Eine Liebeserklärung an … Christoph 47

Eine Liebeserklärung an … Christoph 47

Ein Kribbeln im Bauch, ein unverhoffter Glücksmoment, ein wohlig warmes Gefühl. Dafür braucht es nicht immer ein großes Ereignis, vielmehr liegen diese magischen Momente oft verdeckt unter einem Mantel der Gewohnheit und der Selbstverständlichkeit. „Eine Liebeserklärung“ ist unsere neue Kolumne, in der es darum gehen soll, die vermeintlich einfachsten Dinge dieser Welt wertzuschätzen. Mit ihr bauen wir euch eine zynismusfreie Nische, in die sich hineingekuschelt werden kann, wenn der Alltag einem mal wieder die Daunendecke der guten Laune zu klauen versucht. In diesem Beitrag soll es um die große Liebe zum kleinen Christoph gehen.

In den letzten Wochen habe ich viel Zeit in der Zentralen Universitätsbibliothek verbracht – als Geisteswissenschaftlerin. Die Gründe sind sehr verschieden. Einer ist aber definitiv Christoph. Christoph sorgt dafür, dass ich meinen Platz in der ZUB wirklich immer so auswähle, dass ich ihn beim Starten und Landen beobachten kann. Was wiederum dazu führt, dass mir meine Freund*innen mittlerweile als Reaktion auf meine Bibliotheks-Instagram-Storys nur noch Helikopter-Videos schicken.

Meine Begeisterung könnt ihr vermutlich noch nicht nachvollziehen und ehrlicher Weise kann ich sie manchmal auch nicht nachvollziehen. Von daher dient diese Liebeserklärung an unseren Rettungshelikopter auch ein wenig dem Ergründen meiner Faszination.

Christoph 47. Wer?

Ja, ihr habt das schon richtig verstanden. Christoph 47 ist der Helikopter der DRF Luftrettung am Universitätsklinikum Greifswald. Christoph ist hierbei der Rufname und kommt eigentlich von Christophorus, dem Schutzpatron der Reisenden. Alle Rettungshelikopter in Deutschland tragen diesen “Rufnamen” und besitzen zur Unterscheidung noch eine Kennung: eine Zahl oder einen Ort. In unserem Fall die 47. Sollte also einmal ein rot-weißer Helikopter über euch herumfliegen, dann ist es sehr wahrscheinlich Christoph 47. Seit August 2020 hat der Helikopter übrigens eine Nachtflugerlaubnis und kann seitdem rund um die Uhr starten und landen und Leben retten.

Lieber Christoph 47…

…da, wo ich wohne ist es des Öfteren laut: Nerviges Laut. Laut in Form von: der Schönwalder-Bomber lässt wieder Sprengkörper explodieren, die Anklamer Straße wird mit hohen Drehzahlen zur Rennstrecke erklärt, irgendjemand hört ultra-nervige Musik auf der Straße über eine JBL-Box. Dieses Laut. Nerviges Laut halt. Es gibt jedoch auch noch angenehmes Laut: (d)ein startenden und landender Helikoptermotor.

Zu Beginn wurde ich durchaus von der Geräuschkulisse aus dem Schlaf gerissen. Genauso haben mich allerdings auch andere Dinge aus dem Schlaf gerissen. Der Unterschied? Bei anderen Dingen stört es mich. Bei Christoph drehe ich mich um und schlafe irgendwie sofort wieder ein.

Vielleicht ist es das Gefühl, zu wissen, dass jetzt einer Person in einer Notlage geholfen wird.
Vielleicht ist es auch das Wissen, dass für den Fall der Fälle auch für mich schnelle Hilfe unterwegs ist.
Vielleicht ist es aber auch einfach nur (noch) ein White Noise.

Schnelle Hilfe am Hintern der Welt

Ich bin davon überzeugt, dass es vor allem das Zweite ist: die schnelle Hilfe. Als Kind habe ich mich im Rügen-Urlaub am Po von Mönchgut des Öfteren gefragt, wie schnelle Rettungswege auf dieser Insel mit einer Infrastruktur, die nicht auf diese Massen von Urlauber*innen ausgelegt ist, gewährleistet werden kann. Mir war klar, wo das nächstgelegene Krankenhaus ist und dass Rettungsdienste auch mit Sondersignal durchkommen können, aber wenn zweimal die Woche Rügenmarkt ist und einfach KEIN Fahrzeug an diesen Tagen von der Stelle kommt, dann haben auch Rettungsdienste keine Chance. Zumal man über 18 Kilometer de-facto nur eine Hauptstraße zur Verfügung hat. Die Antwort auf meine Frage erhielt ich, als eines Tages der Rettungshelikopter mal schnell auf dieser einzigen Straße landete.

Ein weiterer Punkt, den ich nach wie vor sehr faszinierend finde, ist die (vielleicht auch nur gefühlte) Präzision, mit der so ein Helikopter starten, landen und fliegen kann. Es ist immer ein bisschen spannend, diese Manöver zu beobachten, wenn man sich gerade auf der Pappelallee befindet. So spannend, dass ich beim Beobachten vielleicht zwei Mal fast mit dem Fahrrad stürzte und ein Mal beim Joggen unkoordiniert über meine eigenen Füße stolperte. Ich meine: da heben gerade in diesem Moment knapp 2 Tonnen in die Luft ab. Gerade und manchmal auch leicht schräg. Bei jeder Witterung (und wir haben hier viel Wind und Regen!). Ich kann nur Fahrrad und Auto fahren – beim Moped fahren überfordert mich nach wie vor das Kuppeln mit der Hand. Da stelle ich mir das Helikopter fliegen nochmal deutlich komplizierter vor.

Danke…

Als begeisterte Sportlerin, die sich gut und gerne einmal in Wäldern und auf schwer zu erreichenden Wegen oder eben auf den Gewässern am Arsch der Heide aufhält, ist es ein gutes Gefühl, zu wissen, dass es einen schnellen und zuverlässigen Weg zu medizinischer Versorgung gibt. Selbst wenn man nicht unbedingt auf diese Weise unterwegs ist: sobald man einmal im Stau auf einer der Inseln stand oder auf Hiddensee ohne große Versorgung unterwegs war, weiß man den Helikopter über Greifswald zu schätzen und auch ein wenig zu lieben. Von daher: Danke für den Krach. Danke für Hilfe. Einfach Danke.

Bild von Ulrike Leone auf Pixabay

Zu Besuch bei der Blutspende

Zu Besuch bei der Blutspende

+++ Triggerwarnung: Blut und Nadeln in Text und Bildern +++

Die Blutspende sucht wieder einmal händeringend nach Vollblutspender*innen. Bis zum 07. November könnt ihr nicht nur Leben retten und 20 Euro verdienen, sondern außerdem die FSR Pharmazie und Medizin beim diesjährigen Vampire Cup unterstützen. Doch wie läuft so eine Blutspende eigentlich ab und was genau hat es mit diesem Vampire Cup auf sich? Wir nehmen euch mit und hoffentlich die Angst vorm Blutspenden!

Es ist ein herbstlicher Mittwoch und bereits kurz nach fünf gruselig dunkel, als ich an der Blutspendestation der Greifswalder Unimedizin ankomme. Ich war schon öfter hier und freue mich, mal wieder eine kleine gute Tat vollbringen zu können. Vor dem Eingang treffe ich mich mit Laura. Sie ist nicht nur dabei, weil sie unseren Ausflug zur Blutspende mit ihrer Kamera begleitet. Sie ist auch Erstspenderin. Bisher hat sie sich noch nicht getraut, weil sie chronisch zu niedrigen Blutdruck hat. Jetzt möchte sie es aber doch mal ausprobieren: “Das ist ja medizinisches Fachpersonal. Im Notfall können sie mich ja auffangen”, scherzt Laura.

Wir haben vor ein paar Tagen einen Termin ausgemacht. Erst letzte Woche wurde ich angerufen, weil die Ampel der Blutspende auf rot steht. Das heißt, dass Patient*innen nicht mehr indikationsgerecht versorgt werden können und Operationen verschoben werden müssen. Vor einiger Zeit konnte man noch spontan zum Spenden vorbeikommen, aber aufgrund der Corona-Pandemie wird aktuell um eine Terminvereinbarung gebeten. Die könnt ihr entweder telefonisch durchführen oder neuerdings auch ganz einfach per Mausklick regeln.

Beim Betreten der Blutspende muss man eine Wartenummer ziehen und ein Anmeldeformular ausfüllen.

Nachdem wir unsere Hände desinfiziert haben, nehmen wir uns die entsprechenden Anmeldebögen. Laura als Erstspenderin füllt einen rosafarbenen Bogen aus, ich den weißen. Wir beantworten darauf Fragen zu Vorerkrankungen, Auslandsaufenthalten, Medikamenteneinahmen. Die Kreuze sind schnell gesetzt und wir warten beide darauf, dass unsere jeweilige Nummer, die wir am Anfang gezogen haben, über dem Raum für die Voruntersuchung erscheint. Dort werden unsere Personalien kontrolliert, Blutdruck und Temperatur gemessen und mit einem kleinen Pieks in den Finger der Wert des Hämoglobins (roter Blutfarbstoff) kontrolliert. Wäre der Wert zu niedrig (unter 7,8 mmol/l), dürften wir nicht spenden. Bei uns ist zum Glück alles in bester Ordnung und wir kehren zurück in den Warteraum. Kurz darauf werden wir nacheinander per Durchsage in das Ärzt*innenzimmer gerufen. Die Ärztin versichert sich noch einmal, dass wir nicht gerade erst krank waren oder gepierct wurden, und ob wir vor der Spende genug getrunken und gegessen haben. Wir haben natürlich mit der Ausrede, dass wir Blutspenden gehen, den ganzen Tag ordentlich gesnackt und bekommen damit das Go für die Spende.

Zurück im Warteraum werde ich kurz nach Laura in den Spenderaum gebeten. Dort mache ich es mir auf der zugewiesenen Liege bequem und werde mit einem legendären und zuckersüßen Eistee aus Schnabeltassen versorgt. Fühlt sich fast wie Urlaub an. Die Pflegerin, die für mich zuständig ist, begutachtet meine Venen und entscheidet sich dann für meinen rechten Arm. Daraufhin wird es einen Augenblick kalt, weil die Armbeuge desinfiziert wird. Anschließend piekst es kurz und schon ist die Nadel in die Vene eingeführt. Ich spüre zwar, dass da ein Fremdkörper im Arm steckt, aber es tut weder weh, noch ist es unangenehm, finde ich. Ich kann beobachten, wie das Blut in den angeschlossenen Beutel fließt und lehne mich wie Laura die nächsten Minuten einfach zurück.

Ein bisschen ungewohnt fühlt sich die Blutabnahme schon an, aber unangenehm ist es trotzdem nicht.

Die Pflegerin nutzt die Zeit und gibt Laura einige Hintergrundinformationen zur Spende. Sie erklärt zum Beispiel, dass Laura beim nächsten Mal erfahren wird, welche Blutgruppe sie hat und beim dritten Spendebesuch stolze Besitzerin eines Spendenheftes wird. Frauen dürfen alle 13 Wochen Spenden, Männer alle 10.

Als das Gerät, das die eingehenden roten Milliliter misst und das Blut hin und her wiegt, plötzlich klingelt, sagt sie: “Das ist der Bummelzug!” Wenn das Blut nicht schnell genug fließt, dann wird nämlich Alarm geschlagen. Das ist aber überhaupt nicht schlimm, bei mir passiert das um ehrlich zu sein jedes Mal. Laura und ich kriegen einen kleinen Ball in die Hand gedrückt, den wir einfach ein bisschen kneten. Sofort zeigt der Bildschirm eine erhöhte Geschwindigkeit des Blutflusses an.

Zwischendurch fragt uns die Schwester, ob es uns weiterhin gut geht. Uns beiden geht es durchgängig super. Das einzige, was mir ein bisschen Schwindel bereitet, ist die wild gepunktete Decke über mir anzuschauen. Deswegen lasse ich meinen Blick lieber durch den noch mit Halloweendeko geschmückten Raum schweifen. Die Pflegekräfte flitzen fleißig umher und kümmern sich um ihre Spender*innen. Ein junger Mann, der gerade Blut spendet, meldet sich. weil ihm etwas schwindlig geworden ist. Das Team kümmert sich sofort um ihn und legt seine Beine hoch, sodass es ihm gleich wieder besser geht. Er gibt zu, dass er länger nichts gegessen hat. Eine Pflegerin ermahnt ihn, dass die letzte Mahlzeit bei der nächsten Spende nicht mehr als zwei Stunden her sein sollte.

Nach ungefähr zehn Minuten bimmelt das Gerät neben mir noch mal. Diesmal ist es nur das Zeichen dafür, dass ich fertig bin und meine 500 Milliliter Blut abgegeben habe. Nachdem die Nadel kurz und schmerzlos aus dem Arm gezogen wurde, wird die Armbeuge schnell mit einem Verband umwickelt und wir verweilen noch kurz auf der Liege – Laura und mir geht es übrigens weiterhin blendend. Ich nutze den Moment und frage unsere Pflegerin, wie viele Menschen denn so am Tag spenden gehen. Sie erzählt, dass es zur Zeit leider sehr wenige sind: “An manchen Tagen sind es um die 50, an guten Tagen 70.” 

Um uns herum herrscht schon Feierabendstimmung, es ist jetzt kurz nach sechs und das Pflegepersonal fängt an, Ordnung im Saal zu machen. Wir wünschen dem Team einen schönen Feierabend und treten den schönsten Part der Blutspendemission an: Snacks und Geld kassieren! Vorher müssen wir auf einem Zettel, den wir im Spenderaum bekommen haben, ankreuzen, ob wir unser Blut tatsächlich spenden wollen und den vertraulichen Selbstausschluss in den dazugehörigen Kasten werfen. Im Vorraum warten jetzt noch Brötchen, Obst, Kaffee und Saft auf uns. Wir setzen uns kurz hin und genießen den Schokoriegel, den wir ebenfalls als Belohnung für unsere Spende bekommen haben. Außerdem nutzen wir die Zeit, um am Vampire Cup teilzunehmen. Der Vampire Cup ist ein bundesweiter Wettbewerb bei dem die Fachschaftsräte verschiedenster Universitäten um die höchste Anzahl an Blutspender*innen konkurrieren. Um daran teilzunehmen und unsere FSR zu unterstützen müssen wir einfach nur ein kurzes Teilnahmeformular ausfüllen – und können sogar Greifswaldgutscheine gewinnen! Noch bis Samstag, den 6. November, läuft dieser Wettbewerb und wie jeden ersten Samstag im Monat hat die Blutspende sogar von 8 bis 12 Uhr geöffnet.

Gestärkt und mit gutem Gewissen treten Laura und ich unseren Heimweg an. Im Flur legen wir noch einen kurzen Stopp beim Automaten ein, der uns jeweils die 20 Euro, die wir für unsere Vollblutspende bekommen, auszahlt. “Ich würde es auf jeden Fall noch mal machen”, ist Lauras Resümee für unseren Ausflug in die Blutspende. Und sie musste nicht mal vom Personal aufgefangen werden!

Um ein paar Milliliter Blut leichter und um ein paar Euro reicher geht es für uns nach Hause.

Mehr Informationen findet ihr auf der Website der Blutspende.
Dort findet ihr auch ein FAQ, Öffnungszeiten und die Voraussetzungen für die Spende.
Weitere Informationen zum Vampire Cup findet ihr im Artikel vom letzten Jahr.

Beitragsbilder: Laura Schirrmeister und Lilli Lipka

Ein Interview mit Anna Kassautzki – Ihre Petition hat bereits knapp 6.000 Unterschriften

Ein Interview mit Anna Kassautzki – Ihre Petition hat bereits knapp 6.000 Unterschriften

Vielleicht hast du schon einmal von der „Petition für die Lehre und Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen an der Universitätsmedizin Greifswald” gehört, die seit zwei Wochen hohe Wellen schlägt. Ich durfte die Initiatorin der Petition zu einem Interview treffen: Anna Kassautzki. Sie hat die Petition, die sich an die Leitung der Universitätsmedizin Greifswald wendet, gestartet. In diesem Interview erfährst du mehr über ihre Gründe ihre erste Petition zu starten und worum es genau in der Petition geht.

Anna, könntest du dich erst einmal, für diejenigen die dich noch nicht kennen, vorstellen?

Ich bin Anna Kassautzki und 27 Jahre alt. Noch bin ich im Master Politikwissenschaften eingeschrieben, arbeite aber hauptsächlich. Und vor kurzem habe ich eine Petition gestartet.

Was steht in der Petition? Was ist der Inhalt und was sind die Ziele?

Vielleicht kann ich erst einmal, um verständlich zu machen warum ich eine Petition gestartet habe, erzählen wie ich darauf gekommen bin. Im letzten Jahr gab es hier in Greifswald eine Demonstration zu reproduktiven Rechten. Unter anderem gab es auch einen Wortbeitrag, der die Situation an der Unimedizin thematisiert hat. Ich bin auch politisch aktiv und dort haben wir auch vorher schon häufig über das Thema Schwangerschaftsabbrüche diskutiert gehabt. Da ging es aber eher um die Abschaffung von §219a und um die Reform von §218. Aber ich kannte nicht die Lage in Greifswald. Ich bin fest davon ausgegangen, dass die Unimedizin auch Schwangerschaftsabbrüche lehrt. Da dachte ich mir, das kann so nicht sein und dagegen muss man etwas tun. Jetzt studiere ich aber nicht Medizin und stecke in diesen ganzen Strukturen nicht drin. Dann habe ich erst einmal geguckt, an wen müsste man überhaupt eine Petition wenden: Geht das dann an das Ministerium oder an die Uni? Aber die Unimedizin ist ja noch einmal gesondert. Also habe ich herausgefunden, dass es an die Leitung der Unimedizin geht.

Kurz vor dem Frauen-Kampftag kam mir die Idee [mit der Petition] wieder in den Kopf und was wäre ein besserer Tag, um so eine Petition zu starten. Deswegen hatte ich mit Medizin-Studierenden gesprochen gehabt. Also auch vorher schon in meinem Freundeskreis. Und geschaut, wie ist eigentlich die Situation. Stimmt das, was auf der Demo erzählt wurde. Und sie haben mir das weitestgehend bestätigt. Ich wollte nicht etwas Reißerisches schreiben, sondern es geht mir ja auch darum, dass die Forderungen umgesetzt werden. Deswegen habe ich es so sachlich wie möglich gehalten: Es ist ein Unding, dass hier an der Unimedizin keine Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt werden und es nicht wirklich in der Lehre vorkommt.  

Das wird in der Petition gefordert:
1. Die theoretische und praktische Ausbildung in den verschiedenen Methoden des Schwangerschaftsabbruchs im Medizinstudium zu lehren.
2. Schwangerschaftsabbrüche in das Angebot der Universitätsmedizin Greifswald aufzunehmen.

Als ich mich mit deiner Petition beschäftigte, wunderte ich mich auch darüber.

Stimmt, man geht davon aus, wenn man nicht Medizin studiert, dass das vollkommen normal ist. Und wenn man sich dann anschaut, dass die Anzahl der Praxen und Kliniken, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen von 2000 auf 1200 gesunken ist. Und das geht perspektivisch so weiter, wenn keine neuen Ärzt*innen ausgebildet werden, die das durchführen können. Wie sollen sie es dann anbieten? Es tut sich halt nichts.

Warum sind konkret Schwangerschaftsabbrüche wichtig?

Es kann immer passieren, dass man ungewollt schwanger wird. Auch wenn man verhütet. Ob eine Frau bzw. eine schwangere Person das Kind behalten möchte, ist die Entscheidung der betroffenen Person. Dass das nicht möglich ist, kämpferisch ausgedrückt, zeigt wie das patriarchale System immer noch Frauen unterdrückt. Niemand anderes hat über meinen Körper zu entscheiden, außer ich selbst. Da gehört für mich ein Schwangerschaftsabbruch genauso dazu.

Warum bist du der Meinung, dass die Kosten für einen Schwangerschaftsabbruch von der Krankenkasse getragen werden sollen?

Es ist ein medizinischer Eingriff und das ist wieder eine Benachteiligung von schwangeren Menschen, die vielleicht weniger Geld haben und sich den Schwangerschaftsabbruch nicht leisten können.

Das Thema muss allgemein enttabuisiert werden. Natürlich ist es immer noch eine ethische Abwägung. Es geht immer noch um ein ungeborenes Leben. Aber das hat ja auch das Bundesverfassungsgericht entschieden, bis zum dritten Monat und nicht weiter. Und da wiegt für mich das Selbstbestimmungsrecht der Frauen höher.

Wie hat die Uni auf die Vorwürfe reagiert?

Im Interview mit der Ostseezeitung hat die Leitung der Unimedizin verlauten lassen, dass Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt würden. Profamilia meinte dagegen, sie wissen nichts davon. Ich bin gerade dabei, zusammen mit der AG Medizin und Menschenrechte, die außerhalb vom Lehrplan Workshops durchführt, nochmal einen Brief an die Leitung der Gynäkologie zu schreiben. Weil ich es schwierig finde, wenn man sich nur über eine Zeitung unterhält. Und man stattdessen vielleicht direkt ins Gespräch kommt. Jetzt habe ich aber von der fachlichen Ebene überhaupt keine Ahnung. Und dadurch, dass die AG Medizin und Menschenrechte schon viel länger an dem Thema dran ist, hätte ich die gerne dabei. Und jetzt sind wir gerade dabei, den Brief zu schreiben. Und ich hoffe, dass dann ein Treffen [mit der Leitung der Universitätsmedizin] zu Stande kommt.

Was tust du, wenn die Petition fehlschlägt? Wärst du für einen Kompromiss bereit oder würdest du einen anderen Weg gehen?

Ich finde es krass, wie viel Zuspruch die Petition bekommt. Das hat mich mega gefreut. Klar, ich bin auch SPD-Politikerin, aber ich habe das nicht in Absprache mit meiner Partei gemacht, sondern ich wollte etwas ändern. Also schreibe ich eine Petition. Und auch andere Parteien haben sich dem angeschlossen, zum Beispiel die FDP Greifswald unterstützt die Petition auch. Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass der Status quo beibehalten wird. Daher hoffe ich einfach auf Besserung.

Hast du noch etwas zum Schluss zu sagen?

Was für mich vielleicht noch Motivation war, die Petition zu starten, war, dass auf der Demo erzählt wurde, dass Medizinstudierende schon intern versuchten, das zu ändern. Und mir war einfach wichtig zu zeigen, dass es nicht nur eine interne Debatte ist, sondern viele betrifft und Interesse an Änderung ist nicht nur aus den fachlichen Reihen gewünscht, sondern auch in der Bevölkerung. Und da dachte ich mir, die Petition wäre der richtige Weg dafür.

Hier kommst du zur Petition.

Bild: Maret Becker

Bundespräsident Gauck zu Gast in Greifswald

Bundespräsident Gauck zu Gast in Greifswald

Gauckbesuch-Artikelbild_1-David-Vössing“Als Mecklenburger muss man auch Vorpommern sehen”, begründete Bundespräsident Joachim Gauck seinen heutigen Abstecher nach Greifswald. Viele Menschen versammelten sich am Nachmittag auf dem Marktplatz, um das Staatsoberhaupt zu sehen. Er schüttelte viele Hände und gab Autogramme. (mehr …)