Arndt-Debatte im Ikuwo: Sachlich, aber etwas weichgespült

Am vergangenen Donnerstag lud die Initiative „Uni ohne Arndt“ gemeinsam mit dem Greifswalder AStA und der Amadeu-Antonio-Stiftung zu einer Podiumsdiskussion im IkuWo ein.

Mit Professor Herzig (Geschichte der frühen Neuzeit) und Professor Buchholz (Pommersche Geschichte und Landeskunde) saßen zwei ausgewiesen Arndt-Kritiker auf dem Podium, Prof. Stamm-Kuhlmann (Allgemeine Geschichte der neusten Zeit) gilt derweil als Arndt-Skeptiker, der eine klare Aussage zur Namensdebatte bisher aber unterließ. Mit Ankündigung verspätet traf dann noch Professor Bach (Romanistik) etwa 45 Minuten nach Beginn der Veranstaltung ein. Er hatte vor einigen Wochen in der Ostseezeitung den Namenspatron der Universität gegen Antisemitismus-Vorwürfe verteidigt und dafür viel öffentliches Lob, aber auch Kritik geerntet. Moderiert wurde die Veranstaltung durch den Studenten Marcus Unbenannt (Fraktionsgeschäftsführer der SPD in der Greifswalder Bürgerschaft).

Buchholz: „sehr unglückliche lokale Berichterstattung“

Im Gespräch mit dem webMoritz begrüßte Professor Buchholz die Möglichkeit des Austausches von Informationen, den die Veranstaltung ermögliche und griff dabei die lokalen Medien an:

„Wir haben dazu (Anm. d. Red.: Debatte um den Namenspatron) bisher eine sehr unglückliche lokale Berichterstattung gehabt, in der nicht über Arndt und nicht über die Initiative berichtet wurde. Information wurde dort mehr unterdrückt. (…) Wie sind mit dem Thema auch 2001 auf der lokalen Ebene ganz unsachlich untergebuttert worden. (…) Es macht auch keinen Sinn, der Ostseezeitung Interviews zu geben. Ich bin auch diesmal dort völlig gegensätzlich zitiert worden. Das war damals auch so.“

Wie erwartet, war die Veranstaltung gut besucht und etwa 150 Interessierte waren ins IKuWo gekommen um sich zu informieren. Glück gehabt: Die Veranstalter hatten im Vorfeld befürchtet, nicht genügend Plätze zu haben.

Fachkundig und eloquent tauschten sich die Diskutanten über die verschiedensten Aspekte des Namenspatrons aus: Arndt als „Propagandachef der Befreiungskriege“, als Abgeordneter der Nationalversammlung, als Dichter und Denker, als Hetzer gegen Juden und Franzosen, als Befreier der Bauern, als Held der pommerschen Bevölkerung etc. (mehr …)

Bundestagswahlen: Piraten treten in MV an

Am vergangenen Donnerstag um 18 Uhr kam der Moment, in dem sich entschied, ob die Piratenpartei auch in Mecklenburg-Vorpommern zur kommenden Bundestagswahl antreten darf. Bereits am 17. Juli gab der Bundeswahlleiter bekannt, dass die Piratenpartei eine der 29 für die Bundestagswahl anerkannten Parteien ist (Pressemitteilung).

piraten-mv-logo

Logo des Landesverbandes

Um tatsächlich antreten zu können, müssen genug Unterstützungsunterschriften gesammelt werden. Für Mecklenburg-Vorpommern lag die magische Zahl bei 1419 beglaubigten Unterschriften plus 10%-Puffer. Die Unterschreibenden müssen keine Parteimitglieder sein, aber im entsprechenden Bundesland mit Erstwohnsitz gemeldet sein.

Noch am letzten Tag wurden Beglaubigungen eingeholt von den Piraten Martin Hackbarth und Tristan Varbelow auf einer Tour von Greifswald nach Schwerin über Loitz, Demmin, Sanitz, Broderstorf, Rostock, Bad Doberan, Kühlungsborn, Neubukow und Wismar. Nachdem die letzte Unterschrift um 17:56 geleistet wurde, übergaben sechs Mitglieder der Piratenpartei eine Liste von 1666 Unterschriften an den Landeswahlleiter (bzw. die Sachbearbeiter) in Schwerin.

Über die Zulassung muss nun noch der Landeswahlausschuss am 31.7. entschieden, das ist jedoch mehr eine Formsache als eine ernstzunehmende Hürde. Die Piratenpartei rechnet derzeit damit, in allen Bundesländern außer Sachsen bei den Bundestagswahlen anzutreten.

Piraten vor dem Dienstsitz des Landeswahlleiters

V.l.n.r Tristan Varbelow, Martin Hackbarth, Hendrik Krause (Vorstandsvorsitzender der Piraten), Sebastian Stiffel (Spitzenkandidat M-V), Jan Klemkow

Ein-Themen-Partei?

In den letzten Wochen hat die Partei viel Medienecho hervorgerufen, besonders durch den Erfolg bei der Europawahl (0,9% deutschlandweit, 1,83% in Greifswald), doch wofür genau steht die Vereinigung mit dem martialischen Namen? Martin Hackbarth (Jurastudent, 22, Stammtisch-Organisator) ist Pirat seit Mitte Juni und meint dazu:

“Man wirft uns ja gerne vor, dass wir uns nur auf das Internet beziehen, illegale Downloads legalisieren wollen und einigen anderen Schmarrn.
Wir sind eine Partei, die im digitalen Zeitalter entstanden ist. Wir wollen die Grundrechte der Menschen schützen und das nicht nur im Internet. Unsere Punkte im Bereich des Datenschutzes; der Bürgerrechte bzw. Grundrechte beziehen sich sowohl auf das Leben online, als auf offline.
[…] Die Vorwürfe zum illegalen Download sind schlichtweg falsch.
Des Weiteren haben wir uns ja auch zum Patent- , Urheberrecht, Bildung, Transparenz geäußert. Das sind Themen die das Leben offline angehen.”

Er sieht Parallelen zu den Grünen, die mit den Themen Umwelt- und Tierschutz gestartet sind und dies reichte, um sie zu wählen, da diese Themen von anderen Parteien zur Gründungszeit eher vernachlässigt wurden. Das langfristige Ziel ist dementsprechend auch das Knacken der 5-Prozent-Hürde.

Weiter berichtet Hackbarth von den Auf und Abs des Unterschriftensammelns, z.B. von “lausigen” sechs Unterschriften, die an einem Tag innerhalb von vier Stunden vor der Mensa zusammenkamen. Dass es dennoch geklappt hat, liegt sicherlich auch an den heutigen Möglichkeiten der schnellen und kostengünstigen Bekanntmachung durch das Internet, dessen Kanäle von den Piraten ausgiebig genutzt werden, etwa mit einem Twitter und einem Wiki. Außerdem haben die Piraten sich für den Bundestagswahlkampf in Greifswald so einige Überraschungen ausgedacht, die sie dem webMoritz allerdings noch nicht öffentlich verraten wollten.

Bilder: Frank Bürger/Piratenpartei