In den vergangenen Wochen und Monaten erreichten die Redaktion zahlreiche Eilmeldungen, die vor extrovertierten, brüllenden Individuen innerhalb der universitären Mauern warnten. Es bestünde akute Ansteckungsgefahr, hieß es zudem. Die Universitätsleitung reagierte spontan mit der Aufstellung von Desinfektionsspendern.
Wirklich neu ist der Virus nicht, die Wissenschaft ist sich einig und fasst es unter dem Begriff „Populismus“ zusammen. Bekannt ist auch, dass der Virus besonders im Vorfeld von Wahlen auftritt. Ihre Träger wollen vor allem die Ängste und Vorurteile der Masse schüren. Sie geben vor, simple Antworten auf relevante Probleme liefern zu können. Ihr Ziel ist es, Zustimmung für ihre politische Ideologie zu erhalten.
Ein Erscheinungsmerkmal: Geschrei. Davon gab es in den vergangenen Wochen eine Menge. Gebrüllt wurde beispielsweise nach „Lutscher für alle!“ und einer „Uni ohne Zuchtblumen“. Findet dieser Lärm Widerhall, kann Populismus verheerende Auswirkungen nach sich ziehen. Sie werden umschrieben mit dem Begriff „Verblendung“, auch bekannt als die Verwirrung der Sinne. Und diese Verwirrung kann beispielsweise zur Beeinträchtigung der Stimmabgabe führen, wenn die Wähler vermeintlich glauben, nach ihrem Willen zu handeln, sich letztendlich aber an oberflächlichen Parolen orientieren.
Wo kann uns die Ausbreitung dieses Virus hinführen? Wagen wir einen Blick:
Hochschulpolitik wird nicht mehr durch Inhalte, sondern durch verbale Attacken bestimmt. Durchsetzen kann sich genau derjenige, der die besten linguistischen Verneblungstaktiken anwendet. Gute Argumentationen, ausgefeilte Überlegungen, kluge Konzepte, all das zählt nichts mehr. Stattdessen wird Zuspruch nur noch durch Wortkunst gewonnen. Die wirklichen Belange der Studierendenschaft geraten langfristig in den Hintergrund, da Einzelne den Übrigen dumpfe Parolen überstülpen. Der Zuspruch durch die übrigen Studierenden wird oft auch durch das Tragen von Buttons, auf denen sich diese Parolen wiederfinden, signalisiert.
Das Virus „Populismus“ ist daher gefährlich. Ihn zu stoppen, vermag bislang nur einer: Der Verstand! Sapere aude (zu dt.: „Habe Mut dich deines eigenen Verstandes zu bedienen“), damit hielt es bereits der gute alte Kant. Der sogenannten Bildungselite von morgen kann dies durchaus zugetraut werden. Sie muss nur Mut haben und sich gegen Verneblungstaktiken, Sinnbeeinträchtigungen und hohle Worthülsen zur Wehr setzen!
Eine Glosse von Annegret Adam