Praetoria“ – Sie bietet „sichere“ und „diskrete Lösungen“, spezialisiert auf Privatpersonen und Unternehmen in „exponierter“ Position an. So ist es auf der Webseite des entsprechenden Unternehmens zu lesen.  Einerseits hören sich solche Zeilen seriös, andererseits gerade durch „sichere und diskrete Lösungen“ wiederum geheimnisumwoben an. Wer sich durch die Seiten des Internetauftritts dieses Deutschen Dienstleistungsunternehmens klickt, erfährt bestenfalls zwischen den Zeilen, dass es sich um ein Unternehmen handelt, dass mit Mord Geld verdient.

Auf einer sehr langen Liste von „Privaten Zivil-Militärischen Dienstleistungsunternehmen“ konnte Wolfgang Wodarg auch diesen Firmennamen präsentieren. Der Sozialdemokrat und ehemalige Abgeordnete des Europaparlaments ist auf Einladung des linken Greifswalder Hochschul- und Jugendgruppenbündnisses „Solidarische Universität Greifswald“, bestehend aus Jusos, Die Linke.SDS.Greifswald, Grüne Hochschulgruppe und DGB-Hochschulgruppe am Dienstagabend nach Greifswald gereist, um über das Thema „Kriegs- und Gewaltökonomie“ zu referieren. Aufmerksam auf dieses Thema ist der aus Schleswig-Holstein stammende Arzt lediglich durch Zufall geworden. Dennoch interessierte es ihn fortan so sehr, dass er weiter recherchierte und den rund 30 Teilnehmern der Veranstaltung in einem fesselnden Vortrag sehr aufschlussreiche, mit Hintergrundinformationen angereicherte Fakten präsentieren konnte.

Söldnerheere im Auftrag von Regierungen unterwegs

Rüstungsnetzwerke privater "Zivil-Militärischer Unternehmen"

So habe beispielsweise die Kroatische Regierung in den 90iger Jahren der „Military Professionals Ressources“ im Krieg gegen Serbien widerrechtlich freie Hand gelassen, was letztlich zum Sieg der Kroaten gegen die Serben führte, erklärte Wodarg. Doch nicht nur Kriege selbst sind die Märkte dieser Unternehmen. Sie erwirtschaften auch durch den Schutz der Drogenbarone, inszenierte Kriege und Abholzungen Profit. Wodarg nennt zur Veranschaulichung den Drogenhandel. Der Anbau von Cannabis ist in Deutschland verboten. Also sucht sich der Deutsche Unternehmer ein Gebiet im Ausland, vorzugsweise eines politisch instabilen Staates aus. Er tritt an die Regierung heran, möchte das Land kaufen. Der Staat meint, es wäre nicht möglich dieses Land zu verkaufen, schließlich würden dort Menschen wohnen. Der potentielle Käufer des Landes, der „Drogenbaron“, fordert den Staat dazu auf, die Menschen umsiedeln zu lassen, damit er dort Cannabis anbauen kann. Jetzt kommt ein weiterer Faktor ins Spiel, um das Söldnergeschäft überhaupt funktionieren lassen zu können: Die Regierung darf der Korruption nicht abgeneigt sein. Der Staat wird bestochen, im Gegenzug verkauft er das Land, fordert allerdings vom Käufer, dass er sich darum bemühen solle, dass die Menschen das Land verlassen, damit der Unternehmer dieses Land für seinen Cannabisanbau nutzen kann.

Jetzt sind sie also gefragt: Die „sicheren und diskreten Lösungen für Unternehmen und Privatpersonen in exponierter Stellung.“ Lösungen, die Dienstleister wie die Deutsche Praetoria, Asgaard German Security Group, HB LLC, Praesidia Defence oder die nicht zuletzt durch Michael Moores Film „Fahrenheit 9/11“ weltweit berühmt gewordenen amerikanische Unternehmen Halliburton und Blackwater anbieten. Die Ermordung von Menschen, um dem Unternehmer Zugang zum Markt zu ermöglichen. Insbesondere der große Stil, in dem dieses Verfahren vor allem im Irak-Krieg angewendet wurde, war es, was Wolfgang Wodarg dazu veranlasste, das Thema auf die Tagesordnung im Bundestag und Europarat setzen zu lassen. Bereits vor dem Abzug US-amerikanischer Truppen seien 60 Prozent der Besatzungssoldaten Söldner von Halliburton und Blackwater gewesen. Zwar hatten bereits FDP und CDU diese Themen zuvor angeschnitten, allerdings wurden sie nicht so thematisiert, wie Wodarg es sich gewünscht hätte. „Es kann doch nicht sein! Da entstehen immer mehr Oligarchien, die Menschenrechtsverletzungen vornehmen, anderen Menschen ihre Rechte nehmen und dann wird nicht darüber debattiert.“ Auch heute läge noch weitgehend ein Mantel des Schweigens über diesem Thema. Die durch Wodarg initiierte Debatte habe ergeben, dass das Thema kaum bekannt war, und vor allem, dass es auch in Deutschland Firmen gibt, die derartige Dienstleistungen anbieten. Alleine in Deutschland sollen es inzwischen 140 sein.

USA und Großbritannien größter Standort von Fremdenlegionen

Zusammenspiel der einzelnen Räder im Gesamtgefüge

Die meisten Söldner-Firmen sind jedoch nicht in Deutschland ansässig, sondern in den USA und Großbritannien. Doch auch Frankreich, Südafrika und Israel beherbergen Firmen dieser Art. Im Gegensatz zur Praetoria, die aus politischen Gründen ihr eigentliches Geschäft nicht öffentlich direkt angeben darf, faktisch durch Auftragsmord Geld zu verdienen, zeigt das israelische Unternehmen „Instinctive Shooting International“ gleich an, welcher Art die angebotenen Dienste sind.

In Folge der Verkleinerung des Heeres der Bundeswehr seien, so Wodarg , zahlreiche Soldaten arbeitslos geworden, die nicht ins zivile Leben zurückkehrten, sondern weiterhin im Militärgeschäft blieben. Zahlreiche ehemalige Bundeswehr-Soldaten fänden sich heute bei Halliburton und Blackwater wieder. Unternehmen wie diese sind es auch, die beispielsweise „wollen, dass der Zustand im Kosovo so bleibt, die gar nicht wollen, dass die Menschen dort friedlich zusammen leben, weil der Frieden ihre ganze Geschäftsgrundlage zerstören würde“, erläuterte der Sozialdemokrat.

Der Abend in der Brasserie Hermann eröffnete dem Publikum einen Einblick in eine erschreckende Parallelwelt, die zwar nicht unbekannt, in dem skizzierten Ausmaß allerdings erschreckender ist, als viele Besucher vermutet hätten.

Fotos: Marco Wagner