Seit Wochen kennt die hochschulpolitische Landschaft in Greifswald kein anderes Thema mehr: die Demo! Nun ist es so weit, am Dienstag dem 05. November 2013 findet sie statt. Die wochenlange Arbeit einzelner Menschen aus dem Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA), dem Studierendenparlament, den Fachschaftsräten, aber auch einfacher Studenten gipfelt in einem Protestmarsch durch Schwerin.
Mitglieder aller Hochschulen des Landes werden am Dienstag in Schwerin versammelt sein und vor dem Landtag demonstrieren. Drinnen findet die Anhörung des Finanzausschusses statt, bei der die Rektoren und Studierendenvertreter sprechen dürfen. Die Universität Greifswald vertreten Rektorin Hannelore Weber, der Dekan der Universitätsmedizin Reiner Biffar und AStA-Vorsitzende Johanna Ehlers. Ihnen werden jeweils fünf Minuten Redezeit zugesprochen, in denen sie auf einen Fragenkatalog antworten müssen, der ihnen zuvor zugesandt wurde.
Wissen floppt seit 2013
Unterstützung für die Demonstration kam von verschiedenen Seiten. Die Jugendorganisation des Deutschen Gewerkschaftsbundes fährt mit einem eigenen Bus nach Schwerin. Das Studentenwerk spendete 1.000 Euro und stellt Kaffee und Lunchpakete. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft wird auch dabei sein. Auf einen Aufruf „Spende für unsere Uni“ wurden 1.100 Euro gesammelt. Das meiste Geld kam jedoch von den Fachschaftsräten, die zusammen etwa 10.000 Euro zur Verfügung stellten.
Keine Unterstützung kam von Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD). Er habe Verständnis, dass Studenten gute Bedingungen an ihrer Universität schaffen wollen. Doch „die Hochschulen sind einer der ganz wenigen Bereiche, für die wir trotz knapper werdenden Mittel Jahr für Jahr mehr Geld ausgeben. Pro Kopf gerechnet liegt Mecklenburg-Vorpommern bei den Hochschulausgaben an zweiter Stelle in Deutschland“, so Sellering gegenüber dem webMoritz.
Die Greifswalder Bürgerschaft und Oberbürgermeister Arthur König (CDU) unterstützen den Bildungsstreik ideell. „Die Teilnahme an Demonstrationen ist für Oberbürgermeister dienstrechtlich etwas problematisch, außerdem würde mich der hohe zeitliche Aufwand neben anderen dienstlichen Verpflichtungen an einer Teilnahme hindern“, erläutert Arthur König seine Position. Trotzdem fordert die Bürgerschaft die Landesregierung auf, „Prioritäten für Bildung, Lehre und Forschung zu setzen und die Finanzierung so zu gestalten, dass die fachliche Vielfalt und Qualität der Universität erhalten bleibt.“ Leider bezahlt ideelle Unterstützung keine Busse nach Schwerin. „Die Stadt erkennt die prekäre Lage der Universität nicht, die sie in Zukunft mit beeinflussen wird, wenn die finanziellen Mittel vom Land nicht zugesichert werden“, beschreibt der AStA in einer Pressemitteilung seine Enttäuschung darüber, keine Spenden von der Stadt erhalten zu haben.
Zukunft in MV! Das Q steht für Bildung
Auf der Vollversammlung im Sommer wurden mehrere Aktionen gegen das drohende Haushaltsdefizit beschlossen. Ein kleinerer Spaziergang durch die Innenstadt wurde von den Studenten kaum wahrgenommen. Die große Demonstration soll dagegen umso mehr locken. Eine Fahrrad-Demo wiederum wird es nicht geben, obwohl auch diese zunächst geplant wurde. „Ich finde die Idee nach wie vor toll, nur eben in dieser Jahreshälfte schlicht unpraktikabel,“ erklärt Hieronymus Jacker, der sich im Juni vehement dafür ausgesprochen hatte.
Um mehr Studenten zu begeistern, hat der AStA am 05. November 2013 eine Vollversammlung einberufen und mit dieser folgt, dass alle Universitätsveranstaltungen bis 18 Uhr ausfallen. Treffpunkt ist um 8.15 Uhr am Zentralen Omnisbusbahnhof, um dann in die dort wartenden Busse zu steigen und nach Schwerin zu fahren. Der AStA hat bereits Busse für 900 Demonstranten gebucht. Einige davon sollen sogar als Lernbusse für diejenigen ausgerüstet sein, die bald Klausuren schreiben.
Wie bei allen hochschulpolitisch-interessanten Veranstaltungen informiert euch der webMoritz auch dieses Mal mit einem Live-Ticker. Unsere Redakteure werden sich in den Bussen, unter den Demonstranten, sowie im Landtag befinden. Wenn ihr jetzt immer noch ermutigt werden müsst, schaut euch den Spot von moritzTV an. Das komplette Programm findet ihr auch im „max“-Sonderheft zur Demo.
Foto: kurrija/Flickr
Zur Argumentation von Erwin Sellering, die ja auch oft von Landesseite vorgebracht wird, das MV relativ viel Geld pro Einwohner in die Hochschulen investiert:
Auszug aus dem Antwortkatalog der Landeskonferenz der Studierendenschaften in MV für den Finanzausschuss:
1.Wie stellt sich die geplante Entwicklung der Hochschulfinanzen, insbesondere die Zuschüsse aus dem Landeshaushalt Mecklenburg-Vorpommern im Ländervergleich dar?
Die Entwicklung der Hochschulfinanzen im Vergleich zu anderen Bundesländern kann auf verschiedene Weise interpretiert werden. So verweist das Bildungsministerium darauf, dass im Ländervergleich Mecklenburg Vorpommern zu den ersten 3 Bundesländern mit den höchsten Investitionen im Hochschulbereich pro Einwohner gehört. Die Hochschulen dagegen stellen heraus, dass die Grundmittel für den Universitätsbereich pro Professur 20 % unter dem Bundesdurchschnitt und bei Studierenden ca. 5% unter dem Bundesdurchschnitt liegen. Auch bei den Fachhochschulen sind die Grundmittel pro Studierenden in den letzten 10 Jahren signifikant gesunken und liegen unter dem Durchschnitt der Bundesländer. Aus Sicht der Landeskonferenz der Studierendenschaften ist eine vergleichende Betrachtung der Hochschulfinanzen auf Grundlage der Ausgaben pro Einwohner abzulehnen. Da die Bevölkerung Mecklenburg Vorpommerns aufgrund des demographischen Wandels und der schlechten wirtschaftlichen Lage zurückgeht, steigen damit automatisch die Ausgaben pro Einwohner, obwohl die Landesregierung mit dem Landespersonalkonzept seit 2004 ein umfangreiches Kürzungsprogramm an den Hochschulen in Kraft gesetzt hat. Entscheidend ist es daher Investitionen in den Hochschulbereich als Mittel gegen den demographischen Wandel zu sehen und die Nutzung der kulturellen und wirtschaftlichen Potentiale der Hochschulen als eine spezifische Strategie für die Zukunftsfähigkeit Mecklenburg Vorpommerns zu begreifen.