moritz 82 – Januar 2010 – Wir haben gewählt

Liebe moritz-Leserinnen und Leser,

Editorial-Daniel-Fockewenn das frostige Wetter die Sitze neben einem im Hörsaal leer räumt oder andersherum einen mit Fieber ins Bett verbannt, dann findet sicher jeder etwas Zeit zum Nachdenken. Ich fragte mich, was waren noch mal meine Wünsche und Ziele für die kommenden Monate?

Diesmal versuchte ich keine kleine Liste zu machen, welche eh wieder nur meinen Berg von Aufgabenzetteln erhöhen würde. Nein, ruhig vorwärts schauen und das alte Jahr hinter sich lassen – mein schlichter Vorsatz in der Silvesternacht. Neue Chancen nutzen und sich nicht beirren lassen. Weniger Aufgaben, diese aber konsequenter bewältigen, wer wünscht sich das nicht?

Das neue Jahr ist noch jung, aber nun schaue ich dann doch zurück. Der Januar verspricht sonst traditionell nicht viel Abwechslung. Meist drängen die Prüfungen und die Semesterferien, welche gut genutzt werden wollen. Abschließend steht vielleicht eine kleine Reise an, um mal etwas auszuspannen. Die jährlichen Gremienwahlen wecken die eine oder den anderen dann vielleicht doch aus dem Winterschlaf. Dieses Jahr war fast ein Fünftel der Studierendenschaft auf den Beinen um Wählen zu gehen. Neben der Chance, die gewünschten Kandidaten zu unterstützen, stand auch noch die Frage nach unserem Namenspatron zur Debatte. Lieber Ernst bleiben, meinten rund 50 Prozent in der Urabstimmung. Hoffentlich benötigen wir nicht jedes Jahr eine Urabstimmung zu strittigen Themen um die Wahlbeteiligung zu steigern. Eine Zusammenfassung und Auswertung findet ihr im hochschulpolitischen Teil dieses neuen Heftes. Die Transparenz des Senats wurde hinterfragt und auch das Thema Frauenförderung an unserer Universität für euch beleuchtet.

Mit Berichten über internationale Austauschprogramme und einen Beitrag zu unserer Partneruniversität in Tschechien wollen wir das Reisefieber bei euch wecken, um vielleicht dem doch eher tristen Greifswald für einige Zeit zu entfliehen. Aber wie heißt es doch, leicht abgewandelt: Willst du immer weiter schweifen? Sieh, das Interessante liegt so nah! So betrachteten wir das studentische Wohnen in Doppelzimmern, sprachen mit dem scheidenden Lokalchef der Ostsee-Zeitung und fragten Greifswalder Nicht-Studierende über „die fremden 12 000“ aus.

Oder vollbringt das Wunder und folgt uns für eine Nacht in eine Greifswalder Kneipe und bleibt dabei nüchtern. Diese Mischung aus nah und fern wird mit einem kleinen Jahresrückblick abgeschlossen.

Nun habe ich doch wieder zurückgeschaut, aber warum eigentlich nicht. Vielleicht lest ihr dies während des Lernens, noch schnell vor den Prüfungen oder doch in den Semesterferien fern ab von Greifswald. Meine Professoren werden es vielleicht belächeln, aber wie schrieb schon Kurt Tucholsky: „Wer die Enge seiner Heimat ermessen will, reise. Wer die Enge seiner Zeit ermessen will, studiere Geschichte.“

Daniel Focke

Ausgewählte Artikel unseres Heftes könnt ihr wie immer direkt online lesen, das komplette Heft als pdf gibt es hier zum Download.

TITEL StuPacalypse Now! – Gremienwahlen 2010

Die Studierendenschaft hat entschieden

Es ist das Jahr, in dem sich bereits am ersten Wahltag lange Schlangen vor den Wahlurnen bildeten. Besonders im Seminarraum der Universitätsbibliothek herrschte Hochbetrieb. Von solch einem Ansturm hatte selbst die Wahlleitung nicht zu träumen gewagt. So kam es, dass zwischenzeitlich in den Wahllokalen der Unibibliothek und der Löfflerstraße sogar die Stimmzettel ausgingen. Wahlleiter Michael Seifert reagierte prompt, zehn Minuten später war das Problem gelöst.

Wahllokal-Alexander-MüllerEs war mit knapp 22 Prozent die höchste Wahlbeteiligung seit 1997, noch dazu fast doppelt so hoch wie 2009. Das hängt vor allem mit der Tatsache zusammen, dass die diesjährigen Wahlen zum Senat, Studierendenparlament (StuPa) und zu den Fakultätsräten parallel zur ersten Urabstimmung in der Geschichte der Universität stattfanden. Diese hatte viele in die Wahllokale gelockt. Damit dürfte es vorerst fragwürdig bleiben, ob dieses Niveau im nächsten Jahr gehalten werden kann. Auch die Zahl der Bewerber für das StuPa übertraf die vergangenen Jahre: 55 Studierende kandidierten in diesem Jahr und damit weit mehr als 2009. (mehr …)

TITEL Die Gescheiterten – Uni ohne Arndt

Die Studierendenschaft hat für eine Beibehaltung des umstrittenen Namenspatrons Ernst Moritz Arndt gestimmt. Die Kampagne „Uni-ohne-Arndt“ muss eine schwere Niederlage hinnehmen. Wie konnte das passieren?

Das neue Jahr ist noch jung, doch bereits nach 15 Tagen hatte Greifswald seine erste Sensation. Eine Mehrheit der Studierenden sprach sich bei der ersten Urabstimmung der Geschichte der Universität Greifswald für eine Beibehaltung des Namenspatrons Ernst Moritz Arndt aus. Das ist ein echter Knaller, mit dem die wenigsten gerechnet haben dürften. Doch das Ergebnis an sich ist noch gar nicht das eigentlich Überraschende. Die echte Überraschung ist das grandiose Scheitern einer bis ins Detail durchgeplanten, Greifswald völlig umspannenden und alle anderen Themen überdeckenden Medienkampagne. (mehr …)

TITEL “Für uns gibt es keine Konkurrenz“ – Reinhard Amler verlässt die OZ Greifswald

Reinhard-Amler-arik-platzekReinhard Amler war 28 Jahre Mitglied der Greifswalder Lokalredaktion der Ostseezeitung (OZ). Seit 1996 war er deren Chefredakteur. Nun verlässt er Greifswald in Richtung Stralsund.

moritz Herr Amler, Sie verlassen Greifswald nach 28 Jahren in Richtung Stralsund? Warum nach so langer Zeit noch einmal der Wechsel?
Reinhard Amler Es ist nicht mein Wunsch, sondern eine Entscheidung meiner Chefredaktion.

moritz Wie motiviert man sich nach so langer Zeit an der gleichen Stelle, neue Dinge auszuprobieren?
Amler Ich motiviere mich, indem ich mir die positiven Dinge aufliste, die ich künftig haben werde und die negativen, von denen ich künftig verschont bleiben werde.

moritz Sie haben immer in Mecklenburg-Vorpommern gearbeitet. Schon Ihr Volontariat haben Sie bei der OZ gemacht. Warum hat es Sie nie von hier weggezogen, zu größeren Herausforderungen?
Amler In einer Lokalredaktion zu arbeiten, ist eine große Herausforderung, weil man nirgendwo im Journalismus näher an der Masse der Leser dran ist. (mehr …)

TITEL Doppelzimmer – Fluch oder Segen?

Einblick in die Zwei-Bett-Zimmer der Studenten

Wenn man keinen Abend allein verbringt, sich nicht traut, Dinge rumliegen zu lassen und aus Rücksicht die Sachen für den nächsten Tag rauslegen muss, dann wohnt man wahrscheinlich in einem der über 100 Doppelzimmer der Greifswalder Wohnheime des Studentenwerks. Vielen Erstsemestern, die ein Zimmer ergattern konnten, ergeht es so. Nicht nur die fragen sich: Sind Doppelzimmer heutzutage überhaupt noch zeitgemäß?

Eine dieser „Glücklichen“ ist Julia Schälicke (19), welche seit Oktober 2009 in Greifswald Psychologie studiert und auf den letzten Drücker noch einen Platz in einem Zwei-Bett-Zimmer bekommen hat. Anfangs war sie sehr froh überhaupt einen Schlafplatz zu haben, aber nach vier Monaten merkt auch sie nicht nur die Vor-, sondern auch die Nachteile eines solchen Zimmers. „Das Schöne daran ist, man hat immer jemanden zum Quatschen. Doch bin ich andererseits auch nie allein“, sagt sie und führt damit den wohl wichtigsten und schwerwiegendsten Nachteil an. (mehr …)