von Michael Bauer und Isabel Kockro

Seit geraumer Zeit zieht das Mittelalterfest „Spectaculum“ wieder durch Deutschland und verspricht viel Unterhaltung und Spektakel. Um nachzuforschen, ob es hält, was die Veranstalter versprechen, und sich ein Besuch lohnt, haben wir dem Festival einen Besuch abgestattet. 

Der feuerspeiende Drachenkopf.

Der feuerspeiende Drachenkopf.

Bereits seit 1994 existiert das „Spectaculum“, das sich stolz als das weltweit größte reisende Mittelalterfestival bezeichnet. Zum Inventar gehören zahlreiche Verkaufsstände und Veranstaltungsbühnen, auf denen verschiedene Programme wie Kämpfe oder Livemusik und laut eigener Angabe mehr als 1.000 Personen in Rüstungen oder mittelalterlich anmutenden Gewändern geboten werden. Die Veranstaltung reist jedes Jahr durch Deutschland, um für ein Wochenende an einem Ort zu verweilen und den Gästen Tür und Tor zu öffnen, bevor man zur nächsten Adresse aufbricht. Wir haben uns schließlich dazu entschieden, das Spectaculum am 13. Juni in Basthorst nahe Hamburg zu besuchen, wo als Veranstaltungsort ein alter Gutshof diente.

Ein wenig orientierungslos

Sofort fiel auf, dass das Gelände wesentlich weitläufiger und das Fest reicher an Inszenierungen war, als man es von diversen Mittelaltermärkten oder Burgfesten gewohnt ist. Da spuckt zur einen Seite ein metallener Drachenkopf Feuer und Rauch, zur anderen versuchen sich bereits die herbeieilenden kleinen Gäste beim Axt- und Messerwerfen auf Zielscheiben. Und tatsächlich sind unter den Anwesenden auf den ersten Blick mehr Personen in passender Verkleidung auszumachen als solche, die im Alltagslook erschienen sind. War die Barriere des Einlasses – und den Schock, der im Angesicht einer Summe von 25 Euro für ein Tagesticket einsetzte, Studentenrabatt nicht vorhanden – erst einmal überwunden, hatte man eine Weile damit zu tun, sich zu orientieren. Zwischen 60.000 und 100.000 Quadratmeter Fläche soll das Fest an den jeweiligen Standorten bieten. Das ist zwar längst nicht gewaltig, birgt aber doch das Potenzial hier und dort ein wenig in Orientierungslosigkeit zu versinken. In jedem Fall handelte es sich beim Spectaculum um die größte Veranstaltung dieser Art, der wir beiwohnen konnten.

Ein Weg zu den Ständen.

Ein Weg zu den Ständen.

Es scheint, als hätte es das Prädikat des weltweit größten Mittelalterfestivals zu Recht erhalten. Zu entdecken gibt es jedenfalls allerlei, denn an jeder Ecke bieten Händler ihre Waren an, die von Pelzen über Räucherware und Schmuck bis hin zu Geschmiedetem und Schwertern reichen. Zwischendrin stößt man auf verschiedene Stationen, an denen den Gästen ein Programm geboten wird, welches sich zu bestimmten Uhrzeiten wiederholt, sodass jeder die Möglichkeit bekommt, alle Vorstellungen mitzuerleben. Jedoch wäre ein Lageplan zur Orientierung hilfreich gewesen. Diesen suchte man nämlich vergebens und die stellenweise recht dürftige Ausschilderung tat ihr Übriges dazu, dass wir zeitweise doch im wahrsten Sinne des Wortes planlos umherirrten. Die sogenannte Gauklerbühne, auf der zu bestimmten Uhrzeiten ein Magier auftreten sollte, haben wir dank der fehlenden Kennzeichnung bis zuletzt nicht mit absoluter Sicherheit ausmachen können. Man möchte meinen, die Gaukler selbst hätten die Bühne auf dem Gelände platziert. Dafür anzutreffen war aber der Falkner, der den Gästen eine Show mit verschiedenen Greifvögeln wie Eulen oder auch Adlern, scheinbar aber keinen Falken, bot. Um den Vögeln allerdings nicht zu viel zuzumuten, betonte er, finde täglich aber immer nur eine große Show neben mehreren kleinen statt. Während der kleineren Programme kann man die Vögel jedoch zumindest aus nächster Nähe betrachten, wenn der Falkner seine Schützlinge den Besucher auf den Arm setzt. Davon kann man ein Freund sein, muss man aber nicht.

Großes Essensangebot

Wer lieber dem Klang gekreuzter Schwerter lauschen wollte, begab sich wie wir zum Ritterturnierplatz. Hier wurden Schaukämpfe zu Pferde und am Boden dargeboten. Dabei lag das Hauptaugenmerk offensichtlich auf den berittenen Kämpfen und Disziplinen. Schwerter, die beim Aufeinandertreffen zu klirren beginnen, erlebt man bei derartigen Veranstaltungen relativ häufig. Aber Lanzen, die vom Pferde aus auf die Gegner gestoßen werden und an deren Schilden tatsächlich zerbersten und Splitter in die Luft schleudern, das dürfte ein seltenerer Anblick gewesen sein. Nachdem die Ritter und Schildmaiden aufeinander eingedroschen hatten und die Frühnachmittagssonne begann, eine unangenehme Hitze zu verströmen, dass es auf der Haut brannte, ging es zurück zum Festgelände. Vorbei an einem Wahrsager, der bereitwillig seine Dienste anbot, hin zu den Essständen. Das Angebot war groß, selbst Vegetarier und Veganer konnten fündig werden, der Preis war jedoch in der Regel nicht gerade klein. Ca. 5 Taler für kleinere Mahlzeiten wie Langosch oder Kartoffelspalten mit hausgemachter Remoulade musste man schon investieren. Die Getränkepreise bewegten sich auf Kneipenniveau, 3 Taler für eine kleine Flasche Cola. Die Bezeichnung Taler ist übrigens bewusst gewählt, hat das Spectaculum doch seine eigene in geprägten Münzen materialisierte Währung im Wechselkurs 1:1. Der Euro wird aber natürlich genauso akzeptiert, ziert jedoch nicht immer das Wechselgeld. Dieses kann am Empfang aber wieder zurückgetauscht werden.

Die Band "Soar Portal".

Die Band „Soar Portal“.

Positiv fiel auf, dass wir trotz der beachtlichen Menge an Besuchern recht schnell einen Platz fanden, um unsere Verpflegung sitzend zu uns zu nehmen. Derweil spielte auf der Hauptbühne die schottische Folk-Band Soar Patrol, die vor allem durch ihre drei Trommler von sich hören machte. Den Samstag begleiteten daneben noch weitere, zum Teil recht bekannte Bands wie Saltatio Mortis oder Omnia. Damit jedem Gast die Möglichkeit gegeben werden konnte, sich alles anzuschauen, wiederholten auch die Bands ihr Programm zu verschiedenen Zeiten. Leider blieben uns jedoch einige Programmpunkte verwehrt. So zum Beispiel die Aufführungen der Fechtkampfgruppe, des Gauklers, des Kraftjongleurs, der Feuershow mitsamt dem nachts veranstalteten Feuerwerk. Heftiger Regen und Gewitter veranlassten uns vorzeitig zur Heimfahrt.

Fazit

Gelohnt hat es sich aus unserer Sicht trotzdem. Auch wenn der Eintritt nicht gerade günstig ist (hier empfiehlt sich der bis zu 10 Euro günstigere Ticketvorverkauf), so hat das „Spectaculum“ doch einiges zu bieten und vermag anders als viele ähnliche Veranstaltungen, seine Gäste über mehrere Stunden hinweg beschäftigt zu halten. Wer den Drang verspürt, sich wirklich jedes Programm anzusehen, kann womöglich einen ganzen Tag auf dem Gelände verbringen, ohne Langeweile zu verspüren. Wer hingegen nicht alles sehen, beim Feuerwerk aber dabei sein will, sollte womöglich nicht gleich zur Eröffnung zur Mittagszeit erscheinen, um sicherzugehen, dass keine langen Minuten des Wartens zwischen den Programmfavoriten bevorstehen. Ein wirkliches Manko des „Spectaculums“ in Basthorst stellte wie erwähnt die mangelnde Übersichtlichkeit dar. Dieser Kritikpunkt kann aber an anderen Veranstaltungsorten wiederum seinen Bestand verlieren. Wer sich selbst von den Qualitäten der Veranstaltung überzeugen möchte und nach einem Ausflugsziel in der vorlesungsfreien Zeit sucht, sei darauf aufmerksam gemacht, dass sich das „Spectaculum“ im Verlauf des Septembers zurück nach Hamburg begibt, welches der für Greifswalder vorerst am nächsten gelegene Standort sein wird. Andere Veranstaltungsorte hingegen liegen mitunter in sehr großer Entfernung, die die Kosten gegenüber dem Nutzen überwiegen lassen. Auch wenn wir einen Besuch empfehlen können und es viel zu bieten hat, ein Erlebnispark ist die Veranstaltung trotzdem nicht. Daher sollte gewartet werden, bis sich das „Spectaculum“ in relativer Nähe befindet. Sonst könnte Frust entstehen darüber, zu viel in zu wenig investiert zu haben.

Ein Mitarbeiter erklärt, was während des Turniers geschieht.

Ein Mitarbeiter erklärt, was während des Turniers geschieht.

Der Falkner.

Der Falkner.

Fotos: Isabel Kockro