Gestrüpp der Möglichkeiten

Studentische Interessenvertretung – quo vadis? Für die einen identitätsstiftend, für die anderen vollkommen bedeutungslos. Kleines Grüppchen vertritt große Masse, die davon aber kaum Notiz nimmt. Ein Befund aus der Vogelperspektive.

Es ist spät geworden an diesem Dienstag Abend im Hörsaal in der Loefflerstraße. Jeder, der jetzt noch da ist, beobachtet mit müden Augen. Erste Sitzung des neuen Studierendenparlaments (StuPa) in diesem Semester, kurz vor halb eins nachts. Vorne lavieren sie sich von Tagesordnungspunkt zu Tagesordnungspunkt. Wo liegen für den normalen Studierenden, nennen wir ihn Ernst-Moritz, eigentlich die Schnittmengen mit dieser Parallelwelt?

Die heutige Universität gleicht einem modern-gewaltfreien Kolosseum mit mehreren Arenen, in denen verschiedene Gruppen, wissenschaftliche und nicht wissenschaftliche Mitarbeiter, Professoren und Studierende um Einfluss und vor allem Geld kämpfen. Das alles unter den ständig wachsamen Augen des Bildungsministeriums. Ergo werden die Interessen derer, die nicht halbwegs organisiert agieren, übergangen. Auch wenn sie die mit Abstand größte Gruppe stellen. „Welche studentischen Interessen?“, hört man da Ernst-Moritz motzen. Angemessene Studierendenzahlen samt passender Raumsituation sowie grundsätzliche Mitspracherechte kann man hier trotz aller individuellen Bedürfnisse sicherlich gelten lassen.

Um diese Rechte auch wahrnehmen zu können, wählen wir einmal im Jahr Repräsentanten für die Gremien Senat, StuPa und Fachschaftsrat (FSR). Zum letzteren kann Ernst-Moritz gehen, wenn er Altklausuren zu Prüfungsvorbereitung sucht oder sich über die neue Studienordnung ausweinen möchte. Damit aus Missmut nicht Ohnmacht wird, entsenden die Fachschaftsräte Mitglieder in die Fachschaftskonferenz (FSK), welche wiederum das StuPa beraten. Diese Versammlung aus 27 gewählten Vertreterinnen ist reich, aber nicht sexy. Sie verwaltet die studentischen Finanzmitteln, rund 200 000 Euro im Jahr. Dennoch konnten sich im Januar nicht mal zehn Prozent der Studierendenschaft aufraffen über die neuen Mitglieder des Studierendenparlaments (StuPistinnen) abzustimmen. „Alles geltungsbedürftige Selbstdarsteller“, könnte Ernst-Moritz jetzt meckern, „denen eine Bühne für ausschweifende Diskussionen geboten wird!“ (mehr …)