Demo in Schwerin: Von der Müdigkeit zur Euphorie

Ungemütlicher kann der Start in den Tag kaum sein. Ich bin allein, es ist nass und verdammt dunkel. So quäle ich mich in einem aufopferungsvollen Akt der Selbstgeißelung aus dem Bett. Und das für 50 Euro. Eine Summe, für die sich viele leider nicht interessieren.

Studiengebühr durch die Hintertür

Studiengebühr durch die Hintertür

Mein Körper ist unwillig, der Geist schläft noch und trotzdem schaffe ich es, pünktlich um 6 Uhr vorm AStA-Gebäude zu stehen. Dort sehe ich glücklicherweise noch viele andere verschlafen Gesichter. Schon geht es los mit AStA-Kaffee und einem Lunch-Paket in die bereitstehenden Busse. Kurze Einführung und Probe der Schlachtgesänge und zack! – wach ich wieder auf, bin im hellen in Schwerin gemeinsam mit 100 anderen Greifswaldern.

Warum bin ich eigentlich hier? Achja, wegen der geplanten 50 Euro Studiengebühr Verwaltungsgebühr. Für mich kommt das gar nicht in die Tüte. Da wurde doch gerade erst die Unrechtmäßigkeit der einen Gebühr festgestellt und schnell zaubern die Politiker in Schwerin eine neue aus ihrem Hut. Nicht mit mir! Genauso denken auch viele Gleichgesinnte aus den Hochschulen und Fachochschulen MVs. 400 bis 500 Studierende erwarten uns bereits und begrüßen uns lautstark vor dem Schloss, wo wir pünktlich gegen 9 Uhr morgens ankommen. Wenn man den Anreisezeitpunkt bedenkt, ist das doch eine recht stattliche Anzahl.

Bitte Hupen

Bitte Hupen

Unsere Leute ergreifen sofort die Initiative und stürmen die Bühne. Dort stimmen wir unseren tollen Song an, den wir vorher bereits im Bus geübt haben. Die Demo hat begonnen.

“Wir sind hier und sind laut, weil Brodkorb unser BAföG klaut.”

Eingeheizt und motiviert von Bühnenpräsenz und Musik bilden wir spontan einen Zug durch die Stadt. “Wir sind dort und sind laut, weil Brodkorb unser BAföG klaut.” So und so ähnlich weisen wir dezent auf unseren Unmut hin. Ich bin immer noch heiser…

Wieder am Schloss angekommen, erfahren wir die Zwischenergebnisse: 1:0 für uns. Im Bildungsausschuss ist die Mehrheit der Abgeordneten der Anwesenden gegen die 50 Euro Gebühr. Euphorie!

Jetzt müssen unsere gewählten Volksvertreter im Landtag nur noch die zweite Lesung Ende November überstehen oder es wird gleich ganz gekippt.  Die letzte Stunde steht somit ganz im Zeichen von „Hupen für Bildung“. Denn die verbliebenen Demoteilnehmer stehen am Straßenrand und fordern mit Transparenten alle vorbeifahrenden Autos, Busse, LKWs, „Touristenbahnen“ (wie nennt man diese Dinger denn sonst?) auf, sich mit unserem Protest durch Hupen zu solidarisieren. Wenn man denen dabei so zusieht, denkt man schon, dass die das den ganzen Tag, wenn nicht sogar länger, durchhalten würden.

Vor dem Schloss in Schwerin

So wurde aus einem ungemütlichen Tagesbeginn doch recht schnell ein gelungener Vormittag. Sollte es zu weiteren Protestaktionen kommen, bin ich auf jeden Fall wieder mit dabei!

Ein Erfahrungsbericht von Philipp Labisch, Oliver Wunder und Eric Schümann

Den Beitrag jetzt inklusive Protestgesang hören:

Unser Programm am 16.10.

Das Magazin – Am Puls der Stadt – ab 19.00 Uhr

Auch heute informiert Euch Das Magazin über die aktuelle Demonstration in Schwerin gegen die Einführung der Verwaltungsgebühren an den Hochschulen in Meklenburg Vorpommern. Dafür wird ein(e) Teilnehmer(in) der Demonstration zu Gast sein. Knapp 600 Menschen aus ganz Meklenburg Vorpommern protestierten lautstark und kreativ. Auch aus Greifswald waren Studenten anwesend. Außerdem haben wir einen Bericht zu Burschenschaften in der Hansestadt Greifswald und natürlich fehlen auch die Spotlights und die Veranstaltunstipps nicht in unserem Programm.

Zonic Radio Show – ab 20.00 Uhr

Heute geht es um BASS-Kraft & Radikalität. Um das, was aus der Begegnung von Dub Reggae und Hardcore-Attitude wurde: bass-basierte Sounds von Ragga Noise bis Dubstep. Die erste Stunde porträtiert den umtriebigen britischen Produzenten Kevin Martin, der als The Bug ein neues Album namens “London Zoo” vorgelegt hat, die zweite Stunde füllt ein aktueller Mix von DJ Calvin aus Polen, der am 18.10 unter
dem Motto “Offbeat BASSics” für die Greifswalder Crowd ein Set aus Broken Beatz, Drum´n´Bass und Dubstep mischt – präsentiert von Zonic!

Nightliner – Das Musiktelefongespräch – ab 22.00 Uhr

Und wieder fühlen wir in dieser Donnerstagnacht zwischen 22-23 Uhr einem Musikschaffenden auf den Zahn. Wir sprechen heute eine Stunde über die jeweilige Musik, das Werk, die Geschichte und die Vorlieben. In entspannter Atmosphäre lassen sich so einige Lebensweisheiten entlocken!

Atommülltransport nach Lubmin untergegangen

Vor zwei Wochen wurde westdeutscher Atommüll auf einem Schiff nach Lubmin (bei Greifswald) gebracht. Während bei jedem Atommüll-Transport nach Gorleben tausende Demonstranten versuchen den Transport zu stoppen, scheint sich in Mecklenburg-Vorpommern jedoch niemand dafür zu interessieren.

Schubverband auf dem Rhein - Symbolbild

Am 24. September startete im Baden-Würtembergischen Obrigheim ein Binnenschiff zwei schwach radioaktiv-strahlenden Dampferzeugern Richtung Lubmin.

Der sogenannte “Schubverband” passierte Neckar, Rhein, Ruhr, Oder das Stettiner Haff und den Peenestrom. Am 8. Oktober erreichte das Binnenschiff Lubmin – ohne Zwischenfälle so die Ostsee-Zeitung. Ein Bahntransport war angeblich aufgrund der Breite der Dampferzeugers nicht möglich. Die ausgemusterten Dampferzeuger wiegen 400 Tonnen.

Sie stammen aus dem seit 2005 abgeschaltetem AKW Obrigheim und werden im jetzigen Atomüllzwischenlager Lubmin zersägt und anschließend dekontaminiert. Laut EWN-Geschäftsführer Dieter Rittscher ist Lubim die einzige Anlage in Deutschland, die für die Verschrottung solch großer Bauteile geeignet ist. Zudem wurden in Lubim schon acht solcher Teile verschrottet und im Säurebad dekontaminiert.

moritz Magazin Mai 2004

Nach einer europaweiten Ausschreibung hatten die EWN den Zuschlag für die Entsorgung bekommen. Eine auf Atomtransporte spezialisierte Firma aus Niedersachsen hatte deshalb einen Schubverband bei der Deutschen Binnenreederei bestellt.

Das Zwischenlager in Lubmin war ursprünglich nur für radioaktiven Abfall aus den ehemaligen Atomkraftwerken Rheinsberg (Brandenburg) und Lubmin vorgesehen. Der Transport wiederspricht den politischen Versprechen und Absprachen aus den 90 Jahren, nachdem kein westdeutscher Atommüll nach Mecklenburg-Vorpommern gebracht werden sollte. Unser Schwestermagazin “moritz” wies auf die Gefahr von Atommülltransporten über den Seeweg bereits im Mai 2004 hin (Seite 9 ff.). Nur vier Jahre später hat sich diese Sorge nun bestätigt. Klaus Kühnemann, Oberbürgermeister von Lubmin, hält den Transport heute für einen “Wortbruch der Bundes- und Landespolitik”.

Zusammengefasst: Der Atommülltransport nach Greifswald ist zwar nicht gesunken, jedoch trotzdem in der öffentlichen Wahrnehmnung untergegangen.

Komentar Markus Hildner:

Folgenden kleiner Schmunzler von Extra3 (NDR) kann ich mir nicht verkneifen:

Quelle: Ostseezeitung

Foto: rp72 via Flickr

EILMELDUNG: 500 Demonstranten – Gebühr wackelt

Foto des Schweriner Schlosses, indem der Lantag sitzt. Hier während der letzten großen Demo aus dem Jahre 2005

Es ist ordentlich laut vor dem Schweriner Schloss. Die webMoritz Redakteure vor Ort gaben uns gerade telefonisch durch, dass rund 500 bis 600 Studenten aus ganz MV vor dem Schwerin Schloss stehen, um Ihren Unmut über die ungerechtfertigte neue Studiengebühr (offiziell “Verwaltungsgebühr”) in Höhe von 50 Euro Luft zu machen. In Greifswald starteten heute früh um 6 Uhr nachts rund 100 Studenten in zwei Bussen nach Schwerin.

Nun die Sensation. Über Umwege erfuhren die Redakteure vor Ort erste Infos aus dem Bildungsausschuss. Dort soll nach noch bisher unbestätigter Meldung eine Entscheidung gegen eine Gebühr gefallen sein.

Unsere Redakteure werden diese Information in den nächsten Stunden jedoch noch einmal überprüfen. Bisher ist dies nur ein Gerücht.

Es wäre zwar durchaus denkbar, dass sich die Koalition ihre Haltung zur Gebühr noch einmal überlegt hat, jedoch eher unwahrscheinlich. Zumal etwa die Kritik an den Gebühren des Rektorat der Universität Greifswald gestern im Senat sich darauf beschränkte, dass alle Fernleih- und Versäumnisgebühren in

der Bibliothek enthalten seien… Und die hätte die Universität doch in Zukunft lieber weiterhin extra eingenommen, um die Studenten zu disziplinieren. Grundsätzliche Kritik an der Gebühr äußerte das Rektorat der Universität Greifswald – zumindest gestern im Senat – nicht.

Entscheidend ist zudem die Schlussabstimmung im Landtag.

* Update 12.55 Uhr *

Inzwischen gibt es weitere Informationen: Demnach wurde heute im Bildungsausschuss noch nicht über die Verwaltungsgebühr abgestimmt. Die in der Sitzung anwesenden AStA-Referenten gehen jedoch davon aus, dass in der nächsten Sitzung die Gebühr fallen könnte, wenn erneut eine große Demonstration vor dem Schloss stattfindet.

Von den 22 Mitgliedern des Bildungsausschusses hätte sich eine deutliche Mehrheit von 18 Mitgliedern gegen eine Gebühr von 50 Euro ausgesprochen. Außerdem wurde festgestellt, dass der jetzige Gesetzesentwurf auf gar keinen Fall gesetzeskonform sei. Problematisch ist wohl unter anderem, dass die Gebühr pauschal erhoben wird und in keinem Verhältnis zum tatsächlichen Verwaltungsaufwand steht. Angeblich wurden die ASten um juristischen Rat gefragt, so heißt es.

Details gibt es auch über die Demonstration: An der haben sich nicht nur die Universitäten Greiswald und Rostock beteiligt, sondern auch die Hochschulen. Die webMoritz Reakteure werden noch im Bus ihre Reportage schreiben.

Auch Moritz TV war heute übrigens dabei und wird über die Demo in ihrer kommenden Sendung berichten. Die neue Sendung findetab 7. November auf Greifswald TV und natürlich auch hier

auf dem webMoritz.

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