Festivals in Mecklenburg-Vorpommern Du hast kein Geld, um weit zu reisen? Außerdem hast du nur wenig Lust auf Massenmagneten wie Rock am Ring oder Hurricane? Trotzdem willst du auf Spaß, Musik, Kunst, Kultur und neue Bekanntschaften nicht verzichten? Dann haben wir hier genau das Richtige für dich. Überall schießen neue Festivals aus dem Boden, die Anzahl und Auswahl erhöht sich in ganz Deutschland jedes Jahr um ein Vielfaches.
Obwohl man es als Greifswalder Student kaum zu glauben vermag, bietet der Sommer auch in unserer näheren Umgebung kulturell so einiges, das begeistern und beflügeln kann. An vielen Orten in Mecklenburg-Vorpommern werden die unterschiedlichsten Festivals angeboten, sodass wirklich für jeden etwas dabei ist. Damit du nichts verpasst, stellen wir dir im Folgenden eine bunte Auswahl an Festivals in unserer Region vor.
Immergut Das Immergut feiert am 29. und 30. Mai sein zehnjähriges Jubiläum und die Hälfte der moritz-Redaktion wird dann mitfeiern. Das liegt nicht nur an Bands wie Friska Viljor, Die Sterne, Kettcar und Tomte, sondern auch an der hohen Anzahl süßer Indie-Mädels, die in der Neustrelitzer Heide ihre Grand-Hotel-Van-Cleef-T-Shirts spazierentragen. Doch auch besagte Mädels bekamen in der Vergangenheit etwas zu gucken, wie folgende Anekdote illustrieren soll. Erzählt hat sie uns Stefan, BWL-Student und immer auf dem Immergut dabei: „Gern erinnere ich mich an das Jahr 2004, als wir, ohne es zu wissen, mit Adam Green grillten.
Wir hatten gerade die Zelte aufgebaut und nach dem ersten Bier den Einweggrill aufgestellt. Es verging wenig Zeit und die üblichen Verdächtigen wurden vom Geruch angelockt. Einige Zeit später gesellte sich ein Wuschelkopf mit komischem Dialekt zu uns. Er stellte uns sein gesamtes Kontingent an Alkohol zur Verfügung. Für wen er das wohl alles gekauft hatte? Denn er war offensichtlich allein hier und schon ziemlich gut dabei. Im Gegenzug erhielt er unsere Gesellschaft. Er erzählte uns von seinem Freund, der nun im Krankenhaus sei, nachdem eine Allergie Dinge an seinem Körper anschwellen ließ. Lecker! Für Musik interessierte sich der junge Mann anscheinend wenig, er müsse sich aber auf den Abend gut vorbereiten, meinte er. Das taten wir auch und tranken weiter seinen Wodka. Eine Stunde vor dem Mainevent Adam Green kam der Wuschelkopf unerwartet geschniegelt und gestriegelt vorbei und verabschiedete sich höflich. Ein wenig später waren wir dann auch auf dem Weg und als Adam dann auf der Bühne stand, verstanden wir plötzlich so einiges.“
Hört, hört! 43,50 Euro (plus Gebühren) kostet der Spaß in diesem Jahr. Doch bitte nicht auf den letzten Drücker Karten ordern – das Immergut ist immer gut ausverkauft. Näheres unter www.immergutrocken.de
Force Attack Früher galt die Faustregel: Aus Deutschland kommen die besten Autos und die schlechteste Punkmusik der Welt. Deutschland meint in diesem Falle natürlich West-Deutschland – die DDR verfälscht die Statistik etwas, denn hier fuhren zwar nicht gerade die besten Autos der Welt durch die Gegend, dafür war der Ost-Punk wenigstens noch Punk. Eingedenk dieser Tatsache verwundert es nicht, dass die „beste Punkerparty der Welt“ seit 1997 in Mecklenburg steigt. Als solche bezeichnet der, ähem, Punk von Welt das Force Attack. Abgesehen davon, dass uns spontan etliche Adjektive einfallen, mit denen man das FA ebenfalls belegen könnte (die lustigste, dreckigste, härteste, besoffenste etc. Punkerparty), können wir dem Superlativ nur zustimmen und uns auf die diesjährige Ausgabe freuen, die vom 31. Juni bis 2. August in Klingendorf bei Rostock über die Bühne geht.
Wir hoffen nur, dass der zu erwartende Mob von bis zu 15.000 Punks, Skinheads und Psychobillies aus Deutschland, Polen, Schweden und Italien das nette Nestchen auch im vorgefundenen Zustand wieder verlässt. Darüber hinaus kann man als FA-Besucher getrost alle Hoffnungen fahren lassen. Nahezu sämtliche zivilisatorischen Standards sind hier keinen Jota wert: „Familie, Arbeit, sich benehmen – ich scheiß darauf, ganz gewaltig“, wie der ewige FA-Hit „Asozial“ von Pöbel und Gesocks proklamiert. Die mythischen Ruhrpottler Pöbel und Gesocks sind auch dieses Jahr wieder mit von der Partie, neben Klassikern des Qualitätspunk wie UK Subs, Springtoifel, D.O.A. oder Anti Nowhere League. Wer also in der Lage ist, drei Tage auf Hygiene und Zurechnungsfähigkeit zu verzichten, kann dies durch die Zahlung von 35 Euro (plus Gebühren) für eine Karte manifestieren oder sich im Zweifelsfalle noch einmal auf www.forceattack.de informieren.
Fusion Der ehemalige russische Militärflugplatz Lärz, nahe Müritz, beherbergt vom 25. Juni bis zum 28. Juni die beliebte Fusion. Im letzten Jahr besuchten circa 45.000 Menschen die Fusion, was dieses Festival zum größten in Mecklenburg-Vorpommern macht. Auch dieses Jahr sind alle 19.000 Vorverkaufstickets schon lange weg, laut www.fusion-festival.de wird es allerdings eine unlimitierte Abendkasse geben (Tickets 60 Euro). Anbei ein Erfahrungsbericht von der Greifswalder Studentin Svenja.
„Bei meinem ersten Besuch war ich überwältigt. Das Ganze kam mir vor wie ein riesiger Jahrmarkt: Heugruben, Holzschaukeln, Netze in den Bäumen, ein riesiges Pappmaschee-Gürteltier, das über den Platz rollt. Musik der verschiedensten Richtungen, vorwiegend elektronisch, Dub, Reggae, Rock. Konzerte im Freien oder in Hangars, auf die man auch raufklettern kann, um morgens um sechs den Sonnenaufgang oder nachts Lasershows zu betrachten. Ich bin jedesmal voller körpereigener Endorphine allein durch Sonne und Musik (und von Bier und Zigaretten auch). Drumherum hast Du rund um die Uhr Theater, Kino, Varietee, Workshops. Es gibt Verkaufsstände mit alternativen Klamotten und Fressstände mit vegetarischem und veganem Essen, viel bio und fair trade und meistens saulecker, aber auch bisschen teuer.
Viele haben ihre Kinder dabei, die dann im ‚Children’s Space’ betreut werden können. Auch viele Hunde rennen rum, die dann irgendwann nicht mehr klarkommen und sich verlaufen. Ich halt von beidem nichts, das spielt aber keine Rolle. Sanitäranlagen sind total okay: Es gibt unisex-Duschen und den ‚Showertower’ mitten auf dem Platz. Auch das Greifswalder IKuWo betreibt übrigens jedes Jahr ein Areal innerhalb der Camping-Zone, ‚Die Oase’. Die Fusion ist non-commercial, das heißt Du kannst Getränke mitnehmen, wie Du lustig bist. Dort kannst Du natürlich auch welche kaufen, musst halt aber nicht. Ist man selber ebenfalls ‚non-commercial’, kann man auch auf dem Festival arbeiten und sich so zum Beispiel sein Ticket zurückverdienen. Hierzu gibt es ein ‚Arbeitsamt’ mit Jobs wie Parkwächter, Zaunaufpasser, Klofrau/-mann.“
Arsch Cholio Das sympathische Fest mit dem liebreizenden Namen (in Stavenhagen, 21. Mai bis 24. Mai) richtet sich an eine ähnliche Klientel wie das Force Attack. Musik: Punk, Metal, Hardcore. Außer Pogo und Suff soll dem geneigten Fan hier offenbar die Möglichkeit geboten werden, massig krasse Band-T-Shirts mit nach Hause zu bringen, um die uninformierte Öffentlichkeit zu schocken. Ein Blick auf das Line Up gefällig? Da hätten wir zum Beispiel Cliteater aus Holland, die als „Vaginal Inspectors of Grind“ beschrieben werden. Aus Italien kommen Cripple Bastards („HC/Punk-Grind Pasta Inferno“) und aus Polen Ass To Mouth. Den Preis für den schönsten Bandnamen sacken natürlich ebenfalls Holländer ein: Hymen Holocaust (mit dem Hit „Crackwhore Client“). Tickets nur noch an der Abendkasse für 35 Euro. Die Homepage mit Links zu weiteren spitzenmäßig betitelten Bands: www.arschcholio.de
Headbanger’s Weekend Wie der Name schon sagt, geht’s zum Haareschütteln hier entlang. Vom 20. August bis zum 23. August steigt auf Usedom zum zweiten Mal das Headbanger’s Weekend. Schön am Wasser gelegen, kann man sich hier von Metal, Hardcore und Punk verzaubern lassen. Die headbangenden Headliner waren bei Redaktionsschluss noch nicht komplett bestätigt, ist ja auch noch etwas Zeit. Doch siehe da, kaum hingeschrieben, fliegen auf der Homepage www.headbangersweekend.de schon die ersten Ankündigungen herein: Weyland (Death Metal aus Rostock), Medoosa (Thrash Metal von der Ostsee) und Castoreum (Old School Thrash Metal aus Usedom) heißen die ersten Weekender. Letztere Band kennt und schätzt sogar der auf diesem Musikgebiet eigentlich nicht bewanderte Autor. Tickets kosten bis zum 15. Juni nur 22 Euro, danach 35 Euro.
Burning Summer Farbenfrohe Toleranz statt brauner Ignoranz. So könnte der Leitfaden des in Ludwigslust stattfindenden Burning Summer lauten. 1.500 Besucher werden am zweiten Juliwochenende auf der Rennbahn erwartet, denn die Stadt soll durch Engagement und Musik zum glühen gebracht werden. Das Festival wird von Jugendlichen ehrenamtlich auf die Beine gestellt und soll Mecklenburgs Jugend dadurch demokratische Grundzüge aufzeigen. Entgegen den politischen Vorurteilen bezüglich des vorherrschenden Rechtsextremismus in unserer Umgebung, will sich der Burning Summer mithilfe von diversen Akteuren aus dem Ausland sowie thematischen Workshops weltoffen zeigen. Dementsprechend ist es mit einem Ticketpreis von 15 Euro natürlich für den kleineren Geldbeutel erschwinglich. Zu hören gibt es Punk von Loikaemie, Metal von Chiraw, Electro von Supershirt oder aber Rock von Dyse – die komplette Setlist siehst du auf www.burning-summer.de.
Zappanale Zappa, Zappa, Zappa. Mehr braucht es nicht, um die Zappanale zu beschreiben, denn alles dreht sich um die Musiklegende Frank Zappa. Vom 12. bis zum 16. August findet sie zum zwanzigsten Mal in Bad Doberan statt. Seit 1990 treten auf der Galopprennbahn jährlich ehemalige Zappa-Musiker, Coverbands und von Zappa beeinflusste Musiker auf. Vom anfänglich minimalistischen Fest mauserte sich die Zappanale über die Jahre kontinuierlich zu einem beliebten Zuschauermagneten mit bis zu 5.000 Besuchern. Die Medien wurden Anfang des Jahres durch die Witwe des Namensgebers auf das Festival aufmerksam.
Diese verklagte nämlich vergebens die Veranstalter auf Unterlassung der Benutzung des Namens Zappa und seines Bartes als Logo. Auf der diesjährigen Jubiläumszappanale treten Künstler wie Daevid Allen, Grand Mothers, R. Estrada und die Steve Hillage Band auf. Der ganze Spaß kostet dich 140 Euro für das ganze Wochenende und ist über www.zappanale.de zu kaufen.
ElectronicXcess Usedom, bekannt für seine Bäderbahn und unberührte Natur. Erholungsgebiet unserer Eltern und Großeltern? – Denkste! Am dritten Augustwochenende steppt auf dem Gelände des „alten Wikingerlagers“ der Electro-Bär. Für einen kleinen Obolus von 25 Euro können die 2000 Besucher zu Minimal, House und Electro von DJ TokTok, Jay Preston, Deep Deluxe und vielen weiteren DJ-Größen abtanzen. Zusätzlich wird Radio Sunshine Live mit am Start sein und die Menge das gesamte Wochenende über zum feiern animieren. Hervorzuheben sei noch der eigene Badestrand des ElectronicXcess, der im Spätsommer eine willkommene Abkühlung ist. Das genaue Line-Up und Tickets gibt’s unter www.party-vision.de.
TeteRock Zum dritten Mal in Folge findet auch dieses Jahr vom 28. bis 30. August das TeteRock-Festival in Teterow statt. Das Line-Up besteht aus 10 bis 15 Amateurbands aus Mecklenburg, die alle Geschmäcker bedienen werden. So wird sowohl Rock und Pop, als auch HipHop und Metal zu hören sein. Neben musikalischen Acts werden tagsüber sportliche Aktivitäten wie beispielsweise Lebendes Tischfußball, XXL-Mikado oder Schwedenschach angeboten. Entspannen kann man sich danach mit Fleisch vom Grill auf dem Sonnendeck oder in der festivaleigenen Wasserrutsche. Ein weiterer und ganz entscheidender Punkt dieses Festivals ist der Geldfaktor – denn das Ganze ist ohne Übernachtung komplett kostenlos und mit Zelten für den kleinen Beitrag von drei Euro auch sehr erschwinglich. Falls du einer der erwarteten 500 Besucher sein willst, kannst du dich auf www.bth-kjm.de über alles Weitere informieren.
Warnemünder Sommer Ein Spektakel der ganz besonderen Art findet erstmalig vom 16. Juni bis zum 29. August im Kurhausgarten in Rostock-Warnemünde statt. Das Kulturfestival wird durch eine kunterbunte Mischung aus Musik, Theater, Kunsthandwerk sowie Bio-Gastronomie zum besonderen Sommererlebnis. Alle Altersklassen sind eingeladen der Musik von angesehenen Künstlern wie Annett Louisan, den Comedian Harmonists, Karat oder der Jazzkantine zu lauschen.
Das Warnemünder Sommer–Festival hebt sich mit extravaganten Veranstaltungen wie der Oper „Tosca“ als auch mit den Themenveranstaltungen „Ost Rock Spezial“ & „Blues und Jazz“ ganz bewusst von normalen Festivitäten ab. Zusätzlich gibt es täglich von morgens bis abends hochwertige Kunst und Kulinarik auf dem typisch mecklenburgischen Markttreiben zu erleben. Ein Festivalticket gibt es aber leider nicht zu kaufen, der Kunstmarkt ist kostenfrei und die jeweiligen Ticketpreise für die Musiker, die zwischen 6 bis 19 Euro liegen, sind unter www.warnemuender-sommer.de zu finden.
Ein Artikel von Norman Gorek und Sophie Lagies mit Fotos von Norman Gorek (Immergut, Force Attack) und den jeweiligen Veranstaltern