Im Krupp-Kolleg wurde am Donnerstag, den 17. November, feierlich die 14. Auflage des deutsch-polnischen Festivals PolenmARkT eröffnet. Joanna Bators anschließende Lesung bot einen zynischen Einblick in das Leben dreier Generationen polnischer Frauen in einer Plattenbausiedlung im Westen Polens.

Redner loben deutsch-polnischen Wissenschaftsaustausch in Greifswald

Bevor sich der PolenmARkT von seiner kulturellen Seite präsentierte, verwiesen der wissenschaftliche Geschäftsführer des Wissenschaftskollegs, Doktor Christian Suhm, und der Prorektor der Universität Greifswald, Professor Frieder Dünkel, auf die guten, wissenschaftlichen Beziehungen der beiden Nachbarländer zu einander. Der Ausbau der Beziehungen zu Polen habe hohe Bedeutung für die Universität Greifswald, betonte der Prorektor gleich zu Beginn seiner Rede. Im Weiteren hob er die Oderpartnerschaft und die ERASMUS-Programme hervor und verkündete stolz, dass sich die Universität Greifswald entgegen großer Konkurrenz um die Einrichtung des Zentrums für Polenstudien in Greifswald bewerbe. Besonders begeistert sei er aber von dem studentischen und ehrenamtlichen Engagement der Organisatoren und dem weltoffenen und alternativen Bild Polens, das während des Festivals vermittelt wird und zur kritischen Auseinandersetzung mit veralteten Stereotypen anrege.

Die junge Schriftstellerin Joanna Bator gilt als eine der ambitioniertesten Jungautorinnen Polens

Auf Grund dringlicherer Termine konnte der Schirmherr des diesjährigen PolenmARkT, der Präsident des Europäischen Parlaments, Jerzy Buzek, nicht persönlich zur Veranstaltung erscheinen. Stattdessen verlas der Vereinsvorsitzende des PolenmARkT e.V. und Dekan der Philosophischen Fakultät, Professor Alexander Wöll, die Rede des ebenfalls abwesenden polnischen Botschafters Marek Pravda. Dieser zeigte sich erfreut über den Ausgang der Europa-Wahlen in Polen, die er als wichtigen Schritt nach Europa für Polen bezeichnete. So seien diese ein Zeichen der Solidarität Polens mit der Europäischen Union. Mit Nachdruck bekräftigte er abschließend die Wichtigkeit des kontinuierlichen deutsch-polnischen Austauschs, besonders in Hinblick darauf, dass die Auseinandersetzung mit dem jeweils anderen wichtige Schlüsse über das eigene Selbstverständnis ergäbe.

Joanna Bator: „meine einzige Heimat ist die polnische Sprache“

Reichlich Gelegenheit, das eigene Selbstverständnis zu beleuchten bot sich anschließend bei der Lesung Joanna Bators und ihrer Übersetzerin Esther Kinsky. Die junge polnische Schriftstellerin gilt als eine der wichtigsten polnischen Jungautorinnen. In ihrem aktuellen Roman „Der Sandberg“ beleuchtet sie anhand der rebellischen Schülerin Dominika die Schicksale dreier polnischer Frauengenerationen in einer Plattenbausiedlung einer Kleinstadt im Westen Polens. Mit beißender Ironie legt sie die Doppelmoral und Scheinheiligkeit der Gesellschaft frei. Beispielsweise als Dominikas Mutter Jadja zur illegalen Abtreibung ins Krankenhaus fährt, dort von der Ernennung Karol Józef Wojtyłas zum Papst Johannes Paul II. erfährt und darüber, ungeachtet des Abtreibungsverbots der katholischen Kirche, in Freudentaumel verfällt. Die nüchternen Beschreibungen der Alltagswirklichkeit Dominikas hingegen sind gleichgültige und resignierende Darstellungen einer Gesellschaft, in der ein chronischer Mangel an Allem das tägliche Leben bestimmt und Alkohol und Drogen die einzigen Fluchtmöglichkeiten sind. Auf die Frage, ob sie sich als schlesische Autorin betrachte, entgegnete die junge Künstlerin nach kurzem Bedenken: „meine einzige Heimat ist die polnische Sprache.“

Bewegte Bilder und Impressionen haben die TV-Moritze fleißig zusammengeschnitten:

Der PolenmARkT findet noch bis zum 28. November statt, das komplette Programm findet ihr auf der Seite des PolenmARkTs oder als pdf.

Foto: Joanna Bator – Krzysztof Lukasiewicz (Programmheft)