Es gab schon einige Filme über Psychiatrien. Nun setzt Martin Scorsese eins drauf mit diesem dunklen Psycho-Thriller, über eine auf einer Insel gelegene „Nervenheilanstalt“. Der Plot, welcher in den 50ern spielt rollt alsbald auch fast alle Klischees über „Verrückte“ und die dazugehörigen Anstalten in altbekannter Weise aus.
Aber erstmal ganz gemächlich der Reihe nach: Der US-Marshal Edward „Teddy“ Daniels, gespielt von Leonardo DiCaprio, untersucht mit seinem Partner Chuck Aule (Mark Ruffalo) das Verschwinden der Patientin Rachel Solando aus einer, heute würden wir sagen, Forensischen Anstalt. Hier werden Menschen untergebracht, die für sich oder für Andere eine Gefahr darstellen. Die Insassen sind keine Gefangenen sondern Patienten.
Handlung mit Längen
Ob man davon auch auf einer Insel sprechen kann sei dahingestellt. Zurück zum Film. Diese, auf der Insel „Shutter Island“, vor Massachusetts gelegene „Nervenheilanstalt“, wird beim Eintreffen der FBI Marshalls von einem Sturm heimgesucht, der verhindert, dass die zwei die Insel verlassen können und die Zwei müssen so zwangsweise ihre Ermittlungen fortsetzen. Mit jeder Szene wird Edwards misstrauischer, niemand scheint die Wahrheit zu sprechen. Auch er selbst nicht. Denn eigentlich ist Edward wegen jemand ganz anderen auf die Insel gekommen. Edward vermutet den Mörder seiner Frau auf dieser Insel.
Aha. Sehr plausibel. Liest sich für mich nach einem zweitklassigem Roman. So ist es auch. Scorsese entnahm diese Handlung vom gleichnamigen Roman des US-amerikanischen Schriftstellers Dennis Lehane. Da hat er sichs zu leicht gemacht, denn die Handlung hat vor allem im Mittelteil ihre Längen. Merkbar auch beim Greifswalder Publikum, das unbedingt in den stillsten Momenten für Unruhe sorgte. Mein Tipp: Lieber in der Nachtvorstellung oder alleine gucken.
Die Handlung kann auch im Ganzen nicht überzeugen und bleibt weit hinter der Leistung von Leonardo DiCaprio, der hier zu Höchstform aufläuft, zurück. Leider vermögen er sowie die anderen hochkarätigen Nebendarsteller (Ben Kingsley, Max von Sydow) dieses Manko nicht auszugleichen. Vieles bleibt auf einem Klischeehaften Niveau, spiegelt sich in den Vorurteilen des Zuschauers und erhebt nie den Anspruch wirklich Neues zu zeigen.
Gezielte Desinformation
Aus psychologischer Sicht trägt dieser Film leider weiter zur gezielten Desinformation bei. Hollywood hat ganze Batterien an Beratern für Science-Fiction oder historische Filme. Wenn es aber um „alltägliches“ wie psychische Krankheiten geht, wird einfach hingeklatscht, was an Stereotypen zu finden ist.
Es werden bunt Krankheitsbilder hin und her gewürfelt, von Schizophrenie zu Depression und Drogenabhängigkeit. Und alle diese Krankheitsbilder müssen herhalten für irgendwelche bestialischen Taten. Nein! So funktioniert das nicht. Die Verkürzung: Krankheit = bestialische Mörder läuft ins Leere und gehört ins Antiquariat der Filmhandlungen. Ich meinerseits warte auf einen Film, der die Person und die Krankheit als Ganzes versucht zu erfassen. Oder gibt es den schon?
Eines möchte ich aber festhalten. Kamera und Schnitt sind hervorragend. Scorsese und sein Kameramann fangen die bedorhliche Kulisse wunderbar kalt und Dunkel ein. Der Schnitt und die Musik bedrängen einen förmlich mit Schauern und Frösteln.
Leider – und da bleibt der fade Nachgeschmack – hat dieser Film nichts Neues zu sagen. Die Wendungen, das Thema, die Handlung. Alles schon mal da gewesen. Wer einen Film über Psychatrien sehen möchte, dem sei mal wieder „Einer flog übers Kuckucksnest“ oder „K-PAX“ ans Herz gelegt. Wer sich richtig gruseln möchte, schaut sich mal wieder „Sieben“ an. Wer schaurig schöne Filmaufnahmen und auch einen grandiosen Leonardo DiCaprio sehen möchte, der geht ins Kino zu „Shutter Island“.
Links:
Bilder:
Pressefotos Concorde Filmverleih (nicht unter CC-Lizenz)
Logo – Jakob Pallus
"…Ich meinerseits warte auf einen Film, der die Person und die Krankheit als Ganzes versucht zu erfassen. Oder gibt es den schon? …"
Gibt es: Zeit des Erwachens (Awakenings) mit robert de Niro und robin williams
Danke. Werde ich mir bei Gelegenheit mal anschauen.
Na Sandro, bis zum Psychologen ist es ja noch ein Stück. Es sollte wohl eher "Cand.-Psych." heißen. Bitte nicht mit fremden Federn schmücken!
"Krankheit = bestialische Mörder": Ich glaube nicht, dass irgend ein Film dies als Message hat. Ich würde sagen, dass (fast) alle bestialischen Mörder psychisch gestört sind. Das bedeutet im Umkehrschluss aber nicht, das alle psychisch Gestörten auch gleich Mörder sind. Oder?
Ich bin gewiss kein Di Caprio Fan, muss aber sagen, dass dieser Film im Vergleich zu dem anderen Hollywood Schund bei mir ganz gut wegkam. Man kann ihn sich angucken, ohne sich langweilen zu müssen.
Wenn der Film in den 50er Jahren spielt sollte man vielleicht nicht zu viel Fingerspitzengefühl bei psychatrischen Krankheiten verlangen? Jedenfalls wäre es doch seltsam, wenn der Film über das Verständnis der jeweiligen Zeit in der er spielt hinaus geht.
Da ich keine Detail getreue Darstellung von psychischen Krankheiten erwartet habe , sondern einfach einen schönen Thriller schauen wollte, fand ich den Film doch recht unterhaltsam. Mich hat nur wirklich gestört, dass der Plot zu zeitig zu klar geworden ist. Man hätte den Zuschauer vielleicht noch etwas länger im Dunkeln lassen sollen. Ansonsten interessantes Thema, netter Drehort, gute Schauspieler und super Ende.
ich glaube nicht, dass sandro sich von einem film wünscht, er möge psychische störungen detailgetreu abbilden.
auch mir gefällt es gar nicht, dass psychische störungen in medien oft stigmatisiert werden.
im fernsehen gibt es auch so ziemlich genau drei typen von "psychologen"
– coole profiler die nur in ausnahmesituationen falsch liegen. dabei gibt es in deutschland nur eine hand voll personen, die auf diesem gebiet erfolgreich tätig sein dürften und ihre erfolgsquoten sind vermutlich auch nicht so immens hoch. (z.b. criminal minds)
– analytiker, die angelehnt an freud & co ihre patienten behandeln. (bloch, in treatment)
– psychologen, die sich völlig skurril benehmen oder schreckliche fehler begehen.
dazu gab es kürzlich auch mal einen beitrag auf dradio wissen…auch zum anhören
http://wissen.dradio.de/index.8.36.de.html?dram:a…
"Es werden bunt Krankheitsbilder hin und her gewürfelt, von Schizophrenie zu Depression und Drogenabhängigkeit. Und alle diese Krankheitsbilder müssen herhalten für irgendwelche bestialischen Taten. Nein! So funktioniert das nicht. Die Verkürzung: Krankheit = bestialische Mörder läuft ins Leere und gehört ins Antiquariat der Filmhandlungen."
Ich habe mir gestern den Film angesehen und fand ihn sehenswert… Diese Kritik schiesst am Ziel vorbei…Der Zuschauer beurteilt den Film sicher nur in Ausnahmefällen nach den vermischten Diagnosen der Personen dazumal auf der Insel kein einziger Mord geschah…
die überschrift des artikels lautet "Shutter Island – Aus der Sicht eines Psychologen".
In der Tat… das hatte ich bisher übersehen…das Wort KINOREZENSION auf der Hauptseite ist mächtiger…
Einfach ein guter 🎥 eins a ,Nervenkitzel alles Metaller Schock und perfekt ankommend innerhalb eines zeitpunktes der Offenbarung die Wahrnehmung von Menschen mit Depression nachvollziehbar erbracht man konnte alles wieder erkennen die sogenannten back out Momente der Wahrnehmung wurde ergeben und das mussta mega wirklich interessant.
Gelinde gesagt finde ich diese Rezension aus der Sicht eines Psychologiestudenten (nicht Psychologen!) sehr dahingefleddert und ihren Ansprüchen nicht gerecht werdend. Was sollte hier versucht werden, den Film unter psychologischen Gesichtspunkten zu dekonstruieren oder eine rezensierende Meinung darzustellen? Letzteres ist wohl der Fall – und das leider sprachlich und inhaltlich nicht besonders gut. Nur das Aufmacherfoto fetzt 😉
Ich fand den Film sehr sehenswert, vor allem auch wegen der 50er-Jahre-Anstaltsathmosphäre. Der Film hat auf jeden Fall unterhaltend zum Gruseln eingeladen eben ohne ein Lehrstück über Psychologie und ihre Diagnostik sein zu wollen. Die Handlung ist plausibel entwickelt worden, wenn sie auch am Ende sehr um ein rundes Ende bemüht ist. Ich hatte ein schönes Filmerlebnis und würde den film auf jeden Fall empfehlen… Mal sehen ob er heute einen Oscar gewinnt 🙂
JJ
Habe mir mehr vom Inhalt ihres Artikels erhofft. Natürlich bedient SI diverse Klischees und versucht seinem Genre gerecht zu werden. Ich habe keinen akademischen Hintergrund in diesem Bereich, aber kann man diese Substanzen, wie eine Zentrifuge, von einander trennen? Ich meine ja, und dann finde ich die Perspektive doch sehr wertvoll: „Wie fühlt, denkt, lebt eine Person mit Psychose“. Man kann es abstrahieren und sich seine Gedanken dazu machen.
Dieser Artikel ist mehr als eine Enttäuschung!
Mit der Überschrift „aus Sicht eines Psychologen…“ wurde wirklich mein Interesse geweckt, allerdings ist dieser „Psychologe“ meiner Meinung nach mit einem „Journalisten“ von der BILD zu vergleichen. Viel Tara um nichts. Dieser Film ist meiner Ansicht nach Weltklasse, da Scorsese eine perfekte Illusion schafft, in welcher jegliche Situation plausibel vorstellbar ist. Sandro ich hoffe du hast in den letzten 10 Jahren einiges dazugelernt!