Adventskalender Türchen 10: Bärenstarkes Ehrenamt – Die Aufgaben eines TeddyDocs

Adventskalender Türchen 10: Bärenstarkes Ehrenamt – Die Aufgaben eines TeddyDocs

Das Teddybär Krankenhaus (TBK) verbindet Nächstenliebe mit kindlicher Fantasie: Die Stofftiere werden liebevoll verarztet und die Kinder lernen, wie schön es ist, anderen zu helfen. Die Art und Weise wie den Kindern die Angst vorm Arzt genommen wird, ist ein Symbolakt für die weihnachtliche Nächstenliebe, weshalb dieses Interview auch im Rahmen unseres Adventskalenders erscheint. In einem Interview mit Suthasinee Ratzlaff, welche seit einem halben Jahr im TBK tätig ist, bekommt der webmoritz. Einblicke in das Ehrenamt. Besonders der Außeneinsatz in Anklam am 2. Dezember und am 3. Dezember 2024, als TeddyDoc, wird thematisiert.

Ein Einblick in die Aufgaben eines TeddyDocs

webmoritz.: Du warst beim Außeneinsatz vom TBK in Anklam mit dabei. Was hat den Einsatz in Anklam so besonders gemacht?

Suthasinee Ratzlaff: Wir hatten eine ganze Turnhalle, da hatte man genug Platz. Die Erzieher*innen und Lehrer*innen waren auch sehr, sehr, sehr freundlich und haben immer viel rübergeguckt. Das fand ich ganz süß und ganz lustig.

Was war dein Highlight bei diesem Einsatz?

Suthasinee Ratzlaff: Mein persönliches Highlight war, wenn wir eine OP gemacht haben, das heißt, wir haben irgendwo die Augen wieder ran- oder ein Riss wieder zugenäht. Dann haben wir die Kinder auch immer in OP-Kleidung gekleidet. Das war immer süß und lustig zuzugucken.

Wie läuft so einen Einsatz ab? Und inwiefern ist Ablaufplan anders als in der TBK-Woche.

Suthasinee Ratzlaff: Genau, da es ja nur zwei Tage waren und wir zu denen gefahren sind, haben wir natürlich einen Raum bzw. die Turnhalle gestellt bekommen und mussten gucken, wie wir das zurechtstellen aber der Ablaufplan war ähnlich, nur ein bisschen kürzer gefasst. Also, hatten wir nur einmal kurz eine Behandlung, wo man guckt, ja okay, was ist mit dem
Stofftier passiert? Dann hatten wir unser Röntgen, unser Labor, die OP-Stelle, die Apotheke und natürlich die Annahmestelle aufgebaut. Leider konnten wir z.B. die Zahnhygiene nicht mit reinnehmen, weil dafür entweder keine Zeit war oder wir zu wenig Leute waren. Also an Tag zwei zumindest. An Tag eins konnten wir das dann jetzt noch ein bisschen machen, aber da ist sowas mehr nach hinten gefallen.

Was hattest du für Tätigkeiten in diesem Einsatz?

Suthasinee Ratzlaff: Ich war entweder an der Apotheke und habe denen die Tabletten gegeben, die das Stofftier braucht. An sich sind das nur Placebo Tabletten oder Tee. Ich habe aber auch immer wieder mal kurz gewechselt und war auch als TeddyDoc unterwegs. Dann behandelt man das Stofftier. Also, Teddy hat sich das Bein gebrochen, muss verwunden werden, Teddy hat Husten, kriegt Hustensaft.

Wie geht ihr mit ängstlichen Kindern um bzw. wie nehmt ihr ihnen die Angst?

Suthasinee Ratzlaff: Wir versuchen das interaktiv zu machen. Wir haben zum Beispiel ein Stethoskop und hören uns das Herz an. Und dann fragen wir: „Wollt ihr auch vielleicht mal hören?“ Sie klopfen dann hinten drauf, dass es sich wie ein Herz anhört. „Oh, da hört man ja wirklich etwas.“ Man versucht das ein bisschen spielerisch und natürlich auch kindgerechter zu machen. Man sagt nicht: „Da ist eine Fraktur,“ sondern man sagt, „Guck mal, der Knochen sieht irgendwie nicht ganz so heile aus.“

Was ist deine Motivation für das Ehrenamt als TeddyDoc?

Suthasinee Ratzlaff: Ich bin an sich ja kein Mediziner, ich bin ja Grundschullehramtsstudent. Und in der Grundschule hat man auch, viele Kinder, die öfter mal erzählen: „Ich bin krank, aber ich will nicht zum Arzt, weil ich habe irgendwie Angst vorm Arzt.“ Erstens das, zweitens hatte ich selbst im Kindergarten TeddyDocs zu Besuch und ich hatte als Kind früher auch große Panik vor Ärzten und Spritzen. Man sieht sich selbst als Kind wieder. Die Ärzte tun ja was Gutes, die wollen einem helfen, dass versucht man, den Kindern mehr zu zeigen.

Was ist dein größtes Learning aus dieser Tätigkeit in der Arztrolle?

Suthasinee Ratzlaff: In dieser Arztrolle siehst du die Kreativität der Kinder. „Teddy ist auf den Baum gesprungen und dann runtergefallen.“ „Teddy ist vom Fallschirmspringen kaputtgegangen.“ Man merkt, wenn Kinder sich irgendwas ausdenken oder wenn Kinder ihre eigenen Krankheiten auf das Kuscheltier projizieren.

Auf eurer Website steht, dass man um eine TeddyDoc zu werden, nicht Pharmazie/Medizin/Zahnmedizin studieren muss, da die Arbeit mit den Kindern im Vordergrund steht. Was kannst du dazu sagen?

Suthasinee Ratzlaff: An sich gibt es Workshops, wo uns gezeigt wird wie du die ärztlichen Sachen kindgerecht machen kannst. Wie zum Beispiel kindgerechte Sprache, dass man nicht zu brutal redet wie „Fraktur“ und „komplett kaputt“, sondern vorsichtiger. Man lernt, wie wir unsere ganzen Sachen benutzen, zum Beispiel ist unser Labor an sich nur ein Rad, was du hinten drehst. Es muss natürlich erklärt werden, wie das funktioniert und wozu wir das machen. In einem Nachtrag wird genauer erläutert, dass dieser Workshop als Minivorbereitung dient. Hierbei werden die Stationen und der Ablauf erklärt und ein Kinderarzt ist mit dabei. Es wird gezeigt, wie die Aufklärungsarbeit mit Kindern aussieht und worauf man achten sollte. Außerdem wird auf Eventualitäten vorbereitet und das Schauspiel erprobt. Zum Schluss kann man selbst ausprobieren.

Was würdest du angehenden TeddyDocs empfehlen? Und für welche Personen wäre dies das geeignete Ehrenamt?

Suthasinee Ratzlaff: Man muss Kinder mögen. Wenn man ins TBK möchte, muss man gucken, was sein Ziel ist. Viele von den Medis machen das, weil sie wissen, dass sie Kinderarzt werden wollen. Für Medis ist das ziemlich gut, weil man dann direkt den praktischen Bezug mit den Kindern hat. Wenn man Kinder mag und ihnen was Gutes tun möchte, indem man ihnen die
Angst nimmt. Wenn Jemand von sich selbst sagt, „Ja das möchte ich!“, dann komm gerne ins TBK.

Wie kann man sich für Außeneinsätze qualifizieren, da man eigentlich den in vor der TBK Woche laufenden Workshop machen soll?

Suthasinee Ratzlaff: Es wird empfohlen den vorher zu machen. Wir hatten bei diesem Außeneinsatz auch eine dabei, die komplett neu beim TBK war. Dann wird einmal kurz durchgegangen, das ist das und so weiter. An sich weiß man ja, wie man einen Verband bindet. Besser ist, wenn man den Workshop vorher macht, dann weiß man natürlich, das genau kommt
auf mich zu. Dieser Außeneinsatz war jetzt ein einzelner Tag für vier Stunden. Die TBK-Woche sind ganze sieben Tage von morgens bis nachmittags. Da sind mehr Kinder und auch ein größerer Anspruch, was man machen kann. Beim Außeneinsatz ist das viel weniger, weil wir das alles aus Greifswald raustransportieren müssen. Es ist auch ohne möglich, aber besser ist
mit.

Was präferierst du, Außeneinsätze, wie den jetzt neulich in Anklam oder die TBK- Woche?

Suthasinee Ratzlaff: Die TBK-Woche ist ein bisschen interessanter, weil man viel mehr machen kann. Man kann besser auf die Verletzungen des Teddys eingehen. Wir haben auch einen OP-Teddy, da geht man richtig in die OP rein und flickt nicht einfach nur zusammen. Das ist ein großer Teddy, da haben wir die ganzen Organe als Ministofftiere. Man zeigt den Kindern, was für Organe wir haben, wo sie sind und was sie machen. Damit hat man den Lerneffekt mit dabei. Wir haben ein paar mehr Stationen, wo man alles, was man an Verletzungen kriegen kann, versucht so gut wie möglich darzustellen. Wir haben von unserem Innovationsteam auch einen Da Vinci, damit kann man über einen Roboter Feinheiten zusammenflicken. Kinder
können damit zum Beispiel eine Schleife zubinden. Also es handelt sich beim Da Vinci nicht um einen echten Roboter, aber er ist an einen angelehnt.

Die TeddyDocs in Action mit dem großen OP-Teddy (Quelle: TBK)

Was möchtest du gerne, dass die Leute über euch wissen?

Suthasinee Ratzlaff: Wir sind offen für jeden Studiengang, man muss nicht Medi sein, man muss auch nicht im Studiengang irgendetwas mit Kindern zu tun haben. Man muss nicht nur als TeddyDoc was machen, sondern man kann auch ins Organisationsteam gehen. Wir haben hier ganz viele verschiedene Sachen, wo man sich auch ganz viel kreativ austoben kann. Wer gerne grobmotorisch Sachen baut, kann ins Innovationsteam, da werden die ganzen großen Dinger gebaut, wie unsere Röntgenmaschine oder der Da Vinci Roboter. Wer da Bock drauf hat, kann sich gerne bei uns melden.

Wir bedanken uns bei Suthasinee Ratzlaff für das Interview!

Beitragsbild: Vanessa Finsel

Noch ist Polen nicht verloren – Schulter an Schulter im 2-Meter-Abstand in Krisenzeiten

Noch ist Polen nicht verloren – Schulter an Schulter im 2-Meter-Abstand in Krisenzeiten

Wie auch die Radioaktivität ist das, was die ganze Welt aktuell beschäftigt, nicht erkennbar, doch scheinbar permanent um uns herum. Ich möchte nicht werten oder beurteilen. Mir steht das auch nicht zu. Als Vertreter der Presse ist es in erster Linie das Anliegen, eine einfache Lagebeschreibung abzugeben. Ganz konkret ist meine Aufgabe eine blanke Darstellung der Situation von meinem aktuellen Standort in Polen. Auch liegt mir dabei ein Abschreiben von anderen Medien fern. Ich möchte lediglich einmal aufzeigen, wie sich das Leben schlagartig verändert hat. Wo fange ich an? Wo höre ich auf? Ich gehe einfach zum 12. März zurück.

An diesem Tag wurde der Ausnahmezustand ausgerufen. Eine Erhöhung des Status sollte in den kommenden Wochen folgen. Schon in den Tagen zuvor schlossen sich die Türen von Theatern, Museen, Schulen und weiteren öffentlichen Einrichtungen. Die Regierung empfahl den Betrieben, Firmen und Konzernen alles dafür zu tun, dass ihre Leute nicht gezwungen werden, den täglichen Weg zur Arbeit antreten zu müssen. Daran wurde sich auch gehalten. An jenem Freitag, der 12. März war ein Donnerstag, waren schon kaum noch Leute an den Straßenbahn- und Bushaltestellen, wo sonst morgens Massen aussteigen, zu sehen. Ältere Leute und Erziehungsberechtigte brauchten ohnehin nicht mehr vor die Tür.

Was mich angeht: In der Zeit vor dem Homeoffice und der beginnenden Panik stieg ich auch um, als ich den Weg mit der Straßenbahn gegen den Spaziergang zur Arbeit eintauschte. Das war der positive Nebeneffekt in der ganzen Situation. Viele Bilder, die mir sonst verborgen gewesen wären, wurden nun sichtbar. Drei Punkte fielen mir besonders auf: Ganz unscheinbar gibt es sogar noch ein paar Reste deutscher Sprache an einer Hauswand, die einst zu einem Geschäft gehörte. Die Fans von Lech Poznań tobten sich mit Spraydosen in manchen Straßen doch ziemlich gut aus. Und in die Reihe der kuriosen Wandverzierungen ordnete sich ein Hundeabbild über einer Toreinfahrt ein. Apropos Einfahrt: Wollte ich das Land verlassen, müsste ich mich bei Rückkehr für zwei Wochen in Quarantäne begeben. Das Osterfest in der Heimat entfällt für mich auch in diesem Jahr.

Und dann kam das Homeoffice! Der tägliche Weg bei Wind und Wetter entfiel, es blieb mehr vom Tag und am Wochenende konnte man sowieso noch vor die Tür. So kam es zu einer kuriosen Situation. Während zur Hauptverkehrszeit kaum noch Autos auf der Straße waren – schaut euch mal das Bild an (!) – tummelten sich in den Wäldern Menschenmassen. Und ich übertreibe da nicht einmal. Der Weg in mein geliebtes Reservat glich einer Autobahn. Es war klar, dass das nicht lange so anhalten würde.

Aufgrund der steigenden Werte wurde seitens der Regierung dann so gut wie alles gestrichen. Die Arbeit der Polizei wurde durch eine Quarantäne-App erleichtert. Anfangs war die Polizei nur beschäftigt, die Einhaltung von Quarantäne-Auflagen zu überprüfen, sodass es sogar den Aufruf an die Langfingergemeinschaft gab, kriminelle Aktivitäten doch vorübergehend ruhen zu lassen. Nebenbei fährt die Polizei mit Lautsprecherautos durch die Städte und fordert die Leute auf, das Haus nicht zu verlassen. Die Präsidentschaftswahl steht an, da möchte man zeigen, dass hier in Gefahrensituationen nichts anbrennen kann. Das Volk steht geschlossen hinter diesen Entscheidungen. Auch hier in der Hochburg der Opposition loben die Leute, jedenfalls diejenigen, mit denen ich hier Kontakt habe, die Festlegungen. Was heißt das nun für mich konkret? An Spaziergänge und Abenteuer in den Wäldern ist aktuell nicht zu denken. Ich darf noch einkaufen, zur Apotheke und zum Arzt.

Die Supermärkte haben sich auf die Situation eingestellt. Die Angestellten sitzen hinter einer Glaswand, auf dem Boden sind Markierungen und Leute dürfen nur begrenzt hineingelassen werden, dafür wurden aber die Öffnungszeiten verlängert. In manche Läden dürfen sogar nur einzelne Personen. An Medikamente zu kommen, ist weiterhin kein Problem. Rezepte werden hier von der Praxis aus über das Handy ausgestellt – verschlüsselt durch einen Code, mit dem die Apothekenfrau (bisher habe ich hier noch keine Männer in einer Apotheke gesehen) mir dann das passende Präparat aushändigt. Dringende Arztbesuche entfallen jetzt natürlich. Mein Zahnarztbesuch muss dann leider etwas warten. Was ich mit meinem Haar mache, steht noch in den Sternen. Friseurgeschäfte wie andere kosmetische Einrichtungen wurden zum Stillstand gezwungen.

Und sonst? Langeweile kommt nicht auf. Es ist gut, dass ich einen Balkon habe. So kann ich dann doch noch die Sonnenstrahlen – insbesondere am Abend – genießen und Leute beobachten, die ihre Hunde ausführen und jene, die in einem Abstand von 2 Metern laufen müssen oder müssten. Dabei kommt es durchaus schon zu kuriosen Szenen. Ich kam von der Mülltonne und eine Frau eilt mich sehend flinken Fußes ins Haus. Wer nun denkt, sie hätte mir die Türe aufgehalten, der irrt. Im Haus drückt sie aber dann die Tasten des Fahrstuhls … Ich dagegen wähle die Treppen – ein kleiner Tropfen auf den heißen Stein in meinem täglichen Sportprogramm. Ansonsten habe ich mir mal wieder ein Buch vorgenommen. Sonst komme ich kaum dazu. Auch andere Lektüre fiel mir beim Aufräumen auf. Soziale Kontakte halte ich über mein Handy, das mich durch die Info des Anbieters in der Ecke jeden Tag daran erinnert, im Haus zu bleiben. Auch das Backen von Brot steht bei mir wieder auf dem Plan. Kulinarisch hat die ganze Phase, die dann hoffentlich auch mal wieder endet, ein paar positive Nebeneffekte. Es schmeckt einfach lecker.

Ganz so gut geht es aber nicht allen. Die ersten in meinem Bekanntenkreis klagen bereits über Entlassungen und Probleme beim Zahlen der Mieten. Die Solidarität ist aber groß. Mit enormen Leistungen unterstützen die Fußballfans und Pfadfinderverbände wie gewohnt Krankenhäuser und alte Menschen.

Es bleibt spannend. Denn Ostern als das wichtigste Fest der Polen kommt bald.

Beitragsbilder: Michael Fritsche
Banner: Julia Schlichtkrull