„Down in the Valley“ von David Jacobson

Kein Abschied wurde wohl je so zelebriert wie der des Westerns. De facto ist der Abgesang auf den wilden Westen ein bleibender Fixpunkt der Filmlandschaft geworden. Ob als eigenes Subgenre wie in Eastwoods „Erbarmungslos“ oder Siegels „The Shootist“, in stilistischen Reminiszenzen wie in „Enemy at the Gates“ und „Last Man Standing“, oder einfach in melancholischen Nuancen von „The Big Lebowsky“ oder gar „Ghost Rider“: Die Retrospektive ist allgegenwärtig und das Sterben des Western scheint den Filmschaffenden so ans Herz gewachsen zu sein, dass auch das Urgenre selbst wohl nie wirklich untergehen wird. Die antiquierte Haltung des Western mit ihrer zumeist klaren moralischen Einteilung in „Schwarz“ und „Weiß“ ist dabei Fluch und Segen zugleich. Obwohl auf gewisse Weise reaktionär banalisierend, fasziniert sie doch gerade durch diese beruhigende Schlichtheit.

In eben diesem Spannungsfeld zwischen den klaren Positionen der Westernwelt und überfordernder Komplexität der Moderne bewegt sich Harlan, ein haltloser junger Mann mit unglaublich gefestigter Cowboy-Attitüde. Verkörpert von Edward Norton, der sonst eher für die Darstellung „innerer“ Zwiespälte bekannt sein dürfte („Fight Club“, „Zwielicht“), steht er im ständigen Konflikt zu der Welt, die ihn umgibt, in die er aber nicht gehört – oder vielleicht nicht gehören will.
Harlan ist ein wandelnder Anachronismus. Und so führt sein von altmodischen Floskeln getragenes Werben um das Mädchen seiner Träume (Rachel Evan Wood, „Dreizehn“) unweigerlich zum Konflikt mit deren Vater (David Morse). Während sich dieser an sich alltägliche Konflikt entfaltet, zieht sich der überforderte Harlan mehr und mehr auf die Rolle des „lone gunman“ zurück, bis es schließlich zum unausweichlichen Showdown kommt – metaphorisch in Szene gesetzt vor der Kulisse eines Western-Themenparks.
Überhaupt überzeugt neben dem gewohnt beeindruckenden Spiel aller drei Hauptdarsteller vor allem die Bildkonzeption des Films, die das Westernmotiv gekonnt in Kontrast zu den Betonwelten L.A.’s setzt, so etwa, wenn Harlan auf seinem gestohlenen Schecken in voller Cowboy-Montur samt Stetson und Peacemaker einen oberirdischen Abwasserkanal durchschreitet als ritte er in den obligatorischen Sonnenuntergang.

Geschrieben von Johannes Kühl