Die unendliche Geschichte – Teil 13

Die unendliche Geschichte – Teil 13

Einfach mal abheben in ein anderes Universum, auch dafür ist der webmoritz. da! Ihr könnt jeden Freitag ein anderes Redaktionsmitglied auf einem neuen Teil der intergalaktischen Reise unserer unendlichen Geschichte begleiten. Die Rahmenbedingungen haben wir in einer gemeinsamen Sitzung aus unseren Ideen zufällig ausgewürfelt, danach haben wir die Geschichte jedoch der individuellen Kreativität und Gnade unserer Redakteur*innen überlassen. Wohin die unendliche Geschichte führen wird, ist für uns also auch noch ungewiss, aber wir bieten Corona-Craziness, Ärger und Spaß ohne Ende – garantiert!

Was bisher geschah …
Gerhard Schmitt, Galapagos-Schildkröte, Investigativjournalist und Entenfotograf, landet als blinder Passagier in dem Enten-Raumschiff Große Kosmische Ente ganz schön holprig auf dem Planeten Meridia (Teil 1). Hier beginnt ein großes Abenteuer für den mutigen Schildkröterich. Als er Justus, das kleine Schnabeltier, kennenlernt, dessen Vater genauso wie die Enten vom Meritär entführt wurde (Teil 6), muss er auf einmal selbst zum Helden werden. Gemeinsam suchen sie die Mudixe auf (Teil 7), die absolut mudixten Journalist*innen des Planeten, die zu wissen scheinen, wo sich das geheime Meritärlager befindet. Nach einem Waldbrand, einem Sprung in ein schier bodenloses Loch und grauenvollem Shanty-Gesang (Teil 11), landet Gerhard schließlich im Geheimlager des Meritärs, wo er nicht nur Justus‘ Vater findet, sondern auch … seinen Sauerteig (Teil 12).

Teil 13 – Gerhard auf Rettermission

Nachdenklich schaute sich Gerhard um. Sollte er es wagen und den kostbaren Sauerteig an sich reißen, bevor er auf dem Rückweg vielleicht nicht mehr die Möglichkeit dazu hatte? Aber was, wenn er sich dabei erwischen ließ? Er hielt sich ja ohnehin schon auf gefährlichem Untergrund auf. Während seine Gedanken in alle Richtungen kreisten, bewegte er sich ganz langsam auf die Tür zu. Noch kurz bevor er diese aufstoßen und auf den Schreibtisch zustürmen – beziehungsweise galapagosschnell schlendern – wollte, schoss ihm ein Geistesblitz durch seinen schildkrötenschlauen Kopf. Es waren schon viel zu viele Tage vergangen, in denen der kostbare Sauerteig nicht an einem kühlen Ort gelagert hatte. Die Chancen auf Leben schienen also sehr schlecht und selbst wenn er noch um sein Leben kämpfen wollte, müsste Gerhard ihn umgehend mit Mehl und Wasser füttern. Daran war in diesem Moment jedoch nicht zu denken. Er entschied sich also, sich lieber um diejenigen mit besseren Überlebenschancen zu kümmern, und den kleinen Justus, dessen Biker-Vater und die Enten zu retten.

Nach einer langen Sauerteig-Schweigeminute begab er sich zurück auf seine Mission. Schon zu viel Zeit hatte er verschwendet und damit das Risiko erhöht, in die Arme des Meritärs zu kriechen. Nachdem er die zweite Abbiegung links genommen hatte, war er endlich fast da. Dabei war er an auffallend wenig Türen vorbei scharwenzelt. Außer hellbraunen Betonwänden, einer kleinen Glühbirne an der Decke und ein, zwei Ratten hier und da schien er ganz alleine zu sein. Endlich angekommen suchte er nach einer Tür. „Du siehst das Büro gleich nach der zweiten Abbiegung links, nachdem du den dunklen Weg entlanggelaufen bist“, hatte Justus‘ Vater gesagt. Diese Beschreibung schien in sich schon unstimmig zu sein. Er, als Galapagos-Schildkröte, konnte nicht im Dunkeln sehen, wie sollte also das Büro des Meritär-Marshalls für ihn leicht zu erblicken sein? Er hätte seine Verwunderung und Empörung nicht herunterschlucken, sondern zu Wort bringen sollen, dann würde er jetzt nicht so dumm rumstehen. Unwissend und blind tastete er sich an der Betonwand entlang. Wenigstens ein Stück Holz aus dem Wald hätte er sich als Waffe mitnehmen sollen, dachte er wütend. Aber noch vor dem Waldbrand hatte er ja gar nicht mit solch einem schnellen Wechsel an Ereignissen rechnen können. 

Plötzlich verlor er den Halt und rollte rücklings auf seinen Panzer. Vor lauter Schreck verkroch er sich in sein Häuschen, verlagerte sein Gewicht gekonnt auf eine Seite, um sich mit einer weiteren 90-Grad-Drehung zurück auf seinen Bauch zu drehen, und wartete ab. Wie kam es eigentlich, dass er derjenige war, der sich die ganze Zeit aus Furcht in seinem Panzer verstecken musste? Er war es doch, der in seinen 66 ½ Jahren so viele furchteinflößende Dinge erlebt und gesehen hatte, die aus ihm einen mutigen Investigativjournalist gemacht hatten! Peinlich berührt von sich selbst lugte er aus seinem Häuschen hervor. Doch wider Erwarten konnte er noch immer nichts sehen. Er tastete nun etwas hastiger seine Umgebung ab. Schließlich hatte er schon viel zu lange bis hierher gebraucht und nun wusste er nicht einmal, wohin er gekugelt war. In seinem Glück (oder war es doch Können?) drückte er aus Versehen auf einen Lichtschalter neben sich.

Vor ihm erhellte sich ein Raum. In diesem standen ein metallener Schreibtisch, ein hölzerner Stuhl und ganz viele Bücher wild auf dem Boden verteilt. Das war es also, das Büro des Meritär-Marshalls. Verschlossen lediglich mit einem dünnen Tuch, das an einer Vorhangstange hing und durch welchen er in das Büro gerollt war. Diese Meritärs schienen sich hier ja sehr sicher zu fühlen. Oder hatte er sich gerade in eine Falle begeben? Aber wieso sollte Justus‘ Biker-Vater ihn anlügen? „Lieber keine Gedanken verschwenden und sich dem wesentlichen Plan widmen“, redete sich Gerhard ein. Seine größte Stärke bestand nun mal nicht im Davonlaufen. Umso länger er brauchte, desto wahrscheinlicher war es, dass er am Ende auch hinter Gittern saß. Und das würde ihm womöglich noch den Beruf kosten. Fraglich, ob er jemals freikommen würde und wenn ja, würden sie ihn höchstwahrscheinlich mit diesem Narzissten Cornelius von Nussingen vergleichen. Das wäre sein größter Albtraum. Folglich suchte er den Schreibtisch ab, auf dem sich alle möglichen Zettel, Landkarten, ein Monokel und – siehe da – ein Schlüsselbund befanden. Entschlossen griff Gerhard danach, packte den Schlüsselbund in sein Häuschen und machte sich klimpernd davon. 

Mit jedem Schritt stieg seine Panik. Er war so langsam und so laut, dass ihn jeder, der sich nicht allzu dumm anstellte, einfach schnappen und einsperren konnte. Zu seiner Verwunderung schien ihn jedoch niemand hören zu können. Es schien allgemein niemand da zu sein. Dies ließ die Angst in ihm nur noch mehr steigen. Sein gesamter Körper begann zu zittern, was das Klimpern des Schlüsselbundes nur noch verstärkte und infolgedessen das Zittern immer schlimmer werden ließ. Der Rückweg schien nie enden zu wollen. Hätte er gewusst, was auf Meridia auf ihn zukommen würde, wäre er nicht in dieses Raumschiff gestiegen, ging es ihm durch den Kopf. Dies war jedoch zugleich seine Chance, auf Meridia Bekanntheit zu erlangen. Dieser ach so schlaue Cornelius war schließlich nicht ansatzweise so mutig und kompetent wie er!

Endlich zurück bei den Zellen angekommen, riss er sich zusammen, um seine Angst vor den anderen zu verstecken und unerschrocken zu wirken. „Da bist du ja endlich! Wir dachten schon die Meritärs hätten dich geschnappt und ebenfalls eingesperrt“, rief ihm Justus Vater zu. Das Pokerspiel schienen sie mittlerweile beendet zu haben, denn das Brett lag auf dem Boden und sie ritzten stattdessen mit einem Nagel auf den Tisch. „Natürlich habe ich es ohne gefangen zu werden zurückgeschafft. Hier ist der Schlüssel“, erwiderte Gerhard, während er den Schlüsselbund aus seinem Haus friemelte und Justus Vater reichte. Die Enten wedelten schon ganz wild und aufgeregt mit ihren Flügeln. Welch entzückendes Schauspiel, dachte sich Gerhard und knipste unverhofft ein Bild. Das war gefundenes Fressen für den quackmoritz. und würde seine Karriere noch weiter vorantreiben. 

Doch zu seiner Überraschung rannten die Enten und Justus‘ Vater nicht wie gedacht in Richtung Ausgang, sondern stellten sich als geballte Mannschaft hintereinander auf und machten gleichzeitig komische Bein- und Armbewegungen, die man sonst nur vom Militär kennt. „Was soll das? Wir müssen uns beeilen, Justus holen und dann schnell hier raus!“, rief Gerhard wütend und verwirrt. „Aber nein, Gerhard, wir sind hier, um die Meritärs zu besiegen! SEID IHR BEREIT, KAMERADEN?“, brüllte Justus‘ Vater, worauf die Enten gleichzeitig „A.M.A.B. – A.M.A.B.!“ schrien und in Richtung des Büros des Meritär-Marshalls marschierten. „Oh nein, das kann nicht gut gehen“, betrachtete Gerhard ungläubig das Geschehen. Anders als erwartet schienen sie in seiner Abwesenheit einen Plan geschmiedet zu haben, das Meritär zu überwältigen und Rache zu nehmen. Sie rechneten jedoch nicht damit, dass sie im Büro und auf dem Weg dahin niemanden vorfinden würden. Gerhard war schließlich keinem einzigen Meritär begegnet, was ihn in diesem Moment zum Nachdenken brachte: „Justus!“, schoss es ihm plötzlich in den Kopf. „ALLESAMT UMDREHEN“, schrie Gerhard so laut er konnte. Im selben Moment hörte er ein Klicken direkt hinter ihm. Er blieb wie erstarrt stehen. Die anderen hatten es wohl auch gehört, denn keiner bewegte sich mehr, bis sich Justus‘ Vater umzudrehen schien und urplötzlich ein lauter Knall ertönte. „Das Meritär hat Justus geschnappt und jetzt werden sie uns drankriegen“, darüber war sich Gerhard sicher.  

Und schon wieder ist Gerhard in eine brenzlige Situation hineingeschlittert, oder eher gekugelt. Aber wird er dieses Mal auch wieder entkommen können? Ist für Justus, seinen Vater und die Enten wirklich alle Hoffnung verloren? Wird es Gerhard noch gelingen, all die ungeklärten Fragen mit seinen investigativen Fähigkeiten aufzuklären? Oder wird es am Ende vielleicht sogar für unseren Haupthelden zu spät sein? Die Antworten darauf und auf mehr erhaltet ihr nächste Woche in unserem großen (Staffel-)Finale der unendlichen Geschichte!

Illustration: Elisa Schwertner

Die unendliche Geschichte – Teil 12

Die unendliche Geschichte – Teil 12

Einfach mal abheben in ein anderes Universum, auch dafür ist der webmoritz. da! Ihr könnt jeden Freitag ein anderes Redaktionsmitglied auf einem neuen Teil der intergalaktischen Reise unserer unendlichen Geschichte begleiten. Die Rahmenbedingungen haben wir in einer gemeinsamen Sitzung aus unseren Ideen zufällig ausgewürfelt, danach haben wir die Geschichte jedoch der individuellen Kreativität und Gnade unserer Redakteur*innen überlassen. Wohin die unendliche Geschichte führen wird, ist für uns also auch noch ungewiss, aber wir bieten Corona-Craziness, Ärger und Spaß ohne Ende – garantiert!

Was bisher geschah …
Gerhard Schmitt, Galapagos-Schildkröte, Investigativjournalist und Entenfotograf, landet als blinder Passagier in dem Enten-Raumschiff Große Kosmische Ente ganz schön holprig auf dem Planeten Meridia (Teil 1). Hier beginnt ein großes Abenteuer für den mutigen Schildkröterich. Zunächst wollte er nur Enten in Krisengebieten fotografieren, doch als er Justus, das kleine Schnabeltier, kennenlernt, dessen Vater vom Meritär entführt wurde, so wie auch die Enten (Teil 6), muss er auf einmal selbst zum Helden werden. Gemeinsam suchen sie die Mudixe auf (Teil 7), die beinhärtesten Journalist*innen des Planeten, die zu wissen scheinen, wo sich das geheime Meritärlager befindet. Nach einem Waldbrand und der (angeblichen) Rettung durch den angeberischen Cornelius von Nussingen (Teil 10) machen sich Gerhard, Justus und die Mudixe Lila und Julica auf den Weg zum geheimen Geheimlager des Meritärs, bis sie zu einem dubiosen Loch im Boden kommen (Teil 11).

 

Teil 12 Keine Zeit für Schildlife-Crisis

Alles war dunkel. Sie waren auf etwas sehr Weichem gelandet, aber unser liebenswerter Schildkröterich hatte noch nicht identifiziert, was es war. „Vermudixt und zugenäht“, hörte Gerhard Julica fluchen. „Ich hatte ganz vergessen, wie tief dieses Loch ist.“ „Worauf sind wir hier gelandet?“, fragte Justus leicht bibbernd, leicht angeekelt. „Eine Erfindung des Meritärs“, sagte Lila. „Das ist auf 1111 Grad Celsius erhitztes Strontium. Wenn es schließlich wieder abkühlt, nimmt es diese weiche, gummiartige Form an.“ Gerhard rappelte sich auf. Man musste kein investigativer Investigativjournalist sein, um sich für die Frage zu interessieren, die Gerhard nun stellte: „Gibt es hier irgendwo Licht?“ Justus antwortete prompt: „Ich habe bei meiner Verfolgung der entführten Enten ein EiPhone auf dem Boden gefunden, dass eines der Tiere verloren haben muss. Damit kann ich uns den Weg leuchten!“ Gerhard war stolz auf das kleine Schnabeltier. „Weißt du, du solltest vielleicht über eine Karriere als Investigativjournalist nachdenken, du hast einen richtig guten Spürsinn.“ „Dabei habe ich nicht einmal eine Nase“, antwortete Justus und Gerhard kamen Zweifel, ob das Jungchen wirklich so helle war, wie er gerade angenommen hatte. „Naja egal, würdest du bitte einmal das Licht anmachen?“ „Ja klaro.“ Endlich wurde der Ort mit Licht erfüllt. Sie waren in einem Gang gelandet, der nur in eine Richtung führte. So rappelten sie sich auf und machten sich auf den Weg durch den dunklen Tunnel. Julica und Lila stimmten nach einiger Zeit ein Lied an. Ein alter Faultier-Folklore-Song, der ungefähr so ging: „My Faultier is over the ocean, my Faultier is over the sea, my Faultier is over the ocean, oh bring back my Faultier to me …” Ihre Stimmen waren wie der Gesang einer Lerche im Frühling und Gerhard musste sich sogar eine Träne aus den Augen wischen, als Lila fulminant eine höhere Oktave anstimmte und wie eine junge Faultiergöttin „toooo meeeeee“ schmetterte.

„Wir sind da“, sagte Justus plötzlich, der vorausgegangen war. Vor ihnen war ein Fahrstuhl in den Gang gebaut. „Ah super“, sagte Julica, „Um den zu benutzen, müssen wir noch den geheimen Geheimcode eingeben.“ „Was ist der geheime Geheimcode?“, fragte Gerhard. „1111“, sagte Lila und es kostete Gerhard alle Anstrengung, nicht seine schrumpeligen Augen zu verdrehen. Als der Fahrstuhl ansprang, sagte Lila: „So, weiter kommen wir nicht mit. Wir haben morgen ja wieder Redaktionssitzung, die immer um 19:15 Uhr stattfindet. Außer …“ „Ja, ich weiß, außer wenn MNTM läuft“, unterbrach Gerhard sie harscher, als er gewollt hatte und fügte deshalb hinzu: „Vielen Dank für alles. Wenn ich mich irgendwann mal revanchieren kann, sagt mir Bescheid, und ich komme so schnell herbeigeeilt, wie es einer Schildkröte nur möglich ist, Galapagos-Ehrenwort.“ Justus und Gerhard stiegen in den Fahrstuhl ein und fuhren zurück Richtung Erdoberfläche.

Nach einer Weile hielt der Fahrstuhl an und seine Türen öffneten sich. Sie lugten mit ihren Köpfen in den neonlichtdurchfluteten Gang, zu dem sie der Fahrstuhl gebracht hatte. Niemand war da. Ein Weg führte nach links und einer nach rechts. „Also gut“, flüsterte Gerhard, „Wir sind hier, um die Enten und deinen Vater zu retten. Ich denke, wir sollten uns aufteilen du gehst nach links und ich gehe nach rechts, und wenn irgendjemand etwas findet, macht er ein Geräusch wie ein Hirsch in der Brunftzeit.“ „Was ist ein Hirsch?“, fragte Justus. „Ach egal, pfeif einfach den ersten Vers von „My Faultier is over the ocean, wenn du etwas gefunden hast.“ Justus nickte zustimmend, dann machten sich die beiden auf den Weg, das kleine Schnabeltier nach links und Gerhard nach rechts.

Gerhard war das alles nicht geheuer warum war hier niemand? Er schlich mit der Gewandtheit einer dreißigeinhalbjährigen Galapagos-Schildkröte durch die Gänge und auf einmal kam er an Gitterstäben vorbei. Die Zellen waren zunächst alle leer, doch schließlich hörte er aus einem der Räume lautes Geschnatter und Gequake. Er ging auf die Zelle zu und es bot sich ihm ein äußerst sonderbares Schauspiel. Er sah ein Schnabeltier sowie zwölf Enten und Erpel um einen runden Tisch herumsitzen und Poker spielen. Sie blickten auf, als er sich ihnen näherte. „Sind Sie Justus‘ Vater?“, fragte er das Schnabeltier. „Ja, der bin ich. Was ist hier los? Wer sind sie?“ Justus‘ Vater war überhaupt nicht so, wie Gerhard ihn sich vorgestellt hatte. Er trug eine Sonnenbrille, hatte an jedem Ohr einen Ohrring und ein Tattoo auf der Schulter, das aus den Buchstaben „A.M.A.B.“ bestand. Justus Vater, dem Gerhards Blick aufgefallen war, sagte verschmitzt lächelnd: „Gefällt es Ihnen? Das bedeutet ‚All Meritärs are blöd‘“. „Ich und Ihr Sohn sind hier, um sie zu retten“, sagte Gerhard ungehalten. „Mein Sohn ist hier?“, fragte das Schnabeltier. „Ja und wir wollen Sie retten. Gibt es irgendwo einen Schlüssel für die Zelle?“ „Ja, im Büro des Meritär-Marschalls ist einer.“ Gerhard ließ sich den Weg zu dem Büro des Meritär-Marschalls beschreiben und sagte: „Alles klar, ich besorge den Schlüssel, hole ihren Sohn und dann kriegen wir euch hier raus.“ Er machte sich auf den Weg zum Büro, doch nach der ersten Biegung sah er etwas, das ihm fast die Brille von der Schildkrötennase herunterrutschen ließ. Durch den Spalt einer Tür konnte er ihn sehen. War das möglich? Konnte es sein? In diesem Zimmer auf einem Schreibtisch lag: der Sauerteig.

 

Puh, ganz schön spannend. Was wird Gerhard jetzt tun? Vielleicht schafft er es noch die anderen zu retten oder er wird am Ende doch noch erwischt, während er sich über den heißgeliebten Sauerteig hermacht. Warum hat Gerhard noch niemanden vom Meritär gesehen und wer hat eigentlich den Waldbrand angezettelt? Ist das vielleicht alles eine Verschwörung von ganz oben?

Illustration: Elisa Schwertner

Die unendliche Geschichte – Teil 11

Die unendliche Geschichte – Teil 11

Einfach mal abheben in ein anderes Universum, auch dafür ist der webmoritz. da! Ihr könnt jeden Freitag ein anderes Redaktionsmitglied auf einem neuen Teil der intergalaktischen Reise unserer unendlichen Geschichte begleiten. Die Rahmenbedingungen haben wir in einer gemeinsamen Sitzung aus unseren Ideen zufällig ausgewürfelt, danach haben wir die Geschichte jedoch der individuellen Kreativität und Gnade unserer Redakteur*innen überlassen. Wohin die unendliche Geschichte führen wird, ist für uns also auch noch ungewiss, aber wir bieten Corona-Craziness, Ärger und Spaß ohne Ende – garantiert!

Was bisher geschah …
Der Investigativjournalist Gerhard befindet sich auf einem galaktischen Abenteuer mit dem kleinen Schnabeltier Justus. Das geschah unabsichtlich, schließlich war Gerhard investigativ auf dem Raumschiff Große Kosmische Ente unterwegs, jedoch landete er etwas holprig auf dem Planten Merida (Teil 1). Dort erwarteten ihn gefangen genommene Enten, der nervige Abenteurer Cornelius von Nussingen (Teil 4), Mudixe (Teil 7) und ein Brandanschlag (Teil 9).

Teil 11 – Wenn du zu lange in den Abgrund schaust

Cornelius musterte Gerhard und antwortete ihm: „Danke für deinen Kommentar, Gerhard! Aber ich denke, es gibt noch genug Welten, die ich retten kann. Schließlich bin ich einer der bekanntesten Abenteurer des Universums. Ich kann alles schaffen. Im Gegensatz zu einem Journalisten wie dir.“ Während sich Cornelius wieder der lauschenden Gruppe zuwandte, ärgerte sich Gerhard über seinen Patzer, den Gedanken laut ausgesprochen zu haben. Für ihn stellte Cornelius keinen Retter dar. Aber vielleicht konnte Gerhard selbst die kleine heile Welt von Justus retten, wenn er seinen Vater fand. Außerdem würde Gerhard seine eigene Welt ins Gleichgewicht bringen, wenn er die Enten aufspüren würde. 

Gerhard hatte nun eine weitere Aufgabe: Den Anschlag im Wald aufzudecken. Er schaute sich um. War unter ihnen jemand verdächtig? Außer Justus, dem er helfen sollte, konnte niemand ausgeschlossen werden. Die anderen kannte er noch zu schlecht. Er musste unbedingt die Augen offen halten nach… „Gerhard, können wir uns weiter auf die Suche machen?“, fragte ihn Justus leise. Gerhard gab Justus recht, schließlich gab es noch andere wichtige Sachen zu erledigen. Also begab sich die Gruppe aus zwei Faultieren, einer Schildkröte und einem Schnabeltier auf Spurensuche. Das Streifenhörnchen ließen sie hinter sich. Cornelius war immer noch damit beschäftigt, seine Abenteuer zu erzählen. Justus‘ Mutter Monika wollte ihnen folgen, doch diese konnten sie leicht abhängen. Sie hätte die Gruppe sowieso nur gestört und an ihrer Unternehmung gehindert.

Julica und Lila schlugen vor, sich in die Welt der Moore zu begeben. Dort war das geheimste Geheimlager des Meritärs. Das wussten sie aus einer geheimen Quelle, die sie unter keinen Umständen preisgeben wollten. Komischerweise wussten sie auch den exakten Weg zu dem geheimsten aller geheimen Geheimlager. Sie gingen vom Waldweg ab und begaben sich in Böschungen, ohne sich umzublicken. Gerhard kam das sehr ungewöhnlich vor, dennoch folgte er den beiden. Er dachte nämlich immer noch über die Verdächtigen des Waldbrandes nach. War es vielleicht Cornelius, um wieder einmal den Helden spielen zu dürfen? Oder Justus‘ Mutter Monika, die sich rächen wollte, weil er Justus in Gefahr gebracht hatte? Aber vielleicht auch eines der Faultiere? All seine Verdächtigen waren ihm allerdings zu eitel, um sich die Hände schmutzig zu machen, zu liebevoll, um den eigenen Sohn zu gefährden oder schlicht zu faul. Obwohl Julica und Lila ganz schön aktiv für sonst so träge Tiere waren…

,,Aua! Was soll das Justus?“, schrie Gerhard auf, der in ihn reingelaufen war. Ganz verdutzt darüber, aus seinen Gedanken gerissen worden zu seien, wollte er sich über Justus ärgern, bis Gerhard plötzlich in einen Abgrund sah. Ein riesiges Loch, welches sich im Boden auftat. Gerhard ging an Justus vorbei und wollte versuchen, in das Loch hineinzuschauen, jedoch konnte er nichts sehen. Alles darin schien schwarz zu sein. „Wir müssen da jetzt reinspringen“, behaupteten Julica und Lila. „Wir befinden uns doch immer noch im Wald und wir sind gar nicht am Moor angelangt. Müssen wir da nicht in Richtung Westen?“, hinterfragte Justus sie skeptisch. Lila versuchte Justus aus ihren großen liebevollen braunen Augen streng anzusehen: „Du musst nicht alles wissen. Es geht schließlich um geheime Dinge. Falls du uns nicht vertraust, kannst du gerne zurück zu deiner Mutter watscheln.“ Justus, ganz verschreckt, versteckte sich hinter Gerhard. Gerhard kam die Situation äußerst komisch vor. Allerdings wollte er endlich die Enten, Justus‘ Vater und vielleicht auch die Brandleger*innen finden. Gerhard nahm Justus beiseite: „Wir müssen es riskieren. Uns bleibt keine Wahl!“

Julica und Lila warteten gar nicht auf die beiden, sondern sprangen in die Tiefen des Lochs, ohne sich nach den beiden umzusehen. Wenn Julica und Lila schon selber sprangen, dann sollte es doch gut gehen, oder? Gerhard entschied sich für ein nicht ganz so überzeugtes Ja. Also sprangen er und Justus hinterher. Und dann fielen sie ganz, ganz tief. Ohne, dass es je ein Ende zunehmen schien.

Was Gerhard, Justus, Julica und Lila in der Tiefe erwartet, werdet ihr in der nächsten Geschichte von Thore erfahren. Vielleicht finden sie dort endlich Justus‘ Vater, die Enten und die Verantwortliche(n) des Brandes. Oder führten Julica und Lila sie absichtlich woanders hin?

Illustration: Elisa Schwertner

Die unendliche Geschichte – Teil 10

Die unendliche Geschichte – Teil 10

Einfach mal abheben in ein anderes Universum, auch dafür ist der webmoritz. da! Ihr könnt jeden Freitag ein anderes Redaktionsmitglied auf einem neuen Teil der intergalaktischen Reise unserer unendlichen Geschichte begleiten. Die Rahmenbedingungen haben wir in einer gemeinsamen Sitzung aus unseren Ideen zufällig ausgewürfelt, danach haben wir die Geschichte jedoch der individuellen Kreativität und Gnade unserer Redakteur*innen überlassen. Wohin die unendliche Geschichte führen wird, ist für uns also auch noch ungewiss, aber wir bieten Corona-Craziness, Ärger und Spaß ohne Ende – garantiert!

Was bisher geschah …
Es war einmal in einer anderen Galaxis, aber gar nicht so anderen Zeit. Galapagos-Schildkröte, Entenfotograf und seines Zeichens investigativster Investigativjournalist Gerhard Schmitt hatte auf dem Raumschiff Große Kosmische Ente investigiert, bis dieses schließlich etwas unsanft auf dem Planeten Meridia landete (Teil 1). Auf der Suche nach den inzwischen gefangenen Enten und mit Justus dem kleinen Schnabeltier im Schlepptau traf er auf den galaxiebekannten Abenteurer Cornelius von Nussingen (Teil 5). Nachdem er der Entführung von Justus beschuldigt wurde (Teil 8), kommt es zu einem schweren Unglück im Urwald (Teil 9).

Teil 10 – Retter in der (eigenen) Not

Das zu erkennen, war für ihn kein Hindernis. Der Wind hatte den ganzen Tag über nicht gedreht. Wenn das Feuer natürlichen Ursprungs gewesen wäre, hätte es nur von einer Seite kommen können. Nein – da das Feuer ihn umzingelte und rings um ihn heftig knisterte und fauchte, wusste er sofort, dass das Feuer nicht nur gelegt wurde. Es wurde hier, genau an dieser Stelle, um ihn herum entfacht.

Und das, das war das große Hindernis. Galapagos-Schildkröten sind nicht die schnellsten. Doch selbst wenn, das würde ihm auch nicht mehr viel nützen. Der Rauch wurde immer dichter, die Luft immer knapper. Lange würde er nicht mehr leben, das stand fest. Selbst der schnellste Sprinter würde diesem Flammenmeer nicht entkommen.

Gerhard zog den Kopf zurück in seinen Panzer. Das würde ihn auch nicht retten, aber das Flackern des Feuers machte ihn nur noch nervöser. Er wollte nicht daran denken, bald nur noch ein kleines Häufchen Asche im abgebrannten Urwald von Meridia zu sein. Gerhard stellte sich vor, wie er in der Bäckerei gestanden hatte, um sein selbstgemachtes Sauerteigbrot zu verkaufen; wie stolz seine Mutter immer auf ihn war, wenn ihre Freundinnen von seinen leckeren Kreationen schwärmten und noch stolzer wurde, als er ihr von seiner neuen Chance erzählt hatte.

Jetzt wäre sie bestimmt nicht mehr stolz auf ihn. Er, der das Spurenlesen von ihr gelernt hatte, bekam erst mit, dass er von Flammen umzingelt war, als er in seinem Panzer zu einer Suppenschildkröte gekocht wurde und dann endgültig verbrannte. Nein, davon würde sie einfach nur enttäuscht sein. Gerhard spürte, wie sich eine Träne aus seinem Auge löste, über seine Wange lief und von seinem Kinn tropfte. Und noch eine. Und noch eine. Er hatte noch nie geweint. Schildkröten können doch gar nicht weinen. Aber jetzt weinte er und er spürte gleichzeitig, wie die Wärme der Flammen immer näherkam und seine Sicht immer trüber wurde. Lange würde es nicht mehr dauern. Bald würde er tot sein und brauchte nicht mehr über die schmachvollen letzten Minuten seines Lebens nachdenken.

Ein leiser Schrei störte das gleichmäßige Prasseln der Flammen. Doch das konnte nicht sein. Wer sollte denn noch hier sein? Er war ganz allein. Vielleicht vergibt meine Mutter mir, dachte Gerhard noch, bevor ihm schwarz vor Augen wurde.

***

Dunkelheit. Wasser. Überall um Gerhard herum war Wasser. Tiefschwarzes Wasser. Aber Galapagos-Schildkröten sind Landschildkröten. Er konnte nicht schwimmen. Er bekam keine Luft.

‚Ich muss an die Oberfläche, aber es ist so dunkel. Wo ist die Oberfläche? Ich muss atmen. Ich ersticke. Da ist ein Licht. Es kommt näher. Da ist endlich die Oberfläche. Da ist endlich frische Luft. Das Licht kommt näher. Jemand ruft meinen Namen. Mama? Ich muss Luft holen. Mama, wo bist du? Ich brauche deine Hilfe. Hilfe! Mama, Hilfe!‘

Gerhard lag auf einer grünen Wiese, im Schatten eines großen Baumes, und die beiden Faultiere Lila und Julica beugten sich über ihn. „Oh mein Gott! Lila, ich habe ihn umgebracht“, rief Julica voller Verzweiflung. Lila versuchte ihre Freundin zu beruhigen: „Julica, hör bitte auf dich so in die ganze Sache hineinzusteigern. Schau doch. Er atmet noch. Du hast doch außerdem keine Schuld an dem Feuer. Wir wären selbst fast in die Flammen geraten.“ Doch Julica beugte sich wieder über Gerhard, um zu überprüfen, ob er irgendein Lebenszeichen von sich gab. Gerade wollte sie sich wieder zu ihrer Freundin umdrehen, da hörte sie ein ganz leises Murmeln von dem ohnmächtigen Gerhard. „Lila! Lila, schau doch! Er scheint aufzuwachen!“

Gerhard hörte immer lauter werdende Rufe. Das war nicht seine Mutter. Und er war auch nicht unter Wasser. Mit einem tiefen Luftzug öffnete er seine Augen und kniff sie gleich wieder fest zu. Selbst der schmale Lichtstrahl, der in seinen Panzer fiel, brannte fürchterlich in seinen Augen. Insgesamt fühlte er sich sehr durchgeschüttelt an. Dann fiel ihm das Feuer wieder ein und er riss schlagartig die Augen auf, ungeachtet des gleißenden Sonnenlichts, und sah sich um. Neben ihm saßen die beiden Faultiere. Hinter ihm war ein breiter Fluss und auf der anderen Seite stand der Wald in dichten Flammen. Wie um alles in der Welt war er dem Inferno entkommen?

„Gerhard! Du lebst! Ich hatte mir solche Vorwürfe gemacht!“ Das eine Faultier kam plötzlich sehr schnell auf ihn zu, so schnell ein Faultier eben laufen konnte. „Wir alle haben das Feuer erst in letzter Sekunde bemerkt und ich habe dir noch zugerufen, dass du uns folgen sollst. Und dann warst du plötzlich nicht mehr bei uns. Wir haben alle gedacht, du wärst in den Flammen …“ Gerhard versuchte dem Faultier, Julica hieß es, glaubte er sich zu erinnern, zu folgen. Er konnte sich immer noch nicht daran erinnern, wie er aus dem Wald herausgekommen sein sollte. „Julica, mir geht es ja offensichtlich gut“, unterbrach Gerhard die nicht enden wollenden Erklärungen von Julica, „aber könnte mir irgendjemand erklären, wie ich hierhergekommen bin?“

Julica wollte gerade zu einer Erklärung ansetzen, da zerriss wieder ein Schrei die Stille. „Ich, ich habe euch gerettet. Ich, Retter der Welten, Heilsbringer in Katastrophen, Helfer in jeglicher Not. Ich, Cornelius von Nussingen!“ Das kleine Streifenhörnchen baute sich vor Gerhard auf und pikste bei jeder weiteren Bezeichnung in Gerhards Gesicht. „Ich habe dieses schreckliche Feuer von weitem gesehen und wusste sofort: Cornelius, da wird deine Hilfe benötigt! Ich erkenne sowas natürlich. Bei den vielen Abenteuern, die ich bereits erlebt habe, entwickelt man da so ein Gespür dafür. Ich dachte mir: Cornelius, da wartet wieder eine Heldentat auf dich. Also habe ich meinen Freunden Bescheid gesagt und wir sind sofort losgedüst, um dich zu retten.“ Dabei zeigte Cornelius nach oben in die Baumkrone, in der vier riesige Papageien saßen. Gerhard hatte diese bunten Vögel zwar schon einmal gesehen, aber in dieser Größe waren sie ihm noch nie untergekommen. „Die Meraras sind zum Glück so groß und kräftig, dass sie dich an deinem Panzer greifen und aus dem Feuer retten konnten. Ich habe sie dabei natürlich dirigiert. Für mich ist keine Gefahr zu groß, wenn Unschuldige um ihr Leben fürchten müssen. Der großartige Cornelius …“ Gerhard hatte aufgehört der Selbstbeweihräucherung von dem übermäßig lauten Streifenhörnchen zuzuhören. Natürlich war er Cornelius unendlich dankbar. Immerhin hatte er sein Leben gerettet. Aber da er immer weiterredete und nicht zu unterbrechen war, mussten seine Dankesworte noch etwas warten.

Cornelius redete immer noch von seinen Heldentaten. Gerade erzählte er, wie er mal einen ganzen Schwarm Meraras vor dem Verhungern gerettet hatte. Gerhard hatte den Anfang der Geschichte verpasst, aber Cornelius erinnerte ihn an irgendjemanden. Nach einigem Nachdenken fiel Gerhard ein, dass er vor vielen Jahren mal eine sehr alberne Buchreihe zu lesen angefangen hatte. Darin ging es um irgendwelche komischen magischen Kinder, die mit Holzstöcken um sich wedelten. Da kam auch diese Figur vor, die immer allen erzählte, wie toll sie doch war und welche Heldengeschichten sie schon erlebt hatte. Wie hieß der Typ denn gleich noch mal? Schweikhard? Bernhard? Ah, Lockhart! Der hatte auch immer so angegeben.

Er schaute zurück in Richtung des brennenden Waldes. Hierher konnten die Flammen zum Glück nicht gelangen, da der Fluss breit genug war, und auf der anderen Seite gab es eine tiefe Klippe. Da konnten die Flammen also auch nicht weiter vordringen – durch das Feuer ging keine weitere Gefahr mehr aus. Hoffentlich gab es keine Opfer, denen niemand mehr zu Hilfe hatte eilen können, dachte Gerhard trübsinnig.

Da kam ihm erneut der Gedanke, den er kurz vor seiner Ohnmacht hatte. Irgendjemand musste den Wald angezündet haben. Er war nicht umsonst Investigativjournalist. Vielleicht schaffte er es neben seiner eigentlichen Mission auch aufzudecken, wer für den Brand verantwortlich war. Aber dafür brauchte er Hilfe, so gut kannte Gerhard sich auf Meridia schließlich noch nicht aus. Und er wusste auch schon ganz genau, wen er fragen wollte. Justus. Der kleine schlaue Kerl konnte ihm bestimmt behilflich sein. Außerdem hatte er Justus versprochen, mit ihm zusammen nach seinem Vater zu suchen. Und die Enten musste er auch noch finden.

Sein Blick fiel wieder auf die Szene vor ihm. Cornelius stand inzwischen auf einem großen Stein und erzählte der staunenden Runde immer noch von seinen Abenteuergeschichten. Gerhard schnaubte. So einen selbstverliebten Kerl hatte er noch nie gesehen. Erneut kam die Erinnerung an Lockhart zurück. Gerhard hatte den Großteil der Geschichte schon wieder vergessen, aber dass der Typ nicht ganz sauber war, wusste er noch. Sein Blick fiel wieder auf das laute, viel gestikulierende Streifenhörnchen.

Was wäre, wenn der Retter der Welten mal wieder eine Welt brauchte, die er retten konnte, es aber gerade keine gab?

Kann Gerhard herausfinden, wer wirklich für das Feuer verantwortlich war? Und schafft er es mit Justus‘ Hilfe zu den Gefängnissen von Meridia, um Justus‘ Vater und die Enten zu befreien? Wo steckt das kleine Schnabeltier überhaupt? Freut euch auf viele neue Fragen und Antworten im nächsten Teil der unendlichen Geschichte!

Illustration: Elisa Schwertner

Die unendliche Geschichte Teil 9

Die unendliche Geschichte Teil 9

Einfach mal abheben in ein anderes Universum, auch dafür ist der webmoritz. da! Ihr könnt jeden Freitag ein anderes Redaktionsmitglied auf einem neuen Teil der intergalaktischen Reise unserer unendlichen Geschichte begleiten. Die Rahmenbedingungen haben wir in einer gemeinsamen Sitzung aus unseren Ideen zufällig ausgewürfelt, danach haben wir die Geschichte jedoch der individuellen Kreativität und Gnade unserer Redakteur*innen überlassen. Wohin die unendliche Geschichte führen wird, ist für uns also auch noch ungewiss, aber wir bieten Corona-Craziness, Ärger und Spaß ohne Ende – garantiert!

Was bisher geschah …
Gerhard Schmitt ist Galapagos-Schildkröte, Entenfotograf und investigativster Investigativjournalist. Auf einer seiner journalistischen Missionen führt ihn sein Weg jedoch etwas unfreiwillig auf den Planeten Meridia (Teil 1). Hier stößt er nicht nur auf fremdartige schnabelige Tiere, sondern auch auf eine tiefreichende Fehde zwischen den frisch gelandeten Enten und den ansässigen Meridianer*innen (Teil 2). Und als Gerhard seinen geliebten Sauerteig an die Mutter des kleinen Schnabeltierjungen Justus verschenkt, ahnt er noch nicht, dass es diesen ins Visier das Meritär und damit in große Gefahr bringen wird. So machen sich Justus und Gerhard auf eine Reise, die sie zu den mudixten Mudixen führt (Teil 7), wo die Situation mit dem Auftauchen von Justus‘ Mutter plötzlich eskaliert und Gerhard Schutz in der Stille seines Panzers suchen lässt … (Teil 8)

Teil 9 – Ein Schwein kommt selten allein
(sondern immer mit Hintergedanken)

Die Stille war nicht bedrohlich. Im Gegenteil. Sie war eine willkommene Bekannte, eine alte Freundin sogar. So oft hatte er sie aufgesucht, damals in der Galapagosse. Sich in seinen Panzer zurückgezogen, wenn er das Gefühl hatte, dass die Welt über ihm zusammenbrach. Seine Beine unter das schützende Dach seines eigenen Körpers gezogen und von dem knusprigen warmen Brot und der Bärlauchbutter seiner Mutter geträumt. Dass es nicht real war, dass es das duftende Brot, die leckere Butter, den zärtlichen Gesang seiner Mutter, während sie Teig knetete, schon lange nicht mehr gab, hatte ihn nicht gekümmert. Realität, Träume, was machte es schon für einen Unterschied? Draußen in der Galapagosse war die Welt düster und dreckig und gefährlich, nur das zählte. Eine Welt, durch die er sich mit bloßer Panzerstärke hatte durchschlagen müssen. Bis eines frühen Morgens der wohlige Geruch von gebuttertem Brot durch seine Panzeröffnung und in seine Nase gekrochen war. Und Gerhard hatte den Kopf hervorgeschoben, war dem Duft zur Bäckerei gefolgt, hatte erst nur gierig davor gestanden, bis ihn die hübsche Schildkrötendame schließlich hereingebeten hatte. Sie hatte gelächelt und mit den langen Wimpern geklimpert. „Kannst du backen?“ „Nur Sauerteig“, hatte Gerhard wahrheitsgetreu geantwortet. Ihr Lächeln war noch ein wenig breiter geworden.

Er hatte nicht lange in der Bäckerei gearbeitet. Eine Zeit lang war es eine gute Abwechslung gewesen und es hatte ihm etwas Warmes zu essen eingebracht, aber Gerhard hatte andere Ziele. Die Welt zu sehen, von der ihm seine Mutter in ihren Liedern immer vorgesungen hatte. Und irgendwann war seine Chance einfach durch die Tür gelaufen gekommen, in Form eines leicht ergrauten Hängebauchschweins in Anzug und mit Sonnenbrille, obwohl es draußen schon dunkel geworden war. Auf seinem Heimatplaneten hatte man nie besonders viel von den Schweinen gehalten, also hatte Gerhard stets einen großen Bogen um sie gemacht. Dieser hier jedoch war direkt auf ihn zugekommen. Nur ein weiterer Kunde, hatte er sich eingeredet. Und umso mehr war ihm das Herz in die Tiefen seines Panzers gerutscht, als das Schwein seine Sonnenbrille ein Stück hinauf schob und ihn mit kleinen schwarzen Augen musterte. „Gerhard?“ „Schmitt. Gerhard nur für meine Freunde.“ Das Schwein hatte die Nase gerümpft, sodass sie noch faltiger wurde. „Sind wir denn keine Freunde?“ Gerhard hatte sich ein wenig auf die Hinterbeine gestellt und den Hals länger gemacht, um größer zu wirken vor dem dicken Schwein. „Das wird sich noch zeigen müssen.“ Daraufhin hatte das Schwein nur kichernd gegrunzt und in seiner Jacketttasche herum gewühlt. Nach langem Suchen hatte es endlich eine alte Polaroidkamera hervorgezogen und sie zwischen ihnen auf den Bäckereitresen gelegt. „Sie werden für uns an einer Story arbeiten, Schmitt. Sie trägt den Titel L’altra dimensione. Bei den Enten scheint ein Bürgerkrieg zu drohen. Sie werden uns Fotomaterial liefern.“ „Aber ich bin kein Fotograf“, hatte Gerhard verwirrt entgegnet. „Ich backe nur Sauerteig.“ „Dann werden Sie ihre Hobbys wohl überdenken müssen.“

Dass das Schwein seine erste aufrichtige Arbeit seit einem guten Jahrzehnt als ‚Hobby‘ abtun wollte, hatte Gerhard wütend gemacht. Er hatte den Auftrag trotzdem angenommen. War beim quackmoritz. gelandet. Hatte fotografiert und investigiert. Und war schließlich auf ein Raumschiff gekommen. In der Galapagosse, in der Bäckerei, beim quackmoritz. – immer nur ein Spielstein der anderen. Seine Mutter hätte gelächelt und ihm einen Kuss aufs runzlige Köpfchen gegeben. „Mehr musst du doch auch nicht sein. Für mich genügt das.“ Aber Gerhard genügte das nicht mehr. Es war Zeit, sein Leben selbst in die Krallen zu nehmen. So mutig, so tapfer, so selbstbestimmt zu werden, wie seine Mutter es bis zu ihrem letzten Atemzug gewesen war.

Also ließ Gerhard die Stille hinter sich. Den Dreck der Galapagosse, den Duft der Bäckerei, den Gesang seiner Mutter. Er streckte den Kopf aus seinem Panzer, nicht zaghaft, sondern mit Kraft und Nachdruck. „Ich habe Justus nicht entführt. Ich habe ihn nur begleitet. Er hat die Enten verfolgt, um seinem Vater zu helfen. Und ich wollte ihm helfen. Das ist alles. Und jetzt würde ich gerne weiter nach Enten suchen, um Fotografien von ihnen zu schießen. Danke.“

Doch als er aus der Tür in den Urwald hinaus blinzelte, musste er feststellen, dass er nicht einfach losziehen und Enten fotografieren können würde. Auch war all sein gesammelter Mut umsonst gewesen, denn es war niemand mehr da, der seine selbstbewusste Ansage gehört hätte. Und plötzlich verstand er, warum es so still geworden war, kaum dass er sich in seinen Panzer zurückgezogen hatte. Sämtliche faule Tiere und geschnabelte Tiere hatten das Baumhaus verlassen und Gerhard war allein zurückgeblieben. Allein zwischen den bunten qualmenden Fetzen der Hängematten, eingehüllt von beißendem Gestank und von dichtem Rauch umzingelt wie in einem Käfig. Vor ihm brannte der Urwald. Nein, wurde es ihm bewusst. Der Urwald brennt nicht einfach nur. Jemand hat ihn in Brand gesteckt.

Worin hat Gerhard sich nur jetzt wieder verstrickt? Wer hat den Wald angezündet und warum? Wo sind Justus, seine Mutter und die Faultiere abgeblieben? Und wird Gerhard es lebend aus den Flammen schaffen oder nimmt unsere und seine Geschichte schon hier ein jähes Ende? Das lest ihr nächste Woche in Svenjas zehntem Teil der Unendlichen Geschichte.

Illustration: Elisa Schwertner