Dialekte sind so zahlreich wie die Sterne am Firmament. Das bezieht sich nicht nur auf die deutsche Sprache, sondern ist wohl allgemein gültig. Trotz Wörterbüchern und Sprechübungen findet man selten oder zumindest fast nie DIE perfekte Umsetzung der geschriebenen Sprache. Das Musical „My Fair Lady“ aus der Feder von Alan Lerner und Frederick Loewe beschäftigt sich damit, was passiert, wenn man die Mundart der normalen Leute gegen die Ausdrucksweise der feinen Gesellschaft „tauscht“. Das Theater Vorpommern hat sich des Stoffs angenommen.
Eine Wette ist es, die im Musical zu Irrungen und Wirrungen führt: Henry Higgins, leidenschaftlicher Phonetiker, macht sich über die Sprache der einfachen Leute lustig, was das „Gossenmädchen“ Eliza Doolittle sehr empört. Durch einen Zufall führt es Oberst Hugh Pickering, ebenfalls interessierter Sprachforscher, zu der Auseinandersetzung der beiden. Schnell entspinnt aus diesem Treffen die Idee, man könne aus Eliza eine Dame der feinen Gesellschaft machen. Pickering glaubt an dieses Projekt und hat Eliza auf seiner Seite, während Higgins scheinbar berechtigte Zweifel hegt.
Top, die Wette gilt! Dem Zuschauer zeigen sich nun lustige, unterhaltsame, aber auch gesellschaftskritische Elemente, wenn Eliza um Mitternacht noch „Es grünt so grün, wenn Spaniens Blüten blühn“ üben muss oder ihr Vater sie für fünf Pfund an die beiden Forscher verkauft. Eliza steht nun auch in der Pflicht, sich gut und richtig in der Gesellschaft zu benehmen, was ihr nicht immer gelingt.
„Kann denn die Kinder keiner lehren, wie man spricht?“
Viele Lieder des Stücks sind, wenn auch nicht gerade einem jungem Publikum, weltbekannt. Sowohl die englischen Originallieder als auch die deutsche Umsetzung der Dialekte lockern das Ganze humoristisch auf. Das Philharmonische Orchester Vorpommern unter der Leitung von Egbert Funk unterstützt die Sänger, allen voran die Hauptdarstellerin und Sopranistin Maria Klier, nach bestem Können. Auch die anderen Schauspieler und Sänger, viele sind Mitglieder des Opernchors Greifswald, konnten das Publikum mit ihrer Darstellung begeistern. Die gehobene Sprechart gegen die Sprache der „Gosse“, das bringen die Schauspieler besonders gut zur Geltung.
Das Bühnenbild ist sehr minimalistisch gehalten, nur Higgins‘ Wohnzimmer bekommt eine „richtige“ Gestaltung. Ein riesiger Bücherschrank, ein Phonograph und zwei gemütliche Sessel – dort lernt Eliza die ordentliche Artikulation. Allerdings braucht es wirklich nicht mehr bühnenbildnerische Darstellung, denn die Örtlichkeiten erschließen sich dem Zuschauer aus den Dialogen.
Stellt man nun die Darstellung des Theaters zum Vergleich mit dem weltbekannten Film mit Audrey Hepburn gegenüber, kann man sagen, dass sich das Theaterensemble auf keinen Fall verstecken muss. Maria Klier und Hannes Rittig als Eliza und Higgings können sich durchaus mit der Leistung von Hepburn und Rex Harrison vergleichen lassen.
Das Gesamtpaket des Stücks in der Art, wie es das Theater präsentiert, ist stimmig. Nicht nur für Germanisten, sondern für alle ist dieses Stück wirklich empfehlenswert. Die nächsten Spieltermine sind der 5. Juni und der 8. Juni im Theater Vorpommern.
Fotos: Vincent Leifer