geschrieben von Tine Burkert
Manchmal hat man das Gefühl, Greifswalds Kneipenkultur ist irgendwann zwischen Kaffeekränzchen und Pfeffi-Absturz eingeschlafen. Denkt ihr? Nein! Wir zeigen euch, welche Bars unsere Autoren beeindruckt haben und über welche Kneipen das Urteil eher ernüchternd ausfiel. Lehnt euch zurück und genießt die verbalen Cocktails. Zwölf Bars haben webmoritz.-Redakteure getestet im Kneipentest. Unter die Lupe genommen und gründlich auf den Kopf gestellt wurden die Domburg und die Falle.
„Wie, hier ist ´ne Bar?!“, fragt mein Kumpel und glotzt am Haus hoch.
Wenn man nicht weiß, dass die Domburg keine Festung, sondern eine Cocktail- und Shisha-Bar ist, läuft man einfach daran vorbei.
So wie mein Kumpel. Innen ist es sehr schummrig, fast schon ein wenig zu dunkel, und auf den Stühlen tummelt sich jüngeres Publikum mit bunten Mixgetränken.
Wir gehen an ihnen vorbei, rechts die Treppe hinunter und befinden uns im Orient. Zumindest, soweit meine Augen das in der Dunkelheit identifizieren können. Hier gibt es keine Stühle mehr, sondern schwarze Matratzen, die zusammen mit niedrigen Tischen auf hüfthohen Podesten thronen. Sieht nett aus, aber ob das so hygienisch ist, weiß ich nicht. Nachdem wir die Schuhe ausgezogen und uns auf die Matten gerollt haben, studieren wir die Karte. Viel Auswahl, die Preise sind in Ordnung: fünf bis acht Euro für einen Cocktail. Wir entscheiden uns für Moscow Mule, Cuba Libre, Bloody Mary und einen Caipi. Wir würden gern bestellen, doch nirgendwo ist eine Servicekraft zu sehen. Vielleicht Selbstbedienung? Nachdem wir fast eine halbe Stunde gerätselt haben, kommt eine Bedienung an unseren Tisch und nimmt die Getränke auf. Wenigstens lächelt sie. Wir reiben uns die Hände und sind gespannt auf die Cocktails. Die Spannung hält circa zwanzig Minuten, bis wir langsam ungeduldig werden. Erst nach weiteren zwanzig Minuten kommt mein Moscow Mule. Alleine. Unsere Laune ist dem Tiefpunkt nahe, als nach weiteren zehn Minuten auch die anderen Cocktails auf dem Tisch stehen. Mein Moscow Mule ist viel zu sauer, weil die Bar Limetten und Gurken nicht auseinander halten kann. Der Caipi besteht aus 90 Prozent Alkohol. Ungenießbar. Die Bloody Mary hat dafür wahrscheinlich gar keinen Vodka abbekommen. Wir wollen bezahlen und warten erneut fünfzehn Minuten auf die Rechnung. Als ich meinen Longdrink ausschlürfe, sehe ich etwas Komisches auf dem Glasboden.
Ist das…? Wachs.
Wachs in dem Glas, aus dem ich getrunken habe. Mir reicht’s. Der Service im Schneckentempo, die Getränke nicht rezeptgetreu zubereitet und Wachs im Glas. Nein, danke. Wir stehen auf, verlassen die Domburg und überlegen, welche Bar diesen Abend wohl noch retten könnte.
Mein Kumpel schlägt die Falle vor. Find ich gut. Wir laufen quer durch die Innenstadt Richtung Schießwall und stiefeln die versteckte Treppe an der Ecke zur Fußgängerzone hinunter. Wir drücken die schwere Holztür auf und treten in den Raum, der nicht nur ein altes Kellergewölbe ist, sondern mit den dunklen Massivholztischen und -bänken auch den passenden Charme versprüht.
Stammtisch-Charakter pur.
Ich sehe mich um und entdecke eine überschaubare Bar und weiter hinten einen abgetrennten Bereich für größere Gruppen. Die älteren Herren an der Bar spielen Skat, ansonsten sehe ich nur Bierkrüge, an denen alternative Studierende in Kapuzenpullis hängen. Wir setzen uns. Der bärtige Wirt bringt uns die Karte, er wirkt freundlich. In der Falle dominieren Bier, Wein und Schnaps, ich entdecke aber auch einige Longdrinks auf der Karte. Ich entscheide mich für einen Cuba Libre, meine Freunde bestellen Gordon’s Gin Tonic für vier bis sechs Euro. Mich hauen die Mischen nicht um: Das Verhältnis von Spirituose und Softdrink ist in Ordnung, vielleicht hätten sie noch einen Schuss von ersterem vertragen. Ich habe außerdem das Gefühl, die zwei einsamen Eiswürfel in meinem Cuba schielen traurig zu mir hoch. Nach zwei Minuten sind die Kleinen verschwunden und mein Getränk bleibt halbwarm zurück. Schade. Weil die Kneipe gut gefüllt und das Personal deshalb recht eingespannt ist, sage ich nichts. Das ist auch nicht schlimm, denn sowohl der bärtige Barmann als auch die Servicekraft bleiben trotz hohem Gastaufkommen höflich, die Getränke schmecken ja trotzdem passabel, und in den urigen Charme der Kneipe habe ich mich verliebt. Mein Fazit: Für Wein, Bier und Herzensgespräche der ideale Ort, für Freunde des gehobenen Cocktails vielleicht nur zweite Wahl.
Die anderen getesteten Bars findet ihr im Kneipentest.
Foto: Florian Garrecht via Jugendfotos.de