Sag doch einfach Periode! I dare u

Sag doch einfach Periode! I dare u

Ich möchte euch mitnehmen durch mein Erlebnis, meine Gefühle, meine Reflektion der Situation und warum ich einen ganzen Artikel darüber schreibe.

Was ist passiert?

Vor ein paar Wochen hatte ich meine Periode (Überraschung), flüchtete aus der Bib und wollte nur nach Hause, in mein Bett. Natürlich wurde ich, während ich die beste Laune und Unterleibschmerzen hatte, mit der Aussage „Oh ist es etwa diese Zeit im Monat“, die in Tabu-Stimme geäußert wurde, konfrontiert.

Meine erste innere Reaktion war Wut und am liebsten hätte ich die Person zusammengeschrien, dass sie doch bitte einfach Periode; Tage; Regel; Menstruation etc. sagen soll und nicht flüstern muss! Und überhaupt, was fällt ihr eigentlich ein, mir das Gefühl der Scham zu vermitteln! Oh? Ich habe das Gefühl, ich müsste mich schämen? Dafür, dass ich eine Frau bin und meine Menstruationsblutung habe? Ja. Genau das ist das Problem. Ein gesellschaftliches Problem.

Warum habe ich nichts gesagt?

Nun habe ich die Person jedoch nicht angeschrien. Vielleicht nicht, weil ich grundsätzlich nicht mit Schreien reagiere. Vielleicht aber auch, weil es als Frau einfacher ist, nicht für sich selbst einzustehen und etwas zu sagen, dass sowieso nicht verstanden werden will. Ich sage nicht, dass ich glaube das es nichts gebracht hätte, wenn ich in der Stituation mit dieser Person ein klärendes Gespräch geführt hätte. Das glaube ich schon. Warum ich nichts gesagt habe? Ich war körperlich sehr angestrengt, wollte allein sein und hatte keine Kraft für ein Gespräch, in dem ich wieder das Leben einer Frau erklären muss. Einfacher ist es, da nichts zu sagen und zu gehen.

Einige von euch Leser*innen könnten nun sagen „Ja und? Sie soll mal nicht so überreagieren…“, andere mögen nun wütend oder empört auf ihre Bildschirme schauen, und wieder andere Leser*innen werden wahrscheinlich erstmal nichts als Gleichgültigkeit empfinden, da es einfacher ist, solche Kommentare nicht an sich heranzulassen.

Warum dann das hier schreiben?

Warum ist genau diese Gleichgültigkeit ein Problem und warum bringe ich nun den ganzen Aufwand für einen Artikel auf, wenn ich in dem Moment nicht für meine Gefühle und mein Dasein als Frau eingestanden habe? Dieses nicht für sich selbst einstehen, gilt für sehr viele Aspekte des Lebens. Doch ist es genau deshalb wichtig, den feministischen Diskurs aufzugreifen, gerade mehr denn je.

Insbesondere möchte ich nicht, dass unsere kleinen Schwestern sich mit genau der Scham belasten müssen, welche uns mitgegeben wurde. Für etwas, das nicht einfach abgestellt, ausgeknipst oder weg entschieden werden kann. Scham dafür, wie unsere Körper funktionieren. Menstruation ist normal. Deal with it, aber das musst DU ja noch nicht mal – Männer lol.

Ich habe viel mit meinen Freundinnen über die Situation gequatscht, weil es mich einfach nicht losgelassen hat. Ich dachte, dass es im Jahr 2024 von erwachsenen Menschen nicht mehr als Tabu angesehen wird, über seine Periode zu sprechen. Über einen normalen biologischen Ablauf. Leider musste ich feststellen, dass ich mich in den letzten Jahren wohl einfach nur in einer sehr fortschrittlichen Bubble bewegt hatte.

Mehr als nur Worte

Warum ist es nicht gut, Dinge nicht beim Namen zu nennen? Begriffe wie Erdbeerwoche und Ähnliche, sind welche, die verwendet werden, um nicht Periode oder Menstruation sagen zu müssen. Warum sind diese Begriffe überhaupt verletzend oder unangebracht?
Die Menstruation gilt als etwas ekeliges, dreckiges und unreines. Obwohl dies überhaupt nicht der Fall ist. Sie wird als ein Tabuthema behandelt. Umschreibende Begriffe oder Äußerungen wie „diese Zeit im Monat“ verstärken dieses Tabu und machen die Periode zu etwas, das geheimgehalten werden muss – etwas, über das nicht gesprochen werden darf.

Für Personen, die jedoch jeden Monat ihre Periode bekommen, fühlt sich das an, als müssten sie sich selbst verstecken, als würden sie etwas Falsches tun. Es kann dazu führen, dass sie sich selbst verachten oder ekelig finden. Es sind mehr als nur ein paar Wörter…. Bitte sag doch einfach Periode! Oder Tage oder Regel. Und wenn es dir wirklich so unangenehm ist, dann gebe mir nicht das Gefühl, ich müsste mich schämen und würde etwas falsch machen.

Das Gefühl, sich für seine Periode schämen zu müssen, kann einem auch von seinem eigenen persönlichen Umfeld gegeben werden, auch von Freundinnen, die ihre Periode noch nicht bekommen haben und überfordert mit „ihhhh!!“ reagieren, weil mit ihnen nie ausreichend über ihre bevorstehende Periode gesprochen wurde.
Familien und auch einfach eine Gesellschaft, in der kein Platz für das Thema Menstruation gemacht wird, können diese anfänglichen Erfahrungen mit der Menstruation zu etwas gruseligem machen. Fast jede* kennt das Gefühl, die Tampons auf dem Kassenband zu verstecken oder seine Mutter zu fragen, ob sie einem Menstruationsartikel kaufen kann. Diese Scham verlässt viele in ihren späten Teenager-Jahren. Jedoch kenne ich noch immer Leute, die es vermeiden, beim Kauf von Menstruationsartikeln gesehen zu werden. Vorallem dann, wenn beispielsweise ein Mann hinter ihnen an der Kasse steht.
Dazu muss ich jedoch sagen, dass es seit ein paar Jahren, im Gegensatz zu der Zeit, in der meine Freundinnen und ich mit dem Thema unserer Periode konfrontiert wurden, wesentlich mehr und besser reflektierten öffentlichen Diskurs gibt. Nicht zuletzt auch über die zusätzlichen Kosten und die zusätzliche körperliche Belastung in einem normalen Arbeitsleben.

Dennoch scheint es noch nicht genug Diskurs zu geben, oder es ist Personen, welche sich nicht mit der Menstruation beschäftigen müssen, möglich sich diesem zu entziehen. Deshalb muss noch mehr Diskurs über Themen, welche hauptsächlich Frauen betreffen, entstehen. Es muss mehr zugehört werden und auch mehr Wille entstehen, zuzuhören. Auch bei vielleicht auf den ersten Blick nicht nachvollziehbaren Themen. Wenn man sich nie mit etwas auseinander setzten musste, dann tut man dies schnell als unwichtig oder als Witz ab. Es gibt eine lange Reihe von Themen, welche da in den Kopf kommen und die Menstruation ist da ein noch vergleichbar seichtes Thema.
Dies wurde beispielsweise in den letzten Wochen noch einmal klar – wenn man auf Social Media unterwegs ist. Dort ist der Clip einer Talkshow viral gegangen, in der eine Frau sich wieder Gehör verschaffen musste und wieder einmal die Tür für den Diskurs des Lebens von Frauen geöffnet hat. Auch dort war es Unüberlegtheit und eine Unberührtheit mit dem Thema, die bei vielen auf einen – nett ausgedrückt – flauen Magen schlug. Es geht hier jedoch nicht um diese Talkshow und doch ist es ein passendes Beispiel.

Sei ein Girls Girl

Dieser Artikel ist eine Bitte, dass sich nicht nur Frauen gegenseitig unterstützen müssen, so wie sie es tun. Oft sind mir komplett fremde Frauen mit einer solchen Einfühlsamkeit entgegengetreten, die nur durch die eigene Betroffenheit oder durch die Auseinandersetzung mit Themen möglich ist. Denn ganz ehrlich: Es ist eines der besten Aspekte des Daseins als Frau das Gefühl, aufgefangen zu werden und unausgesprochene Solidarität und Sicherheit bei seinen Freundinnen zu haben.

Es ist auch ein großer Dank an alle Mütter, Omas, Tanten, Schwestern und Freundinnen, die ihre Erfahrungen weitergeben und sensibel und geduldig die ersten Erfahrungen der Menstruation begleiten. Diese ist nämlich, um offen und ehrlich zu sein, nicht für alle im positiven Sinne aufregend und spannend, sondern für viele im ersten Moment einfach nur verdammt gruselig.

Es ist eine Bitte an Väter, Brüder und Freunde, sich zu informieren und zuzuhören und die eigene Meinung nicht allem voran erst einmal zugute zugeben. Wie wunderbar wäre es, wenn eine Tochter zu ihrem Vater kommen könnte, weil sie ihre Periode bekommen hat und eine dicke, versichernde Umarmung bekommen könnte mit helfenden Worten. Diese tollen Situationen gibt es zwar, aber es sind noch immer viel zu wenige.

Um nun aber noch etwas zu ranten: Informiere dich, es gibt genug Orte, an denen du dies bequem von der Couch machen kannst. Oder lass uns einfach in Ruhe. I dare you.

Ein Ende dem geflüsterten „Hast du eine Binde für mich?“! – Hier geht’s zum Perioden 101:
Menstruation, gesellschaftliche Tabus und Diskriminierung
Die Tabuisierung der Menstruation – Eine lange Geschichte
Menstruation 101: Die wichtigsten Perioden-Facts kurz erklärt
Period Stigma and the Unacknowledged System of Oppression
Queering Menstruation: Trans and Non-Binary Identity and Body Politics

Beitragsbild: Hannah van Gerpen


Zur Person der Autorin

Kostenlose Menstruationsprodukte auf Greifswalder Uni-Toiletten

Kostenlose Menstruationsprodukte auf Greifswalder Uni-Toiletten

Die Menstruation ist eine teure Angelegenheit und nicht jede*r kann sich die nötigen Periodenprodukte leisten. Damit der Zugang zu den Universitätsgebäuden trotz der monatlichen Blutung für alle gewährleistet ist, wurden nun insgesamt 15 Spender für kostenlose Menstruationsprodukte in den Damentoiletten der Zentralen Universitätsbibliothek, der Bereichsbibliothek, dem Hörsaalgebäude „Neues Audimax“ sowie in den Mensen angebracht. Bis zum Ende des Semesters läuft nun die Testphase für deren Nutzung.

Ein Beitrag von Adrian Siegler und Juli Böhm

Ein nicht kleiner Anteil der Studierenden ist womöglich von der sogenannten Menstruationsarmut betroffen und kann sich die nötigen Menstruationsartikel nicht leisten. Bei einer Studie, welche von der Kinderrechtsorganisation Plan International im Jahr 2022 durchgeführt wurde und an der bundesweit je 1.000 Frauen und Männer zwischen 16 und 45 Jahren teilnahmen, haben 25 % der Frauen angegeben, Probleme bei der Finanzierung von Menstruationsprodukten zu haben. Betroffene Studierende bleiben daher unter anderem Lehrveranstaltungen oder Mensen- und Bibliotheksbesuchen fern. Dem sollen die kostenlosen Menstruationsprodukte auf den Universitätstoiletten entgegenwirken. Aber auch wenn die Periode überraschend eintrifft oder aus anderen Gründen gerade keine Binden oder Tampons zur Hand sind, können die Spender genutzt werden. In diesen befinden sich Tampons der Größen normal und klein sowie Binden.

An anderen Hochschulen in Deutschland wurden solche oder ähnliche Projekte bereits umgesetzt und die Universität Greifswald könnte nun die erste Hochschule in Mecklenburg-Vorpommern mit kostenlosen Menstruationsprodukten für Studierende werden. Vorerst läuft aber eine sechsmonatige Testphase, in der die Kosten und die Nutzung evaluiert werden sollen. In dieser Zeit wird das Projekt vom AStA durch Wohnsitzprämienmittel finanziert. Eine Weiterfinanzierung ist noch nicht geklärt, aber Ziel ist es, dass nach erfolgreicher Testphase mit der Zeit auf allen Universitätstoiletten Spender angebracht werden.

Bereits bei der studentischen Vollversammlung im Wintersemester 2021/22 wurde von Ellen Wittenberg, Tina Andrasch und Felix Willer ein Antrag gestellt und angenommen, der den AStA damit beauftragen sollte, Spender mit Menstruationsprodukten auf den Universitätstoiletten anzubringen. Seitdem wurde sich immer wieder mit dem Projekt auseinandergesetzt. So hatte Ellen Wittenberg, die damalige Referentin für Soziales und Gleichstellung, im letzten Sommersemester einen Wohnsitzprämienmittel-Antrag für die Finanzierung des Projekts gestellt, welcher im Mai 2022 bewilligt wurde. Im Januar hatte Hanna Schifter das Referat für Soziales und Gleichstellung übernommen und bereits in ihrer Bewerbung angekündigt, dem Projekt etwas „Feuer unter dem Hintern“ zu machen. Gemeinsam mit Robert Gebauer (Referatsleitung Administration & Geschäftsführung) hat sie das Projekt nun umgesetzt.

Auch die Senatsgleichstellungskommission sowie die Zentrale Gleichstellungsbeauftragte der Universität Greifswald und die Gleichstellungsbeauftragten der Universitätsmedizin unterstützen das Projekt des AStA. In ihrem Schreiben heißt es, dass Menstruationsprodukte als Teil des grundsätzlichen Hygienebedarfs, genauso wie Seife und Toilettenpapier, den Studierenden kostenlos zur Verfügung gestellt werden sollten. Zudem sehen sie in diesem Projekt eine Möglichkeit zur Verbesserung der Bildungsgerechtigkeit, Chancengleichheit, sozialer Ungleichheit und zur Anerkennung von Vielfalt. Sie setzen sich außerdem dafür ein, dass das Projekt künftig aus dem Haushalt der Universität finanziert wird.

Hanna und Robert sind sehr glücklich, dass das Projekt umgesetzt werden konnte und sich ihre Arbeit auch ausgezahlt hat, da der Aufwand dahinter schon recht groß war. Eine Gefahr darin, dass das Angebot missbraucht werden könnte, sehen die beiden übrigens nicht. Sie sind zuversichtlich, dass die Studierenden mit dem Angebot verantwortlich umgehen werden und selbst wenn jemand ein paar Tampons mitnimmt, werden sie wahrscheinlich trotzdem für den richtigen Zweck eingesetzt.

Nun bleibt abzuwarten, wie das Projekt angenommen wird und ob eine Anschlussfinanzierung möglich ist. Wenn es Feedback, Fragen oder Sonstiges bezüglich der Spender gibt, kann man sich gerne bei Hanna Schifter per E-Mail melden: asta_soziales@uni-greifswald.de

Das Wichtigste auf einen Blick:

Was? Spender mit kostenlosen Menstruationsprodukten (Tampons in normal und klein sowie Binden)

Wann? Die Testphase läuft vom 11.04. für sechs Monate bis zum Ende des Semesters

Wo? Alle Damentoiletten in der Zentralen Universitätsbibliothek, der Bereichsbibliothek, der Mensa Loefflerstraße, der Mensa Beitzplatz und dem Hörsaalgebäude „Neues Audimax“

Beitragsbild: Adrian Siegler