„Demokratischer Erziehungsstil ist der beste“

Seit fast 20 Jahren ist Frieder Dünkel Lehrstuhlinhaber für Kriminologie an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät sowie einer der Prorektoren der Universität. Einer seiner Forschungsschwerpunkte ist die Jugendstrafrechtspflege.

Mecklenburg-Vorpommern ist ein Bundesland mit einer relativ hohen Quote an Jugendlichen im Strafvollzug. Welche Faktoren spielen dafür eine Rolle?
In MV ist eine restriktive Entlassungspraxis dafür mitverantwortlich, das heißt, dass 70 Prozent der Jugendlichen hier ihre Strafe voll verbüßen. Das ist nicht gut, denn in diesem Fall gibt es nach der Entlassung keine Nachbetreuung durch die Bewährungshilfe, die im Allgemeinen günstiger für die Wiedereingliederung der Jugendlichen wäre. Allerdings haben wir schon seit Mitte der 90er Jahre einen Rückgang an 14 bis 25-Jährigen, das heißt, der Belegungsdruck in den Jugendanstalten geht zurück und die Anstalten sind demgemäß nicht mehr überbelegt. In MV haben wir einen erhöhten Anteil von Gewalttätern aus der rechtsextremen Szene und andere Jugendliche aus der gewaltbereiten Szene, die in den Vollzug kommen.

Welche Präventionsarbeit muss Ihrer Meinung nach geleistet werden, um Delikten bei Jugendlichen vorzubeugen?
Es gibt unzählige Programme mit guten Ansätzen, zum Beispiel „Pro Kind“. Aus eigenen Studien im Rahmen von Schülerbefragungen in Greifswald sowie auf der Insel Usedom ist erkennbar, dass Jugendliche, die von ihren Eltern Gewalt erfahren haben wie schwere Züchtigungen oder körperliche Misshandlungen, ein dreimal höheres Risiko besteht, dass sie später selbst gewalttätig werden. Das heißt natürlich nicht zwangsweise, dass sie straffällig werden, aber es ist ein Risikofaktor. Auch der unkontrollierte Konsum von Gewaltvideos, -filmen oder -spielen zählt dazu. Ein demokratischer Erziehungsstil ist immer noch der beste.

Welche Maßnahmen müssten bei straffälligen Jugendlichen ergriffen werden, damit diese nicht rückfällig werden?
Letztendlich gibt es eine Rückfallquote von 40 Prozent im Sinne einer erneuten Verurteilung zu Jugend- oder Freiheitsstrafe. Die Jugendlichen brauchen eine Schulausbildung, eine feste berufliche Stellung, Erfolgserlebnisse. Das kann im Vollzug natürlich nur begrenzt vermittelt werden. Bei vielen setzen auch spontane Reifungsprozesse ein, sogenannte „turning points“.

Wo sehen Sie zukünftig die Politik und Gesellschaft in der Verantwortung im Umgang mit Straftätern?
Ich bin gegen eine harte Law and Order-Politik. Es müssen kreative Lösungen gefunden werden, keine stupiden rein repressiven Maßnahmen. Ziel des Jugendstrafrechts ist die Erziehung zu einem strafffreien Leben. Sinnvoll ist es, die Sanktion möglichst zeitnah auszusprechen, damit der Jugendliche noch den Zusammenhang mit seinem Fehlverhalten erkennt. Dementsprechend gilt es, das Verfahren zu beschleunigen. Im Übrigen sollten früh Hilfestellungen und sozialpädagogische Maßnahmen ergriffen werden. Falls im Jugend- oder Heranwachsendenalter Strafvollzug als „ultima ratio“ unausweichlich erscheint, muss dieser intelligent geplant werden. Die Gesetzgebung ist nicht mehr gefordert, denn seit 2008 gibt es überall moderne und den Förderaspekt betonende Jugendstrafvollzugsgesetze.

Was berührt Sie bei Ihrer Arbeit am meisten?
Die Gefängnisse in Russland waren zum Beispiel wirklich trostlos. Aber es gibt bei mir viele positive Dinge, vor allem wenn ich junge Menschen erfolgreich zum Examen oder zur Promotion begleiten kann. Auch das Schreiben von Regeln zum Umgang mit jugendlichen Straftätern für den Europarat war ein erhebendes Gefühl, zumal sie von den 47 Mitgliedstaaten weitgehend unverändert akzeptiert wurden. Und es ist schön zu sehen, dass die Mitgliedsstaaten diese Regeln beachten und in ihre Gesetzgebung integrieren.

Professor Dünkel, vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Luisa Pischtschan, die auch das Foto machte.

“Der Politik nicht huldigen”

Am 4. September sind Landtagswahlen und zwei Greifswalder (Ex-)Studenten als Direktkandidaten mittendrin. moritz sprach mit Patrick Dahlemann (SPD) und David Wulff (FDP) über kommunale Partizipation, politische tweeds und das Streben nach Prominenz.

David, aktuell ist man ja vermutlich eher ungern in der FDP, oder?
Nach außen hin ist das Bild natürlich äußerst katastrophal. Interne Querelen, die es ja gerade bei uns in Mecklenburg-Vorpommern gab, sorgen dann immer für Zündstoff. Und dann kommen die aktuellen, bundespolitischen Umfragewerte dazu und das Landtagsmandat rückt geistig in weite Ferne. Ich sag mal, in den verschiedenen Gremien sind wir uns alle einig.

Patrick, wie erklärst du die immer noch andauernde Selbstsuche der Bundes-SPD an der Basis?
Ich glaube nicht, dass die SPD sich in einer Selbstsuche gegenüber der Basis befindet. Die Basis ist geschlossen und trägt auch den Kurs der Bundes-SPD mit. Diese soll sich mal noch ein bisschen Zeit zur Selbstsuche nehmen. (mehr …)

TITEL Schlaflos in Greifswald

Trotz anfänglicher Schwierigkeiten konnte auch dieses Jahr vom 08. bis zum 26. Juni zum elften Mal die „Insomnale“ in Greifswald stattfinden. moritz blickte hinter die Kulissen der Größten Schau junger Kunst Mecklenburg-Vorpommerns.

Die Tatsache, dass die „Insomnale“ auch in diesem Jahr wieder stattfinden konnte, stand zu Beginn des Jahres noch in den Sternen. Wir berichteten im April (moritz 90) über den Wust von Problemen, der sich im Zusammenhang mit der studentischen Kunstausstellung zunächst anhäufte. So gab es am 16. März beispielsweise eine Krisensitzung, um die „Insomnale“ in letzter Sekunde zu retten und Studierende des Caspar-David-Friedrich-Instituts zur Organisation zu motivieren. Die Rettungsaktion des Fachschaftsrates hat tatsächlich Früchte getragen, die „Insomnale“ präsentierte sich zur Sommersonnenwende in vollem Glanz dem Greifswalder Publikum.

Doch der Weg zur fulminanten Eröffnungsfeier am 08. Juni mit über 600 Besuchern war nicht nicht leicht zu händeln für die studentischen Organisatoren. Karolin Schwab war selbst aktiver Teil des Insomnale-Teams und erlebte den Stress am eigenen Leib mit. „Ich habe versucht alles unter einen Hut zu bringen während dieser Zeit und das hat auch fast geklappt. Ich bin trotz des Schlafdefizits nach nur zwei Stunden Schlaf zur Uni gegangen, habe Vorträge gehalten und bin auch noch meinem Nebenjob nachgegangen“, so die Kunststudentin. Die „Insomnale“ machte ihrer lateinischen Übersetzung, der Schlaflosigkeit, tatsächlich alle Ehre. Nachdem das Projekt Ende März in PR-Arbeit, Programmplanung, Führungskonzeption, Finanzierung und Raumteam aufgesplittet wurde, ging die Arbeit erst so richtig los. (mehr …)

Vollversammlung war beschlussfähig

Vollversammlung war beschlussfähig

Beschlussfähig und extrem kurz: Das war die heutige Vollversammlung der Studierendenschaft in der Mensa. Hier gibt’s erste Fotos und den Liveticker zum Nachlesen:

Mit  einer guten dreiviertel  Stunde hat um 16:40 Uhr die Vollversammlung der Studierendenschaft begonnen. Zu Beginn gab es gleich die große Überraschung: Die Vollversammlung war mit über 615 Studierenden beschlussfähig. Nachdem die Formalia geklärt wurden, begann ein Vertreter des Club C-9 mit der Erläuterung des Problems, dass ihm kein neuer Raum zur Verfügung gestellt wird. Auf der Vollversammlung soll folgender Antrag behandelt werden:

“Die Vollversammlung fordert den akademischen Senat auf, den bereits auf dem Gelände des Campus Löfflerstraße ansässigen Studentenclub “Club 9 e.V.” in den bereits für diese Zwecke hergerichteten Räumen des ehemaligen Heizhauses des Universitätsklinikums (Hunnenstraße 1-3) mit einer Gesamtfläche von ca. 250 Quadratmetern zu belassen und in das Gesamtkonzept des Campus Löfflerstraße zu integrieren.”

Der Antrag wurde ohne größere Debatte nahezu einstimmig unter lautem Beifall angenommen. (mehr …)