Interview mit Dr. Gerhard Bartels, fraktionsloser Landtagsabgeordneter der Linkspartei und Hochschulexperte
moritz: Wird die Änderung des Landeshochschulgesetzes (LHG) am 25. oder 26. Januar vom Landtag verabschiedet werden?
Dr. Gerhard Bartels: Ich gehe davon aus – sowohl die Eile als auch der Diskussionsverlauf sprechen dafür.
Wie bewerten Sie die Anhörung der Rektoren im Bildungsausschuss am 11. Dezember des vergangenen Jahres?
Ich habe im Laufe der letzten 11 Jahre schon viele Anhörungen erlebt, aber eine so einmütige und drastische Ablehnung eines Gesetzentwurfes eigentlich nie.
Wird die Koalition die Anhörung ernst nehmen?
Sie hat auf der Sitzung des Bildungsausschusses am 12. Januar eine Änderung beschlossen, steht aber weiterhin unter dem Druck der Regierung: In deren Personalkonzept für das Jahr 2004 steht bei den Einsparkonzepten zu den Hochschulen eine Fußnote: Eine Änderung des LHG sei notwendig, um das Personalkonzept durchzusetzen. Dabei sei auf die Regelung des alten LHG zurückzugreifen, dass das Ministerium nach Anhörung der Hochschulen über Öffnungen und Schlies-sungen entscheidet. Für die Streichung eben dieses Satzes haben wir bei der Neufassung des LHG vor vier Jahren erbittert und erfolgreich gestritten!
Bildungsminister Metelmann denkt über Spitzenforschung in M-V nach. Sind das realistische Konzepte für die Hochschulen?
Für die vielbeschworene Effizienz braucht es erstmal eine bestimmte Grundausstattung. Eine Universität faktisch ohne Philosophische Fakultät, wie es hier in Greifswald geplant ist, taugt dafür nicht.
Was kommt auf Greifswald nach der LHG-Änderung zu?
Es wird wohl das Konzept von Bildungsminister Metelmann durchgesetzt, was beispielsweise das Ende der Anglistik bedeutet. Das Ministerium hat dann alle Freiheiten, so etwas durchzusetzen: Jegliche Hochschulautonomie ist ad acta gelegt.
Rostocks Rektor Hans-Jürgen Wendel spricht von „Notstandsgesetzgebung“. Wer hat diesen Notstand verursacht?
Wir haben den Einnahmenrückgang in Deutschland mit der Steuerreform 2001 selbst verschuldet. Sich hier im Land die Haushaltskonsolidierung einseitig als oberstes Ziel von Politik zu setzen, halte ich für Unsinn. Die Regierung hat kein Konzept für die langfristige Entwicklung des Landes. Wir müssen jetzt Strukturen schaffen, die uns auch nach dem Ende der Solidarpaktmittel Einnahmen garantieren – und das geht nur über Hochtechnologie im Umfeld der Hochschulen.
Geschrieben von Ullrich Kötter