Schwedische FelderDass die Schweden Möbel verkaufen können, ist ja inzwischen hinlänglich bekannt. Über die Natur Schwedens mit unberührten Wäldern, weiten Feldern und tiefen, klaren Seen wurde mir von Schwedenbesuchern auch des öfteren vorgeschwärmt. Nun, wie es um die schwedischen Seen steht, konnte unsere 18-köpfige Biologen- und Landschaftsökologen – Exkursionsgruppe höchstselbst herausfinden.

 

 

Mit zwei Unibussen, gefüllt mit Binokularen, Bohrstöcken, Kisten mit Wasseranalysegeräten, Tauchanzügen (die ziemlich viel Platz wegnehmen können, wie ich beim Packen fluchend feststellte) und den Teilnehmern machten wir uns auf den Weg.

Mit der Fähre schipperten wir von Mukran aus zwei Stunden beim schönsten Sonnenschein, der sich aber allmählich in Regen auflöste, um die Kreidefelsen von Rügen – womit gleich noch ein Reiseziel abgehandelt wäre, wie eine meiner KomilitonInnen zufrieden feststellte.

An Trelleborgs Hauptverkehrsader begrüßten uns Palmen. Zugegeben in Kübeln, und im Winter werden sie hereingeholt, dennoch war – und blieb die meiste Zeit – das Wetter der Palmen würdig.

Von Süden nach Norden

Wenn man von der Südküste Schwedens Richtung Norden fährt, sieht man zunächst eine ganze Weile lang Felder. Riesige Felder – sie stellen auch die Mecklenburg-Vorpommerns bei weitem in den Schatten. Dies ist die Provinz Skåne (Schonen) mit ihren ertragreichen Böden und der intensiven Landwirtschaft. Weiter nach Norden wird die Landschaft karger, Nadelwälder übernehmen ab Småland und erst recht noch weiter nödlich in Östergötland Regie.

Ein Elch.

Ein Elch.

Den Straßenschildern nach gibt es von Småland aufwärts Elche. Von diesen Gefährten sahen wir allerdings trotz viel Elan beim Suchen lediglich die Hinterlassenschaften in Natura. Drei Elchkötel in der Tasche zu haben, soll übrigens Glück bringen. Wer´s mag…

Sightseeing – Lund und Linné

Das, was wir innerhalb der einen Stunde, die uns vergönnt war, von Lund sahen, offenbarte die Studentenstadt. Ein riesiger Fahrradparkplatz, gut angefüllt, alte Fachwerkhäuser, ein weißes, mit Statuen geschmücktes Universitätshauptgebäude inklusive Brunnen, noch mehr Fahrräder und viele junge Leute. Einen Besuch statteten wir auch der Geburtsstätte Carl von Linnés, Råshult, ab. Linné ist wohl einer der bekanntesten Naturforscher und Begründer der heute gebräuchlichen, zweiteiligen wissenschaftlichen Artnamen. Råshult lohnt definitiv einen Besuch. Das Gelände wird mit den Methoden bewirtschaftet, wie sie zur Zeit Linnés gebräuchlich waren. Auch Gebäude und Einrichtungen stellen die Verhältnisse zu Linnés Zeit nach. Der schon von Linnés Vater, einem Pastor, und ihm selbst gehegte Garten schwirrt nur so vor Hummeln, Bienen und Schmetterlingen.

Schwedische Städte und der Alkohol

Das Örtchen, in dem wir wohnten, ist, wie die meisten schwedischen Siedlungen, klein. Eine Kirche, eine Handvoll Häuser, ein nach ein paar Tagen verschwundener Briefkasten, Kühe, Gänse. Die meisten Häuser sind schwedentypisch rot mit weißen Fensterrahmen. Die rote Farbe ist günstig und witterungsbeständig.

Bis zum nächsten Supermarkt braucht es ein paar Fahrminuten.

Ein Fahrradparkplatz in Lund

Ein Fahrradparkplatz in Lund

Dass man zum Teil nicht einmal bemerkt, dass man gerade durch eine schwedische Stadt fährt, hat seinen Grund in der Agrarreform von 1827. Damals wurden die bisher gemeinschaftlich bewirtschafteten Ländereien zu Privatbesitz. Jede Familie zog auf ihr Land. Das erschwert nicht nur die Wasser- und Elektrizitätsversorgung. Nahrungsmittel werden in sehr großen Packungen verkauft, so braucht man nicht so oft fahren. Mit 200 Gramm Käse gibt man sich hier kaum ab, wenn doch, ist er überdurchschnittlich teuer.

Auch das doch eher schwierige Verhältnis zwischen Schweden und Alkohol hat laut unseres Betreuers Dierk hier ihren Anfang. Ohne Stadtzentrum keine Dorfkneipe kein Lernen eines vernünftigen Umgangs mit Alkohol. Alles, was mehr als 3,5 Promille Alkohol beinhaltet, muss man entweder in einem lizensierten Geschäft bestellen oder in einem Systembolaget, einem staatlichen Alkoholmarkt, kaufen. Die Abstinenzbewegung ist eine der stärksten politischen Strömungen Schwedens.

Worum es hauptsächlich ging – die Seen

Da wir an einer gewässerökologischen Exkursion teilnahmen, widmeten wir den größten Teil unserer Zeit den schwedischen Seen.

Der See, dem wir am ersten Abend, noch etwas bedröppelt von der Fahrt, einen Besuch abstatteten, war nun nicht gerade ein Paradebeispiel der “tiefen, klaren Seen” – ein flaches, algenbegrüntes Gewässer mit leicht schleimiger Oberflächenkonsistenz. Man spricht hier auch von „hypertroph“ – ein Gewässer, das so viele Nährstoffe beinhaltet, dass Algen sich hemmungslos vermehren können. Viele Algen bedeutet viel totes organisches Material, das zu Boden sinkt. Hier wird es abgebaut, wobei Sauerstoff verbraucht wird. Da ein Mangel an Sauerstoff auch für Fische nicht gesundheitsfördernd ist, sind solche nährstoffreichen Gewässer weder artenreich noch angenehm anzusehen.

Ein See in Schweden.

Ein See in Schweden.

Als Faustregel gilt also: umso weniger Nährstoffe, desto klarer.

Tiefer und vor allem klarer wurden die folgenden Seen. Den Gipfel bildete hier der Vättern, ein Klarwassersee, der, wie es sich für einen Grabenbruchsee gehört, mit stellenweise mehr als 100 Metern schon ziemlich tief ist.

Ein anderer See, der Krankesjön, wechselt immer wieder zwischen klar und trüb – den beiden alternativen stabilen Stadien. Die Gründe für diese Zyklen sind noch nicht genau geklärt.

Als Paradies für Ornithologen präsentiert sich der Tåkern in Östergötland. Ein großer Schilfgürtel und vielgestaltige Vegetation bieten Lebensraum für weit über 250 verschiedene Arten von Federvieh.

In Wäldern begegnet man Braunwasserseen wie dem Skärshultsjön (gesprochen Schärschultschjön, dabei alle „ch“ schön tief aus der Kehle… oder so ähnlich). Solche Seen sind, wie der Name sagt, mehr oder minder rost- bis erdbraun. Das hat seine Ursache in sogenannten Huminstoffen, großen organischen Molekülen, die aus dem Boden in den See geschwemmt werden. Selbige finden sich etwa auch in Tee, Kaffee und Brot.

Auf jeden Fall einen Besuch wert

Über dieses Land wird zu Recht geschwärmt. Trotz – und vielleicht gerade  wegen – eines straffen Programmes nahmen wir neben Erkenntnissen über Seen im Allgemeinen und die schwedischen Vertreter im Besonderen noch wesentlich mehr mit. Mehr als einer unserer Gruppe möchte unbedingt noch mal zurück – Schweden ist es definitiv wert, besucht und erkundet zu werden.

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