Dass „etwas faul ist im Staate Dänemark“, wusste William Shakespeare schon zu Beginn des 17. Jahrhunderts als er sein Stück „Hamlet“ schrieb. Vierhundert Jahre später gewann der Ausspruch durch den Streit um Mohammed-kritische Karikaturen, veröffentlicht in einer dänischen Tageszeitung, ungewollte Aktualität. Doch die Fassung des an sich zeitlosen Stoffs, die das Theater Vorpommern auf die Bühne bringt, ist auf andere Weise zeitgemäß. Betont wird das Thema Rache, genauer blutige Rache, die Vergeltung von Gleichem mit Gleichem, Mord mit Mord.
Hamlet, Prinz von Dänemark, muss mit ansehen, wie seine Mutter Claudius, den Bruder ihres gerade erst verstorbenen Mannes, heiratet und dieser zum König gekrönt wird. Doch es kommt noch schlimmer: Kurz darauf erfährt er, dass sein Vater von Claudius ermordet wurde um selbst dessen Nachfolge anzutreten. Vom Geist seines Vaters angestiftet, sinnt Hamlet auf Rache und merkt gar nicht, dass er damit sich selbst und kurz darauf auch sein Land ins Unglück stürzt.
Schon der Auftakt erinnert an die Gegenwart. Wir sehen ein Land in nervösem Alarmzustand, der Krieg liegt in der Luft, es herrscht ein Klima von Angst und Misstrauen. Da werden Gedanken an eine der Terrorgefahr ausgelieferte Gesellschaft wach. Dass Regisseur und Kostümbildner Matthias Nagatis die Schauspieler in Anzüge und Abendkleider steckt, erleichtert dem Zuschauer diese moderne Perspektive. Ansonsten bleibt die Inszenierung jedoch sehr nah am Werk, auch der Text scheint nahezu ungekürzt. Dies lässt das Stück allerdings auf gute drei Stunden Spiellänge anschwellen, was die Aufmerksamkeit des Publikums zum Ende hin auf eine harte Probe stellt. Doch wer durchhält, wird mit dem als modernen Fechtkampf inszenierten blutigen Showdown zwischen Hamlet und Claudius’ Handlanger Laertes belohnt, der zum Tod (fast) aller führt.
Schließlich überwindet also die Rache doch die Vernunft. Der Rest ist Schweigen – und der lang anhaltende Beifall des Premierenpublikums.
Geschrieben von Kai Doering