Jedes Jahr aufs Neue zaubert Weihnachten eine besondere Atmosphäre. Doch welche Rituale und Traditionen pflegen wir eigentlich? Unsere Redaktion hat ihre ganz persönlichen Geschichten und Anekdoten rund um das Fest der Liebe zusammengetragen.Mehr dazu in Türchen Nummer 23 unseres Adventskalenders.
Ein Beitrag von einigen fleißigen webmoritz.-Redakteur*innen
Lucas: Was bei uns immer wieder eine Tradition ist, ist der abendliche Spaziergang vor der Bescherung. Früher hat meine Mutter meinen Vater, meinen Opa und mich immer rausgeschickt, damit sie und meine Oma die Geschenke schön unter dem Baum anrichten konnten. Der kleine Lucas war damals noch komplett von der Illusion des Christkinds überzeugt und weil dies auch weiterhin so bleiben sollte, hat meine Familie die Geschenke immer erst kurz vor der Bescherung unter den Baum gelegt, damit ich weiterhin im Glauben sein konnte, dass das Christkind die Geschenke gerade erst vorbeigebracht hat. Um das durchführen zu können, durfte ich natürlich nicht Zuhause sein zu dem Zeitpunkt, daher wurden wir immer auf einen Spaziergang geschickt. Auch, wenn die Illusion des Christkinds heutzutage nicht mehr wirklich präsent ist, wird der Spaziergang trotzdem noch durchgeführt bei uns, um die Vorfreude auf die Bescherung aufzubauen.
Adrian: Ein neuerer Weihnachtsbrauch in unserer Familie ist das einigen bestimmt bereits bekannte Aufhängen der „Weihnachtsgurke“. Vor ein paar Jahren hat meine Mama eine grüne „Weihnachtskugel“ in Gurkenform an den Weihnachtsbaum gehängt. Seitdem hängt sie jedes Jahr gut versteckt an einer anderen Stelle am Baum im Wohnzimmer. Wegen der grünen Färbung ist sie oft nicht gut oder teilweise gar nicht zu erkennen – und genau das ist die Idee hinter der Gurke. Wer an Heiligabend zuerst die Gurke entdeckt, darf das erste Geschenk auspacken. Mir gefällt der Brauch wegen seiner Einfachheit und der etwas skurrilen Natur der Gurke. Auch funktioniert dieser Brauch mittlerweile besser als früher, da meine Schwester und ich nun schon vor einer Weile von Zuhause ausgezogen sind. Das heißt zum einen, dass wir nicht den halben Dezember damit verbringen können die Gurke zu suchen und wir als Kinder wahrscheinlich den ganzen Baum auf den Kopf gestellt hätten.
Miriam: Ein Brauch bei uns ist das Aufsagen von Gedichten und das gemeinsame Singen mit der Familie. Die „Tradition“ besteht schon seitdem wir „Kinder“ klein waren. Das Einprägen von Gedichten war jedes Jahr aufs Neue ein Struggle.
Nessa: Bei uns gibt es den jährlichen „Wettkampf“ um den schönsten Weihnachtsbaum. Jeder versucht den anderen zu übertrumpfen und rühmt sich damit den schönsten Weihnachtsbaum zu haben – was die anderen natürlich dementieren. Das ganze hat seinen Höhepunkt gefunden, als mein Vater mir den Auftrag gegeben hat, ihm eine vom Weihnachtsmann unterschriebene Urkunde zu designen.
Jan-Niklas: So richtig geht Weihnachten erst los, wenn Heiligabend angebrochen ist. Wir gehen alle zusammen in die Kirche, danach gab es immer ein kleines Zeitloch und im Anschluss essen wir meistens sehr groß mit der Family. Gekocht wird das Essen von meiner Mutter, die sich jedes Jahr selbst übertrifft. Danach wird das Wohnzimmer aufgeschlossen (ja das ist den ganzen Tag zu, weil wir die Geschenke ja nicht sehen sollen) und es gibt die Bescherung. Meistens wird das Ganze begleitet von Weihnachtsmusik und einem Blitzlichtgewitter. Danach wird bei den Verwandten angerufen und wir verbringen einen schönen Abend miteinander, bevor Weihnachten dann so richtig los geht.
Ida: Bei mir in der Familie wird am 24. morgens der Baum geschmückt und sehr spät gefrühstückt. Am Nachmittag treffen sich alle in der Küche und wir machen gemeinsam Sushi. Am 25. morgens ist es bei uns ein absolutes Muss im Schlafanzug und mit Kakao „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zu schauen. Zwar haben wir den auch auf DVD, das ist aber nicht das Gleiche.
Wie ihr sehen könnt, hat jeder seine und ihre eigenen Bräuche und Traditionen, die sich durch die Weihnachtsfeiertage ziehen. Habt ihr auch eigene oder familiäre Weihnachtsbräuche oder Traditionen, auf die ihr euch schon freut? Schreibt sie gerne in die Kommentare.
Heute, kurz vor Weihnachten, ist der Tag der Wintersonnenwende. Ein Tag, nach dem die Tage wieder länger werden und die Nächte wieder kürzer. Ein astronomisches Phänomen, dass auch schon in der Antike eine wichtige Bedeutung hatte.
Wintersonnenwende – was ist das?
Sonnenwenden (lat. Solstitium, dt. Stillstand der Sonne) sind astronomische Phänomene, welche zweimal im Jahr auftreten. Diese werden als die Sommersonnenwende und die Wintersonnenwende bezeichnet. Sie beziehen sich auf den größten nördlichen oder südlichen Abstand, den die Sonne zweimal im Jahr zum Himmelsäquator der Erde erreicht. Die Wintersonnenwende fällt entweder auf den 21. oder wie dieses Jahr auf den 22. Dezember des Jahres und gilt als der astronomische Beginn des Winters, mit dem kürzesten Tag des Jahres und der längsten Nacht des Jahres, da die Sonne im Jahresverlauf dann, in der nördlichen Hemisphäre, den niedrigsten Stand mit Blick auf den Himmelsäquator der Erde erreicht. Nord- und Südhalbkugel verhalten sich diesbezüglich natürlich spiegelverkehrt. Am Polarkreis geht die Sonne um die Wintersonnenwende sogar gar nicht auf, da die Laufbahn der Sonne dann vollständig unterhalb der Horizontlinie liegt. Aber seid beruhigt, ab nun werden die Tage wieder länger, da sich die Nordhalbkugel der Sonne, bis zur Sommersonnenwende im Juni, wieder annähert. Das astronomische Ereignis der Wintersonnenwende ist nicht nur für uns heute wichtig, sondern hatte auch schon in zahlreichen antiken und frühmittelalterlichen Kulturen eine wichtige Bedeutung.
Mythen und Bräuche – die Germanen
In der germanischen Mythologie war die Wintersonnenwende der Startpunkt, an welchem der mächtige Gott Wotan und sein Heer über die Zeitspanne der Raunächte durch die Lüfte zogen. Um den Gott und sein Heer gnädig zu stimmen, war es Tradition, Speiseopfer vor die Tür zu stellen und mit Mehl Pentagramme auszustreuen, um ihnen den Weg zu weisen. Durch dies versprachen sie sich Fruchtbarkeit, Glück und Segen. Des Weiteren wurden Lichter aufgestellt und immergrüne Bäume oder Büsche im Haus geschmückt, es gab ein großes Festmahl, Gebete und Geschenke. Diese Traditionen kommen uns doch bezüglich des Weihnachtsfestes durchaus bekannt vor.
Mythen und Bräuche – die Kelten
Die Kelten feierten zur Wintersonnenwende das Yule-Fest, auch Mittwinter genannt, welches eine der heiligsten Sonnenfeiern im keltischen Jahr darstellte. Der kürzeste Tag des Jahres gefolgt von der längsten Nacht des Jahres stellte den Auftakt für die sogenannten Raunächte dar. Sie galten bei den Kelten als besonders magisch, weshalb sie ihre Häuser in dieser Zeit mit speziellen Kräutern ausräucherten. Die Erdgöttin der Kelten gebar zum Zeitpunkt der tiefsten Dunkelheit das Licht und somit begann der Kreislauf des Lebens erneut. Die Kelten feierten also die Geburt – die Rückkehr – des Lichts und somit den größer werdenden Sonnenbogen – die länger werdenden Tage. Das keltische Gegenstück zum Yule-Fest stellte Litha (Mittsommer) dar. Während beim Yule-Fest die Rückkehr des Lichtes gefeiert wurde, symbolisierte Litha die Sommersonnenwende und die volle Entfaltung der Sonnenkraft am längsten Tag des Jahres. Das Yule-Fest feierten die Kelten in einem kleinen Kreis, mit der Familie sowie den Ahnen und Göttern. Das Haus wurde mit immergrünen Zweigen geschmückt und es wurde einander beschenkt, so wie es heute zu Weihnachten auch üblich ist. In Nordeuropa wird das Yule-Fest auch heute noch gefeiert, je nach religiöser Zuordnung zwischen dem 21. Dezember und Anfang Februar. In Schweden beginnt das Yule-Fest am 13. Dezember mit dem Fest der heiligen Lucia. Wenn ihr mehr darüber erfahren wollt. schaut doch gerne einmal in einem unserer vorherigen Adventskalender-Türchen vorbei.
Wintersonnenwende und Weihnachten
Wie bereits gesagt, wurde vor dem christlichen Weihnachten ursprünglich das Yule-Fest zur Wintersonnenwende gefeiert. Das eine könnte mit dem anderen jedoch durchaus zusammenhängen. Yule steht im Englischen für Weihnachten und im Schwedischen, Dänischen und Norwegischen heißt Weihnachten heute auch Jul. Wie also ein Zusammenhang zwischen der Wintersonnenwende – der Geburt des Lichtes – und der Geburt Jesu besteht, können Interessierte hier nachlesen.
Es gibt jedoch noch weitere Traditionen aus anderen Teilen der Erde, welche sich um die Wintersonnenwende drehen, wie beispielsweise das japanische Feuerlauf-Fest (Hiwatari Matsuri).
Wintersonnenwende? Na und?
Wer sich die längste und dunkelste Nacht des Jahres nicht entgehen lassen will, kann auf einen klaren Himmel hoffen und mit etwas Glück die Dunkelheit nutzen, um sich die Sterne anzusehen. Wer jedoch kein Fan vom Sternschauen ist, kann sich bewusst einen Abend vor den Feiertagen nehmen, um noch einmal durchzuatmen und sich einen entspannten Abend zu machen. Denn für viele sind die Feiertage mit viel Stress verbunden und nicht immer nur schön. Also gönnt euch einen Abend alleine oder mit jemandem, der euch guttut, macht ein paar Kerzen an und kuschelt euch ein, zu einem guten Buch oder eurem Lieblingsfilm.
Von Mitte November bis zum 5. Dezember zelebrieren die Niederländer*innen die Sinterklaas-Zeit. Diese endet mit dem Pakjesavond, einer Art Bescherung, am heutigen Abend. Doch zu Sinterklaas gehört noch viel mehr als nur der Pakjesavond. Was noch zur Tradition gehört, könnt ihr hier nachlesen.
„Sinterklaas“ ist die niederländische Version von Nikolaus von Myra. Doch die Niederlande feiern ihn ein wenig anders als wir das kennen. Sinterklaas segelt Mitte November mit seinem Boot von Spanien in die Niederlande. Am ersten Samstag nach St. Martin (11. November) erreicht er dann sein Ziel. Im Gepäck hat er ein Gefolge bestehend aus den „Zwarte Pieten“. Die Niederländer*innen würdigen die Ankunft Sinterklaas’ in den verschiedenen Städten. Es gibt jedoch auch eine „offizielle“ „Sinterklaasintocht“, also die Ankunft in Amsterdam, die im Fernsehen übertragen wird.
Allerdings wird nicht nur die Sinterklaasintocht übertragen. Rund um die Sinterklaas-Zeit zieht sich eine Geschichte, die davon berichtet, was Sinterklaas und speziell seine Zwarte Pieten in den Niederlanden treiben. Jeden Tag gibt es ein Sinterklaasjournaal. Dieses wird vom Intocht-Tag bis zum sogenannten „Pakjesavond“ jeden Tag um 18 Uhr ausgestrahlt. Im Sinterklaasjournaal erhalten Kinder die Informationen zum aktuellen Abenteuer des Sinterklaas und seinen Zwarte Pieten. Den Zwaarte Pieten geschehen im Verlauf der Sinterklaas-Saison Missgeschicke, die es zu lösen gilt. Logischerweise gibt es in jedem Jahr eine glückliche Wendung, sodass der Pakjesavond wie gewohnt stattfinden kann.
Eine weitere Tradition in der Sinterklaas-Zeit ist es, die Schuhe vor einen Kamin oder an die Tür zu stellen. Ebenfalls werden Zeichnungen von Sinterklaas oder auch Nahrung für sein Pferd hinzugestellt. Nachts kommt dann Sinterklaas mit seinen Zwarte Pieten, die durch den Kamin in das Haus gelangen, und lassen zum Dank eine Überraschung zurück. Im Normalfall handelt es sich dabei um „Chocoladeletters“, also Schokoladen-Buchstaben. Der Buchstabe ist meist der erste Buchstabe des Vornamens. Im Mittelalter wurden diese Buchstaben aus Brotteig gemacht, seit dem 20. Jahrhundert werden die Buchstaben jedoch meist aus Schokolade angefertigt. Man kann auch verzierte Schoko-Buchstaben kaufen oder gefüllte mit Marzipan.
Zwarte Piet Kontroverse
Immer wieder gibt es Diskussionen um die Zwarte Pieten. Sie sind die Helfer*innen des Sinterklaas. Im Deutschen würde man sie als „schwarzen Peter“ bezeichnen. Äußerlich sind ihre Gesichter schwarz (angemalt). Auch handelte es sich früher um einen einzelnen Zwarte Piet, doch mittlerweile hat Sinterklaas eine Gruppe von Zwarte Pieten. Besonders seit den 2010er Jahren wird die Figur des Zwarte Piet mehr und mehr hinterfragt und vor allem auch kritisiert. Die Kritik reicht von Blackfacing bis Sklaverei, da der Zwarte Piet nichts anderes als der Knecht des Sinterklaas ist.
Einen kleineren Höhepunkt der Diskussion zeichnet das Jahr 2013, als der Niederländer Quinsy Gario vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Klage gegen die Zwarte Pieten einreichte. Im selben Jahr beschäftigte sich eine Expertenkommission der Vereinten Nationen mit dem Thema und gab Gario recht. Im Juli 2014 sprach das Amsterdamer Verwaltungsgericht ein Urteil, „dass der Zwarte Piet ein ’negatives Stereotyp des schwarzen Menschen‘ sei“ (Zitat von DW: Zwarte Piet – zwischen Tradition und Rassismus), wobei das Verwaltungsgericht in Den Haag dies am Ende wieder anders sah. Das Jahr 2017 beschreibt den Höhepunkt dieser Diskussion, die sich im Verlauf immer weiter zuspitzte. Damals kam es sogar zu Autobahnblockaden der Pro-Pieten Demonstrierenden damit die Kick-Out-Zwarte-Piet Demonstrierenden nicht mit ihrem Bus voran kommen.
Die Zwarte Pieten haben sich seitdem verändert: es gibt nicht mehr „nur“ die Zwarte Pieten, sondern auch „Witte“ (niederl. weiss) und „bontgekleurde“ (niederl. bunt bemalte) Pieten. Außerdem gibt es noch „Roetpieten“, die Ruß im Gesicht tragen, vom durch die Schornsteine klettern. Darüber hinaus wird bereits seit 2006 in den Programmen des ntr: nicht mehr von Zwarte Pieten gesprochen. ntr: ist eine öffentliche Rundfunkanstalt, die insbesondere Information, Bildung und Zusammenleben fördert. Der ntr: produziert das Sinterklaasjournaal. Im Jahr 2017 wurden die bontgekleurde Pieten wieder abgeschafft. 2019 wurden erstmals keine Zwarte Pieten mehr eingesetzt, sondern nur Roetpieten.
Sinterklaas regelt alles
Sinterklaas hat, und das wird an den Debatten um den Zwarte Piet deutlich, eine hohe Bedeutung in den Niederlanden. Das Fest um den Pakjesavond wird teilweise sogar größer gefeiert als Weihnachten. Die Sinterklaas-Zeit wird in den Niederlanden so aufgezogen, dass die kleineren Kinder tatsächlich an Sinterklaas und seine Pieten glauben. So sehr, dass es in diesem Jahr Beschwerden von Eltern zum Sinterklaasjournaal gab. Der Plottwist in der diesjährigen Geschichte war das Sinken des „Pakjesbootes“, also Sinterklaas‘ Geschenkeboot. Der scheinbare Verlust ihrer Geschenke löste bei vielen niederländischen Kindern eine große Verzweiflung aus. Der Rundfunk musste daraufhin eine Mitteilung herausgeben, dass Sinterklaas für alles eine Lösung findet. Der Pakjesavond wurde natürlich von Sinterklaas gerettet und alle haben ihre Geschenke erhalten.
Alle Jahre wieder weihnachtet es auch beim webmoritz.! Hier wird Weihnachtsmusik gedudelt, werden Plätzchen gebacken und Geschichten der vergangenen, diesjährigen und zukünftigen Weihnacht unter flackernden Lichterketten geraunt. Einen Teil dieser besinnlichen Stimmung möchten wir wieder in unserem Adweb.kalender mit euch teilen. Hinter dem 4. Fensterchen erwartet euch: regionale Weihnachtsbräuche.
Weihnachtsbräuche unterscheiden sich in jedem Land. Da gibt es etwa das Luciafest in Schweden oder die Weihnachtshexe in Italien. Aber so weit braucht man gar nicht zu gehen, um etwas Neues zu entdecken, denn auch jedes Bundesland hat seine eigenen Traditionen. Höchste Zeit, sich mit den hiesigen Bräuchen zu beschäftigen.
Der Christbaum
…heißt hier zunächst einmal Weihnachtsbaum. Heute stehen hier wie anderswo in Deutschland in den meisten Wohnungen bunt geschmückte Tannen. Anders als im Süden haben sich Weihnachtsbäume in MV aber erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts allmählich durchgesetzt. Die damaligen Bäume sahen auch ganz anders aus als heute: Aus Mangel an Fichten stellte man hier Kiefern oder sogar Laubbäume auf. Oder man verzichtete ganz auf einen richtigen Baum und schmückte stattdessen einen Bügelbaum. Diese aus Ästen zu „Bäumen“ gebogenen Gestelle waren besonders auf Hiddensee sehr verbreitet und werden dort seit einigen Jahren auch wieder gebräuchlicher. Geschmückt wurden echte wie nachgemachte Bäume früher vor allem mit essbarem Schmuck. Das konnten Äpfel und Gebäck sein, wie wir es teilweise heute noch kennen, es gab aber auch Kurioses wie mit Silberpapier beklebte Pellkartoffeln oder sogar Würste.
Die Bescherung
…erinnerte hier früher an den Nikolaustag. Nur, dass es wegen der Abschaffung der Heiligenverehrung durch die Reformation gar keinen Nikolaustag gab. Stattdessen stellten Kinder an Heiligabend ihre Schuhe nach draußen oder legten Mützen auf die Fensterbank, die dann vom Kinnjes (dem Kind Jesus) mit Äpfeln und Gebäck bestückt wurden, teilweise auch mit einem Zwei-Schilling-Stück. Später setzte sich dann die Gestalt des Weihnachtsmannes durch, der zunehmend auch Spielzeug brachte. Erwachsene schenkten einander lange Zeit nichts, dafür war der Brauch des Julklappenwerfens durch den Einfluss der schwedischen Besatzung weit verbreitet. Dazu wickelte man kleine Geschenke in mehrere Hüllen und versah sie mit dem Namen der Person, für die sie gedacht waren. Im Dunkeln zog man dann los, warf die Julklappen vor die entsprechende Tür und rannte danach schnell weg. Wer so eine Gabe erhielt, konnte dann zu rätseln beginnen, von wem sie wohl gewesen sein mochte.
Aber nicht nur die Menschen wurden bedacht, auch die Tiere kamen aus einem Aberglauben heraus auf ihre Kosten. So wurden Kühe einzeln mit Hafer gefüttert und bekamen Münzen in ihre Tränken gelegt, während Hunde und Katzen etwas vom Weihnachtsessen bekamen. Auf diese Weise sollten die Tiere im nächsten Jahr gut gedeihen. Selbst die Obstbäume wurden teilweise beschenkt: Man steckte ihnen eine Silbermünze in die Rinde und sagte dabei „Ick beschenk di to Weihnachten“. Ob die Bäume wohl etwas damit anfangen konnten? Heute gehen sie jedenfalls leer aus – im Gegensatz zu den Tieren: Beim eher neueren Brauch der Lüttenweihnacht, den es zum Beispiel noch auf Rügen gibt, werden für sie jede Menge Leckereien an die Bäume im Wald gehängt.
Das Weihnachtsgebäck
… war hier lange Zeit nicht besonders vielfältig. Zumindest das Selbstgebackene beschränkte sich weitgehend auf weiße und dunkle Pfeffernüsse nach unzähligen Rezepten. Ein typisches Gebäck, das zur Weihnachtszeit verkauft wurde, waren die Kinnjespoppen oder auch Has´poppen. Diese „Puppen“ bestanden meist aus Semmelteig, der mit Zucker bunt verziert wurde und stellten verschiedene Figuren mit oder ohne Weihnachtsbezug dar. Oft wurden sie von fahrenden Händlern verkauft, die abends ihre überschüssige Ware teils dadurch loszuwerden suchten, dass sie mit der Dorfjugend darum würfelten.
Die Sternsinger
…sind hier zwar nicht weit verbreitet, dafür gibt es traditionell aber reichlich andere Gestalten, die von Haus zu Haus gehen. So gab es statt eines Singens an Dreikönig ein Tuten an Heiligabend: Der Überlieferung nach befahl der Engel den Hirten bei Christi Geburt jedes Jahr mit Hörnerblasen an die Heilige Nacht zu erinnern. Daraus entstand der Brauch des Weihnachtstutens, bei dem die Hirten mit ihren Hörnern durch die Straßen zogen und eine vorher festgelegte Bezahlung in Form von Bier, Naturalien oder Geld erhielten. Neben den Hirten waren auch Gruppen unverheirateter Knechte unterwegs, die in die verschiedensten Rollen schlüpften. Da gab es das weißgewandete Kinnjes, das um Einlass für die Gruppe bat, den Rugklas („rauher Niklas“) mit seiner Rute in einer Verkleidung aus Haferstroh, den Schimmelreiter, dessen Pferd wiederum von zwei Männern gespielt wurde, den Bärenführer mit seinem Bären und viele mehr. All diese Figuren gaben hintereinander kleine Vorführungen und wurden dafür mit Schnaps belohnt. Mit der Zeit wurden Kinnjes und Rugklas zu Geschenkebringern, bis sie zum Weihnachtsmann wurden. Ursprünglich handelte es sich jedoch um Schreckgestalten, die es selbst auf eine Belohnung abgesehen hatten.
Der Weihnachtsmarkt
…blickt hier auf keine lange Geschichte zurück. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es nur in Stralsund einen richtigen, mehrtägigen Weihnachtsmarkt, in einigen anderen Städten zumindest eintägige Märkte. Während sich Weihnachtsmärkte andernorts immer weiter verbreiteten, versuchte man hier oft sie einzudämmen, möglicherweise aus Sorge vor Konkurrenz für die ansässigen Geschäfte. So gab es etwa in Schwerin einen Bereich auf dem Marktplatz, in dem Handwerker*innen zur Weihnachtszeit ihre Stände aufbauten und die dem Magistrat ein Dorn im Auge waren. Durch das Einführen neuer Regeln wie hoher Abgaben in Form eines Marktgeldes und Ausstehungsverboten, wenn bestimmte Bedingungen nicht erfüllt waren, gelang es ihm, sie zu vergraulen, bis 1901 keine Stände mehr übrig waren. Der Schweriner Weihnachtsmarkt wurde dann erst nach 1945 wieder neu belebt.
Die Ursprünge des Halloween-Festes sind beinahe genauso umstritten wie die Fragen, wie man es überhaupt feiern sollte, was die perfekte Kürbis-Schnitztechnik ist und welche Süßigkeiten unbedingt in den Beutel hineingehören. In zwei Punkten sind sich die verschiedenen Theorien über die Anfänge des Feiertages aber einig: Es hat etwas mit den Toten zu tun. Und Pyroman*innen lieben diesen Trick (or Treat).
Die einen halten Halloween für ein keltisches Fest, die anderen für ein römisches oder christliches, alle glauben sie, dass ihre Theorie die einzig richtige ist und am Ende war es wahrscheinlich eine gesunde Mischung aus allem. So wie Jesus laut Bibel wohl nicht an Weihnachten geboren ist und der 24.12. daher gar nicht sein großer Tag sein dürfte, stattdessen aber der von Mithras (zwar ohne Geburtstag, aber mit weit zurückreichender Party-Tradition). Das christliche Fest verschlingt das heidnische, und heute haben wir Geschenke, einen Weihnachtsbaum, Adventskränze und leuchtende Weihnachtssterne. Völkerverständigung at its finest. Oder religiöser Imperialismus, je nachdem.
Mit Halloween ist es wohl sehr ähnlich gewesen. Die ersten Hinweise auf ein Fest, das zu dieser Zeit Ende Oktober oder Anfang November gefeiert wurde, gehen auf die Kelten zurück. „Samhain“, übersetzt so viel wie Ende des Sommers (oder November oder Versammlung oder zurückgehend auf irgendeinen Sommergott, je nachdem, wen man fragt), wurde traditionell am 31. Oktober gefeiert (oder zuerst nur an jedem 11. Vollmond im Jahr, bis zur Einführung des gregorianischen Kalenders in keltischen Gebieten). Das Fest existiert wohl seit dem 5. Jahrhundert (oder seit 2500 Jahren), aber im 5. Jahrhundert zumindest scheint es sich mit einem römischen Fest zu Ehren von Pomona, der römischen Göttin der Baumfrüchte, zu vermischen. Anfangs war Samhain ein Fest zu Ehren des Neujahrstags (oder des Jahresendes), denn da die Kelten nur mit zwei Jahreszeiten – Sommer und Winter – rechneten, begann ab dem 1. November der Winter und damit das neue Jahr.
Dem keltischen Glauben nach war in der Nacht vom 31. Oktober zum 1. November der Schleier zwischen den Welten besonders dünn (womöglich weil Sommer als Zeit des Lebens und Winter als Zeit des Todes angesehen wurde und hier beide aufeinander trafen). Dieser dünne Schleier trennte die Welt der Lebenden von der Welt der Toten (oder die Welt der Sterblichen von der der Götter). Wie es auch heute noch im mexikanischen und ebenfalls am 31. Oktober beginnenden Día de Muertos gehandhabt wird, fürchtete man sich anfangs nicht vor den Toten. Im Gegenteil. Man lud sie zu sich nach Hause ein, speiste mit ihnen oder legte kleine Geschenke für die Geister vor die Häuser. Doch die Nacht war dunkel und voller Schrecken, denn nicht nur die Seelen der Verstorbenen, sondern auch böse Geister (und Dämonen und eventuell auch die Streiche spielenden Götter) konnten durch den Schleier in unsere Welt gelangen. Also wurden Feuer entzündet – man stellte sie in die Fenster, um den Verstorbenen den Weg zu weisen (oder um die bösen Geister zu vertreiben, nachdem sie zuerst von den Geschenken vor den Häusern beschwichtigt wurden). Unabhängig von den kleinen Feuern in den Häuserfenstern wurden wohl auch auf den Hügeln Feuer entzündet – Bon- oder Bonefire, also Knochenfeuer, zu Ehren des Sommers (oder zur Abschreckung der bösen Geister, oder um den Göttern Opfer darzubringen, damit sie den Menschen in der kommenden kalten und gefährlichen Zeit beiseite stünden).
Und dann sind da noch die Masken (oder Verkleidungen). Sie dienten der Tarnung, damit die bösen Geister die Lebenden nicht als solche erkannten (oder sich im besten Fall sogar vor ihnen fürchteten), und die Menschen somit vor Besessenheit verschont blieben (oder die Masken sollten an Tote erinnern, damit die Geister dem Irrtum verfielen, die Menschen seien bereits tot, oder aber sie sollten den Geistern selbst ähneln, als clevere Verwirrungstaktik). Obwohl über die Zeit der Glaube an Besessenheit allmählich abnahm, nahm die Angst vor den Toten zu, und so nutzte man das Fest, um verkleidet und lärmend durch die Straßen zu ziehen und Geister zu vertreiben.
Fast forward a few hundred years, und damit zur Verschmelzung mit dem Christentum. Im frühen Mittelalter verspürten die Christ*innen große Lust, Samhain ebenfalls zu feiern, was aber durch den heidnischen Ursprung nicht ganz so einfach vor den lokalen Priestern zu begründen war. Also verlegte die katholische Kirche im 8. Jahrhundert (oder Ludwig der Fromme 835 oder Papst Gregor IV. 837) den Feiertag Allerheiligen spontan vom Mai auf den 1. November, sodass beide Feste aufeinander fielen. So wurde der Abend davor zu einem geheiligten, also „hallowed“ eve, wodurch auch der Name Halloween langsam Gestalt annahm (oder er stammt direkt von dem früheren Namen für den All Saint’s Day Vorabend „All Hallows‘ Eve“).
Aber auch das keltische Fest konnte von der Verschmelzung mit Allerheiligen profitieren, denn das Christentum brachte ebenfalls seine Bräuche mit in die Ehe. An Allerseelen am 2. November, also nur einen Tag nach Allerheiligen, zogen christliche Erwachsene (oder Kinder oder Bettler) in ganz Europa (oder nur in Irland) durch die Dörfer und erbaten an den Haustüren Seelenkuchen. Dabei handelt es sich um ein kastenförmiges süßes Brot, das mit Johannisbeeren verfeinert wird. Wenn die Bittenden ein Brot bekamen, versprachen sie im Gegenzug für die verstorbenen Verwandten ihrer gastfreundlichen Mitmenschen zu beten.
Zuletzt kam auch noch der Brauch der ausgehöhlten, leuchtenden Kürbisse dazu. Ignoriert man die wenigen Quellen, die glauben, dass bereits die Geisterfeuer in den Fenstern in Rüben und Kürbisse gesteckt wurden, findet sich der Ursprung der Gemüselaterne in einer irischen Sage. Namensgebend für den Jack O’Lantern ist ein Mann namens Jack (oder Stingy Jack, oder Jack Oldfield, was das „O“ im Namen erklären könnte, wenn man nicht davon ausgehen will, dass es einfach für „Jack of Lantern“ steht). Jack war nicht unbedingt als tugendhaftester Mensch der Welt bekannt (oder er trank einfach nur gerne mal einen mehr, was in der christlichen Gesellschaft auch nicht unbedingt besser war), und so stand er auf der VIP-Liste des Teufels. Als dieser Jacks Seele irgendwann holen wollte, lockte Jack ihn aber auf einen Baum, ritzte in den Stamm schnell ein Kreuz, wodurch der Teufel nicht mehr hinunter konnte, und zwang ihn zu einem Deal. Entweder bekam Jack noch einmal 10 Jahre gutgeschrieben oder aber der Teufel musste ihn für immer verschonen, hier gehen die Legenden wieder auseinander. In jedem Fall aber ließ der Teufel Jack nicht in die Hölle hinein, als dieser irgendwann starb (um sich an seinen Teil der Abmachung zu halten oder einfach nur, weil er die beleidigte Grillwurst spielen wollte). In den Himmel konnte Jack aber auch nicht, denn dafür hatte er einfach nicht fromm genug gelebt. So war er dazu verdammt, bis in alle Ewigkeit zwischen Himmel und Hölle umher zu wandeln. Aus Schadenfreude (oder Mitleid) warf der Teufel Jack noch ein paar glühende Kohlen zu, die dieser in eine ausgehöhlte Rübe steckte (die er entweder selbst besorgte oder ebenfalls vom Teufel geschenkt bekam). In Irland waren die ersten Jack O’Lanterns daher auch noch Rüben und keine Kürbisse.
Im 19. Jahrhundert, da ist man sich wiederum relativ einig, kam das Fest schließlich durch irische Immigrant*innen in die USA, wo es zunehmend kommerzialisiert wurde und vor allem durch die Beliebtheit bei Kindern zu einem wichtigen Feiertag aufstieg. Hier zog sich auch die Jack-O’Lantern-Rübe ein Kostüm an und wurde kurzerhand zu einem Kürbis – der wurde damals in den USA als Schweinefutter in großer Zahl angebaut und war daher einfach leichter verfügbar, gerade zu seiner Erntezeit von September bis Oktober. Auch hier sollten die eingeritzten Gesichter übrigens ursprünglich böse Geister vertreiben, auch wenn daran heute wahrscheinlich kaum mehr jemand denkt bei den großen runden Augen, dem breiten Lächeln oder dem einen schiefen Zahn, die manche Kürbisse zieren.
Seinen Weg zurück nach Europa fand Halloween erst mit dem Ende des 2. Weltkriegs (oder in den 80er oder 90er Jahren durch die Karnevalsindustrie). Von der christlichen Kirche eher missmutig beäugt, weil es die Ernsthaftigkeit des Totenfestes nimmt (oder weil Luther unbedingt genau zu Halloween der katholischen Kirche mit seinen Thesen einen Schrecken einjagen musste, sodass der Reformationstag heute auf das gleiche Datum fällt), konnte es sich trotzdem immer weiter durchsetzen. Über die Jahre kamen auch noch mehr Bräuche hinzu. Waren die ursprünglich zu Halloween abgehaltenen Rituale eher pyromanischer Natur (Früchte mit bloßen Händen aus brennendem Alkohol fischen, die Zukunft deutende Nüsse ins Feuer schmeißen, Leben und Tod in der ausgetretenen Asche lesen), wurden sie zunehmend harmloser. Von Apple Bobbing über bunte Faschingskostüme bis hin zu Europameisterschaften im Kürbiswiegen (der derzeitige Rekord liegt bei knapp über 1000 Kilogramm).
Trotzdem scheinen über die vergangenen Jahre die kleinen Geister, Hexen und Mumien auf den Straßen ein wenig abgenommen zu haben. Immer weniger ausgehöhlte Kürbisse grinsen von Fensterbänken glänzenden Kinderaugen entgegen und die Süßigkeitenarsenale leeren sich kaum, so selten klingelt es am Abend des 31. Oktobers an der Tür. Nicht bei uns. Über die nächsten Tage wollen wir mit euch Halloween wieder ein wenig aufleben lassen und unsere eigenen, wenn auch mittlerweile älter gewordenen, Kinderaugen wieder zum Glänzen bringen.
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