moritz.mikrokosmos: Was sind unsere Lieblingsspiele?

moritz.mikrokosmos: Was sind unsere Lieblingsspiele?

Diese Woche startet eine ganz neue Reihe auf dem webmoritz: Der moritz.mirkokosmos. Die Idee ist, dass wir eine Woche lang (oder auch länger) über ein großes Thema (dieses Mal: Spiele) aus verschiedensten Blickwinkeln berichten. Diese Woche sind Spiele an der Reihe. Was das bedeutet erfahrt ihr im Verlauf der Woche. Auf jeden Fall werden wir nicht nur über Mensch ärgere dich nicht berichten. Seid gespannt!

Dieser Artikel soll als Auftakt für die Reihe dienen. Daher haben wir uns gedacht: „es gibt doch keine bessere Idee als unsere persönlichen Lieblingsspiele vorzustellen.“ Darunter fallen allerdings nicht nur Spiele, die wir mit Abstand ab häufigsten gespielt haben oder mit denen wir regelmäßig den meisten Spaß hatte, sondern auch solche, mit denen wir persönliche Erfahrungen und Erlebnisse verbinden, die uns in Erinnerung geblieben sind.

Der absolute Klassiker

Erinnert ihr euch noch als ich sagte, dass wir nicht nur über Mensch ärgere dich nicht erzählen wollten. Richtig! Wir erklären euch nämlich, was ihr machen könnt, wenn ihr weder über Spielbrett, Spielfiguren noch über Würfel verfügt, dafür aber ein normales Kartenspiel dabei habt. Mau-Mau ist die Mutter aller Kartenspiele und auch die einfachste. Alle verfügen über gleichviele Karten und spielen nacheinander eine Karte, die entweder farblich oder der Form her zur Vorherigen passen. Wer nicht spielen kann, nimmt eine Karte auf. Viele Menschen spielen es mit leicht angepassten Regeln oder erfinden einige. Dennoch ist Mau-Mau wahrscheinlich das einfachste Kartenspiel, was man mit Menschen spielen kann, die noch nie eine Spielkarte in der Hand hatten. Unsere Redakteurin hat folgende Erfahrungen mit Mau-Mau:

„Mau-Mau haben meine Großeltern mir beigebracht, als ich noch im Kindergarten war und wir haben das dann immer gespielt, wenn ich bei ihnen übernachtet habe. Unsere Partien dauerten immer recht lange, da wir erst aufgehört haben, wenn der/die Erste zehn Siege erspielt hat – wer nicht mal fünf geschafft hat, steckte in der Loserzone fest. Das Spiel verbinde ich mit warmen Sommerabenden mit meinen Großeltern im Garten und deshalb wird es trotz seiner Einfachheit immer mein Lieblingsspiel sein.“

webmoritz-Redakteurin

Outdoor-Schach

Als nächstes folgt ein moderner Klassiker der familiären Gartenspiele. Wikinger-Schach – international eher als Kubb bekannt – erfreut es sich vor allem in den letzten Jahr(zenten) großer Beliebtheit. Das Schöne. Mehr als ein Set an entsprechenden Holzfiguren braucht es nicht. Anschließend räumt man – etwas weniger taktisch als herkömmliches Schach – die Figuren der*des Gegner*in von der Spielfläche. Einziges Manko: man braucht ein wenig mehr Platz für den Aufbau (Indoor wird es oft schwierig).

„Meine Familie und ich haben, seit ich klein war, jeden Sommer Wikinger-Schach gespielt. Wir haben einen großen Garten, wo wir drei oder vier Partien hintereinander gespielt haben, oder am Strand der Ostsee. Auch, wenn es jedes Mal dieselben kleinen Streitigkeiten gab („steht der König auch wirklich in der Mitte?“, „so darf man nicht werfen, das gilt nicht!!“, „die Mannschaften müssen auch mal tauschen!“), war und ist es immer noch ein Riesenspaß. Ich vebinde damit sonnige Tage, zusammen Lachen und den Klang von Hölzern, die aufeinandertreffen.“

webmoritz-Redakteurin

Der Spaß liegt in der Gemeinschaft

Was bisher aufgefallen sein sollte ist die Tatsache, dass wir anscheinend unsere Spiele nicht gerne alleine spielen, sondern mit anderen. Das ist nicht zwangsläufig der Fall. Sehr viele Spiele kann man (auch) alleine spielen. Man denke an unzählige Videospiele oder auch analoge Spiele, die alleine spielbar (oder umsetzbar) sind wie etwa Jonglieren oder Geocaching. Was aber wahrscheinlich am meisten Spaß beim Spielen bringt ist der gemeinsame Aspekt. Ähnlich beschreibt es auch unser Redakteur, der sich nicht so ganz auf ein Spiel einigen konnte:

„Mich auf ein einzelnes Lieblingsspiel festzulegen ist nicht ganz so einfach, weil es da wirklich eine Menge spaßiger und verschiedener Spiele gibt. Wenn ich mich auf ein paar Spiele festlegen müsste, dann wären es mit Sicherheit solche Spiele, die man in Gemeinsamkeit genießen kann, wie unter anderem UNO oder Lügen. Wobei der Spaß bei diesen Spielen auch sehr oft der Schadenfreude geschuldet ist. Jedenfalls waren UNO oder Lügen unter anderem Spiele, die wir in der Schule immer während der Mittagspause in wirklich sehr großen Runden miteinander gespielt haben. Dabei ist es eigentlich immer zu lustigen Momenten oder Ereignissen gekommen, weshalb ich diese Spiele auch gerne als Lieblingsspiele betiteln kann.“

webmoritz-Redakteur

Was kommt noch?

Gute Frage! In den nächsten Tagen werden euch weitere moritz.mikrokosmos Artikel zum Thema Spiele erwarten. Jedoch soll es dabei nicht nur um die Spieleklassiker gehen, die uns so einfallen und im Alltag regelmäßig bereichern, sondern auch skurrile Games, Spiele, die ihr online, offline, digital oder analog spielen könnt oder auch „Spiele“ die mit dem klassischen Zeitvertreib gar nicht so viel zu tun haben. Bleibt auf jeden Fall gespannt für diese Woche. Wir haben uns noch ein paar Ideen einfallen lassen. Außerdem dürft ihr uns gerne verraten was eure Lieblingsspiele sind und was ihr damit verbindet.

Beitragsbild: Eak K. auf Pixabay

Spiel-Rezension: Legenden von Andor – Die Ewige Kälte

Spiel-Rezension: Legenden von Andor – Die Ewige Kälte

Der Winter kann etwas Schönes sein – gemütlich am Kamin sitzen, durch den Schnee stapfen, Schlitten fahren… Noch schöner ist es allerdings, wenn er endlich vorbei ist und es wieder warm und grün wird. Aber was, wenn das nicht passiert? Was, wenn der Winter einfach zu keinem Ende kommen will? Dann macht der Winter irgendwann nicht nur keinen Spaß mehr, nein, es gibt echte Versorgungsprobleme. Das ist die Situation, in der sich das Land Andor in Michael Menzels neuem Spiel befindet – werden die Held*innen es schaffen, die Kälte zu besiegen?

Das hängt im vierten großen Andorspiel nicht nur von Würfelglück, sondern auch von Teamfähigkeit und guter Planung ab. Denn es gibt wieder einmal einiges zu tun: Die Spielenden müssen nicht nur herausfinden, was es mit dem geheimnisvollen Winterstein auf sich hat, sondern auch einen Weg finden, die Kälte zu beenden und nebenbei die Burg beziehungsweise die Zeltstadt vor den Angriffen der Kreaturen schützen. Und dann sind da noch die Schneestürme, die einem leicht einen Strich durch die Rechnung machen können…

So funktioniert das Spiel

Doch erst einmal ganz von vorn: was ist überhaupt dieses Andor?
Andor ist eine Spielreihe, bei der kooperativ Fantasy-Abenteuer an unterschiedlichen Orten bestanden werden müssen. Der erste Teil spielt im Land Andor, das auch die Heimat der Held*innen ist, in deren Rollen man schlüpfen kann. Die Figuren unterscheiden sich in ihrer Kampfstärke und ihren Fähigkeiten. In „Die Ewige Kälte“ stehen zum Beispiel eine Wächterin des Feuers, ein Zwerg, eine Zauberin und ein Krieger zur Auswahl. Das Spiel geht über mehrere Runden, die Legenden, die jeweils eine andere Geschichte erzählen und in denen unterschiedliche Aufgaben gemeistert werden müssen.

Eine Mission haben jedoch alle Legenden gemeinsam: Die Kreaturen müssen in Schach gehalten werden. Nachts bewegen sie sich über das Spielfeld, in Richtung von Orten, an denen Menschen Schutz suchen, in Andor etwa der Burg. Wenn dort zu viele Kreaturen einfallen, ist das Spiel verloren. Daher müssen die Held*innen, wenn sie tagsüber am Zug sind, über Würfelwürfe gegen diese Bedrohung kämpfen. Für erfolgreiche Kämpfe gibt es Belohnungen, allerdings kostet das Kämpfen auch wertvolle Zeit – Zeit, die auch gebraucht wird, um auf anderen Missionen durch die Lande zu ziehen, es gilt also immer abzuwägen, was wer am Besten tun sollte. Das mag so alles erstmal ein bisschen kompliziert klingen, wird aber auch in „Die Ewige Kälte“ im Laufe der ersten Legende einsteiger*innenfreundlich erklärt.

Der neue Teil spielt zeitlich zwischen der zweiten und dritten Legende des Grundspiels. Startpunkt ist daher auch das verschneite Land Andor, von wo aus es auf der Suche nach einem Weg, die Kälte zu beenden, weiter nach Osten geht. Auch die bislang unbekannte Gegend, die dort liegt, hat der Winter fest im Griff. Und er macht es den Held*innen nicht leicht:

Neben den Kämpfen und Missionen noch der Kälte trotzen zu müssen, ist nicht unanstrengend. Dadurch geschwächt halten die Andori jeden Tag eine Stunde weniger durch, bevor sie sich ausruhen müssen. Doch selbst im Schlaf sind sie nicht vor Einwirkungen sicher: Unter den großzügig verteilten Schnee- und Eisplättchen, die aufgedeckt werden, sobald jemand seinen Zug auf einem entsprechenden Feld beendet, verbergen sich oftmals Schneestürme. Der aufkommende Wind weht alle Figuren der Gruppe entlang der Pfeile, in deren Richtung sich normalerweise die Kreaturen bewegen, ein Feld weiter. Befindet sich dort ein neues Plättchen, kann eine Kettenreaktion ausgelöst werden. Das kann unglaublich ärgerlich sein, oft spielt einem der Wind aber auch in die Karten. Die langen Wege, die die Spielenden zurücklegen müssen, wären in der kurzen Zeit nicht machbar, wenn es nicht den ein oder anderen Luftstoß gäbe.

Wer dennoch nicht verweht werden will, muss in die Zeltstadt oder über den großen, gefrorenen See in der Mitte des Spielplans laufen. Dort gibt es keine Pfeile. Doch Vorsicht: Jedes Feld des Sees kann nur einmal betreten werden, danach bricht das Eis. Daher heißt es: gut überlegen, zu welchem Zeitpunkt man über das Wasser abkürzen will. Beliebig oft können dafür Feuer entzündet werden. Das braucht zwar den nötigen Willen, aber danach spendet die Wärme den Spielenden Kraft für Kämpfe und einen stärkeren Willen für den nächsten Tag, wenn die nächsten Herausforderungen warten.

Auf dem winterlichen Spielplan müssen verschieden Orte erkundet und Kreaturen (rote Figuren) besiegt werden.

Und so schneidet es ab

Insgesamt ist „Die Ewige Kälte“ ein Spiel, das sich lohnt, ganz gleich, ob man die vorherigen Andor-Teile bereits kennt oder nicht. Es wurde wirklich gut darauf geachtet, alles noch einmal Stück für Stück zu erklären. Wie bei den anderen Spielen steht auch hier wenig in der Anleitung, dafür mehr auf den Legendenkarten, sobald etwas relevant wird. So gelingt ein Einstieg besonders leicht, nur hat es für bereits erfahrene Personen den Nachteil, dass man praktisch alles noch einmal lesen muss. Hier wäre es vielleicht gut gewesen zu kennzeichnen, welche Regeln neu und welche alt sind. Das spielt aber höchstens in der ersten Legende eine Rolle, danach sind ohnehin alle auf dem gleichen Stand. Im Vergleich zu anderen Spielen sind die Legenden hier eher einfacher, es gibt aber zusätzliche Karten, um den Schwierigkeitsgrad zu erhöhen, so dass alle auf ihre Kosten kommen.

Gegenüber den anderen Spielen wurde etwas abgespeckt. Es wird mit vier Legenden weniger erzählt, allerdings gehört „Die Ewige Kälte“ ja auch nicht zur Andor-Trilogie, sondern ist eine Art Bonus-Teil (Der aber genauso viel kostet wie längere Teile). Das Spielmaterial ist auch deutlich weniger umfangreich, was es leichter macht, den Überblick zu behalten. Statt in kleine Plastiktüten wird es jetzt in einen Pappaufsteller sortiert. Das ist nachhaltiger und übersichtlicher, funktioniert aber natürlich nur, wenn man das Spiel nur ins Regal stellt und nirgends hintransportiert. Eine Kleinigkeit zum Material, die positiv auffällt, sind die Held*innentafeln. Jede Rolle lässt sich als männliche oder weibliche Figur spielen. Auf den Tafeln im ersten Teil waren noch alle männlichen Rollen auf der Vorderseite und die weiblichen auf der Rückseite. Hier ist das Verhältnis hingegen ausgeglichen.

Die neuen Elemente, die durch den Wintereinbruch dazu kommen, machen das Spiel abwechslungsreicher. Gerade die Schneestürme sind dadurch interessant, dass sie unvorhersehbar sind und es sich im Spielverlauf jederzeit ändern kann, ob sie wünschenswert sind oder nicht. Gleichzeitig sorgt die Kälte aber auch für weniger Abwechslung – nämlich auf dem Spielplan. Der ist immer noch schön gestaltet, aber dadurch, dass alles so trist ist, gibt es natürlich weniger zu entdecken als auf anderen Plänen. Vielleicht aber auch eine zusätzliche Motivation, den Winter zu beenden, er soll ja nicht als etwas Schönes empfunden werden.

Die Beendigung des Winters als gesamtes Ziel für das Spiel ist als Idee erst einmal schön, so stehen die Legenden nicht so getrennt voneinander, sondern man kann wirklich eine Geschichte erleben. An der Geschichte hätte man aber noch etwas feilen können, die Missionen der ersten Legenden fühlen sich eher nach Fehlversuchen an als nach einem wichtigen Schritt auf dem Weg ans Ziel. Es würde sich befriedigender anfühlen, wenn geradliniger auf ein Ziel hingearbeitet würde, statt Wege auszuschließen, die Kälte zu besiegen. Denn, so viel kann über die Geschichte verraten werden, das klappt natürlich erst nach der vierten und damit letzten Legende. Bei den vorherigen Versuchen ist also von vornherein klar, dass sie zum Scheitern verurteilt sind.

Nichtsdestotrotz macht es Spaß, zusammen zu scheitern – sei es an den Legenden als solche oder beim Kampf gegen den Winter. Es ist einfach schön, für ein paar Stunden in die Welt von Andor einzutauchen und dort Abenteuer zu bestehen. Da kann es ruhig ein bisschen dauern, bis die Kälte besiegt ist und in der echten Welt „Die Ewige Hitze“ auf uns wartet…

Bilder: Nora Stoll

Spiele-Rezension: Die Abenteuer des Robin Hood

Spiele-Rezension: Die Abenteuer des Robin Hood

Wir schreiben das Jahr 1193. Düstere Zeiten für die Einwohner*innen Nottinghams. Little John steht kurz vor der Hinrichtung, Maid Marians Vater wurde der Ketzerei beschuldigt und Robin Hood plagen düstere Erinnerungen, während Will Scarlett kurz vor dem Verhungern steht. Zu allem Unglück tritt auch noch Prinz John auf den Plan, der die Bevölkerung schon längere Zeit mit überhöhten Steuern schikaniert. Wie soll man es da bloß schaffen, nicht die Hoffnung zu verlieren?

Das könnt ihr herausfinden, indem ihr im neuen Spiel von „Legenden von Andor“-Autor Michael Menzel in die Rollen der Vier schlüpft. Wir haben „Die Abenteuer des Robin Hood“ für euch getestet.

Das Spiel

Die Besonderheit bei diesem kooperativen Brettspiel ist das beiliegende Buch, in dem parallel zum Spielen gelesen wird. Über sieben Kapitel, die jeweils einer Spielrunde entsprechen, kann man die Geschichte der Geächteten verfolgen, während man auf dem Spielfeld ihre Abenteuer nachspielt. Sämtliche Anweisungen und Spielregeln befinden sich ebenfalls darin, sobald sie Anwendung finden, so dass man Kapitel für Kapitel immer mehr Aktionen ausführen kann oder auch muss.

Das Spielfeld ist sehr ungewöhnlich aufgebaut. Es zeigt in schönen Illustrationen Nottingham und den Sherwood Forest, vor allem besteht es aber aus einer Vielzahl herausnehmbarer Plättchen, deren Vorder- und Rückseite sich unterscheiden. Im Laufe des Spiels werden immer wieder Felder umgedreht, so dass der Spielplan in ständigem Wandel ist. Mal tauchen Wachen und Adelige auf, mal verschwinden sie wieder, mal steht die Kutsche im Wald, mal im Burghof, mal wachsen am Waldrand Pilze, mal sind sie abgeerntet.

Was es auf dem Plan allerdings nicht gibt, sind Spielfelder. Die Bewegung der Figuren läuft nämlich auch anders als normalerweise. Jede Person hat insgesamt fünf davon, bestehend aus zwei Standfiguren und drei Bewegungsfiguren, unter deren Füßen als Verlängerung der von ihnen zurückgelegte Weg klebt. Um sich von einem Ort zum anderen zu begeben, muss man mit den eigenen Bewegungsfiguren beginnend von der Standfigur auf dem Spielplan einen Weg legen, an dessen Ende die zweite Standfigur gestellt wird. Klingt kompliziert, ist es aber nicht.

Auf ihrem Weg durch Nottingham können die Gefährt*innen mit anderen Menschen sprechen, sich Wachen im Kampf stellen oder sich lieber im Schatten vor ihnen verstecken, die Gegend in großen Schritten erkunden oder lieber Kräfte sparen. Dabei ist es wichtig, die Missionen nicht aus dem Blick zu verlieren, während Zeit und Hoffnung zusehend schwinden.

Um von einem Ort zum anderen zu kommen braucht man Bewegungsfiguren – was Robin Hood wohl auf Feld 64 entdeckt?

Die Wertung

Wie man es von Michael Menzel kennt, ist das Spiel sehr liebevoll gestaltet. Mir gefällt auch der wandelnde Spielplan wirklich gut, da fühlt man sich gleich in die Kindheit mit den ganzen Klappbüchern zurückversetzt. Das Buch finde ich als Idee auch wirklich schön, allerdings hätte ich mir mehr Erzähltext darin gewünscht. Insgesamt wird die Geschichte recht wenig begleitet, wodurch man schlecht in sie eintauchen kann. Am Anfang eines Kapitels wird erzählt, was gerade los ist und eine Aufgabe gestellt, danach ist man ziemlich frei darin, was man tut. Das hat natürlich auch einen gewissen Reiz, aber manchmal fühlt es sich wenig befriedigend an, mehr oder weniger wahllos irgendwelche Aktionen durchzuführen. Auch die einzelnen Rollen hätte man noch weiter ausbauen können. Erst ab dem vierten Kapitel unterscheiden sich die Fähigkeiten der einzelnen Figuren, vorher spielt es kaum eine Rolle, für wen man sich entschieden hat, was es schwer macht, sich mit der Person zu identifizieren.

Gut fand ich, dass man im vierten Kapitel aktiv über den Verlauf der Geschichte entscheiden kann. Allerdings hatten wir mit dem Kapitel etwas Probleme. Die vorherigen Kapitel ließen sich leicht durchspielen, fast zu leicht. Auch hier ging es erstmal gut voran – bis zur letzten Aufgabe. Die durfte nämlich nur erfüllt werden, wenn von einer bestimmten Art Spielsteine, welche die vorhandene Zeit markieren, nur noch einer übrig war. Das hatten wir vorher nicht ahnen können und waren nun in der Situation, dass wir eine gerade Anzahl an Steinen hatten und immer zwei gleichzeitig abgeben mussten, ohne etwas daran ändern zu können. Wir hatten also jede Menge Zeit, mussten ihr aber tatenlos beim Verinnen zusehen, was ziemlich ärgerlich war. Meiner Meinung nach sollten kooperative Spiele so gestaltet sein, dass man auch mal verliert – aber dann sollten die Spielenden oder der Zufall schuld daran sein und nicht eine Spielmechanik.

Insgesamt handelt es sich um ein schön gestaltetes Spiel mit vielen interessanten Elementen und Spielmechaniken, was eine große Abwechslung zu anderen Spielen bietet. Etwas weniger Experimentierfreude hätte dem Spiel aber auch nicht geschadet, gerade zu Anfang ist es etwas viel auf einmal, auch wenn alles wirklich gut erklärt wird. Manchmal ist eben weniger mehr. Dem würde sicher auch Robin Hood zustimmen.

Zusatz für alle, die Legenden von Andor kennen

Es ist fast unmöglich, dieses Spiel nicht mit Andor zu vergleichen. Ich habe mir große Mühe gegeben, es getrennt davon zu betrachten, aber es nur bedingt geschafft. Mein Urteil wäre sicher besser ausgefallen, wenn ich Andor nicht so toll fände. Wie schneidet Robin Hood also im Vergleich zu Andor ab? Was sind Unterschiede, was haben die Spiele gemeinsam?

Die Geschichte baut bei Robin Hood mehr aufeinander auf als noch im ersten Andor-Spiel. Nicht umsonst handelt es sich um ein Buch mit mehreren Kapiteln anstatt mehrerer irgendwie aufeinanderfolgender Legenden. Dafür wird in den einzelnen Kapiteln viel weniger erzählt als in den Legenden. Insgesamt gibt es auch weniger zu erzählen, da weniger zu erledigen ist. Oft besteht ein Kapitel nur aus einer einzigen Aufgabe. Wer Andor gewohnt ist, kann sich da schon mal unterfordert fühlen. Insgesamt ist das Spiel deutlich einfacher als Legenden von Andor. Wer ungern verliert, dürfte damit gut klarkommen.

Es ist aber nicht nur einfacher gehalten, sondern auch minimalistischer. Hier gibt es kein langes Aufbauen. Einfach Figuren und Spielsteine verteilen, die richtigen Würfel und Holzscheiben in den Beutel werfen, ein paar Plättchen auf dem Spielplan umdrehen und schon kann es losgehen. Das spart eine Menge Zeit und Nerven. Dafür können sich die Figuren aber im Laufe einer Runde nicht weiterentwickeln und der Besitz von Gegenständen wird nur auf einer Tafel markiert. Darin liegt natürlich ein geringeres Konfliktpotential. Es müssen keine Diskussionen darüber geführt werden, wer jetzt am dringensten einen Stärkepunkt braucht oder wer zum Brunnen gehen darf. Auch sonst geht es friedlicher zu als in Andor. Hier gibt es keine Kreaturen zu bekämpfen, sondern nur Wachen, die man getrost in Ruhe lassen kann, solange sich niemand von ihnen fangen lässt. Wenn Andor ein packendes Fantasy-Abenteuer ist, dann ist Robin Hood ein liebevoll gestaltetes Wimmelbuch. Gerade für den Moment wirklich nett anzuschauen und mit vielem zu entdecken, aber auf Dauer gewinnt dann doch der Fantasy-Roman.

Beitragsbilder: Nora Stoll