Vor einem knappen halben Jahr konnte man auf Großplakaten in Greifswald Werbung dafür lesen, Lehrer in Baden-Württemberg zu werden. Das Land buhlt derzeit mit einer ganzen Reihe weiterer vornehmlich westdeutscher Länder um Absolventen von Lehramts-Studiengängen, denen dort nach dem Referendariat eine Einstellung winkt. Oftmals zu besseren Konditionen als in Mecklenburg-Vorpommern, denn die meisten (west)deutschen Lehrer werden derzeit noch verbeamtet – anders als hierzulande.
Auch die Landesregierung hat dieses Problem bereits erkannt: Dass viele Absolventen nach dem Studium aus Mecklenburg-Vorpommern in andere Bundesländer fortziehen – nämlich nach Berlin, Sachsen und in die alten Bundesländer, ist für MV nicht unbedingt förderlich, denn Studenten sind naturgemäß die qualifiziertesten aller Ausbildungs-Absolventen. Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) bekannte im März im Gespräch mit webMoritz-Redakteuren, über die Werbekampagne Baden-Württembergs nicht gerade amüsiert zu sein und die Abwanderung von Studenten, gerade beim Lehramt, mit seiner Politik bekämpfen zu wollen.
Dass die Realität diesem Anspruch nicht unbedingt gerecht wird, zeigte jüngst die Schweriner Volkszeitung (SVZ) auf. Sie stellte fest, dass es bereits seit Jahren nur einen jährlichen Termin für den Beginn des für den Lehrerberuf obligatorischen Referendariats gibt, nämlich den 1. April. Die Folge: Wer nach dem Sommersmester, also etwa in diesen Wochen, sein Lehramtsstudium beendet, darf ein gutes halbes Jahr auf den Beginn warten.
Wer keine Finanzprobleme hat, kann die Zeit vielleicht für eine Weltreise oder ähnlich schöne Dinge nutzen. Der Rest darf sich in dieser Zeit einen Job suchen oder schlimmstenfalls „Hartz IV“ beantragen. Die Arbeitsämter können den Studenten natürlich keine ihrer Ausbildung angemessenen Jobs anbieten: Die Perspektive, nach einem halben Jahr schon wieder weg zu sein und die auf wenige Fachgebiete beschränkte Qualifikation lässt sich am Arbeitsmarkt kaum vermitteln.
Der Grund für die Reduzierung der Starttermine auf den Jahresrhythmus ist laut Bildungsministerium (in der SVZ), dass die meisten Lehramtsstudenten zum Wintersemester mit dem Studium fertig werden. Das ist nicht unbedingt schlüssig: Die Regelstudienzeit fürs Lehramtsstudium beträgt neun Semester, zumindest in Greifswald ist die Einschreibung in den meisten Fächern sommers wie winters möglich. Zwar werden im Wintersemester stetig mehr Lehramts-Studenten immatrikuliert als im Sommersemester, so dass tatsächlich mehr Absolventen zum April fertig wären. Das legt allerdings die nur bedingt realistische Annahme zugrunde, dass die Studenten die Regelstudienzeit einhalten.
Das Bildungsministerium hat inzwischen eingeräumt, dass der Jahresturnus Probleme mit sich bringt. Laut SVZ würde eine Rückkehr zum Halbjahrestakt keine zusätzlichen Kosten verursachen. Mehrkosten oder nicht; in jedem Fall hieß es aus dem Bildungsministerium, man wolle wieder zur halbjährlichen Einstellung neuer Lehrer zurückkehren. Wann das geschehen werde, wollte man der SVZ auf deren Anfrage allerdings nicht mitteilen. Der webMoritz erhielt auf seine per E-Mail gestellte Anfrage bisher ebenfalls keine Antwort.
Was die SVZ zum Ende ihres Berichtes süffisant vermerkt, soll hier ebenfalls nicht unerwähnt bleiben: Wenn das 24-monatige Referendariat zum 31. März endet, müssen die angehenden Lehrer wieder ein paar Monate in der Luft hängen: In den Schuldienst übernommen werden sie erst im dann folgenden August.
Bilder: Motivbild: user „Swordfish“ via „Jugendfotos.de“, Tesch: Ministerium
MV sollte ehrlicherweise darauf hinweisen, dass man gerne auf den Großteil der eigenen LA-Studenten verzichtet. Den Konkurrenzkampf finde ich ehrlich gesagt gut. Letztendlich geht es um die Zukunft dieser Menschen und ihres Berufslebens. Und die BRD brauch nun mal an allen Ecken und Kanten Lehrer. Das Argument der Regelstudienzeit finde ich immer wieder köstlich. 9 Semester. Unschaffbar.
Ich persönlich werde sicherlich nach Hamburg zurückkehren, dort wird man noch sehr gerne aufgenommen, vor allem als Haupt- oder Realschullehrer.
Bei allem muss aber auch bedacht werden, dass MV nicht gerade mit Finanzstärke ausgestattet ist. Immerhin existiert eine Beliebtheit für das Studium. Hierauf muss aufgebaut werden.
Lieber Gabriel,
wann verschwindet die Mauer in Deinem Kopf? Unterschiede und Ungerechtigkeiten zwischen neuen und gebrauchten Bundesländern sollten nicht durch redaktionelle Veröffentlichungen forciert werden. Schon gar nicht von "studentischen Medien". hier mal ein copy&paste nach einminütiger Googlenutzung:
"Nicht jeder Lehrer ist Beamter, sondern Angestellter und wird abhängig vom Bundesland nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) oder dem Bundesangestelltentarif (BAT) bezahlt. Für Beamte gilt hingegen die Bundesbesoldungsordnung. Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern beschäftigen Lehrer faktisch nur als Angestellte im öffentlichen Dienst. Im finanziell angeschlagenen Berlin ist es ähnlich, allerdings haben dort alt gediente Lehrkräfte noch den Beamtenstatus.
In Thüringen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt wiederum gibt es sowohl viele beamtete, als auch viele angestellte Lehrer. Thüringen und Brandenburg haben in den vergangenen Jahren nachträglich verbeamtet; in Sachsen-Anhalt werden Junglehrer inzwischen wieder als Beamte eingestellt. "
Liebe Redaktion: Berichtigt doch bitte obige Behauptung und vielleicht findet sich mal ein Autor der über den Zusammenhang zwischen Medien, Halbwahrheiten und dem Entstehen von Vorurteilen und urbanen Legenden berichtet 😉
Lieber Martin,
ich verstehe deine Kritik nicht ganz. Im Artikel steht sinngemäß, westdeutsche Länder verbeamten die Lehrer (meißtens), MV nicht. Aus deinen Erörterungen kann ich nicht entnehmen, dass das falsch ist….
Vielleicht liegt das Mißverständnis in dem Wörtchen "hierzulande", dass sich allerdings, lieber Martin, nicht auf die DDR oder die neuen Bundesländer insgesamt, sondern auf MV bezieht.
Lieber Martin,
ich verstehe deine Kritik nicht ganz. Im Artikel steht sinngemäß, westdeutsche Länder verbeamten die Lehrer (meißtens), MV nicht. Aus deinen Erörterungen kann ich nicht entnehmen, dass das falsch ist….
Vielleicht liegt das Mißverständnis in dem Wörtchen "hierzulande", dass sich allerdings, lieber Martin, nicht auf die DDR oder die neuen Bundesländer insgesamt, sondern auf MV bezieht.
"Die Regelstudienzeit fürs Lehramtsstudium beträgt neun Semester, zumindest in Greifswald ist die Einschreibung in den meisten Fächern sommers wie winters möglich. Wenn man noch berücksichtigt, dass im Wintersemester stetig mehr Lehramts-Studenten immatrikuliert werden als im Sommersemester, kommt man sogar auf mehr Absolventen nach dem Sommersemester."
Da ist jetzt aber die Logik auf der Strecke geblieben, bei Immatrikulation für's Wintersemester bin ich doch nach neun Semestern auch nach dem WIntersemester fertig – also genau günstig für den 1. April.
Dann sollte also eher das Nichteinhalten der Regelstudienzeit ein Problem sein.
Danke, da sind wir wohl beim Rechnen durcheinandergekommen. Ich hab es jetzt korrigiert.
Präzise gesagt bin ich da wohl beim Rechnen durcheinandergekommen… 😉
Daß LehramtsstudentInnen nach ihrem Studium vermehrt gerade nach Berlin gingen, sollte der Autor mal bitte irgendwie belegen.
Der Trend ist doch eher so, daß die Berliner LehramtsstudentInnen nach Studienabschluß dort zu miesesten Bedingungen und zeitlich befristet angestellt werden (mit Hartz IV in der Ferienzeit); deswegen fährt ja z.B. das Land BaWü eine massive Abwerbungskampagne in Berlin.
Sollte Deine These, ein nicht unbeträchtlicher Teil der künftigen Lehrkräfte zöge von MV nach Berlin, stimmen, was ich stark bezweifle, dann müßte mensch doch sehr an deren Sachverstand zweifeln.
Diese Problematik sollte gesamtdeutsch betrachtet werden.
"Lehrer aus NRW wandern zunehmend in andere Bundesländer ab
Neue Lehrer braucht NRW, besonders Quereinsteiger werden gesucht. Doch die machen ein schlechtes Geschäft: Nur junge Lehrer werden noch verbeamtet, und die Besoldung wurde gekürzt. Deshalb zieht es viele von ihnen in andere Bundesländer."
http://www.wdr.de/themen/wissen/bildung/schule/le…
"…Eine Garantie für eine Stelle nach dem Referendariat ist das allerdings nicht, wie erst kürzlich die baden-württembergischen Junglehrer erfahren mussten: Nach den Schulferien droht 5000 Referendaren die Arbeitslosigkeit – obwohl das Land vor nicht allzu langer Zeit unter Schulabgängern für den Lehrerberuf geworben hat"
Lieber Gabriel,
gibt es wirklich einen Grund für die Gegenüberstellung von ost- und westdeutsch?
Vor einem knappen halben Jahr konnte man auf Großplakaten in NRW Werbung dafür lesen, Lehrer in Baden-Württemberg zu werden. Das Land buhlt derzeit mit einer ganzen Reihe weiterer Länder um Absolventen von Lehramts-Studiengängen, denen dort nach dem Referendariat eine Einstellung winkt. Oftmals zu besseren Konditionen als in NRW, denn einige Lehrer werden derzeit noch verbeamtet – anders als hierzulande.
Lieber Martin,
an einer Stelle im Artikel steht in Klammern das Wörtchen "west". Das ist auch schon alles an Gegenüberstellung von ost- und westdeutsch. Ich nehme zur Kenntnis, dass ich dir damit offensichtlich (und nicht zum ersten Mal, wenn ich mich recht erinnere) auf den Schlips getreten habe.
Ich sehe allerdings weder ein Problem in der mutmaßlichen Gegenüberstellung noch halte ich sie für falsch. Aus deinen Textauszügen geht indes auch nicht hervor, warum sie es sein sollte.
Eine Gegenüberstellung von West und Ost sollte meiner Meinung nach auch unbedingt in bestimmten Fällen vorgenommen werden, um zu verdeutlichen, dass es eben noch 20 Jahre nach der Wende "Deutschland (kein) einig Vaterland" ist.
Gerade was die Löhne und Renten angeht. Hier muss in Ost und West unterschieden werden und immer wieder auf diese Wunde gedrückt werden.
Gerade beim Staatsdienst hätten schon längst die Löhne angeglichen werden können. Und auch bei den Renten, da die ja auch vom Staat bezahlt werden.
Aber die Politiker verweigern sich seit zwanzig Jahren wenigstens bei dem Staatsdienst für gleiche Lohnverhältnisse zu sorgen.
Es ist daher viel wichtiger, dass die Mauer aus Merkel, Steinmeier, Böhmer und Rüttgers verschwindet als aus deinem Kopf (wobei da mE gar keine ist…)
es ist ja eine riesenüberraschung, dass nicht alle absolventen eines lehramtsstudienganges sofort einen referendariatsplatz bekommen. konnte keiner mit rechnen. wenn ich mir anschaue, wieviele neueinschreibungen in bestimmten fächern jedes semester hinzukommen, kann ich mir ausrechnen, wie gut meine chancen stehen. jeder geisteswissenschaftler hat nach seinem studium (hui, auch überraschung!) das gleiche problem: einen generalisten ohne praxiskenntnisse will keiner, jobs gibts in form von volontariaten/praktika zu hungerlöhnen.
mich deucht, dass die staatliche ausrichtung des lehrerberufes dazu führt, dass diese studenten noch mehr als andere darauf vertraut, dass der staat jeden einzelnen an die hand nimmt. warum muss jeder lehrer beamter sein? oder öffentlich angestellt? das führt nur dazu, dass es auch bei grottenschlechter leistung kaum möglich ist, denjenigen zu feuern.
es ist auch eine frage des anspruchs der studenten: alle studieren sie auf gymnasium und wollen dann nicht in den "unteren" schulen lehren. diese option stellt sich einem magister-absolventen gar nicht. der muss auch die letzte sklavenarbeit annehmen, auch wenn er einen 1er-abschluss hat.
nein, es ist keine bundesländer-problem, es ist ein problem der einstellung in den köpfen. was ist so schlimm daran, wenn ein lehramtsabsolvent die gleichen erfahrungen machen muss wie alle anderen absolventen?
eine ex-emau-studentin und absolventin
Da ist was dran. MV sollte zumindest die besten Lehramts-Absolventen zu bevorzuten Konditionen einstellen, den Rest können wir dann ruhig nach Berlin und BaWü exportieren.
Nach all der sinn- und stillosen Arndt-Hysterie ist dies nun endlich mal ein WIRKLICHER SKANDAL. Weiter so, Webmoritz!
Dieses Bundesland und seine Bildungspolitik, hier wieder ein parade Beispiel zum Kopfschütteln.
ich schließe mich Kalle an, danke für diesen Artikel.
In MV ist das Durchschnittsalter der Lehrer sehr hoch. Außerdem sind die jetzigen 9en Klassen die kleinsten. D.h. in 5 Jahren sieht das alles ganz anders aus. Nach MV wird wohl keiner kommen wollen und das Land wird deswegen versuchen jeden Studenten zu halten. Lehrer in MV wird in 5 Jahren ne nette Angelegenheit werden und und das gilt auch für die Ref Plätze.