Mathias BrodkorbBildungsminister Mathias Brodkorb überraschte in den vergangenen zwei Wochen immer wieder mit Erfolgsmeldungen. Noch am 5. November, kurz nach der Demonstration, heißt es zum Thema Hochschulfinanzen: “Land erhöht Hochschuletats um 17 Millionen Euro zusätzlich”. Weiter geht es am 13. November: “Land stockt Hochschuletats um 17 Millionen Euro zusätzlich auf”. Alleine den Überschriften zu urteilen, müsste das Land also nun 34 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt haben. Bei genauerer Betrachtung fällt jedoch auf, dass sich nicht nur die Überschriften, sondern auch die Inhalte der Meldungen verblüffend ähneln.

Land erhöht Zuschüsse für Bildung?

In der Pressemitteilung vom 5. November unter der Überschrift “Land erhöht Hochschuletats um 17 Millionen Euro zusätzlich” heißt es: “Bildungs- und Wissenschaftsminister Mathias Brodkorb hat eine Erhöhung des Etats für die Hochschulen in Mecklenburg-Vorpommern vorgeschlagen.” Bleibt die Frage, warum der Titel der Meldung “Land erhöht Hochschuletats um 17 Millionen Euro zusätzlich” heißt und nicht: “Brodkorb schlägt Erhöhung des Hochschuletats um 17 Millionen Euro vor”. Letzteres wäre sachlich korrekt gewesen, erstgenannter Titel täuscht dem Lesenden vollendete Tatsachen vor, die in Wirklichkeit noch im Gespräch sind. Zufällig war am 5. November die Demonstration gegen die Kürzungen im Bildungswesen in Schwerin. Und zufällig an diesem Tag gibt Brodkorbs Pressestelle eine Pressemeldung mit eben jener irreführenden Überschrift heraus. Ist das Zufall, ein Versehen, oder Strategie?

Milos Rodatos stellt Mathias Brodkorb ein moralisches Armutszeugnis aus.

Milos Rodatos stellt Mathias Brodkorb ein moralisches Armutszeugnis aus.

Immerhin habe sich das Kabinett bereits am 21. Juni laut Pressestelle auf eine zusätzliche Steigerung des Hochschuletats einschließlich der Kliniken verständigt. Damals war noch von Zuschüssen in Höhe von 17 Millionen Euro einschließlich eines weiteren Ausgleichs um zwei Millionen Euro die Rede. Tatsächlich gibt es hingegen keine weiteren Gelder von der Landesregierung. “Die zusätzlichen 17 Millionen Euro sind Gelder, die den Hochschulen in Form von Landesmitteln im Rahmen des Hochschulpaktes bereits zustanden und hier gleich doppelt abgerechnet werden. Das mag vielleicht rechtlich haltbar sein, ist moralisch aber ein Armutszeugnis”, stellt Milos Rodatos, Präsident des Studierendenparlaments derweil klar.

Eckhardt Rehberg (CDU) kritisiert Bildungsminister

Der Bundestagsabgeordnete und Finanzausschussmitglied Eckhardt Rehbergs (CDU) hat den Bildungsminister in der Vergangenheit derweil immer häufiger kritisiert, zuletzt am 6. November. Das Land Mecklenburg-Vorpommern würde seinen Verpflichtungen im Rahmen des Hochschulpaktes nicht nachkommen. Im Haushalt seien lediglich 16 Millionen Euro für die Gegenfinanzierung der Zuschüsse vom Bund in Höhe von 31 Millionen Euro vorgesehen. Es fehlten somit noch 17 Millionen Euro, um den Landesanteil im Rahmen des Hochschulpaktes auszugleichen. Brodkorb weist derweil die Kritik zurück. Das Land habe die 17 Millionen Euro nur anders abgerechnet.

Bundestagsabgeordneter Eckhardt Rehberg (CDU), hier im Parlament, übt Kritik an Brodkorbs Politik.

Bundestagsabgeordneter Eckhardt Rehberg (CDU), hier im Parlament, übt Kritik an Brodkorbs Politik.

Die Greifswalder Studierendenschaft und Eckhardt Rehberg scheinen hingegen nicht die Einzigen zu sein, die sich vom Bildungsminister getäuscht fühlen.  “Die Universitäten Greifswald und Rostock weisen die sachlich falsche Argumentation des Bildungsministeriums des Landes Mecklenburg-Vorpommern entschieden zurück. Die von Bildungs- und Wissenschaftsminister Mathias Brodkorb verbreitete Aussage, dass das Land zusätzliche Mittel für die Hochschulen bereitstellt, ist nicht zutreffend”, verdeutlichen heute die Rektoren der Greifswalder und Rostocker Universität. Beide Universitäten verweisen ebenfalls auf die Gegenfinanzierung des Hochschulpaktes.

Unis Rostock und Greifswald verärgert

“Es handelt sich um Mittel, die den Hochschulen ohnehin zustehen. Sie sind lediglich ein Ausgleich für zusätzliche Kosten der Hochschulen bei steigenden Studierendenzahlen. Sie reichen nicht aus, um steigende Sachkosten und strukturelle Defizite auszugleichen”, wird von beiden Universitäten betont. Brodkorb hingegen hebt kontinuierlich hervor, dass er nicht mehr Geld zur Verfügung stellen könne und die Hochschulen mit dem Geld auskommen müssten, was ihnen zur Verfügung stünde.

Zudem wird am 13. November auf den Rektor der Hochschule Wismar verwiesen, der angibt, dass er das Defizit durch Rücklagen aus dem internen Haushalt ausgleichen könne. Das Signal ist eindeutig: Brodkorb unterstreicht mit jenem Verweis, dass die Unis einzusparen hätten, bis die 17 Millionen Euro ausreichend wären. Eine Kürzungsrunde während einer laufenden Kürzungsrunde, wie der Sprecher der Landeskonferenz der Studierendenschaften Erik von Malottki auf der Pressekonferenz Anfang November betonte. “Die Hochschule Wismar kann zusätzliche Einnahmen durch ihr spezielles Angebot im Fernstudienbereich erzielen, welches auf andere Standorte nicht zutrifft”, macht Milos Rodatos derweil deutlich. “Ehrliche und meiner Meinung nach auch sozialdemokratische Politik sieht anders aus”, zeigt sich der Stupa-Präsident enttäuscht.

Ton wird schärfer

Grundsätzlich scheint der Ton gegenüber dem Bildungsministerium nicht nur innerhalb der verfassten Studierendenschaft schärfer zu werden. “Statistiken, die der Minister in seiner Argumentation gegenüber den Landtagsabgeordneten und der Öffentlichkeit wählt, verfremden die Fakten zur Hochschulfinanzierung. Es wird allein von der Einwohnerzahl des Landes ausgegangen. Würde man dieser Logik folgen, gibt Mecklenburg-Vorpommern für öffentliche Leistungen grundsätzlich prozentual mehr als andere Bundesländer aus, da das Land eine besonders geringe Einwohnerzahl hat. Bezogen auf Studierende und Professuren  − und nur das spiegelt die Leistung eines Landes für die Hochschulen − liegen die Ausgaben des Landes deutlich unter dem Bundesdurchschnitt”, stellen sie Brodkorbs Aussagen richtig.

“Die Hochschulen in Mecklenburg-Vorpommern empfinden die Darstellung des Ministers als irreführend, weil er nicht nur trotz besseren Wissens die Defizite leugnet, sondern Mittel für Tarifsteigerungen, die aus dem Hochschulpakt kommen, als zusätzliche Leistung des Landes verkauft. Er täuscht die Öffentlichkeit und stellt die Hochschulen an den Pranger. Er schadet ihnen damit gleich mehrfach”, heißt es von den Rektoraten der Universitäten Greifswald und Rostock abschließend.

Fotos: Luise Röpcke (Artikelbild/webMoritz-Archiv), Simon Voigt (Milos Rodatos), Eckhardt Rehberg (Pressefoto Bundestag)