Mimimi-Mittwoch: Lebensgefahr auf dem Fahrrad

Mimimi-Mittwoch: Lebensgefahr auf dem Fahrrad

Wut, Hass, Zorn: All diese Gefühle verbindet man so manches Mal mit seinem Fahrrad. Genau für solche Momente ist diese Kolumne da. Wann immer wir uns mal gepflegt über Fahrräder auslassen oder uns auch generell mal der Sattel drückt, lest ihr das hier.

Beim webmoritz. wurde sich schon oft mit dem guten alten Rad beschäftigt: z.B. beim Mimimi-Mittwoch über Radfahrende oder bei der aktuell erscheinenden Reihe „Gutes Rad ist teuer„.

Fahrrad während der Verkehrshauptzeit zu fahren bedeutet in der Großstadt: Wenn du nicht aufpasst, zwei Helme, vier Knieschützer (pro Knie) und drei Armschützer (pro Arm) trägst und dazu ganz viel Glück hast, kommst du (eventuell) unverletzt zuhause an. Und mit dieser Einstellung bin ich aufgewachsen. Das wurde sogar in den abendlichen Lokal-Nachrichten propagandiert, als von dem neusten Rad-Unfall berichtet wurde. Ergo: Es ist eine große Abneigung (vielleicht sogar eine gewisse Angst) gegenüber dem Fahrradfahren entstanden. Aber hier geht es nicht um das Fahren. Hier geht es um meine Abneigung zur bloßen Existenz des Gerätes.

„Guter Rad ist teuer. – Eddy Merckx, Radsportler

Während meiner Schulzeit konnte ich den Bus nehmen oder zur Not auch (45 Minuten) laufen. Das stellte im Winter kein Hindernis dar, weil all meine Freund*innen den Bus genommen haben, doch dann kam der Sommer: „Nimm doch das Fahrrad! Das geht viel schneller.“ Verhärmt schüttelte ich den Kopf. Es wurde weiterhin versucht, mich zu überzeugen. Doch dann kam der Schock für meine Freund*innen „Wie, du hast kein Fahrrad?!“ Sie taten so, als ob ein Fahrrad in der Großstadt überlebensnotwendig wäre. Zu ihrer Verteidigung gebe ich zu: Wir wohnen schon eher am Rand der Stadt. Viele meiner Freund*innen lebten in eher dörflichen Verhältnissen und für sie ist das Fahrrad manchmal schon notwendig gewesen. Für mich allerdings nicht! Genauso wenig wie ein Auto. Also waren meinen liebsten Kumpan*innen der Bus, die U-Bahn und die S-Bahn, um mich von A nach B zu kutschieren. Die Monatsfahrkarte war mein ständiger Begleiter – bis ich sie (über einen kurzen Zeitraum) verloren habe. Da fühlte ich mich gleich ganz nackig und hilflos. „Warum leihst du dir nicht das Fahrrad von deiner Familie aus? Dann kannst du damit zur Schule fahren, solange du die Fahrkarten extra für den Bus kaufen musst.“ – Meine Antwort: ,,Vergiss es! Niemals! Fahrrad = Tod“, schrie ich auf.

„Keine Gnade für die Wade. – Louis J. Halle, Naturforscher

Manche von euch mögen jetzt denken: „Vielleicht kann sie kein Fahrrad fahren oder hatte einen schlimmen Unfall.“ Natürlich kann ich Fahrrad fahren. Ich habe es behütet auf einem roten kleinen Fahrrad im Garten meiner Großeltern gelernt. Und als ich dann auch tatsächlich mal fuhr, schrie ich: „Ich fliege!“ Und das tat ich. Voll auf die Fresse. Also nicht am gleichen Tag. Irgendwann später. Drei Jahre später oder so, als ich mit meinem Opa unterwegs gewesen bin. Er konnte mich gerade so vor dem Fliegen in den Himmel bewahren. Ja, ich gebe es zu. Ich übertreibe gerade. So schlimm war es gar nicht. Aber es fühlte sich so an. Ich fasse zusammen, die erste Zeit in meinem Leben bin ich ganz behütet bei meinen Großeltern mit dem Rad gefahren oder in irgendeinen Park, in der Nähe meines Wohnortes. Damals war alles gut. Keine bösen Autos, keine bösen Straßen. Ergo kein Tod. Und dann kam die Fahrschule. Also die Rad-Fahr-Schule in einem Verkehrsgarten. Ich habe den Radführerschein mit 0 Fehlern bestanden. Meine großartige Leistung wurde mit einem Lolli und einem Lineal mit Verkehrszeichen belohnt. Ein Träumchen. Das Problem an einem Verkehrsgarten: Es ist keine richtige Straße. Dort kann mich keine*r umfahren, es sei denn Luise (die auch voll doof war) fährt mich mit ihrem roten Kinderroller an. Es gibt keine hupenden Autos oder einen LKW, zu dem ich im toten Winkel stehe.

„Wenn deine Beine dich anflehen, aufzuhören und deine Lunge zu explodieren droht, dann geht es erst richtig los. Das ist der Ozean der Schmerzen. Gewinner gehen richtig in ihm auf.“ – Chris McCormack

Wie man schlussfolgern kann, wurde ich nicht gut auf das Fahrradfahren in der freien Großstadt-Wildnis vorbereitet. Und dann zog ich nach Norditalien, wo sowohl das Fahrrad als auch das Auto typisch „italienisch“ gefahren wurden. Trotz (oder gerade wegen) eines gestellten Schrott-Fahrrads von der Arbeitsstelle bin ich schön zur Arbeit gelaufen oder habe den Bus genommen. Dennoch ließ ich mich zu einer Rad-“Tour“ mit einer Freundin hinreißen. Die „Tour“ ging bis zu ihrer Wohnung. Dann ist meine Fahrrad-Kette rausgesprungen. Unsere Tour haben wir dann mit der Bahn fortgesetzt.

Das Blatt schien sich zu wenden, als mich Verwandte in Italien besuchen gekommen sind – mit ihren Mountainbike-Rädern für eine Radtour. In voller Montur (inklusive einer wunderschönen, gepolsterten Fahrradhose) konnte ich das Fahrradfahren genießen. Ich mochte es sogar. Das Geniale: Der perfekte Radweg. Es ging Kilometer weit nur geradeaus, inmitten von Obstbaum-Plantagen. Hatte ich etwa unverhofft meine Liebe zum Rad entdeckt?

„Fahre, fahre, fahre.“ – Fausto Coppi, auf die Frage, wie man sich verbessern kann

Ich zog wieder um, in die Hansestadt Greifswald. Alles ist zu Fuß oder mit dem Rad zu erreichen. Sehr motiviert von meiner letzten positiven Rad-Erfahrung, war eine meiner ersten Handlungen vor Ort, ein Fahrrad von bekannten Kleinanzeigen zu kaufen. Es ist ein schönes Fahrrad. Der große Drahtesel schimmert in einem Anthrazitblau und Aschgrau. Vorne ist ein ausladender Korb drapiert, der viel Stauraum bietet. Aber ich hatte Angst damit zu fahren, weil ich mich in Greifswald noch nicht so gut auskannte. Doch ich traute mich, kleine Strecken zu fahren. Doch dann, es war zu schön, um wahr zu sein: Meine Lampe funktionierte nicht mehr und das Rad fuhr sich immer schwerer. Viel, viel, viel schwerer. Ich dachte mir wirklich, dass wir vielleicht eine Bindung aufgebaut hätten, aber da habe ich mich wohl getäuscht. Und jetzt? Jetzt nimmt das Rad zu viel Platz auf meiner Mini-Terrasse ein. Es wurde zugeschneit, jetzt ist der Schnee wieder geschmolzen. Und es steht einfach so da. Und rostet so vor sich hin.

Bis mich die Frühlingsgefühle packten und ich mir dachte, dass ich mal eine Fahrradwerkstatt besuche, um zu schauen, was mit meinem Fahrrad denn los war. Wie bereits vermutet, war das Ventil kaputt. Doktor Fahrrad konnte das Problem schnell lösen und verlangte dafür keine hohe Entlohnung. Voller Vorfreude, dass mein Fahrrad wieder „normal“ fährt, stieg ich auf, trat in die Pedale, wurde dann jedoch umso herber enttäuscht. Es fuhr genau so scheiße wie vorher. Ich entschuldige mich für die Wortwahl, aber mittlerweile würde ich das Teil am liebsten einfach irgendwo stehen lassen und nie wieder sehen. ES REICHT! Und jetzt stellt es, zwar sichtbar, aber wieder nur ein zu großes Dekoelement auf meiner Terrasse dar. Das ist genau die Zweckentfremdung, die dieses Gerät eindeutig verdient hat.

Beitragsbilder: Florian Schmetz und Patrick Pahlke auf unsplash

Mimimi-Mittwoch: Sprichwörter

Mimimi-Mittwoch: Sprichwörter

Wut, Hass, Zorn: All diese Gefühle verbindet man so manches Mal mit seinen Mitmenschen. Genau für solche Momente ist diese Kolumne da. Wann immer wir uns mal gepflegt über Leute auslassen oder uns auch generell mal der Schuh drückt, lest ihr das hier. 

Sprichwörter: Da wird doch der Hund in der Pfanne verrückt. Oder nicht? Ich zumindest kann Sprichwörter nicht mehr so richtig hören und weiß auch in den meisten Fällen nicht wirklich, was damit gemeint ist. Wer hobelt hier, damit Späne fallen oder wer ist dieses Hänschen und was hat er mit Hans zu tun, der nicht mehr lernt? Und wenn alle Wege nach Rom führen, was ist dann, wenn ich gar nicht nach Rom möchte? So richtig kann mir das kein Sprichwort von Anfang an erklären. Warum sollte man diese dann noch verwenden, wenn sie so veraltet sind? Zumindest müssen die Verwendungen und die Bedeutungen von so vielen so tollen Sprichwörtern noch einmal überdacht werden, damit die Jugend nicht immer sagen muss, dass etwas cringe ist, sondern mit Stolz verkünden kann, dass jemand ordentlich ins Fettnäpfchen getreten ist.  

Aber wer schießt hier wirklich den Vogel ab? Genau, die Sprichwörter selbst. Diese sind eigentlich darauf ausgelegt kurz und prägnant zu sein und eine lehrreiche Botschaft zu enthalten. Aber was ist: lieber der Spatz auf dem Dach als die Taube auf dem Dach… oder doch: lieber die Taube in der Hand als den Spatz in der anderen Hand… So richtig weiß es keiner und was noch viel ausschlaggebender ist: Dass niemand weiß, was überhaupt damit gemeint ist. Das kommt von den völlig veralteten Bedeutungen aus längst vergangenen und in Bedeutungslosigkeit liegenden Zeiten. Die tolle Geschichte mit dem Spatzen und der Taube stammt nämlich aus einer Zeit, in der noch beide feste Bestandteile der menschlichen Speisekarte waren. Das bedeutet, dass das Sprichwort den gleichen barbarischen Ursprung hat, wie das Essen von kleinen niedlichen Spatzen.

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Viele Sprichwörter sind einfach nicht mehr zeitgemäß, auch wenn manche noch der Verwendung würdig sind. Hier hilft nur eine Modernisierung alter Sinnessprüche, damit auch junge Leute abgeholt werden. Denn eigentlich sollen Sprichwörter ja lehrreich sein. Aber wie können sie das erreichen, wenn sie keiner mehr versteht?

Was sind also Elemente und Formulierungen, die Sprichwörter erfolgreich machen? Zum einen müssen sie syntaktisch einprägsam sein. Daher empfehlen sich immer kleine Reime oder Vergleiche. Zum anderen müssen sie aus Begriffen bestehen, denen eine symbolische Bedeutung zugewiesen werden kann. Besonders Tiere eignen sich dazu mit ihren Eigenschaften, die auch in Fabeln verwendet werden. Es stellt sich nur die Frage: Welches sind moderne Tiere, die noch in Jugendzimmern auf großen Plakaten an den Wänden hängen? Das kann ganz einfach an der Wahl der Tiere des Jahres 2021 nachvollzogen werden. So sind der Fischotter, als Wildtier des Jahres, und die Zauneidechse, als Reptil des Jahres, die heutige Zeit in tierischer Person. „Du krasse Zauneidechse“ ist doch nicht ohne Grund schon längere Zeit das Kompliment auf den Schulhöfen des Landes. Es sind neben diesen extrem modernen Tieren auch Trends auszumachen, die für die heutige Zeit sprechen. Digitalisierung und alles rund um die Welt der sozialen Medien. Auch Fashion, Lifestyle und Food sowie Musik sind geeignete Themen. Immer neue Erfindungen von Kaffeegetränken, Foodtrends und Hip-Hop sind das, was interessant ist. Mit diesen hippen Themen sind alte Sprichwörter umzuformulieren oder von Grund auf zu erneuern.

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Daher sind hier nun Sprichwörter, deren Bedeutung sehr lobenswert ist, aber die sprachlich jeden Bezug zur Realität verloren haben – sowie ihre neuen Versionen, die ab sofort zu verwenden sind.

Altes SprichwortBedeutungNeue Sprichwörter
Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach.Man sollte zufrieden sein mit dem, was man hat.Lieber eine normale Eidechse in der Sonne als eine Zauneidechse im Schatten.
Lieber Latte Macchiato im Mehrwegbecher als Nicecream in einem Studierendeneiscafé in Kreuzberg.
Das geht auf keine Kuhhaut.Etwas ist unerträglich.Das geht in keinen Chai Latte.
Das macht sogar den Fischotter traurig.
Die Katze lässt das Mausen nicht.Schlechte Gewohnheiten sind tief verankert.Apache 207 lässt das Rollerfahren nicht.
Studierende lassen das Bowlmachen nicht.
Jeder ist seines Glückes Schmied.Jede*r ist verantwortlich für sein*ihr eigenes Glück.Jede*r ist der TikTok-Dance seines*ihres eigenen Glückes.
Selfies macht dir kein*e andere*r.

Vergleichbar sollten auch andere veraltete Sprichwörter auf den neusten Stand gebracht werden. Gerne könnt ihr auch eure eigenen modernisierten Sinnessprüche verfassen. Dies ist zu verfolgen, damit das Imageproblem von Sprichwörtern beseitigt werden kann – denn eigentlich sind sie nicht so schlecht. Doch in der aktuellen Ausführung ist es mehr peinlich als lehrreich sie zu verwenden. Denn Sprichwörter machen sogar den Fischotter traurig. Und daher hoffe ich, dass so wie Apache 207 das Rollerfahren lassen soll, auch die Verwendung von altertümlichen Sprichwörtern abgeschafft wird.

Beitragsbild: CostyPhotos auf Pixabay.com

Mimimi-Mittwoch: Reisen während Corona

Mimimi-Mittwoch: Reisen während Corona

Wut, Hass, Zorn: all diese Gefühle verbindet man so manches Mal mit seinen Mitmenschen. Genau für solche Momente ist diese Kolumne da. Wann immer wir uns mal gepflegt über Leute auslassen, lest ihr das hier.

Das Jahr 2020 steht ja unter keinem guten Stern, wenn man über das Reisen spricht. Aufgrund des Coronavirus wurde die Freizügigkeit am Anfang des Jahres auf ein Minimum reduziert, einige von euch erinnern sich vielleicht noch daran. Im Sommer, als dann die ersten Hygienekonzepte ausgearbeitet waren, stand eine Reise auf meinem Plan. Erst in die Heimat und dann mit Begleitung noch weiter nach Heidelberg. Entsprechend nervös war ich vor meiner ersten Reise mit den neuen Reisebestimmungen der Krise. Bin ja so schon kein Reisefreund und dann auch noch das.

Es geht gut los: Mein Plan, wie immer so früh wie möglich zu fahren, wird über den Haufen geworfen, als ich sehe, dass es nur noch genau eine Verbindung gibt. Abends. Um 17:40 Uhr. Danke dafür, ganz toll. In Berlin um 20 Uhr noch eine halbe Stunde mit den Öffis zu fahren ist natürlich genau das, was man sich in den Coronazeiten wünscht.
„Naja“, denke ich mir, „Maske auf, ab in den Bus.“ Ein bisschen die Natur von der Autobahn aus beobachten und ein Nickerchen machen, bevor ich mich in Berlin mit den öffentlichen Verkehrsmitteln rumschlage. Der Bus des knallgrünen Unternehmens ist natürlich perfekt auf die Situation angepasst und voll belegt.
Nee, genau das ist ja einer der Ratschläge der Experten gewesen. Da freu‘ ich mich gleich noch mehr auf die Fahrt! Normalerweise ist es schon unangenehm bei den Mitfahrenden auf dem Schoß zu sitzen, aber mit dem Gedanken an das Virus wird das alles ja viel entspannter. Gerade ausverkaufte Busse verringern nämlich die Gefahr der Ansteckung, das wissen die meisten gar nicht! Ich rieche hier eine große Verschwörung. Aber damit sollte ich ja jetzt alles Negative aufgezählt haben. Ha! Ich naiver Träumer. Die Durchsage vom Band, die ich noch häufiger hören werde, macht die Mitfahrenden darauf aufmerksam, dass es ja keine allgemeinverbindliche Maskenpflicht an Bord gebe. Obwohl der Großteil die Masken trotzdem aufbehält sehe ich immer noch einige Nasen. Also wortwörtlich.

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Endlich in Berlin angekommen, habe ich Erstaunliches zu berichten: Ich lebe noch! Wie das geht? Ich weiß es auch nicht! Eigentlich sollte ich ja bereits erstickt sein, so lange wie ich die Maske getragen habe. Komisch, ging also doch. „AbEr DaS GaNzE ScHwItZeN MuSs dOcH sChLiMm sEiN.“ Nee, war’s nicht! Ich jogge ja auch nicht im Bus sondern sitze ruhig auf meinem Platz. Wie kommen die Leute immer auf sowas?

Am Abend dann noch eine tolle Nachricht für die Weiterfahrt: Die Bahnfahrt wurde storniert und zu einer 9:40 h langen Busfahrt umgebucht. Da bin ich vor lauter Freude doch glatt erstmal ganz aus dem Häuschen! Zum Glück betrifft das nämlich sowohl Hinfahrt als auch Heimweg. Ganz toll². Wenigstens finden die Fahrten um die Mittagszeit und an Tagen mit Höchsttemperaturen von 37 °C statt. Da wird der volle Bus noch mehr zu einem Erlebnisort für alle Sinne. Auch wenn man das wieder nicht glauben wird: Es ließ sich trotz Maske (!!elf!) aushalten. Die populärwissenschaftlichen Vermutungen konnten wir also nicht bestätigen.

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Nun war ich zum Glück nicht damit gestraft, in andere Länder fahren zu müssen. Es gibt wirklich Länder ohne Maskenpflicht in Läden. Sterben ist ja nur was für die Schwachen, nicht? Noch schöner sind dann nur noch die Corona-Tests, die häufig entweder eine Stunde Wartezeit verlangen oder bei denen am Ende das System dahinter nicht funktioniert und man in Ungewissheit den Heimweg antreten darf. Und dann sind da ja noch die ganzen Mitreisenden. „Die, deren Nase gesehen werden muss“, sind für mich fast die Nervigsten. Das sind doch bestimmt auch Leute, die auf dem Klo zwar die Hose runter ziehen, aber nicht den Deckel öffnen. Glauben die wirklich, dass das reicht? Oder haben sie Angst zu ersticken, wenn sie die Maske ganz aufsetzen? Dann habe ich jetzt mal einen Geheimtipp: Solange die Maske keine Plastiktüte ist, wird das nicht passieren! Und einige von euch sehen mit Maske vermutlich sogar besser aus als ohne.

Vielleicht enden wir heute etwas versöhnlicher. Um auf den vorhergehenden Mimimi-Artikel anzuspielen: Es war noch nie einfacher, rücksichtsvoll zu sein! Vielleicht sollten wir uns ins Gedächtnis rufen, dass wir die Maske nicht nur für uns, sondern in erster Linie für die anderen tragen. Diese Form von Rücksicht tut nicht weh, das bisschen Stoff macht keinen kaputt. Doch es gibt aktuell eine größere Chance, dass IHR Menschen kaputt macht und ihnen wehtut, wenn ihr die Maske nicht tragt. Deswegen tragt sie doch einfach. Denn damit können wir alle dafür sorgen, dass wir bald wieder ordentlich zusammen feiern können.

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Beitragsbild: Ashley Gerlach
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Mimimi-Mittwoch: Article 29 Human Rights – Everyone has duties to the community

Mimimi-Mittwoch: Article 29 Human Rights – Everyone has duties to the community

Wut, Hass, Zorn: all diese Gefühle verbindet man so manches Mal mit seinen Mitmenschen. Genau für solche Momente ist diese Kolumne da. Wann immer wir uns mal gepflegt über Leute auslassen, lest ihr das hier.

die Autorin dieses Beitrages ist Krankenpflegerin
im Universitätsklinikum Greifswald

Wie wissenschaftlich erwiesen ist, wird das SARS CoV-2, das die Erkrankung COVID-19 auslöst, beim Sprechen, Husten und Niesen über die Atemluft verbreitet. Ein korrekt getragener Mund-Nasen-Schutz bietet dabei eine mechanische Barriere. Die Betonung liegt hier auf korrekt und nicht auf mit herausguckender Nase.

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Diese Erkenntnis, dass ein MNS vor Tröpfcheninfektionen schützt, ist nicht neu. Deshalb trägt ein*e Operateur*in, eine OP Schwester oder ein Krankenpfleger schon seit vielen Jahren einen medizinischen MNS. Und auch in vielen Ländern, überwiegend im asiatischen Raum, trug man schon vor Corona MNS als eine Art Wertschätzung und Schutz den Nächsten gegenüber. Und sollten wir, ich spreche hier als Mutter, diese Wertschätzung nicht auch unseren Kindern vermitteln?

Deshalb kann ich diese ständigen Debatten darüber nicht mehr hören. Als dann vor Kurzem ein Beitrag über die Zumutbarkeit des MNS für Verkäufer*innen im Radio lief, hat mich das sehr wütend gemacht. Eine Reporterin sagte, man könne es keinem Menschen zumuten, damit zu arbeiten. Da habe ich mich gefragt, zu welcher Spezies ich dann wohl gehören muss?
Seit vielen Jahren arbeite ich als Krankenschwester mit Mundschutz und ich konnte noch keine geistigen und körperlichen Schäden bemerken, wie sie von den Kritiker*innen doch so groß angekündigt werden. Und sogar die teilweise nötige Arbeit im Vollschutz habe ich überlebt, genau so wie alle anderen auch. Es ist für mich auch kein Thema, denn es war und ist noch immer einfach eine Notwendigkeit, um andere zu schützen, so einfach ist das.

Ich denke viele Menschen, die sich darüber aufregen, sind bereit, etwas für die Gesundheit der eigenen Familie zu tun. Aber Verantwortung für andere, fremde Menschen zu übernehmen, muss noch gelernt werden. Natürlich, jeder Mensch bewegt sich in seinem eigenen Dunstkreis, und Probleme, die uns selbst betreffen, nehmen wir nun einmal deutlicher wahr als solche, die keine direkten Auswirkungen auf uns selbst oder unseren Freundes- und Familienkreis haben. Aber wäre eine globale Krise wie diese Pandemie nicht ein guter Anlass für mehr Zusammenhalt? Ein Mundschutz, der nur andere aber nicht uns selbst schützt, scheint für einige einfach nicht Anreiz genug zu sein, ihn auch zu tragen. Dass andere es aber tun, damit wir geschützt sind, ist vollkommen in Ordnung. So war es auch schon vor Corona. Auch damals hat sich niemand gerne von Operateur*innen behandeln lassen, die ohne MNS auf den OP-Tisch und die darauf liegenden Patient*innen hinab gestarrt haben.

Sehr befremdlich finde ich es auch, wenn sich Leute nach dem 30-minütigen Einkauf ganz genervt die Maske vom Gesicht reißen, es ja noch nicht einmal zwei Schritte weit schaffen, um wenigstens die Menschenansammlung vor dem Supermarkt oder die Wartenden am Zugeingang hinter sich zu lassen, ehe sie sich aus dem dünnen Streifen Stoff befreien, der ihnen völlig die Luft zu rauben scheint. Und sich dann erst einmal genüsslich eine Zigarette anzünden. Wahrscheinlich um dem Sauerstoffmangel entgegenzuwirken.

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Eigentlich sollte man es doch so sehen: Ist es nicht schön, dass jede*r mit einfachen Mitteln etwas tun kann um andere zu schützen? Was also ist so schwer daran? Es ist doch nur eine Kleinigkeit, etwas so Einfaches, das nicht mal wehtut – wirklich, so simpel war Leben retten noch nie!

Und schützenswert ist jedes Leben. Ob jung, ob alt, ob gesund oder krank.

Beitragsbild: Stefan Keller auf Pixabay
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Mimimi-Mittwoch: Prüfungsamt

Mimimi-Mittwoch: Prüfungsamt

Wut, Hass, Zorn: All diese Gefühle verbindet man so manches Mal mit seinen Mitmenschen. Genau für solche Momente ist diese Kolumne da. Wann immer wir uns mal gepflegt über Leute auslassen oder uns auch generell mal der Schuh drückt, lest ihr das hier.

Eigentlich müsste ich gerade jetzt für meine nächste Prüfung lernen. Dass ich diese Prüfung demnächst ablegen muss, steht auch schon seit einer ganzen Weile fest, genauer seit dem 14. Mai dieses Jahres. Warum habe ich also nicht schon eher angefangen und könnte diesen Artikel jetzt ohne ein schlechtes Gewissen schreiben? Nun, weil ich kurz vor dieser Prüfung schon mal eine Prüfung hatte und davor noch eine Hausarbeit. So normal, so unspektakulär. Das Problem an der ganzen Nummer ist, dass ich die Prüfungstermine und einen großen Teil des entscheidenden Stoffes hauptsächlich erst im Juni bekommen habe. Und nun braucht man nicht erst einen Kalender hervorkramen, um zu erkennen, wo das Problem liegt!

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Ich bräuchte den Artikel gar nicht schreiben, wenn das Prüfungsamt der Uni es nicht sinnvoll fände, den Prüfungsanmeldezeitraum in die Mitte des Semesters zu legen. Insbesondere dieses Semester sind von dem Start der Vorlesungen bis zum Ende des offiziellen Anmeldungszeitraums 4 (!) Wochen vergangen, normalerweise wären es 6. Aber das ist immer noch weniger als die Hälfte der eigentlichen Vorlesungszeit. Damit hat man einen großen Teil des Prüfungsstoffes noch nicht behandelt und weiß demzufolge nicht, worauf man sich mit einer Prüfungsanmeldung einlässt. Insbesondere, wenn man zwischen mehreren Veranstaltungen für eine Prüfungsleistung schwankt, gleicht das eher einem Lottospiel als einer bewussten Entscheidung. Und wenn Prüfungen mündlich abgehalten werden, hat man meist noch gar kein Prüfungsdatum und demzufolge auch keinerlei Planungsmöglichkeiten für eine optimale Prüfungsvorbeitung.

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Nun kann man sich ja noch eine Weile danach abmelden …
Die Abmeldephase ohne Nennung von Gründen ging dieses Jahr noch bis zum 8. Juni. Das sind immer noch 5 Wochen vor Ende des Vorlesungszeitraums. Natürlich gibt es da Unterschiede von Prüfungsordnung zu Prüfungsordnung, und dieses Jahr ist sowieso alles anders, aber es kann doch auch im Regelfall nicht sein, dass es ein so übermäßiges Problem darstellt, allen Studierenden dieser Universität die Möglichkeit einzuräumen sich bis kurz vor einer Prüfung selbstständig wieder abzumelden!

Das Prüfungsamt ist zum Glück nicht nur für die Prüfungsan- und abmeldung zuständig, sondern auch für die Beratung von Studierenden. Eigentlich.

Leider können sie offensichtlich nicht immer weiterhelfen. Da können keine Prüfungen für Module abgelegt werden, die eigentlich laut Prüfungsordnung gehen müssten, da man diese, warum auch immer, nicht in den Daten findet. Es kann auch sein, dass man keine Informationen zu seiner Prüfung erhält, da der eigene Studiengang von einer anderen Person betreut wird als alle anderen. Da fällt man auf so einer Prüfungsliste gar nicht so auf. Oder es wird sogar eine schriftliche Bestätigung für eine Prüfungsverschiebung gegeben, nur um danach als „Das habe man falsch verstanden“ widerrufen zu werden.

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Und was dem Ganzen nun wirklich den Boden ausschlägt, sind die Regelungen bei einem Krankheitsfall.

Es reicht, selbst bei einem Erstversuch, nicht, ein Attest eines*r Arztes*Ärztin vorzulegen, dass man die Prüfung nicht ablegen kann, sondern man muss explizit angeben, woran man leidet. Laut Prüfungsamt „bedeutet [dies] nicht, dass der Arzt die Diagnose als solche bekannt geben muss, sondern eben nur die durch die Krankheit hervorgerufenen körperlichen bzw. psychischen Auswirkungen“ (Quelle Unihomepage). Man muss also den*die Ärzt*in von seiner*ihrer Schweigepflicht entbinden, und es ist ja nicht so, als ob man nicht an den Symptomen eine Krankheit erkennen könnte!

Dass das im Zweifel auch Erkrankungen, sowohl psychischer als auch physischer Natur, umfassen kann, die einem als Person maximal unangenehm sind und die man dann nicht nur vor seinem*r Ärzt*in, sondern auch noch vor den Sachbearbeiter*innen vom Prüfungsamt ausbreiten muss, ist in meinen Augen absolut nicht tragbar.

Und hier sind wir auch bei dem nächsten Problem! Ich bin davon überzeugt, dass die Einstellungsvoraussetzungen im Prüfungsamt keine medizinische Ausbildung erfordern. Das bedeutet, dass die Angestellten im Prüfungsamt über die Einschätzungen eines*r Mediziner*in urteilen, ohne eine ähnlich fundierte Ausbildung zu besitzen.
Was, und das ist eine ernst gemeinte Frage, befähigt sie dazu?

Beitragsbild: kmicican auf Pixabay
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