Polizeigesetz, Verfassungsklage – und wieder die SPD

Polizeigesetz, Verfassungsklage – und wieder die SPD

Die Landesregierung in M-V zieht mit dem neuen „Sicherheits- und Ordnungsgesetz M-V“ (SOG) weiteren Unmut auf sich. Der Arbeitskreis Kritischer Jurist*innen informiert am heutigen Abend zusammen mit dem Bündnis „SOGenannte Sicherheit“ über den geplanten Gesetzesentwurf.

Die rot-schwarze Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern um Ministerpräsidentin Manuela Schwesig kommt nicht zur Ruhe. Der Rücktritt von Mathias Brodkorb, Querelen um die Nachfolge der verstorbenen Landtagspräsidentin Bretschneider, mangelnde Führungskompetenz beim sich abzeichnenden Fusion-Debakel und nun auch das drohende SOG M-V.
In der Personalie Bordkorb gab es insbesondere von der Opposition heftige Kritik. So sprach David Wulff (FDP) von einem tiefen Misstrauen innerhalb des roten Teils des Kabinetts. Simone Oldenburg (Die Linke) bemängelt, dass ein „politisches Schwergewicht [und] hochintelligenter Politiker von Bord geht“.

„Es wäre bedauerlich, wenn das Ansehen der ganzen Region wegen mutmaßlicher Profilierungsversuche eines relativ unerfahrenen Polizeipräsidenten Schaden nähme.“

Henry Tesch, Bürgermeister von Mirow

Nebenbei breitet sich die Debatte um das Polizeikonzept zur diesjährigen Fusion über die gesamte Bundesrepublik aus. Sowohl die Anwohner*innen aus den umliegenden Ortschaften als auch aktive und ehemalige Verantwortliche vor Ort klagen an, dass die langjährige, friedliche Zusammenarbeit torpediert und eine Eskalation geradezu provoziert wird. Der ehemalige Leiter der Polizeiinspektion Neubrandenburg Siegfried Stang, welcher bis 2015 für die Fusion zuständig war, wandte sich in einem Brief im Nordkurier an die Öffentlichkeit. „In all den Jahren lief das Festival ruhig und ohne besondere Störungen ab. Die Klientel kann man als besonders friedfertig bezeichnen“, so Stang. „Einiges spricht dafür, dass Herr Hoffmann-Ritterbusch die Angelegenheit […] an sich gezogen hat […], um in der Öffentlichkeit Aufsehen zu erregen und sich zu profilieren.”
In einem geleakten Planungspapier der Polizei war von Bundeswehr, Wasserwerfern und mindestens 1.000 Polizist*nnen, uniformiert und zivil auf dem Platz, die Rede. Diese Pläne scheinen nach aktuellem Stand wieder vom Tisch zu sein, da man dies in Neubrandenburg hastig dementierte. Nebenbei regte das Polizeipräsidium rund um Hoffmann-Ritterbusch eine Bachelorarbeit zu diesem Thema an. So landete das Konzept, mit unzensierten Kontaktdaten und Informationen der Fusion-Verantwortlichen, dann beim ehemaligen AfD-Politiker und jetzt Polizeidozenten Ulf-Theodor Claassen an der FH Güstrow. Dieser setzte 2014 außerhalb seiner Dienstzeit Pfefferspray gegen AfD-Gegner*innen ein, welche mit Konfetti schmissen. Es folgte eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung.
Bundesweit wird tagesaktuell berichtet und immer neue Skandale zu Tage gefördert. Der Kulturkosmos Müritz e.V., verantwortlich für die Fusion, spricht von einem Vertrauensbruch. Sowohl Innenminister Lorenz Caffier (CDU) als auch Ministerpräsidentin Schwesig schweigen, obwohl sie ein Machtwort sprechen könnten. Es zeichnet sich ein Debakel ab, welches die SPD deutlich härter treffen wird als ihren kleinen Partner CDU.

„Das ist so, als ob ein Polizist an Ihrem Haus den vorhandenen Einbruchschutz prüft, Ihnen aber nicht mitteilt, dass die Kellertür defekt ist. Nur für den Fall, dass die Polizei dort selbst einmal rein muss.”

David Wulff über das Nutzen von Sicherheitslücken für staatliche Zugriffe

Dazu kommt nun noch, dass Innenminister Caffier sein neues „Sicherheits- und Ordnungsgesetz“ vorgelegt hat. Die Verschärfung von Polizeigesetzen ist aktuell ein bundesweiter Trend. Peter Ritter (Die Linke) ist noch vorsichtig in seiner Kritik, sieht aber keine Grundlage, warum die aktuellen Befugnisse der Polizei erweitert werden sollten. Die FDP geht mit dem Gesetzesentwurf deutlich härter ins Gericht. Sie sieht einen drastischen Eingriff in die Privatsphäre der Bürger*innen, wenn Polizist*innen Online-Durchsuchungen auf Festplatten und anderen Speichermedien vornehmen können, sowie sich Zugriff auf Smartphones und ähnliche Geräte verschaffen können. David Wulff hat bereits eine Verfassungsbeschwerde angekündigt. Auch die Landesdatenschutzbehörde fällt ein eindeutiges Urteil und stuft den Entwurf als in Teilen verfassungswidrig ein. Die Punkte ließen sich unzählig fortführen.

Aus diesem Grund hat sich das Bündnis „SOGenannte Sicherheit“ gegründet, welches am heutigen Abend um 19 Uhr im Hörsaal 1, Audimax (Rubenowstraße 1) über den kommenden Gesetzesentwurf näher informieren möchte. Veranstaltet wird der Abend vom Arbeitskreis Kritischer Jurist*innen, stellvertretend für das Bündnis.

Titelbild: Ole Kracht

Angela drückt den Knopf

Angela drückt den Knopf

Im Januar das erste Helium-Plasma, gestern ein neues Event im Greifswalder Institut für Plasmaphysik, das lässt sich auch Frau Merkel nicht nehmen. Zu Besuch bei Angela und Wendelstein 7-X.

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Wackerower stimmen gegen Fusion mit Greifswald

Wackerower stimmen gegen Fusion mit Greifswald

Ein spannender Wahlausgang wurde heute Abend in Wackerow nordwestlich von Greifswald erwartet. In einem Bürgerentscheid votierten 60 Prozent der Einwohner, die an der Wahl teilnahmen, gegen eine Fusion. Das Thema bewegte den Ort mit seinen 1.462 Einwohnern in den letzten Monaten, wie auch die Wahlbeteiligung von etwa 79 Prozent zeigte. (mehr …)

Klamm im Schlamm

Klamm im Schlamm

Sophie Lagies (22) schreibt seit über zwei Jahren für das moritz-Magazin, und leitet dort seit Ende letzten Jahres das Ressort "Feuilleton". Die Wahl ihrer Studienfächer Musikwissenschaft & Anglistik/Amerikanistik zeigt ihr Interesse an Kultur und Sprache. Bis 2008 lebte sie im Provinzstädtchen Wittenburg bei Hamburg.

Nun ist sie da, die Postfusiondepression. Der Alltag schlägt einem mit voller Breitseite ins Gesicht, die Prüfungen stehen auf der To-Do-Liste und das Praktikum will auch nebenbei noch erledigt werden. Gewohnt wehmütig und geradezu traurig blickt die Anhängerschaft des Ferienkommunismus, der vergangenes Wochenende sein 15. Jubiläum zelebrierte, auf das Fusion Festival zurück.

Vielleicht ist es dem einen oder anderen Greifswalder ja aufgefallen, wie seltsam leer die Stadt in den letzten Tagen war. Denn ehrlich gesagt habe ich das Gefühl, dass halb Greifswald auf dem Festival in Lärz (bei Neustrelitz) war. Ich selbst war beispielsweise Teil eines riesigen Fusioncamps mit über dreißig Greifswaldern, auch an der Oase gab es allerhand Greisfwalder Gesichter zu erspähen. Jeden Tag wurde getanzt, die Nächte wurden durchgemacht. (mehr …)

Vier Liter in 50 Minuten

Vier Liter in 50 Minuten

Oleg Maximov (23) studiert in Greifswald Kunstgeschichte und Wirtschaft auf B.A. Er arbeitet seit 2008 vor und hinter der Kamera bei MoritzTV. Nebenbei interessiert er sich für jegliche (pop-)kulturelle Bereiche und das Feiern.

Heute habe ich meine Wohnung geputzt, damit ich guten Gewissens wegfahren kann. Mein Mitbewohner kann ganz schön grantig werden, wenn die Wohnung mal im Dreck versinkt. Dann denke ich jedoch daran, wie es in meinem ersten Jahr in Greifswald war und warum ich ausgezogen bin. Damals lebte ich noch auf einem Verbindungshaus. Ich war naiv und kannte keinen.

Es war das erste WG-Zimmer, was ich besuchte und sofort bekam. Nach und nach lernte ich jedoch mehr und mehr, dass meine liberal-naive Vorstellung von einer Verbindung überhaupt nicht zutraf. Und hier rede ich nicht von Konservativismus. Der ging mir nicht so auf die Nerven, wie das ständige stumpfe Betrinken und die ständigen Hausbesuche von anderen Verbindungen. Zugegeben, anfangs mochte ich das fröhliche Treiben und dass immer irgendwas auf dem Haus abging. Aber nach einen halben Jahr ist es ermüdend, immer wieder dasselbe zu machen. Immer im selben Kreis, am selben Ort. Halbverschlossen vor der Öffentlichkeit. Vor allem wenn die Gäste meist eine Horde Hardcore-Biertrinker sind. Ein Abend blieb mir besonders in Erinnerung. Als mehrere verschiedene Verbindungen auf unseren Haus Gäste waren. Einige von meinem Bund hatten ihre Fahnen gestohlen, die immer draußen vor jedem Verbindungshaus hängen. (mehr …)