What’s going on?

What’s going on?

Bevorstehende personelle Änderungen am Institut für Anglistik und Amerikanistik haben in den letzten Tagen viel mediale Aufmerksamkeit erhalten: Die Verträge mehrerer Lehrenden des Instituts werden voraussichtlich nicht verlängert. Dies betrifft zum einen Frau Dr. Mascha Hansen und Frau Dr. Claire Massey der Anglophonen Literaturen und Kulturen sowie Herrn Dr. Johannes Heim und Frau Dr. Susan Reichelt aus der Englischen Sprachwissenschaft. 

Der Fachschaftsrat des IfAA hat daraufhin eine Petition gestartet, die vor allem über Instagram von anderen Studierenden und allen FSR-Accounts der Universität geteilt wurde. Innerhalb mehrerer Tage haben sich so bereits 575 (Stand Sonntag, 16 Uhr) Unterschriften zusammengefunden. Der FSR sieht „die vernünftige und qualitativ hochwertige Studierbarkeit akut gefährdet“ und hat daher einen offiziellen Brief an das Rektorat der Universität verfasst. Auch die Tatsache, dass etwa ein Drittel der Lehramtsstudierenden Englisch belegen, trägt zur Sorge der zukünftigen Studierbarkeit bei. In dem Brief werden unter anderem folgende Hintergründe beleuchtet: 

  • Mit dem Verlust von Dr. Massey und Dr. Fanning Ende 2021 (Rente) wäre das IfAA in Greifswald das deutschlandweit einzige Institut ohne Muttersprachler*innen. 
  • Werden die Verträge von Dr. Reichelt und Dr. Heim nicht verlängert, dann wäre Frau Prof. Dr. Theresa Heyd die einzige Lehrende im Arbeitsbereich für Englische Sprachwissenschaft. Nach derzeitigem Kenntnisstand sollen daher Lehrende aus den übrigen Arbeitsbereichen des Instituts auch in der sprachwissenschaftlichen Lehre unterrichten.

Die Unterzeichner*innen sprechen sich größtenteils solidarisch mit den aktuellen und zukünftigen Studierenden am Institut aus. Auch Dr. Massey selbst unterzeichnete und tat unter anderem ihrer Sorge bezüglich einer “second-rate education” und eines “skeletal Amerikanistik/Anglistik department” kund. Sie verkündete: “I stand 110% with the students, they deserve more than having their studies decimated.” Darüber hinaus haben sich viele ehemalige und derzeitige Studierende für das Engagement und die fachliche Qualität der betroffenen Dozierenden ausgesprochen.

Aber warum das Ganze? Hintergrund dieser Änderungen sind auslaufende Verträge, die nicht verlängert werden (können) und eine schon lang anhaltende Debatte (zum Beispiel auf Twitter unter #frististfrust) um befristete Verträge und Probleme der Finanzierbarkeit an Universitäten. Dies betrifft in Greifswald leider nicht nur das IfAA, sondern zum Beispiel auch die Studiengänge der Politikwissenschaft, Philosophie und Kunstgeschichte. Damit zusammen hängen auch die auslaufenden Hochschulpaktmittel von Bund und Ländern. Diese hatten eigentlich im “Zukunftsvertrag Studium und Lehre” angekündigt, ab 2021 diese auslaufenden Mittel mit dem Ausbau und einer dauerhaften Förderung für “unbefristetes, mit Studium und Lehre befasstes Hochschulpersonal” abzufangen. Trotzdem werden noch in diesem Jahr Verträge nicht verlängert. Genauere Zusammenhänge werden auf webmoritz. in einem späteren Artikel beleuchtet.

Beitragsbild: Annica Brommann

Was macht mein*e Dozent*in eigentlich beruflich? – Sebastian Domsch

Was macht mein*e Dozent*in eigentlich beruflich? – Sebastian Domsch

Was macht mein*e Dozent*in eigentlich sonst so beruflich?
Diese Frage haben wir uns in letzter Zeit in der Redaktion häufiger gestellt.
Als Student*in vergisst man manchmal, dass die Lehre nur einen Aspekt der Uni ausmacht. Und selbst wenn man ahnt, womit sich der*die ein*e oder andere Dozent*in und seine*ihre Arbeitsgruppe in dem eigenen Studienfach beschäftigen, so bleibt es oft bei dieser groben Idee. In den Arbeitsalltag anderer Fakultäten oder sogar Institute erhält man selten einen Einblick.

Wir fragen nicht mehr nur uns:
„Was macht mein*e Dozent*in eigentlich sonst so beruflich?“,
sondern fragen diese einfach selbst.
Heute stellen wir die Forschung von Prof. Dr. Sebastian Domsch aus der Anglistik und Amerikanistik vor.

Foto: Till Junker, Pressestelle Universität Greifswald

Wie erklären Sie fachfremden Personen Ihre Forschung?
Meine Forschung ist recht vielfältig und bezieht viele Gebiete ein, von der Institutionalisierung der Literaturkritik seit dem späten 17. Jahrhundert bis hin zu Erzählformen im gegenwärtigen Computerspiel, ich kann also etwas betrügen und die Antwort an mein jeweiliges Gegenüber anpassen. Meinem dreijährigen Sohn kann ich sagen, dass ich anderen Leuten beibringe, große und schwere Bücher zu lesen – aber im Moment lerne ich ohnehin viel mehr von ihm, zum Beispiel darüber, wie die Bauprinzipien, nach denen wir Erzählwelten konstruieren und Geschichten erzählen, überhaupt erst einmal entwickelt werden. Und damit sind wir dann schon bei einem Bereich meiner Forschung, der sehr speziell und (hoffentlich) doch erklärbar ist: Wer macht eigentlich die Regeln, nach denen Erzählen funktioniert? Wem gehört eine Geschichte, eine erfundene Figur, eine fantastische Welt? Oder anders gefragt: Wenn J.K. Rowling in einem Interview sagt, dass Dumbledore schwul ist, stimmt das dann, auch wenn es in keinem der Romane steht?

Warum ist das, was Sie forschen so interessant/wichtig?
Erzählen als Kulturpraktiken zu verstehen ermöglicht uns, einen ganz großen Boden zu schlagen von den Anfängen mündlicher Erzähltraditionen etwa bei den Ureinwohnern Amerikas bis zu unserer gegenwärtigen Franchise-Welt, in denen einerseits das Mythenbilden spätkapitalistisch durchkommerzialisiert ist und sich andererseits digital ermächtige Rezipienten zunehmend als Teil einer Partizipationskultur verstehen und ihre Rechte einfordern – man denke etwa an die fangeleiteten Kulturkriege, die seit der Übernahme von Star Wars durch Disney ausgebrochen sind. Noch nie wurde so viel über die Regeln und Machtverhältnisse des Erzählens geredet, die mich in der Forschung interessieren, und die immer schon bestanden haben, wenn auch eher implizit.

Welches Forschungsprojekt war Ihr interessantestes?
Natürlich immer die aktuellen! Aber auch darüber hinaus ist das natürlich immer eine Frage der Perspektive. Interessant für wen? Ein Teil unserer Aufgabe als Forscher ist es ja gerade, das Interessante aus einem Forschungsgegenstand herauszukitzeln, und nicht immer bereits da anzusetzen, wo das Interesse bereits offensichtlich ist. Insofern fand ich es wahnsinnig spannend sechs Jahre zu forschen und nachzuzeichnen, wie sich im 18. Jahrhundert die Debatte darüber entwickelt, wer eigentlich das Recht hat, über Literatur zu urteilen, und ich hoffe, dass ich dieses Interesse in meiner Habilschrift ansteckend formuliert habe, aber es ist natürlich offensichtlicher spannend, drei Jahre Computerspiele zu spielen, um dann ein Buch darüber zu schreiben.

Wurde schon viel in diesem Forschungsbereich geforscht?
Erzählen ist spätestens seit Mitte des letzten Jahrhunderts für die Philologien zentral. Seit etwa 2000 verschiebt sich das Interesse hin zur Fragen nach der mental-kognitiven Verarbeitung von Erzählung, in der auch meine Forschung angesiedelt ist. Ansonsten sind die Game Studies ein rapide anwachsendes Feld, das vor 2000 noch gar nicht existiert hat, und auch Comics beanspruchen einen immer größeren Bereich in der akademischen Welt.

Können Sie Ihre Forschung in die Lehre einfließen lassen?
Ich finde es sehr wichtig, Studierende einerseits an neuesten theoretischen Entwicklungen teilhaben zu lassen, vor allem aber auch Wissen als etwas nicht immer schon vollkommen Abgeschlossenes zu präsentieren; dieses Gefühl, dass man es nur mit klassischen Texten oder Themen zu tun hat, über die schon alles gesagt wurde, und zu denen man nur noch die „richtigen“ Antworten herausfinden oder lernen muss. Ich adaptiere daher regelmäßig eigene Forschungsprojekte für die Lehre, gern auch in einem Stadium, in dem ich selbst noch keine feste Hypothese entwickelt und zu Ende verteidigt habe. In diesem Sinne habe ich zum Beispiel Seminare gehalten über Erzählen und Wissen, über Kulturapokalypsen, Erzählwelten als Kulturpraktik, Comics und über die diskursive Formation von Terrorismus in der amerikanischen Kultur.

Was hat Sie dazu bewogen in diese Forschungsrichtung zu gehen?
Ich war schon immer ein Büchernarr und – wenn ich das im Nachhinein so abstrakt analysieren darf – begeisterungsfähig, wo immer kulturelle Bedeutung generiert wurde, also da, wo die Dinge oder Zeichen auf ein „mehr“ hinweisen, das in ihnen verborgen liegt – eine Geschichte dahinter, ein Geheimnis das entdeckt werden möchte. Dass diese Bedeutung nicht einfach „out there“ ist, wie eine geheime Wahrheit, nach der Verschwörungstheoretiker suchen, sondern immer etwas artifiziell Geschaffenes – das hat mich nie gestört, denn genau darum geht es doch. Wo Naturwissenschaftler zu zeigen versuchen, wie die Welt ist, und Philosophen und Theologen, was sie bedeutet, interessieren wir Literaturwissenschaftler uns dafür, welche Bedeutungen zu unterschiedlichen Zeiten von unterschiedlichen Menschen behauptet wurden, und wie diese Behauptungen funktionieren. Und das können wir machen, indem wir großartige Gedichte und Romane lesen, ins Theater und ins Kino gehen, fernsehen, oder einfach Computer spielen.

Letzte Woche haben wir die Forschung von Michael Seyfarth vorgestellt. Guckt mal hier rein!
Beitragsbild: Magnus Schult, in Zusammenarbeit mit der moritz.familie

“Shakespeare stirbt, wenn Conny Loder nicht am Institut bleibt” – Lilli Aerts und Romy Reinecke zu “A midsummer night’s dream”

“Shakespeare stirbt, wenn Conny Loder nicht am Institut bleibt” – Lilli Aerts und Romy Reinecke zu “A midsummer night’s dream”

Ist Shakespeare wirklich gestorben? So sahen es die Studenten der Anglistik/Amerikanistik vor nicht allzu langer Zeit, als ihre Dozentin Conny Loder die Universität 2013 verlassen musste. Sie war bekannt für ihre Shakespeare-Aufführungen, die sie mit den Studierenden einübte. Die beiden Studentinnen Lilli Aerts und Romy Reinecke haben sich dem Stück angenommen. Während Lilli die Produzentin war, übernahm Romy die Regie. webmoritz. sprach mit ihnen über Conny Loder, die Proben sowie Sperrmüllhaufen.

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Anglistik – Märchenschloss im Dornröschenschlaf

Anglistik – Märchenschloss im Dornröschenschlaf

Eine Reportage von Marco Wagner

Verschlafen wie ein Märchenschloss im Dornröschenschlaf liegt ein Stadtpalais in der Steinbecker Straße. Kaum zu glauben, dass sich hinter den Fenstern und Türen das Institut für Anglistik und Amerikanistik der Universität verbirgt. Der Putz des lang gezogenen klassizistischen Baus bröckelt von der Fassade ab und der Backstein tritt zum Vorschein. Im Laufe der Jahre sich angesammelte Graffiti geben dem Gebäude eine besondere Note. Unterstrichen wird der morbide Charme des Verfalls durch riesige Lücken zwischen Kellerfenster und Mauerwerk – durch notdürftig verputzte Verbindungen zwischen Mauer und Kellerfenster. (mehr …)