Vögel sie vor meinen Augen auf dem Parkplatz.

Diese zwei Geschichten stehen vermutlich exemplarisch für zahlreiche Möwen-Vorfälle in Greifswald. Aber es ist nicht nur meine persönliche Abneigung, es gibt fünf ganz rationale Gründe, warum Möwen die schlimmsten Vögel in Städten sind:

  • Erstens sind sie riesig. Mit Tauben könnte ich mich noch anlegen und würde vielleicht gewinnen. Mit Spatzen sowieso. Aber Möwen – mit ihrem riesigen Schnabel können sie ernsthafte Verletzungen verursachen. Und bei der Flügelspannweite bräuchte es nur einen gekonnten linken Haken und ich würde zu Boden gehen.
  • Zweitens sind sie Fleischfresser. Auch Tauben können nervig werden, wenn sie Brotkrumen wollen. Aber bei denen ist man sich wenigstens sicher, dass sie es auf das Brot abgesehen haben. Bei Möwen bin ich mir nie sicher, ob sie mein Fischbrötchen oder mich fressen wollen.
  • Drittens sind sie skrupellos. Die Greifswalder Möwen haben jegliche Scheu vor Menschen verloren. Nicht, dass sie Angst vor uns haben müssten, wir haben keine Chance. Aber wie dreist sie Menschen angreifen, um an Futter zu kommen, finde ich schon beängstigend. Ich würde diesen Vögeln sogar zutrauen, Waffen unter ihren Flügeln zu verstecken.
  • Viertens sind sie laut. Klar, auch die Spatzen, die ab vier Uhr morgens ihre Beziehungsprobleme vor meinem Fenster ausdiskutieren, könnten das leiser machen. Aber Möwen sind deutlich lauter und ihre Schreie haben nicht einmal etwas Melodisches. Möwenschreie können auch ganz komische Assoziationen bringen. Ich habe mal eine Möwe schreien gehört, bei der es klang, als ob eine Katze geschlachtet wird.
  • Und fünftens verschmutzen sie die Stadt. Vielleicht wäre es mal eine Maßnahme, eine möwensichere gelbe Tonne einzuführen. Wie oft ich schon Möwen dabei beobachtet habe, wie sie gelbe Säcke zerreißen, um an den Inhalt zu kommen. Überall fliegt dann der Plastikmüll rum. Einfach nicht cool von den Möwen.

Bei der „Recherche“ für diesen Artikel habe ich mich mit Freund*innen aus Greifswald über Möwen unterhalten. Und jede*r konnte mir eine merkwürdige Möwengeschichte erzählen. Von gezieltem Ankacken, zu geklauten Eiskugeln und Nestbau auf dem Balkon habe ich alles gehört. Möwen am Strand sind für mich völlig in Ordnung, oder auf dem Meer, oder an einem Hafen an dem Fischfang betrieben wird. Aber auf Möwen in der Greifswalder Innenstadt kann ich absolut verzichten.

Beitragsbilder: Leonie Ratzsch und Nadine Frölich