Christine Fratzke (22) schreibt gerne und viel - klar, sie studiert ja auch Germanistik. Zum Beispiel: To-do-Listen, Artikel, Postkarten (zuletzt aus Kopenhagen), facebook-Nachrichten und ihre Bachelorarbeit. Seit 2007 ist sie bei den moritz-Medien und gehört mittlerweile zum Inventar.

Meine Bachelorarbeit liegt in den letzten Zügen: Nicht einmal mehr zwei Wochen bis zur Abgabe. Und während ich gerade die Wahl meines Themas verfluche, schweifen meine Gedanken allmählich ab. Was passiert eigentlich danach?

Ein Freund von mir, Sascha, erzählte mir, dass er sein Uni-Zeugnis im Prüfungsamt vor kurzem abholte. Keine sonderlich freundlichen Worte gab es dort, sondern die Aushändigung war eher nüchtern-formell. Mir graut es davor, bald mein Zeugnis in dem kargen Prüfungsamtsflur zwischen: „Ich brauche neue Tans“ und „Wie war das noch mal mit der Praktikumsordnung?“ zu begutachten. Das ist nicht sonderlich feierlich. Dann erinnere ich mich zurück, wie das beim Abitur war: Es wurde ausgiebig gefeiert und gratuliert, es gab Rosen und ernst gemeinte Fragen des Chemielehrers, mit dem ich nie richtig warm wurde, was man denn mit seiner Zukunft vorhabe. Euphorisch und stolz war ich damals.

Letztes Jahr lernte ich in meinem Erasmussemester viele amerikanische Studenten kennen, die mittlerweile das Studium abgeschlossen haben. Von ihren Abschlussfeiern gibt es gefühlte einhundert digitale Fotoalben. Darauf sind meine Freunde zu sehen: Mit Talar und Barett. Vor den Universitätsgebäuden. Zufriedene Gesichter. Verwandte, die stolz lächeln. Und ich lächele stolz zurück.

Und hier? Klar, ich bin keine 18 Jahre mehr. Aber ich fände das großartig, wenn das Beenden meines Studiums irgendwie zelebriert wird. Nicht mal ein feuchter Händedruck und die Absolventenfeier irgendwann im Dezember oder so ein Absolventenring, den ich mir selbst kaufen müsste und der eher aussieht, als wäre ich Mitglied bei den Steinmetzen: Das war´ s?

Wäre so ein Abschluss, wie hier an der Uni Bonn, nicht schöner als...nichts?

Ich finde, es sollte – im Gegensatz zur Ersti-Woche – eine Abschluss-Woche geben. Dann kommen die Absolventen kostenlos in die Studentenclubs, es gibt extra T-Shirts, die man nur zum Sport oder zum Schlafen anzieht, einen Absolventen-Beutel mit Zahnbürste und Bier. Vielleicht noch mit Hartz IV-Ratgeber für Akademiker? Ich meine, zum Anfang werden die Erstis gefeiert. Nach Greifswald zu ziehen und sich für ein Studium einzuschreiben ist aber doch nicht so eine Leistung, wie es zu Ende zu bringen! Es gab Höhen und Tiefen, es gab spannende Seminare und es gab die Methoden-Vorlesung. Wie lange ich in der UB gesessen habe und dort Zeug gelernt, das nun teilweise in den hintersten Hirnwindungen versackt ist. Wie viele Muntermacher, Kopien, verzweifelte Gespräche mit Eltern und Freunden es in den vergangenen Jahren gab, kann ich auch nur nur schätzen. Aber einen Eindruck davon gibt mein Abschlusszeugnis. Und das wird gefeiert! Irgendwie. Dann kann auch die Zukunft kommen.

Foto: Gabriel Kords (Porträt), Maximilian Mühlens via jugendfotos.de, Grafik: Jakob Pallus

Dieser Text ist Teil des webMoritz-Projekts „fünf x fünf – Die Kolumne“. Vom 20. Juni bis 22. Juli schreiben werktags fünf Autoren an je einem festen Tag eine Kolumne für den webMoritz. Weitere Infos gibt es hier. Morgen ist an der Reihe: Überraschung!