Bis zu den Beschlüssen der Kultusministerkonferenz vom 4. Februar 2010 war es für alle Hochschulen verpflichtend, einen qualitativen Numerus Clausus, also eine Zulassungsbeschränkung nach Leistung, für die Befugnis zum Beginn eines Masterstudiums festzulegen. Diese Regelung ist mittlerweile nicht mehr bindend und so ist es möglich, die qualitativen Zulassungsbeschränkungen aufzuheben. An der Greifswalder Alma Mater müsste ein Student seinen Bachelor-Abschluss mit einer Mindestnote von 2,5 bestehen, um ein Masterstudium aufnehmen zu können.
Abschaffung der „Masterhürde“ für die Philosophische Fakultät
Die Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät hat in Folge der Beschlüsse der Kultusministerkonferenz während ihrer letzten Fakultätsratssitzung im Oktober den Beschluss gefasst, die qualitative Zulassungsbeschränkungen für sämtliche Masterstudiengänge, welche an der Fakultät angeboten werden, aufzuheben. Wie der AStA und das StuPa-Präsidium dem webMoritz mitteilten, geht die verfasste Studierendenschaft der Ernst-Moritz-Arndt Universität nun einen Schritt weiter und will die Forderung nach der Aufhebung der qualitativen Zulassungsbeschränkungen in der Philosophischen Fakultät durchsetzen. Aus diesem Grund haben Franz Küntzel, AStA Referent für Hochschulpolitik und Erik von Malottki, Präsident des Studierendenparlaments am Freitag einen Antrag mit der entsprechenden Forderung für die kommende Fakultätsratssitzung eingereicht.
Abschaffung des qualitativen NC kann bessere Auslastung der Master-Studiengänge bewirken
Begründet wird der von Erik von Malottki und Franz Küntzel eingereichte Vertrag damit, dass sich die Studierendenschaft „im Dezember 2009 durch den Beschluss Nr. 2009-11-08/01 des Studierendenparlaments eindeutig gegen qualitative Zulassungsvoraussetzungen für Masterstudiengänge ausgesprochen“ hat. Darüber hinaus heißt es weiterhin:
„Die Antragsteller sind der Überzeugung, dass sich aus dieser Streichung nicht nur für die Studierenden, sondern auch für die Institute (und damit für die gesamte Universität) unmittelbare und mittelbare Verbesserungen ergeben. (…) Aus Sicht der Studierenden ist eine Streichung aus verschiedenen Gründen wichtig. Der Bachelor wird als Regelstudienabschluß sowohl von der Studierenden als auch von potentziellen Arbeitgebern nicht angenommen.Laut der KOAB – Absolventinnenbefragung des Internationalen Zentrums für Hochschulforschung Kassel (INCHER-Kassel)befinden sich nach 1,5 Jahren nach Abschluß des Bachelorstudiums 68% aller universitären Bachelorabsolventen des Jahrganges 2008 in einem Masterstudium. Der Trend zum Anschlußstudium ist dabei von 2007 zu 2008 steigend (61%-> 68%). Ebenfalls laut KOAB Studie ist das Durchschnittsgehalt bei universitären Bachelorabsoventen im Bereich Kultur und Sozialwissenschaft um 15 % niedriger als in den alten Magisterstudiengängen. Es ist anzunehmen, dass sich die anhaltende Diskussion um den Bologna-Prozess und die Bildungsproteste des letzten Jahres sich nicht positiv auf den Markenkern und damit die Akzeptanz des Bachelorabschlußes, sowohl bei Studierenden als auch bei Arbeitgebern, ausgewirkt haben. Desweiteren widerspricht die soziale Selektion durch die künstliche Masterhürde(qualitative Zulassungsvorausetzung) aus Sicht der Studierenden dem Geist des Artikel 12 GG auf freie Berufswahl. Für die Studierendenschaft ist daher ein Master als Regelstudienabschluß absolut notwendig.“
Zudem sei aus Sicht der Antragsteller die Auslastung eines Großteils der Masterstudiengänge an der Philosophischen Fakultät „absolut unzureichend“. Eine Abschaffung der qualitativen Zulassungsbeschränkung könne demnach zu einer besseren Auslastung der existierenden Masterstudiengänge und einer effizienteren Nutzung von Ressourcen führen. Die Antragsteller erachten ihr Anliegen insgesamt als einen „Beitrag zur nachhaltigen Sicherung der Philosophischen Fakultät“. Schließlich sei für „eine breit aufgestellte und zkunftsgewandte Philosophische Fakultät“ die ausreichende Auslastung der Masterstudiengänge nicht zuletzt „eine Überlebensfrage“. Darüber hinaus stelle der Antrag auch die Frage, inwieweit die universitären Gremien in der Lage seien, „die Bolognareform im Rahmen der Hochschulautonomie eigenständig zu gestalten.
„Es liegt eine spannende Fakultätsratssitzung vor uns.“
In einem Gespräch mit dem webMoritz erklärte Erik von Malottki, dass man sich bereits im Vorfeld der Einreichung des Antrages mit der Studienkommission der Philosophischen Fakultät unterhalten habe. „Die Reaktionen waren teilweise positiv, teilweise aber auch negativ. Es liegt also eine spannende Fakultätsratssitzung vor uns. Wir hoffen aber, die überzeugenderen Argumente auf unserer Seite zu haben.“ Für Franz Küntzel stellt die angestrebte Abschaffung der Masterhürde jedoch nur einen ersten Schritt in die richtige Richtung dar. „Als nächstes müssen die Bachelor- aber vor allem die Masterstudiengänge der Universität Greifswald überarbeitet werden, sodass diese attraktiver werden und eine bessere Qualität erhalten. Bei der Studienkomponente „General Studies“ bedarf es einer sehr genauen Überprüfung, da dort sehr viele Studierende scheitern“, meint der Antragsteller gegenüber dem webMoritz.
Abschaffung der „Masterhürde“ durch den Senat denkbar
In den vergangenen zwei Jahren wurde sich auch in Greifswald bereits mehrfach für die Abschaffung des als „Master-Hürde“ bezeichneten qualitativen Numerus Clausus eingesetzt. So wurde diese Forderung unter anderem im Rahmen der Bildungsstreikaktionen ebenso formuliert, wie während der Besetzung des Audimax. Des weiteren existiert an der Uni gegenwärtig eine Arbeitsgruppe, die sich mit der Reform der Bologna-Reform auseinander setzt.
Gelingt es den Antragstellern, in der kommenden Fakultätsratssitzung die Mehrheit der Stimmen auf ihren Antrag vereinen zu können, hätten die beiden größten Fakultäten der Greifswalder Universität den qualitativen Numerus Clausus als Zulassungsbeschränkung für Master-Studiengänge abgeschafft. Nach der Sitzverteilung im Senat wäre demnach auch ein Senatsbeschluss, in dem die Abschaffung der sogenannten „Master-Hürde“ festgelegt wird, denkbar. Damit würde die Abschaffung des qualitativen Numerus Clausus für sämtliche Fakultäten bindend werden.
Fotos: Christine Fratzke (Erik von Malottki, Franz Küntzel), Friederike Kühnel (Masterhürde)
Das Foto mit der "Master-Hürde" stammt von einer Aktion der Juso Hochschulgruppe Greifswald, nicht vom Bildungsstreik. Auch war der "Master für alle" bereits vor den großen Bildungsprotesten ein Thema, welches sich von den Juso Hochschulgruppen auf die Fahne geschrieben wurde.
Tolle Sache!
Vielleicht sollte man noch die Immatrikulationsbeschränkung zum Wintersemester kippen?! Damit würde die Uni für viele BAler noch attraktiver werden, da die Regelstudienzeit eher 7 als 6 Semester beträgt.
Hoffe doch, dass ein Masterstudium von Bachelorabsolventen und nicht von "Bachalorabsoventen" (vgl. "Bachalor", "Bachalorabschluß", "Bachalorstudium") angestrebt wird. Verratet bitte niemand, dass beide Antragsteller selbst Bachelor studieren 😀
Über die Änderung von Studien- und Prüfungsordnungen.entscheidet übrigens der (engere) Senat. Dort ist die Sitzverteilung nicht so optimistisch, wie oben suggeriert.
Die beiden Antragsteller müssten auch noch klären, was passiert, wenn die Masterplätze in einem Fach überbelegt sind. Denn die Institute könnten faktisch die qualitative Zugangshürde wiederbeleben in dem sie die Zahl der Masterstudienplätze künstlich kleinrechnen. Bei einer überproportionalen Nachfrage nach Masterplätzen greift dann ein NC, der vermutlich deutlich über 2,5 liegt. (Sorry ,dass ich stänker!)
Von wo aus gesehen über 2,5?
Ich will ja nicht streiten, aber ist im beschrieben Fall nicht "kleiner gleich" oder unter 2,5 richtig?
i.S.v. "besser als" bzw. "oberhalb der Hürde von 2,5" (bildlich)!
So lange die Master Plätze nicht ausgenutzt werden ist eine qualitative Beschränkung Unsinn. Sollten die Bewerberzahlen steigen und bei einer Übernachfrage trotzdem besetzt werden, obwohl kein vernünftiger Lehrbetrieb mehr möglich ist, würde doch ein automatischer NC greifen (siehe beliebte Masterstudiengänge). Folglich ist dein Argument doch egal.
Gerade da der Bachelor in Deutschland eigentlich nur ein Grundstudium ist[in anderen Ländern zählt dieser durch z.B. andere Lehrpläne/Zwangspraktika/längere Laufzeit auch in der freien Wirtschaft als richtiger Abschluss], sollte der Master jedem Studenten zugänglich gemacht werden.
Vielen Dank für den Hinweis. Wir haben den Fehler korrigiert.
Ist letzterer Absatz eine wertfreie Aussage oder eine Meinung von dir? Wenn es eine Meinung ist, ist es die deine, die der LKS oder des engeren Senats?
Aber da du ja im engeren Senat sitzt und stellvertretener Senatsvorsitzender bist, kannst du dich ja für optismistischere Ausgangslagen einsetzen. (Sorry, dass ich stänker!)
Werte es als Hinweis eines Realisten, dass ein Abschaffen der Hürde für sich genommen noch nichts bringt und wenn man eine Stellschraube verändert, auch weitere Konsequenzen beachten muss.
Kleines Berliner Beispiel, was passiert wenn eine ungenügende Zahl an Masterstudienplätzen zur Verfügung steht: http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archi…
Als weiser StuPist wirst du sicherlich deine Schlussfolgerungen aus meinen Anmerkungen ziehen….
Ganz ehrlich, aber wo soll das noch hinführen? Mittlerweile verdrängen Abiturienten die Hauptschüler auf dem Lehrstellenmarkt, weil einem das Abi hintergeworfen wird. In Zukunft wird man dann mit Abitur Verkäufer im Supermarkt, Bachelor dürfen Sekretariatsarbeit leisten, der Master bekommt wenigstens schon mal ne Sachbearbeiterstelle (womit ich nicht sagen will, dass diese Berufe nicht auch ihren Anspruch haben – bloß, ob man dafür gleich ein abgeschlossenes Hochschulstudium benötigt?).
Folge: Lasst uns die Abschlüsse verschenken…
Nicht die schlechteste Idee dem von dir beschriebenen Lohndumping (weniger Geld, weil geringeren Abschluss aber gleiche Arbeitsbelastung) entgegenzutreten. Entwerten sie die Arbeit, entwerten wir ihre Zugangsbeschränkungen für den Arbeitsmarkt. Eine tolle lose-lose-Strategie, bei der jene_r gewinnt, wer am wenigsten zu verlieren hat.
So lange aber alle mitmachen und die Bachelor-Absolvent_innen damit leben können, die neuen Facharbeiter_innen zu sein (und nach 3Jahren Theorie den praktischen Teil ihrer Ausbildung freiwillig durch nicht- bis unterbezahlte Praktika zu finanzieren) wird das nix.
Es wird wirklich Zeit alternative Abschlüsse anzubieten, denn das Wissen liegt im Netz und den Bibliotheken. Jedes Jahr verlassen so viele Idiot_innen die Hochschulen, die nichts kapiert aber alles auswendig gelernt haben, während wirkliche Talente verkümmern, dass es echt Zeit wird Hochschulen mit alternativen Bildungskonzepten zu eröffnen.
Abschlüsse sind doch sowieso nur Diktatur des Kapitalismus. Alle Menschen sind gleich, also sollten doch auch nicht Abschlüsse entscheiden.
Da finde ich die Idee von Küntzel gar nicht so schlecht: Wir führen die Abschlüsse ad absurdum und schaffen so ein großes Gleichmachen. Noten sagen nichts über Mensch aus, sondern die Tatsache, dass Mensch ist, berechtigt Mensch sein Leben frei zu gestalten und folglich auch sofern Mensch möchte, jeden Abschluss zu machen den Mensch möchte nach einer freigewählten Studiendauer.
Hier hat nun die Hochschulpolitik erstmals die Möglichkeit grundlegende Probleme unseres Schichtensystems zu lösen.
Auf http://www.wildwuchs-mv.de/?p=1124 ist jetzt die vollständige Begründung des Antrages zu finden.