Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt es 8.000 bis 10.000 Schritte pro Tag zu gehen. Jedoch sitzen wir im Schnitt 8 bis 10 Stunden pro Tag und liegen auch gerne mal eine ganze Weile im Bett. Neben der Arbeit oder dem Studium dann noch darauf zu achten, jedes Mal eine bestimmte Anzahl an Schritten pro Tag erfüllen zu müssen, schreckt dahingehend viele Leute ab. Wenn man hingegen ohne jeglichen Zwang, irgendwas zu erfüllen rausgeht, egal für wie lange, dann ist man dem Ganzen schon weniger abgeneigt und kann das Ganze auch etwas mehr genießen. Man geht in diesem Fall lediglich zum Zeitvertreib raus und nicht, um irgendwelche Schrittzahlen voll zu kriegen. Das Ganze nennt sich dann spazieren gehen.
Ein Schritt in die richtige Richtung:
Ich bin früher als Kind oft mit meinem Vater eine Runde Spazieren gegangen, wenn das Wetter schön war. Heutzutage sind Spaziergänge jedoch eher eine Rarität in meinem Alltag geworden. Glücklicherweise haben wir beim webmoritz. ja unsere Kolumne „umgekrempelt”, bei der wir in einer Art Selbstexperiment versuchen unser Leben zeitweise in bestimmten Aspekten umzustellen. Im Vergleich zu anderen Beiträgen in der Kolumne ist spazieren gehen mit Sicherheit nicht ganz so eine große Lebensumstellung. Ich bin jedoch trotzdem der festen Überzeugung, dass es den Alltag in vielerlei Hinsicht bereichern kann. Nicht umsonst gibt es das Sprichwort: „Ein Spaziergang am Tag hält den Körper fit und stark”. Okay, das Sprichwort hab ich mir ausgedacht, stimmen tut es aber trotzdem, denn tatsächlich soll spazieren gehen dazu beitragen den Kreislauf wie auch das Immunsystem zu stärken. Zudem werden Stresshormone durch Bewegung schneller abgebaut. Klingt doch alles in allem nach einem super „care package“, was man da vom Spazierengehen serviert bekommt. Meine persönlichen Erfahrungen mit dem täglichen Spaziergang teile ich euch im Folgenden mit.
Ein Spaziergang ist jeden Schritt wert:
Ich habe versucht möglichst viele verschiedene Erfahrungen beim Spazierengehen zu sammeln und bin deshalb möglichst immer zu anderen Uhrzeiten losgegangen und habe auch immer andere Wege eingeschlagen. Einer der Wohl bekanntesten Zeitpunkte, um spazieren zu gehen, ist mit Sicherheit nach dem Essen. Das war tatsächlich früher auch schon immer der häufigste Anlass für mich, um einen Spaziergang zu machen und war auch als der berühmt berüchtigte Verdauungsspaziergang bekannt. Spazieren nach dem Essen ist vorteilhaft, da durch die Bewegung sowohl der Blutzucker im Körper stabilisiert wird, als auch die Verdauung angeregt wird. Auch diesmal bin ich öfters nach dem Essen rausgegangen. Abhängig davon wann man gegessen hat, ist draußen natürlich auch unterschiedlich viel los und man erlebt dahingehend auch jeweils immer andere Sachen. Das Ganze fängt bei den Personen an, die einem über den Weg laufen. Während es mittags öfters ein Rentnerpärchen ist, welches ebenfalls eine Runde durch die Nachbarschaft macht, sind es nachmittags dann schon eher die Kinder, die gerade von der Schule den Rückweg antreten. Abends sind es dann vermehrt die Studis, die geschafft von der Uni nach Hause gehen oder fahren.
Tags und nachts unterwegs:
Das Ganze hängt von der Uhrzeit ab, bei der man rausgeht. Uhrzeit ist auch ein gutes Stichwort, denn, wenn ich es mal zeitlich nicht geschafft habe, nach dem Essen spazieren zu gehen, dann habe ich den täglichen Spaziergang woanders hin verlagert. So war ich unter anderem auch schon früh morgens unterwegs und habe mir noch etwas die Beine vertreten, bevor ich meinen Termin beim Arzt wahrnehmen musste. Die Bewegung hat in jedem Fall geholfen, um schneller wach zu werden. Da ich keinen Kaffee trinke, war der kleine Spaziergang daher ganz passend, denn dadurch bin ich im Wartezimmer beim Arzt nicht direkt wieder eingeschlafen. Ganz früh morgens ist auf den Straßen auch noch nicht so viel los, was den Spaziergang insgesamt natürlich entspannter macht. Ich bin dem Berufsverkehr quasi gerade so noch entgangen, was das Ganze ziemlich stressfrei gemacht hat. Noch ruhiger ist es eigentlich nur nachts gewesen. Auch wenn ich den Nachtspaziergang nur einmal in der ganzen Woche gemacht habe, kann ich mit Sicherheit sagen, dass es der idyllischste unter allen Spaziergängen war. Da nichts draußen los war, war der Spaziergang perfekt, um den Kopf frei zu kriegen und die übrig gebliebenen Alltagssorgen beiseite zu schieben.
Durchnässt und verirrt:
Eine weitere wichtige Erkenntnis, die ich gemacht habe, ist, dass man manchmal doch mehr als nur seine eigenen zwei Beine braucht zum Spazierengehen. Es schadet beispielsweise nicht im Vorhinein mal einen Blick auf den Wetterbericht zu werfen. Ich hätte das wohl auch hin und wieder mal machen sollen. Die Quittung dafür, dass ich es nicht gemacht habe, habe ich dann kassiert, als ich bei einem abendlichen Spaziergang an einem Feldweg auf einmal von einem Regenschauer überrascht wurde. Ohne Regenschirm oder eine Möglichkeit sich irgendwo unterzustellen, entwickelte sich der gemütliche Spaziergang schnell zu einem 200 Meter Sprint zum nächstgelegenen Baum.
Was ich ebenfalls empfehlen kann, ist für alle Fälle immer ein Handy dabei zu haben. Für viele ist das wahrscheinlich sowieso schon selbstverständlich, da das Smartphone zur heutigen Zeit einen Dauersitzplatz in den Händen der meisten Leute hat. Ich habe bei meinen Spaziergängen aber möglichst immer versucht mein Handy zuhause zu lassen, um jegliche Ablenkungen beiseite zu schaffen. Wir hängen tagtäglich sowieso schon lang genug am Handy, da kann es nicht schaden, wenn man es auch einfach mal aktiv weg legt und sich anderen Dingen widmet. Der Grund, warum ich nun trotzdem empfehle gelegentlich ein Smartphone mitzunehmen, ist für den Fall, dass ihr euch verlauft. Wie ja bereits am Anfang angekündigt, hatte ich mir vorgenommen immer neue Wege einzuschlagen und das habe ich nach Möglichkeit auch gemacht. Jedoch kann es dann auch gerne mal vorkommen, dass man in komplett unvertraute Gegenden hineinspaziert. So fand ich mich zum Beispiel an einem sonnigen Nachmittag im Herzen von Greifswalds Industriegebiet wieder, ohne jegliche Idee, wie ich aus diesem wieder rauskommen sollte. Eventuell könnte ich das alles auch einfach auf meinen manchmal nicht existenten Orientierungssinn schieben. Jedenfalls wäre Google Maps mit Sicherheit eine gute Hilfe gewesen zu diesem Zeitpunkt. Man könnte sich natürlich auch im Vorhinein mit einer bestimmten Gegend vertraut machen, indem man sie sich auf diversen Karten oder im Internet schonmal anschaut, bevor man dorthin geht. Jedoch finde ich, dass es dem Spazierengehen etwas den Sinn wegnimmt, wenn man die komplette Route quasi vorher schon plant, da ein Spaziergang davon lebt, dass man komplett befreit und ohne irgendwelche anderen Intentionen rausgeht und die Umgebung genießt. Welchen Weg man genau einschlägt sollte mehr oder weniger instinktiv und auch zufällig ablaufen und weniger intentional oder bezweckt.
Mein Fazit:
Wie ihr vielleicht schon beim Lesen gemerkt habt, habe ich weder Schrittzahlen noch Zeiten genannt im Text. Wäre das hier ein Sportexperiment, dann wäre das mit Sicherheit auch angebracht gewesen, jedoch ist es das nicht. Wie bereits am Anfang gesagt, ist ein Spaziergang lediglich zum Zeitvertreib und zur Entspannung gedacht. Die positiven Nebeneffekte, die ein Spaziergang auf den Körper hat, nimmt man natürlich trotzdem gerne mit. Auch wenn es nur knapp eine Woche war, habe ich trotzdem gespürt, dass die tägliche Bewegung mir extrem gut tut. Für eine Person wie mich, die nicht gerne aktiv laufen oder joggen geht, ist spazieren gehen eine gute Alternative, um zumindest ein bisschen fit zu bleiben. Neben den körperlichen Vorteilen, waren die Spaziergänge auch immer perfekt, um den Kopf frei zu kriegen und etwas Ablenkung vom Alltag zu bekommen. Wenn man sonst nur mit universitären Verpflichtungen zu kämpfen hat, dann tut es zwischendurch auch einfach mal gut, eine Runde spazieren zu gehen, um den Stress etwas zu reduzieren. Mir hat es jedenfalls sehr gut getan, einfach mal für eine gewisse Zeit an nichts denken zu müssen. Zeit ist ein gutes Stichwort, denn es kommt tatsächlich auch gar nicht darauf an, wie lange man spazieren geht. Ob es 15 Minuten, eine halbe Stunde oder zwei Stunden sind, ist komplett egal. Ein guter Spaziergang ist nicht abhängig von der Zeit, die man unterwegs ist, sondern von der eigenen Genugtuung, die man verspürt. Ich hatte sehr viel Spaß mit meinen täglichen Spaziergängen und werde auch weiterhin versuchen mir jeden Tag etwas die Beine zu vertreten. Nur diesmal den Umständen entsprechend ausgestattet mit Regenschirm und Google Maps an meiner Seite, damit ich auf alles vorbereitet bin.
Kennt ihr das, wenn man mal was Neues ausprobieren will, aber am Ende alles beim Alten bleibt? Uns jedenfalls kommt das sehr bekannt vor, deswegen haben wir uns für euch auf einen Selbstoptimierungstrip begeben. In dieser Kolumne stellen wir uns sieben Tage als Testobjekte zur Verfügung. Wir versuchen für euch mit unseren alten Gewohnheiten zu brechen, neue Routinen zu entwickeln und andere Lebensstile auszuprobieren. Ob wir die Challenges meistern oder kläglich scheitern, erfahrt ihr hier.
Wenn das Erkunden aus dem Ruder läuft
Gleich am Anfang muss ich ein Geständnis machen. Dieser Artikel ist ein reines Zufallsprodukt. Als ich Anfang Oktober letzten Jahres mein Studium hier begann, war der Plan erstmal ganz einfach: Die Stadt so schnell wie möglich kennenlernen. Also machte ich mich, nur mit Google Maps und meinen Füßen bewaffnet, auf den Weg. Hier ergibt sich vielleicht schon die erste Frage – warum habe ich nicht das Fahrrad genommen? Die Antwort darauf ist relativ simpel. In meinem Heimatdorf in Niedersachsen ist das Fahrrad fast schon überflüssig. In 5 Minuten war ich beim Supermarkt meines Vertrauens und in knapp drei Minuten bei der Bushaltestelle von der der Schulbus losfuhr. Für alles andere, wie z.B Hobbys, brauchte man sowieso das Auto, da die dafür benötigten Sportstätten in anderen Orten lagen. Ich war es also nicht gewohnt, mit dem Fahrrad zu fahren. Außerdem sollte es, wenn ich mich peinlicherweise trotz Google Maps verirren sollte, nicht gleich für alle ersichtlich sein. Also siegte die Gewohnheit doch über die Verlockung des Fahrrads und die Erkundung Greifswalds begann per pedes.
Und so lernte ich die verschiedenen Orte dieser Stadt kennen: Das Strandbad Eldena und die Klosterruine, den Museumshafen, den Hafen in Wieck und natürlich – am wichtigsten – meinen Campus und die Innenstadt. Ich fand mich in Greifswald relativ schnell zurecht. Und zwar weiterhin zu Fuß, denn zur Gewohnheit hatte sich ein hohes Maß an Unvermögen die Strecken einzuschätzen gesellt. Lange war mir gar nicht bewusst, wie weit die Distanzen wirklich waren, weil ich nie darauf geachtet habe. Ich wusste nur, wie viel Zeit ich für die Strecken brauchte und Zeit war damals kein Problem. Außerdem konnte ich so auch gleichzeitig verhindern, dass ich verschlafe. So musste ich meist mindestens 45 Minuten eher aufstehen als eigentlich notwendig, da ich die Zeit für den Fußweg einkalkulieren musste, wenn ich meinen Wecker stellte.
Von einem Boxkampf und wilden Fahrradfahrer*innen
Auf meinen täglichen Wegen habe ich natürlich auch allerlei erlebt. Es gab lustige, verstörende und auch komische Ereignisse. Zum Beispiel habe ich gelernt, dass Möwen stärker sind als Krähen. Woher ich das weiß? Ich habe sie morgens an einem Mittwoch um eine Brotkrume einen flügelfesten Streit austragen sehen. Und es ging wirklich hoch her. Einem kurzen Staredown folgten ein paar wirklich harte Haken der Möwe. Dann gab es die Antwort der Krähe. Bis dieser Streit durch ein Kind aufgelöst wurde. Die Möwe ging aber als Sieger hervor. Ein Kampf, der an den „Thrilla in Manila“ erinnerte.
Ebenfalls in Erinnerung blieben mir die ein oder anderen wilden Fahrradfahrer*innen. Einige fahren, als stünde ihr Leben auf dem Spiel, andere als wären sie Max Verstappen. Sei es enges Überholen, fehlendes Klingeln beim Überholen oder Fahrer*innen, die auf dem Fußweg eine Geschwindigkeit an den Tag legen, die nicht nur unangebracht ist, sondern so wirkt als seien sie auf der Flucht. Dennoch ist mir hierbei wichtig zu sagen, dass es natürlich nur Einzelfälle sind.
Musik als „bester Freund“
Ein wichtiger Begleiter waren für mich bei jedem “Spaziergang“ meine Kopfhörer. Hierbei lernte ich über mich selbst, dass ich kein wirklicher Podcastmensch bin. Dafür wurde dann einmal beinahe das komplette Spektrum der Musik gehört. (Außer Schlager, aber welcher nüchterne Mensch hört die schon?) Von Klassik über R’n’B bis HipHop und den 70s/ 80s, alles war dabei. Und alles war angenehm zu hören, was dann dazu führte, dass ich das eine oder andere Mal merkte, wie ich an einer Ampel stand und mindestens mitsummte. Und auch wenn man sich einmal an einem Genre satt gehört haben sollte, bieten die gängigen Streamingplattformen immer eine passende Alternative, damit der Gang zur Uni kein langweiliger wird.
Kopfschütteln und ein Schuhproblem
Die Reaktionen meiner Mitmenschen waren dennoch meist von Unverständnis geprägt. Sätze, wie „Besitzt du kein Fahrrad?“ oder “ Ist das nicht anstrengend?“ waren nicht ungewöhnlich. Besonders im Kopf geblieben ist mir eine Begegnung mit einer Rentnerin am Sonntag der Ersti-Woche. Ich war auf dem Rückweg vom Strandbad Eldena, so weit so normal. Sie kam mir entgegen und begann mit dem Kopf zu schütteln, als sie sah, was ich ich in der Hand hielt – eine Getränkedose. Dabei handelte es sich allerdings nicht um eine Bier-, sondern eine Spezi-Dose. Dies war aber nicht sofort ersichtlich. Unter diesem Umstand und dem Fakt des gerade gegen Mittag war, kann ich sogar verstehen, warum sie mir eine Mischung aus Enttäuschung und Verachtung entgegenbrachte. Wäre ich mit dem Fahrrad unterwegs gewesen, wäre mir diese Begegnung vielleicht nicht so unangenehm gewesen.
Ebenfalls besonders in Erinnerung bleiben wird mir mein Schuhproblem. Nun könnte man meinen, dass sie den weiten Fußwegen zum Opfer gefallen seien, aber dem ist nicht so: Stattdessen habe ich feststellen müssen, dass ich ein Paar Schuhe besitze, dessen Sohlen bei Nässe zu quietschen beginnen. Eigentlich ist das kein Problem, bemerkt habe ich das Quietschen aber leider erst, als ich die Bibliothek gegangen bin und keine Musik hörte. Nur zum Verständnis, wir reden hier nicht von einem leisen, sondern von einem – Die-anderen-drehen-sich-nach-mir-um-Quietschen. In der Retrospektive ist mir das schon ein wenig unangenehm. Also wurden für die Wege bei feuchtem Untergrund die Schuhe gewechselt.
Fazit
Abschließend kann ich über diese 60 Tage sagen, dass ich hier keine klare Empfehlung aussprechen kann, mal eine Weile den Alltag zu Fuß zu bestreiten. Es erfordert schließlich doch schon einiges, was man an seinem Lebensstil anpassen muss. Je nach Wohnort kann es schon aus zeitlicher Sicht aufwendig sein. Ich für meinen Teil werde jedoch nun selbst auch auf das Fahrrad umsteigen. Zum einen, um Zeit zu sparen. Schließlich bin ich dann schneller von A nach B als zu Fuß und kann morgens länger schlafen. Zum anderen möchte ich jetzt auch die andere Seite, des typischen Weges zur Uni kennenlernen. Einen Tipp kann ich aber allen Interessierten mitgeben: Habt immer einen Regenschirm griffbereit! Es gibt nichts Schlimmeres, als während eines Fußwegs nicht gegen den Regen gewappnet zu sein.
Ein Kribbeln im Bauch, ein unverhoffter Glücksmoment, ein wohlig warmes Gefühl. Dafür braucht es nicht immer ein großes Ereignis, vielmehr liegen diese magischen Momente oft verdeckt unter einem Mantel der Gewohnheit und der Selbstverständlichkeit. „Eine Liebeserklärung“ ist unsere neue Kolumne, in der es darum gehen soll, die vermeintlich einfachsten Dinge dieser Welt wertzuschätzen. Mit ihr bauen wir euch eine zynismusfreie Nische, in die sich hineingekuschelt werden kann, wenn der Alltag einem mal wieder die Daunendecke der guten Laune zu klauen versucht. In diesem Artikel geht es um den wohltuenden Spaziergang.
Zumindest für mich ist er unter allen Gängen der Beste. Da mag es noch so tolle Gänge geben wie den Nachtisch, den Eingang zur Bücherei oder den Ausgang aus dem überfüllten Geschäft, das Wichtigste ist und bleibt der erste Gang, den es schon am Morgen gibt: Der Spaziergang.
Jetzt werdet ihr wahrscheinlich die Augen verdrehen über meinen Versuch witzig zu sein oder darüber, was ich doch für eine Langweilerin bin. Vielleicht auch über beides. Doch ich brauche einfach meinen täglichen Spaziergang, um richtig zu funktionieren. Daher hier eine kleine Liebeserklärung ans Spazierengehen.
Lieber Spaziergang, nun kennen wir einander schon so lange, dass ich dir einfach einmal sagen wollte, wie viel du mir bedeutest. Ich kann mir ein Leben ohne dich gar nicht mehr vorstellen. Du gibst mir Kraft und Ruhe, oft sogar mehrmals täglich. Du erträgst es klaglos, wenn ich wieder einmal Selbstgespräche führe oder noch so falsch vor mich hinsinge. Du lässt mich immer wieder auf Leute treffen, nimmst es aber auch hin, wenn ich sie nicht weiter beachte. Nicht einmal, wenn ich am Wochenende lieber mit deinen großen Geschwistern Ausflug und Wanderung unterwegs bin, beschwerst du dich. Kurzum: Du bist einfach großartig. Und ich bin wirklich froh, dass du dich mit mir triffst, statt wie früher nur die Spa zu zieren.
Ich entschuldige mich für den letzten Satz, aber ich habe mein eigenes Gesäusel kaum mehr ausgehalten. Damit sollte ich meine Liebe zu Spaziergängen genug zum Ausdruck gebracht haben, um dem Thema dieser Kolumne gerecht zu werden und wir können von Gefühlen zu echtem Inhalt übergehen.
Was ist das eigenlich genau, ein Spaziergang? Laut Duden handelt es sich um einen „Gang zur Erholung, zum Vergnügen“, als Synonym wird Wanderung genannt. Das Gegenteil dazu dürften dann wohl die Montagsspaziergänge gewesen sein, Gänge zum Schaffen von Stress und Ärger. Schon witzig, dass diese Falschbenennung zur Folge hatte, dass man sich montags kaum mehr traute, echte Spaziergänge als solche zu bezeichnen. Was genau wir als solch „echte“ Spaziergänge betrachten, ist aber doch sehr subjektiv und weicht oft von der Definition im Duden ab. Die Übergänge mögen fließend sein, doch die meisten Menschen würden wohl darin übereinstimmen, dass Spaziergänge von Wanderungen abzugrenzen sind. Wanderungen sind allgemein länger und haben oft ein Ziel, während Spaziergänge mehr ziellos sind. Oft wird auch das Tempo mit einbezogen, das bei Spaziergängen deutlich langsamer sein kann. Aber wo die Grenzen zu ziehen sind, liegt hier quasi im Fuße des Begehers. Mir wird beispielsweise immer vorgeworfen, ich würde nicht spazieren gehen, sondern spazierrennen. Ich rege mich dafür gerne über das Spazierschleichen anderer Leute auf. Vielleicht sollte ich in Zukunft ankündigen, wandern zu gehen, wenn ich mit jemandem im gleichen Tempo spazieren will? Gilt nur zu hoffen, dass die Leute dann nicht den Duden gelesen haben. Sonst bleibt wohl nichts, als einen (Spazier-)Gang runter zu schalten.
Habt ihr gemerkt, wie schön es draußen geworden ist? Die Vögel zwitschern, überall grünt und blüht es. Die Sonne glitzert durch die raschelnden Bäume hindurch, die Leute, die draußen unterwegs sind, lächeln gut gelaunt – soweit man es unter ihrer Maske erahnen kann. Es riecht nach frischer Luft und am Ryck so schön nach Wasser. Man braucht oft nur noch ein leichtes Jäckchen, wenn einem die typische Greifswalder Brise entgegenweht.
Doch viele von uns verpassen gerade einen schönen Frühling. Neben dem wöchentlichen Gang zum Supermarkt gibt es leider zurzeit nur wenige triftige Gründe, das Haus zu verlassen. Für einige Leute ist spazieren gehen uncool, „das machen doch nur alte Leute“, oder sie haben vergessen, wie schön das sein kann. Man bekommt den Kopf frei, kann ungestört nachdenken und seinem Körper ein bisschen Bewegung gönnen. Falls euch auch das nicht Grund genug ist, haben wir ein paar neue Anregungen. Wir haben uns zehn Dinge überlegt, wie euer nächster Spaziergang richtig hipp und altersgerecht gestaltet werden kann und ihr endlich wieder einen Grund habt, die Bude zu verlassen.
Nicht alleine gehen – aber mit Abstand!
Spazierengehen macht natürlich gleich viel mehr Spaß, wenn man nicht alleine ist. Bei ausreichend Abstand ist es auch in der Corona-Krise kein Problem, mit Freund*innen unterwegs zu sein. Wenn ihr euch so lange nicht gesehen habt, gibt es bestimmt viel zu erzählen und die Zeit vergeht wie im Flug.
Falls der Gesprächsstoff dann doch mal ausgeht, kann man beim nächsten Spaziergang einfach Spiele spielen. Wem „Ich sehe was, was du nicht siehst“ und „Tiere raten“ zu langweilig ist, empfehle ich zum Beispiel „Black Stories“. Bei dem Spiel muss man spannende Geschichten anhand von Ja- und Nein-Fragen entschlüsseln.
Gassi gehen
Eine Garantie dafür, dass euer Spaziergang nicht langweilig wird, ist eine tierische Begleitung. Vielleicht habt ihr Bekannte, die euch ihren Hund mal für ein Stündchen überlassen wollen – die meisten sind für die Entlastung sogar dankbar. Alternativ könnt ihr Zettel aufhängen oder auf Plattformen im Internet eure Hilfe anbieten. Auch das Greifswalder Tierheim freut sich über Unterstützung, zurzeit sind dort aber leider keine Gassi-Runden möglich.
Spaziergang mit Hund vom Tierheim Greifswald
Müll sammeln
Eine Idee, eurem Spaziergang einen Sinn zu geben, ist Müll sammeln! Leider gibt es auch in Greifswald und Umgebung einige Orte, die bei genauerem Hinsehen ziemlich schmutzig sind. Also packt doch einfach mal Handschuhe und Müllbeutel ein und tut mit eurem Spaziergang nicht nur euch und sondern auch eurer Umwelt einen Gefallen.
Mundraub
Vor kurzem haben wir euch die Seite mundraub.org vorgestellt. Die interaktive Karte zeigt euch, wo ihr in eurer Nähe an öffentlichen Orten ganz kostenlos Kräuter und Obst pflücken könnt. Hier findet ihr den Artikel mit weiteren Informationen.
Telefonieren
Eure Freund*innen sind nicht in Greifswald und Oma und Opa könnt ihr nicht besuchen? Dann nutzt den nächsten Ausflug an der frischen Luft doch, um mal wieder bei euren Liebsten durchzuklingeln.
Musik, Podcast oder Hörspiel hören
Wenn die eigenen Gedanken langweilig und nicht mehr unterhaltsam genug sind, dann hört doch beim Spazierengehen Musik. Bei musikalischer Untermalung scheint jeder Weg plötzlich wie ein anderer Ort. Oder ihr greift zu Podcasts oder Hörbüchern. Bei Spotify gibt es zum Beispiel unzählige kostenlose Hörbücher.
Neue Orte ausprobieren
Klar wird Spazierengehen langweilig, wenn man jedes Mal nur „einmal um den Block“ geht. Schnappt euch doch mal euer Fahrrad. Nur 20 Minuten entfernt könnt ihr ganz neue Ecken entdecken. Zum Beispiel ist der Elisenhain nicht weit weg und auf jeden Fall einen Spaziergang wert!
Nicht weit weg von Greifswald-City – Der Elisenhain
Aus dem Spaziergang ein Abenteuer machen
Ihr könnt eure Runde auch aufregender gestalten, indem ihr zum Beispiel die App Actionbound verwendet. Sie bietet Stadtralleys an – auch in Greifswald. Zum Beispiel könnt ihr euch über die App auf die Spuren der jüdischen Geschichte in Greifswald machen. Mehr dazu findet ihr hier. Eine weitere Idee wäre wieder dem Hype Pokemon Go nachzugehen und ein paar seltene Pokemons zu fangen.
Flora und Fauna identifizieren
Ja, auch das ist eine Möglichkeit, den Spaziergang aufzupeppen. Ihr könnt zum Beispiel darauf achten, welche Vogelstimmen ihr hört und versuchen, die Tiere zuzuordnen. Eine andere Möglichkeit ist, Blumen und Blätter zu identifizieren und vielleicht sogar zu sammeln. Das letzte Mal ein Herbarium erstellt habe ich in der Grundschule. Aber warum nicht auch im Erwachsenenalter die Natur ein bisschen besser kennenlernen?
Fotos machen
Ich würde behaupten, jede*r von uns besitzt ein Gerät, das Fotos machen kann. Also nutzt das doch und schaut eure Umgebung durch die Linse an. Vielleicht fallen euch ja Details auf, die ihr noch nie vorher bemerkt habt und ihr habt Bilder, über die ihr euch in ein paar Jahren bestimmt freut. Die moritz.medien bieten im Juni übrigens Online-Fotoworkshops für jedermann an. Folgt uns auf unseren Social Media Kanälen, wenn ihr weitere Infos wollt!
Hier könnt ihr das aktuelle Video von moritz.tv sehen.
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