Schwerin/Rostock. In Blogs und Foren sorgt das Thema seit längerer Zeit für Aufregung. Jetzt machte die Netzgemeinde am vergangenen Samstag auf den Straßen gegen ACTA, dem umstrittenen Anti-Piraterie-Abkommen für das Internet, mobil. Nach Angaben des Veranstalters zogen insgesamt rund 1000 Demonstranten durch Rostock und Schwerin. Die Demonstrationen waren Teil eines internationalen Aktionstags.

Auf Initiative der Piratenpartei Vorpommern-Greifswald reisten auch 20 Personen nach Rostock, um an dem Protestmarsch teilzunehmen. Im Vorfeld hatten sie einen Informationsabend organisiert.

Mit-Veranstalter Johannes Loepelmann von der Piratenpartei MV zeigte sich zufrieden: „Trotz der Kälte sind viele Menschen gekommen. Ob in den USA, Mexiko oder Brasilien, wir machen weltweit Druck gegen ACTA.“ Nach Angaben des „Stopp ACTA“-Bündnisses waren es weltweit rund 200 000 Protest-Teilnehmern.

Eine Protestschlange zog sich durch die Rostocker Innenstadt.

Sie sehen in dem internationalen Handelsabkommen „Anti-Counterfeiting Trade Agreement“, kurz ACTA, eine Gefahr für die Freiheit im Internet. „Provider und Webseiten-Betreiber sollen ermutigt werden, ihre Nutzer zu überwachen und Inhalte herauszufiltern“, erklärte Loepelmann. So sollen künftig beispielsweise Internet-Provider Daten wie die IP-Adresse herausgeben, die bei Verstößen eine Identifizierung von Personen ermöglichen. Für die Befürworter ist es hingegen ein legitimes Mittel, um die Urheberrechtsverletzungen einzudämmen.

Der netzpolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Johannes Saalfeld forderte auf der Demonstration eine internet-freundliche Reform des Urheberrechts. „Das Abkommen ist hinter verschlossenen Türen verhandelt worden und das Ergebnis ist schlecht.“ Diese Sicht teilt auch der Fraktionschef der Linken Helmut Holter. „Effektive Maßnahmen gegen Produktpiraterie unter Wahrung der Internetfreiheit müssen öffentlich und transparent diskutiert und erarbeitet werden“, so Holter. Auch der Landesvorsitzende der Grünen, Andreas Katz, sprach sich gegen das Handelsabkommen aus. „ACTA geht über das Ziel weit hinaus“, so Katz.

Die vielfältigen Schilder der Demostranten waren vom Internet inspiriert

Erste Erfolge

Einen ersten Erfolg hat die Internetgemeine bereits erreicht. Einen Tag vor den Demonstrationen hat das Bundesjustizministerium, das formal für die Ratifizierung des ACTA-Vertrages zuständig ist, deutlich gemacht, dass vor einer Entscheidung in Deutschland zuerst das EU-Parlament entscheiden soll. Jetzt sind die EU-Parlamentarier am Zug. „Es ist nur ein Teilerfolg. Die Unterschrift ist lediglich ausgesetzt. Sie muss aber endgültig abgesagt werden“, sagte der Rostocker Bundestagsabgeordnete Steffen Bockhahn (Linke), der ebenfalls an der Demonstration teilnahm. Indes sprach Loepelmann von einer „typischen Nebelkerze der Politik“. Am Ende werde die Regierung es still und leise ratifizieren, deshalb müsse man weiter protestieren.

„Unabhängig von ACTA muss es das Ziel sein, die Produktpiraterie in den Griff zu bekommen und unser Know-How zu schützen“, sagte der CDU- Bundestagsabgeordnete Eckhardt Rehberg auf Nachfrage. Die Produktpiraterie ist ein großes Problem, das nach Einschätzung von Experten einen geschätzten Umfang von über 400 Milliarden Euro hat, mit Folgen für Wettbewerb und Arbeitsplätze, so Rehberg weiter und forderte eine schnelle Regelung.

Fotos: Andrea Dittmar