Eine Rezension von LouLou Frankenstein
Ein Januarabend in Greifswald: Draußen ist es dunkel, drinnen ist es leer. Es kostet etwas Überwindung, in die Mensa zu fahren, um sich eine Ausstellung mit dem wenig anregenden Titel „..und, wie war’s?“ anzusehen, aber das Thema ist interessant: Studenten berichten im Rahmen eines Projektes mit dem Essener Verein „Behinderung und Entwicklungszusammenarbeit e.V.“ über ihre Auslandserfahrungen als ehrenamtliche Helfer in verschiedenen Einrichtungen.
Jeder Student hat individuell ein Plakat gestaltet und diese Sammlung reist derzeit als Wanderausstellung durch viele Städte. Und da einer der Studenten Greifswalder ist, kann die Ausstellung seit dem 22. Januar und noch bis bis zum 5. Februar, montags bis freitags 8 bis 18 Uhr in der Mensa am Schießwall gesucht werden.
Ja, gesucht. Es stellt sich zunächst die Frage, ob da tatsächlich eine Ausstellung ist. An einem Freitagabend drängt sich sogar die Überlegung auf, ob das legal ist, was man da macht – einzelne Menschen schlurfen mit Bier in der Hand durch das Foyer, die wenigen Geräusche hallen durch den Raum und dann ist es wieder ganz still. Hat man die fünf Aufsteller gefunden, die lieblos zwischen Wand, Säule und Werbeplakat geklemmt sind, stellt sich die nächste Frage. Was für ein Titel: „…und, wie war’s?“? Die Plakate sollen „Ja, genau so war’s! Und natürlich auch ganz anders“ antworten. Jedenfalls, bis für die Studenten aus der Frage „Und, wie war’s?“ die Antwort „So geht’s weiter!“ geworden ist – der Titel bleibt unberechtigt bedeutungslos.
Umso beeindruckender ist das, was dahinter steht. Die Plakate sind so vielfältig, wie die Menschen sein müssen, die sie gestaltet haben, und so bunt, wie all ihre Erfahrungen, die in einem derart reduzierten und somit leserfreundlichen Umfang selbstverständlich nur sehr flüchtig angeschnitten werden können. Johannes, der in Bosnien-Herzegowina war, macht auf „vergessene Orte“ aufmerksam, Magdalena macht ihre Bewunderung dafür deutlich, dass in Kamerun „jeder mit jedem tanzt“, Sarah hat in Kolumbien eine „neue Welt“ gefunden und Amrei hat ein neues Tempo kennen gelernt: „In Deutschland verlief mein Leben auf der Überholspur. In Tansania wurde ich auf den Standstreifen gezwungen.“ In dem allgemein positiven Resümee wird eine Erkenntnis besonders deutlich – die Ähnlichkeit der Menschen auf der ganzen Welt. „Wer hätte gedacht, dass ich, eine Frau aus einem der reichsten Länder der Welt, über den Atlantik fliege und im laut Statistik ärmsten spanischsprachigen Land auf eine Familie treffe, die in vielen Sachen so ähnlich fühlt, wie meine“, schreibt Jessica, die in Nicaragua gelebt hat und Johannes ist fasziniert von den Waisen und den geistig behinderten Kindern, mit denen er zusammen gearbeitet hat: „Ich habe von Ihnen mehr gelernt, als sie von mir.“ Die Erkenntnis, dass wir nicht immer Helfer, sondern viel öfter auch Schüler sein sollten. Ein tolles Ergebnis, das Fernweh weckt! Eine Studentin hat sich aber auch unwohl gefühlt und dazu ein ebenfalls sehr aussagekräftiges Plakat gestaltet, dadurch gibt es auch eine kritische Sichtweise, wodurch das Projekt weiter an Glaubwürdigkeit gewinnt.
Trotz des unspektakulären Titels ist „…und, wie war’s?“ eine sehr interessante Ausstellung, hinter der eine schöne Idee steht. Der Aufbau nimmt ihr zwar einiges an Ästhetik, dafür lässt sich eine kleine Reise in all die Erfahrungen der Studenten gut mit dem Mittagessen verbinden.
Habt ihr selbst Interesse, ähnliche Erfahrungen zu machen? Auch dazu findet ihr Informationen in der Ausstellung, unter anderem werden Weltläden, die Bundesagentur für Arbeit, das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und das weltwärts-Sekretariat empfohlen. Für Auslandssemester ist in Greifswald zunächst das Akademische Auslandsamt zuständig und die Lokale Erasmus Initiative kann möglicherweise spannende Zusatzinformationen beisteuern.
Fotos: Lisa Klauke-Kerstan