Nächste Woche finden die Gremienwahlen statt. Die Wahlbeteiligung bewegt sich seit Jahren um die zehn Prozent, kaum ein Studierender hält es also so wirklich für nötig, wählen zu gehen! Wir haben zwei Studierende der Uni gefragt, warum das auch vollkommen okay so ist und ihr euch das Wählen sparen könnt.

Quo vadis Hochschulpolitik?

Autorin: Magdalene Majeed, zwischen April 2013 und September 2015 im AStA, FSR IPK, Fachschaftskonferenz, StuPa, Fakultätsrat, Senat und einigen akademischen Kommissionen aktiv, hat ihr Studium bereits beendet.

Von außen ergibt sich oft der Eindruck eines kleinen Personenkreises, bestehend aus Möchtegern-Nachwuchspolitikern, inzestiösen Freundeskreisen und kleptokratischen Dauerstudis. Von innen lässt sich das leider zu einem Großteil bestätigen. Man pumpt zehn Euro im Semester in die Verfasste Studierendenschaft und bekommt theoretisch ein ausgewogenes studentisches Medienangebot, verschiedene studentische Beratungs- und Anlaufstellen, einen Haufen Partys und Veranstaltungen und eine demokratisch gewählte Vertretung. Was in der Theorie so nett klingt, zeigt bei genauerer Betrachtung einige (überwindbare?) Defizite. Personelle Verflechtungen zwischen Medien und MandatsträgerInnen aus bestimmten Hochschulgruppen gipfeln in Gerüchte über das bereitwillige Produzieren von Wahlwerbespots (1). Der verantwortungslose Gebrauch von Studierendenschaftsgeldern wird nicht in Frage gestellt, um beispielsweise eine Couch im vierstelligen Bereich anzuschaffen, oder die kaum konsumierte TV-Sparte zu subventionieren. Dieser sorglose Umgang mit euren Geldern weitet sich auf viele Gremien aus. Wie auch im Allgemeinen Studierendausschuss (AStA). Im AStA wird in regelmäßigen Abständen der Safe wahrscheinlich von „verantwortungsbewussten“ ReferentInnen leer geräumt (2), die über ihre Legislatur hinweg leistungsunabhängig eine nicht geringe Aufwandsentschädigung abstauben. Das höchste Gremium ist gleichzeitig das mit der Legitimität eines Dritte-Welt-Diktators. Das Studierendenparlament (StuPa) erreicht selten mehr als zehn Prozent Wahlbeteiligung und die KandidatInnen überschreiten oft nur knapp die Zahl der Parlamentssitze. Rechnet man dazu noch die Quote der Rücktritte innerhalb einer Legislatur zusammen, ist es wie an der Aldi-Kasse: früher oder später kommt jeder an die Reihe. Je schwachsinniger das Thema, desto länger die Debatte und dabei wird ständig das hochschulpolitische Mandat überschritten. Wenn doch einmal ein Beschluss gefasst wird, der die Kompetenzen tangiert, wird beispielsweise ein Abnick-Gremium zur „Kontrolle“ der moritz.medien geschaffen. Wie kommen wir nun raus aus dieser Misere? Demokratie lebt von Partizipation. Wenn euch diese Missstände immer noch nicht interessieren, dann nehmt sie weiter schweigend hin. Oder aber ihr stellt euch selbst zur Wahl, durchbrecht den „HoPo-Sumpf“ und gestaltet eure Agenda näher an den Problemen der Studierenden. Eine langfristige Lösung der teils systemisch bedingten Defizite wäre auch eine Ausweitung des hochschulpolitischen auf ein allgemeinpolitisches Mandat – dazu bedarf es allerdings einiger Gesetzesänderungen auf Landesebene. Entweder wir rationalisieren die Studierendenschaft auf das, was sie juristisch gesehen ist: Eine Behörde für Studierende, nur ohne lästige Wahlen, peinliche Skandale und Veruntreuung von Geldern, oder wir wagen Wege für mehr Demokratie!

(Anm. d. Red.)
1: Die Produktion von Wahlwerbespots bezieht sich auf Ereignisse aus dem Jahr 2013, die sich als unwahr erwiesen haben und nicht in Zusammenhang mit der aktuellen redaktionellen Besetzung der studentischen Medien stehen.
2: Die Diebstähle beziehen sich auf Ereignisse aus den Jahren 2010 und 2012 und stehen nicht in Zusammenhang mit dem aktuellen AStA.

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